schwarze protokolle - papiertiger archiv & bibliothek der sozialen ...
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Im Laufe des Krieges konzentrierte sich vor allem in Zürich die zum Abhauen<br />
gezwungene internationale Opposition 17 , unter ihnen Hugo Ball&Emmy Hennings,<br />
Richard Hülsenbeck, Hans Arp&Sophie Tauber, Hans Richter, Walter Serner, Marcel<br />
Janco, Francis Picabia, Tristan Tzara; die von Frühjahr 1916 an als "Cabaret<br />
Voltaire“ etwas begannen (Dada), was vergleichsweise Wolfgang Neuss 1965 in<br />
Berlin mit dem "Jüngsten Gerücht" und dem "Neuss Deutschland“ hervorrief:<br />
'Reaktionen': „Mitträger <strong>der</strong> nazistischen Gesindelherrschaft wurden unter die<br />
Expressionisten gerechnet und sogar (!!HDH) jene (noch nicht mal lächerliche)<br />
'Dada'-Clique, <strong>der</strong>en einziges Verdienst es war, gezeigt zu haben, daß und wie ein<br />
arroganter, aber unfundierter Nihilismus absinken kann zum Sekundaner-Bierulk ...“<br />
18 - Diese Wertung stammt vom Taufpaten des literarischen Expressionismus, jenem<br />
weiter oben schon gewürdigten „pervertierten Staatsspießbürger“ und "geborenen<br />
Obmann“ 19 Kurt Hiller.<br />
Der oben erwähnte Futurist <strong>der</strong> Vorkriegszeit Marinetti: „Die Dadaisten wollen mit<br />
Blödsinn die Menschen verwirren, und sie haben kein Vaterland!" 20<br />
Diese Argumentation und Sprache ist also bedeutend älter als die Springerpresse;<br />
vergessen werden soll aber auch nicht die Rolle <strong>der</strong> Heuchelei in <strong>der</strong> landläufigen<br />
Moral: "Nicht ohne ein Gefühl <strong>der</strong> Trauer und Nie<strong>der</strong>geschlagenheit sieht man in <strong>der</strong><br />
Schicksalsstunde, in <strong>der</strong> alle freien geistigen Kräfte dem Krieg gegen den Krieg<br />
gewidmet sein müßten, die literarische Jugend ihre Pflichten gegen die Menschheit<br />
vergessen ...“ 21<br />
Solche Reaktionen auf die Regsamkeit kleiner radikaler Min<strong>der</strong>heiten legen im<br />
allgemeinen die Vermutung nahe, daß die Spielwiese verlassen worden sein muss:<br />
mit <strong>der</strong> Kritik am Geschäftsinteresse <strong>der</strong> Expressionisten, die sich „unter dem<br />
Vorwand <strong>der</strong> Verinnerlichung ... in <strong>der</strong> Literatur und in <strong>der</strong> Malerei zu einer<br />
Generation zusammengeschlossen haben, die heute schon sehnsüchtig ihre<br />
literatur- und kunsthistorische Würdigung erwartet und für eine ehrenvolle Bürger-<br />
Anerkennung kandidiert" 22 . Mit <strong>der</strong> Denunziation <strong>der</strong> Literaturgeschichte als<br />
"grotesker Imitation des Weltgeschehens“, in <strong>der</strong> ein "Napoleon unter Literaten die<br />
tragikomischste Persönlichkeit ist, die man sich denken kann“ (Hülsenbeck)<br />
verbanden die Dadaisten die Kritik an einer Gesellschaft die den Schönredner<br />
honoriert, „<strong>der</strong> auch Veilchen meint, wenn er Bluthund sagt“ 23 , und <strong>der</strong> sich in seine<br />
literarische Hundehütte verkriecht, wenns Ernst wird. 24<br />
Zur selben Zeit, in <strong>der</strong> man sich auf den europäischen Schlachtfel<strong>der</strong>n auf Befehl,<br />
von selber o<strong>der</strong> einfach automatisch gegenseitig auf alle mögliche Art und Weise<br />
umbrachte und verstümmelte, obwohl man sich selber gar nichts getan hatte, schrieb<br />
ausgerechnet jener Leonhart Frank d a s Zeugnis des Expressionismus mit dem Titel<br />
„Der Mensch ist gut" 25 , ausgerechnet auch noch er, <strong>der</strong> damals schon und<br />
übereinstimmend in <strong>der</strong> Memoirenliteratur als bitterböser Mensch geschil<strong>der</strong>t wird!<br />
Eine perversere Form <strong>der</strong> Manifestation <strong>der</strong> Diskrepanz zwischen Fühlen, Denken<br />
und Handeln als den mitten im Krieg die Menschlichkeit andichtenden Literaten trifft<br />
man selbst in <strong>der</strong> Literatur nicht so häufig an. Der formale Zusammenhang mit den<br />
damaligen 'avantgardistischen' Richtungen Futurismus und Kubismus, vor allem mit<br />
Kandinsky und Picasso hatte für die, die nicht einfach in <strong>der</strong> Aufhdung <strong>der</strong> Syntax,<br />
<strong>der</strong> Grammatik etc., d.h. im Formalismus eine neue Möglichkeit begrüßten, den alten<br />
Scheiß noch einmal umzuwälzen und zu vermarkten, eine ganz an<strong>der</strong>e Bedeutung: