Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica
Die römischen Löffel aus Augst und Kaiseraugst - Augusta Raurica
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Verwendungsart der <strong>Löffel</strong><br />
<strong>Die</strong> in <strong>Augst</strong> gef<strong>und</strong>enen <strong>Löffel</strong> können wohl durchwegs<br />
als Esslöffel bezeichnet werden. Sie gehören den<br />
<strong>aus</strong> der Antike bekannten beiden Hauptformen dieses<br />
Essgeräts an, die mit dem Namen Cochlear (Coclear)<br />
bzw. Ligula bezeichnet wurden 3 ).<br />
<strong>Die</strong> Cochlearia sind kleinere <strong>Löffel</strong>, deren charakteristische<br />
Eigenschaft ein spitz zulaufender Stiel ist.<br />
Im übrigen gliedern sie sich in eine Anzahl von Varianten<br />
unterschiedlicher Zeit Stellung, die sich in der<br />
Form der Laffe (r<strong>und</strong>, birnenförmig, beuteiförmig<br />
usw.) wie auch in der Gestaltung der Verbindung zwischen<br />
Laffe <strong>und</strong> Stiel (in einer Achse verlaufend oder<br />
abgesetzt, teilweise mit verziertem Zwischenstück)<br />
voneinander unterscheiden.<br />
Der Stiel ist im Verhältnis zur Laffe immer erheblich<br />
länger, die Laffe ist bei den <strong>Augst</strong>er Exemplaren<br />
selten länger als 4,5 cm (z. B. Nrn. 242,244,266); spitz<br />
zulaufender Stiel <strong>und</strong> kleinere Laffe bilden den<br />
Hauptunterschied zu den Ligulae.<br />
<strong>Die</strong> Ligula wurde auch als Cochlear Maius («der<br />
grössere <strong>Löffel</strong>») bezeichnet, womit nicht eine grössere<br />
Länge, sondern die grössere Laffe der Ligula gemeint<br />
war; die wenigen <strong>Augst</strong>er Ligulae besitzen<br />
5,9-7,1 cm lange Laffen. Typischstes Merkmal der<br />
Ligula ist aber der Abschluss des Stiels: dieser ist nie<br />
einfach zugespitzt, sondern durch eine kleine Kugel,<br />
einen Tierkopf, Huf oder dergleichen abgeschlossen.<br />
Von den <strong>Augst</strong>er Stücken besitzen nur noch die Nrn.<br />
269 <strong>und</strong> 272 den Stielabschluss. Der Stiel ist im Verhältnis<br />
zur Laffe wesentlich kürzer als bei den Cochlearia.<br />
Abb. 2 <strong>Löffel</strong> (Nr. 133) mit Eierschalenrest. Massstab<br />
3:1. Foto Chr. Matt.<br />
<strong>Die</strong>se beiden <strong>Löffel</strong>typen werden, da die Römer keine<br />
Gabeln kannten, als Gr<strong>und</strong>formen des <strong>römischen</strong> Bestecks<br />
bei «Tisch» angesehen. Beide Formen sind<br />
schon <strong>aus</strong> der republikanischen Zeit bekannt. <strong>Die</strong><br />
Cochlearia dienten bei Tisch als Essbesteck zum Essen<br />
von Eiern (s. u.), Süssigkeiten <strong>und</strong> vielleicht auch von<br />
Austern <strong>und</strong> Muscheln, die man mit dem spitzen Ende<br />
lockerte <strong>und</strong> aufspiesste. <strong>Die</strong> Ligulae wurden zum Essen<br />
auf ähnliche Weise gebraucht wie die heutigen<br />
<strong>Löffel</strong>.<br />
<strong>Die</strong> Cochlearia, insbesondere die <strong>aus</strong> Bein, seltener<br />
<strong>aus</strong> Metall bestehenden Stücke mit r<strong>und</strong>er Laffe, sind<br />
mitunter ziemlich klein. Manche Autoren betrachten<br />
sie darum als zum Essen ungeeignet <strong>und</strong> denken an eine<br />
Verwendung als Toilett- bzw. medizinisches Gerät:<br />
zum Aufstreichen von Salben <strong>und</strong> Schminken, die der<br />
Hygiene <strong>und</strong> der Kosmetik dienten, aber auch — im<br />
medizinischen Bereich — zur Zubereitung <strong>und</strong> Verabreichung<br />
von Medikamenten (Pulver, Salbe). Es ist<br />
nicht <strong>aus</strong>geschlossen, dass kleine <strong>Löffel</strong> auch zu solchen<br />
Nebenzwecken benützt wurden, aber ihr wesentlicher<br />
primärer Zweck war es zweifellos, als Essbesteck<br />
zu dienen. Dafür sprechen auch Anzahl <strong>und</strong><br />
Entwicklung der <strong>Augst</strong>er Cochlearia (S. 12ff. 34f.).<br />
Es gibt in <strong>Augst</strong> neben den hier behandelten Cochlearia<br />
keine anderen kleinen <strong>Löffel</strong>chen gleicher oder<br />
von spezifischer anderer Form, die a priori zu einer<br />
anderen Verwendung gedient haben könnten.<br />
3 ) Zur Unterscheidung von Cochlear <strong>und</strong> Ligula vgl. demnächst<br />
M. Martin, Esslöffel, in: H.A. Cahn u.a., Der spätrömische<br />
Silberschatz von <strong>Kaiseraugst</strong>. Basler Beitr. z. Ur- u. Frühgesch.<br />
Bd. 9 (im Druck).<br />
Exkurs: PHILIPPE MOREL,<br />
Bestimmung eines Eierschalenfragments<br />
am <strong>Löffel</strong> Nr. 133 (Taf. 13,133; 32,7)<br />
<strong>Die</strong> Bestimmung von Eierschalenfragmenten beruht<br />
auf folgenden Kriterien: Farbe, Dicke, Krümmung<br />
der Schale <strong>und</strong> ihre innere Oberflächenstruktur. Da<br />
das hier untersuchte Objekt, ein Eierschalenbruchstück<br />
von ca. 9 mm Grösse, mit der Aussenseite in der<br />
Laffe des <strong>Löffel</strong>s anhaftet, ist nur die weisse Innenfläche<br />
des Schalenfragmentes sichtbar. <strong>Die</strong> Farbe der<br />
Aussenseite ist also unbestimmbar.<br />
<strong>Die</strong> Schalendicke ist wohl das sicherste <strong>und</strong> einfachste<br />
Bestimmungsmerkmal. Sie konnte wegen der Oxydationsschicht,<br />
die das Schalenfragment teilweise umgibt,<br />
nur an einer einzigen Stelle gemessen werden. Ihre<br />
Dicke von ca. 0,25 mm passt gut in den Variationsbereich<br />
des H<strong>aus</strong>huhnes. Jakab (1979) gibt für Gallus<br />
dorn. Messwerte zwischen 0,24 <strong>und</strong> 0,32 mm an. Tyler<br />
(Schmid 1973) hat (z. T. korrodierte) Stücke von 0,10