09.10.2013 Aufrufe

schwarze protokolle - papiertiger archiv & bibliothek der sozialen ...

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Ablehnung <strong>der</strong> Proklamierung des Generalstreiks durch die „Chemnitzer Konferenz“.<br />

Radek: „Nichts unternehmen! Meine Ankunft abwarten!“<br />

Ein Kurier wurde nach Kiel geschickt, um Remmele zu informieren. Außerdem setzte<br />

sich Brandler am frühen Morgen mit <strong>der</strong> Kieler Stadtleitung <strong>der</strong> KPD In Verbindung.<br />

Aber von Remmele keine Spur. So nahm man schließlich an, daß Remmele auf <strong>der</strong><br />

Fahrt nach Kiel trotz seiner Immunität als Reichstagsabgeordneter verhaftet o<strong>der</strong> gar<br />

von Rechtsextremisten verschleppt worden sei.<br />

Da schlug am nächsten Morgen (23. 10.) die Meldung von Straßenkämpfen in<br />

Hamburg bei den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Zentrale wie eine Bombe ein. Zunächst glaubte<br />

man, daß es im Zusammenhang mit dem Werftarbeiterstreik zu bewaffneten<br />

Zusammenstößen größeren Ausmaßes mit <strong>der</strong> Polizei gekommen sei, daß es sich<br />

also um einen spontanen Ausbruch von Kampfaktionen handele, wie sie bereits in<br />

kleinerem Umfang beim Einsatz <strong>der</strong> Polizei gegen die Streikenden hier und da<br />

aufgeflackert waren. Dann aber tauchte Remmele in Chemnitz auf und berichtete<br />

über seine Mission. Er kam aus Hamburg ....<br />

Remmele hatte entgegen seiner ursprünglichen Absicht, erst mit dem Frühzug<br />

Chemnitz zu verlassen, bereits unmittelbar nach <strong>der</strong> Zentralesitzung einen Nachtzug<br />

nach Berlin erwischt, wo er seit einiger Zeit seinen ständigen Wohnsitz hatte.<br />

Am nächsten Morgen (22.10.), gut ausgeschlafen und mit klarem Kopf, entschloß er<br />

sich, nach Hamburg zu fahren, da sich dort die MP-Oberleitung Nord-West befand,<br />

von <strong>der</strong> die Kieler Stadtleitung des MP-Apparates laut hierarchischem Prinzip den<br />

Befehl und die näheren Instruktionen zum Losschlagen erhalten mußte.<br />

In <strong>der</strong> MP-Oberleitung schüttelte man über den Beschluß <strong>der</strong> Zentrale den Kopf. Das<br />

Kiel von 1923 war nicht mehr das Kiel von 1918, in dem es zehntausende<br />

kriegsmüde und rebellische Matrosen gegeben hatte, die sich nicht 5 Minuten vor<br />

Beendigung des verlorenen Krieges in einer völlig sinnlosen Seeschlacht gegen eine<br />

vielfache Übermacht ad majorem gloriam <strong>der</strong> kaiserlichen Admiralität opfern wollten.<br />

Jetzt hatte die KPD in Kiel nur eine ziemlich schwache Ortsgruppe, <strong>der</strong> MP-Apparat<br />

befand sich im embryonalen Zustand.<br />

Was tun? Die Zeit drängte! Neue Instruktionen konnten nicht mehr eingeholt werden.<br />

In den nächsten 24 Stunden mußten die Gewehre in Kiel o<strong>der</strong> sonstwo losgehen.<br />

„O<strong>der</strong> sonstwo? Warum denn nicht in Hamburg?!“ - Den Vorschlag machte Stern,<br />

<strong>der</strong> sowjetische Militärberater Schreiners. Stern, ehemaliger Fähnrich <strong>der</strong><br />

k.u.k.Armee, war als österreichischer Kriegsgefangener in Rußland nach <strong>der</strong><br />

Oktoberrevolution in die Rote Armee eingetreten, hatte an vielen Bürgerkriegsfronten<br />

gekämpft und stand jetzt im Rang eines Brigadegenerals. Im spanischen Bürgerkrieg<br />

ist er als „General Kleber“ berühmt geworden.<br />

Gegen den Vorschlag Sterns ließ sich logischerweise kaum etwas einwenden. Kiel<br />

war ja nur eine Verlegenheitslösung gewesen, entscheidend war nicht, w o, sondem<br />

d a ß „mit dem Degen vorgefühlt wurde.“ Schreiner willigte zögernd ein, und<br />

Remmele gab im Namen des ZK grünes Licht für den „spontanen Aufstand“ in<br />

Hamburg. Damit war seine Mission beendet. Als er in den frühen Morgenstunden<br />

den Zug nach Chemnitz bestieg, hatte die Knallerei bereits begonnen.

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