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schwarze protokolle - papiertiger archiv & bibliothek der sozialen ...

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wo das Interesse <strong>der</strong> Menschen immer mehr einseitig auf ihre nackte Existenz<br />

gerichtet war" 46 , sind die Dadaisten mit ganz an<strong>der</strong>en Mitteln vorgegangen als in<br />

Zürich; sie sahen „instinktmäßig (ihren) Beruf darin, den Deutschen ihre<br />

Kulturideologie zusammenzuschlagen“ 47 , "mit allen Mitteln <strong>der</strong> Satire, des Bluffs,<br />

<strong>der</strong> Ironie, am Ende aber auch mit Gewalt gegen diese Kultur ...“ 48 . Die Dadaisten<br />

machten das, was wir aus unserer eigenen Geschichte nur allzu gut kennen:<br />

Flugblätter, Zeitungen, Störung (von Ruhe Ordnung und Landfrieden,<br />

Parlamentsdebatten) und Terror, meine Damen und Herren ... (Gegen Scheidemann<br />

in <strong>der</strong> Straßenbahn und abstrakt gegen Gott). Die Wirkung verlieh den Dadaisten<br />

jene unverkennbaren Gütesiegel revolutionären Benehmens:<br />

a) Die Dadaisten wurden von den ruhigen Bürgern für Bolschewisten gehalten, „und<br />

die Sozialisten drohten uns mit Tod und Vernichtung, weil sie uns für reaktionäre<br />

Wollüstlinge hielten." 49<br />

b) Brief eines Arztes <strong>der</strong> Breslauer Nervenklinik an den Dadaisten Kurt Schwitters: 50<br />

„Und nun noch ein nervenärztlicher Wink! Lieber Herr Schwitters, Sie müssen bei<br />

fortgesetzter Übung dieser Form zu denken, am Ende sich selbst schaden. Daß<br />

jemand Satzform und gebräuchliche Ideenassoziationen so sehr lockert, daß er mit<br />

geradezu schmerzhafter Wollust weite Gedankensprünge macht, um gänzlich<br />

Fremdes, ja sogar Feindliches aneinan<strong>der</strong>zukoppeln und zusammenzuwürfeln, das<br />

muß ja auf die Dauer zu Störungen des normalen Denkens führen. Weil ich Sie im<br />

persönlichen Verkehr als einen ruhigen, verständigen, urteilsfähigen Mann kenne,<br />

habe ich keine Veranlassung, einen umgekehrten Kausalzusammenhaüg<br />

anzunehmen. Aber ich schlage Ihnen allen Ernstes vor, um Schädigungen Ihrer<br />

Gesundheit zu verhüten: Legen Sie einmal ein Viertejahrlang Fe<strong>der</strong> und Palette<br />

beiseite, gewinnen Sie Abstand von den Fragen, in denen Sie jetzt heillos verstrickt<br />

sind, und beschäftigen Sie sich inzwischen, wenn Sie nicht untätig sein mögen, mit<br />

irgendeinem indifferenten Handwerk, meinetwegen mit Reißbrettzeichnen im<br />

Konstruktionsbüro, noch besser mit einer Tätigkeit im Freien. So darf es nicht<br />

weitergehen!"<br />

H.D. Heilmann<br />

(Über dem ganzen Gebabbel bin ich gar nicht dazu gekommen, das zu sagen, was<br />

ich die ganze Zeit eigentlich sagen wollte!)<br />

Anmerkungen:<br />

Anm. 1) Egger, Eugen: Hugo Ball. Ein Weg aus dem Chaos, Olten 1951, S.57 zit.<br />

aus dem Ball-Nachlaß<br />

Anm. 2) Ebenso bedeutungslos wie die dem Totalspieß ihrer März- und Maifeier-<br />

Gartenlauben verfallene Arbeiterbewegung® , waren jene 'revolutionär-

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