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Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica

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ger stark konkav eingetiefte Laffe ist stets r<strong>und</strong>; geringe<br />

Abweichungen sind durch unregelmässige Bearbeitung<br />

bedingt. Der in der gleichen Höhe bzw. Achse<br />

ansetzende Stiel ist im Querschnitt r<strong>und</strong> <strong>und</strong> immer<br />

nadeiförmig, d.h. endet in eine Spitze.<br />

Geringe formale Unterschiede können bei der Laffentiefe<br />

<strong>und</strong> in der Gestaltung des Stielansatzes an der<br />

Unterseite der Laffe beobachtet werden. Es wurde,<br />

was die Laffentiefe angeht, im Katalog unterschieden<br />

zwischen verhältnismässig tiefen (a), mitteltiefen (b)<br />

<strong>und</strong> ziemlich flachen (c) Laffen. Beim Stielansatz treten<br />

folgende Lösungen auf: der spitz <strong>aus</strong>laufende Ansatz<br />

verläuft als Rippe weit über die äussere Laffenwölbung<br />

(Nrn. 1-53), endet in einem kleinen Dreieck<br />

(Nrn. 54-75) oder läuft in zwei ungefähr parallelen<br />

Kanten ebenfalls sehr bald <strong>aus</strong> (Nrn. 76-87). Ausnahmsweise<br />

ist der dreieckige Stielansatz von einer<br />

einfachen oder doppelten Rille begleitet (Nrn.<br />

88-92), sozusagen nebst den Schrägrillen an Nr. 87<br />

der einzige «Dekorationsversuch» bei den <strong>Augst</strong>er<br />

Beinlöffeln. An den unvollständigen <strong>Löffel</strong>n Nrn.<br />

93-106 sind die Stielansätze meistens <strong>und</strong>eutlich.<br />

<strong>Die</strong> jeweilige Gesamtlänge der Cochlearia <strong>aus</strong> Bein<br />

ist nur in wenigen Fällen erhalten. Sie variiert zwischen<br />

13,3 <strong>und</strong> 9,3 cm (8x zwischen 13,3-12,3 cm;<br />

3x zwischen 11,7-10,9 cm; 3x zwischen 10,5-9,3<br />

cm). Der Durchmesser der Laffen schwankt zwischen<br />

2,9 <strong>und</strong> 1,9 cm. Nach den ganz erhaltenen Exemplaren<br />

beträgt das Verhältnis zwischen Laffenlänge bzw.<br />

-durchmesser <strong>und</strong> Stiellänge etwa 1:4 bis 1:5.<br />

Speziell ist zur Form der Beinlöffel anzumerken,<br />

dass Stiel <strong>und</strong> Laffe stets in einer Ebene bzw. Achse<br />

verlaufen. <strong>Die</strong>s kann wie bei den formal entsprechenden<br />

Metallöffeln Nrn. 108-145 (s.u) als datierendes<br />

Element angesehen werden, wie die Tabelle Taf. 33<br />

zeigt. Nur gerade bei Nr. 24, dem einzigen <strong>Augst</strong>er<br />

Beinlöffel mit starken Abnützungsspuren, ist vielleicht<br />

eine Tendenz zur Absetzung der Laffe, durch einen<br />

kleinen Einschnitt an der Unterseite des Stielanfangs,<br />

zu beobachten. Vielleicht hat hier ein Metallöffel<br />

mit abgesenkter Laffe wie z. B. Nr. 149 die Inspiration<br />

geliefert. Ein ähnlicher Beinlöffel wurde in Lauriacum<br />

gef<strong>und</strong>en 10 ).<br />

Beinlöffel anderer Formen sind <strong>aus</strong> <strong>Augst</strong> oder <strong>Kaiseraugst</strong><br />

bisher nicht belegt; von anderen Orten sind<br />

vereinzelt Cochlearia <strong>aus</strong> Bein mit ovaler Laffe bekannt<br />

11 ).<br />

Datierung: Von den <strong>Augst</strong>er Cochlearia <strong>aus</strong> Bein<br />

stammt ein gutes Drittel (36%) <strong>aus</strong> F<strong>und</strong>komplexen,<br />

bei denen mitgef<strong>und</strong>ene Keramik bzw. Münzen eine<br />

mehr oder weniger präzise Datierung ermöglichen.<br />

Laut der Tabelle Taf. 33, in der bis auf die erst nachträglich<br />

bestimmten Nrn. 27, 33, 42 <strong>und</strong> 101 die datierten<br />

Exemplare eingetragen sind, stammt die Mehrzahl<br />

der Beinlöffel <strong>aus</strong> Schichten der 2. Hälfte, insbesondere<br />

des 3. Viertels des 1. Jahrh<strong>und</strong>erts; nur ein bis<br />

zwei Stücke sind früher zu datieren. Für ein Drittel liegen<br />

Datierungsspannen vor, die teils vom späteren 1.<br />

bis ins frühe bzw. mittlere 2. Jahrh<strong>und</strong>ert reichen,<br />

teils ganz im 2. Jahrh<strong>und</strong>ert liegen. Da der Beginn,<br />

d.h. die Erfindung oder lokale Rezeption eines bestimmten<br />

Objektes durch archäologische Schichtdatierungen<br />

stets schärfer zu bestimmen ist als dessen<br />

2<br />

A bb. 3 Unfertige Beinlöffel <strong>aus</strong>: 1A ugst (Nr. 107),<br />

2 Sainte-Colombe-lès-Vienne (Dép. Isère). Massstab<br />

2:3. Vgl. Anm. 9. Zeichnung O. Garraux.<br />

Ende — selbstverständlich wurden immer wieder einzelne<br />

Stücke länger benützt oder sogar als «Nachzügler»<br />

hergestellt —, darf man im vorliegenden Falle ruhig<br />

sagen, in <strong>Augst</strong> seien Beinlöffel etwa von claudischer<br />

Zeit an üblich geworden; <strong>aus</strong> den in genügender<br />

Zahl vorliegenden F<strong>und</strong>komplexen augusteischer <strong>und</strong><br />

tiberischer Zeit liegt merkwürdigerweise erst ein einziger,<br />

mit tiberisch-frühclaudischer Keramik vergesellschafteter<br />

<strong>Löffel</strong> (Nr. 91) vor. Bereits in der 1. Hälfte<br />

des 2. Jahrh<strong>und</strong>erts wird der Beinlöffel, wohl wegen<br />

des aufkommenden Metallöffels, weniger oft gebraucht<br />

<strong>und</strong> nach etwa 150 kaum mehr verwendet.<br />

An den ins 1. Jahrh<strong>und</strong>ert datierten F<strong>und</strong>plätzen,<br />

insbesondere in Kastellen 12 ), aber auch an anderen<br />

Orten 13 ), kommen Beinlöffel häufig vor.<br />

10 ) Deringer 148, Abb. 83,16.<br />

1 ') Ovaler <strong>Löffel</strong> <strong>aus</strong> Dangstetten (G. Fingerlin, Dangstetten, ein<br />

augusteisches Legionslager am Hochrhein. Ber. RGK 51-52,<br />

1970/1971, 225, Abb. 12,8) <strong>und</strong> <strong>aus</strong> Vindonissa (unsere Abb.<br />

14,1). - Auch in Britannien waren die <strong>Löffel</strong> mit r<strong>und</strong>er Laffe<br />

üblich <strong>und</strong> häufig. Nach fre<strong>und</strong>licher Mitteilung von Herrn S.<br />

Greep, The Verulamium Museum, St. Albans, der eine Studie<br />

über die Produkte <strong>aus</strong> Knochen im <strong>römischen</strong> Britannien vorbereitet,<br />

sind ihm bisher 178 <strong>Löffel</strong> der einfachen Gr<strong>und</strong>form<br />

bekannt; hingegen sind Stücke anderer Form, wie z. B. <strong>Löffel</strong><br />

mit ovaler Laffe, Ausnahmen. Vgl. auch J.P. Bushe-Fox, Excavations<br />

on the Site of the Roman Town at Wroxeter-<br />

Shropshire 1914. Reports Res. Comm. Soc. Antiqu. London 2<br />

(1914) Taf. 10,2.<br />

12 ) E. Ritterling, Das frührömische Lager bei Hofheim im Taunus.<br />

Nassauische Annalen 40, 1912, 183, 14, Taf. 16,4. — G.<br />

Ulbert, Das frührömische Kastell Rheingönheim. Limesforsch.<br />

9 (1969) Taf. 42, 1.3.— Ulbert 1959, Taf. 24,12. — Ulbert<br />

1970, Taf. 26, 411. — O. H<strong>aus</strong>er, Vindonissa, das Standquartier<br />

römischer Legionen (1904) Taf. 55. 58.<br />

13 ) Jacobi 440, Taf. 62,4. — Krämer Taf. 23,21. — Schleiermacher<br />

Taf. 61,13 (unsere Abb. 5,1). — H. Lehner, Novaesium.<br />

Bonner Jahrb. 111/112, 1904, Taf. 35,8. — D. Planck, Arae<br />

Flaviae I. Forsch, u. Ber. z. Vor- u. Frühgesch. in Baden-<br />

Württemberg 6 (1975) Taf. 20,10. — Dijon Taf. 3,4; 39,2.4. —<br />

Vassy u. Muller Taf. 6. — Deringer 148, Abb. 83, 16-20.

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