schwarze protokolle - papiertiger archiv & bibliothek der sozialen ...
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Der Hamburger Aufstand kann nicht isoliert von <strong>der</strong> gesamtdeutschen Situation und<br />
<strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> KPD, bzw. des Kreml Anno 1923 betrachtet und verstanden werden.<br />
+ + +<br />
Die Ruhrbesetzung im Januar 1923, provoziert durch die rechtsbürgerliche<br />
Regierung Cuno, hatte den totalen Zusammenbruch <strong>der</strong> deutschen Währung,<br />
Massenarbeitslosigkeit, Hunger und Not in fast unvorstellbarem Ausmaße zur Folge<br />
gehabt. Der am 11. August von <strong>der</strong> Berliner Betriebsrätekonferenz proklamierte<br />
Generalstreik löste auch für die Zentrale <strong>der</strong> KPD völlig unerwartete machtvolle<br />
Bewegung aus, die bereits am folgenden Tag die Regierung Cuno zum Rücktritt<br />
zwang und zur Bildung einer Regierung <strong>der</strong> „Großen Koalition“ (Deutsche<br />
Volkspartei, katholisches Zentrum, Demokraten und SPD) unter Reichskanzler<br />
Gustav Stresemann (Deutsche Volkspartei) führte.<br />
Jetzt war man in Moskau davon überzeugt, daß in Deutschland mit Riesenschritten<br />
die revolutionäre Krise heranreife. Heinrich Brandler, <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong> KPD,<br />
beurteilte die Lage weniger optimistisch, er fügte sich aber schließlich dem Beschluß<br />
des „Generalstabes <strong>der</strong> Weltrevolution“, den Kurs auf die Eroberung <strong>der</strong> Macht, die<br />
Deutsche Räterepublik zu nehmen.<br />
Unter Leitung von Bürgerkriegsspezialisten <strong>der</strong> Komintern und Kommandeuren <strong>der</strong><br />
Roten Armee im Generalsrang wurde<br />
<strong>der</strong> Militär-Politische (MP) Apparat<br />
parallel zur politischen Organisation <strong>der</strong> KPD und, bis auf Querverbindungen an <strong>der</strong><br />
Spitze, unabhängig von ihr geschaffen. Als MP-Reichsleiter wurde Sowjetgeneral<br />
Rose eingesetzt, ein deutschstämmiger Metallarbeiter aus den baltischen Provinzen<br />
des alten Zarenreiches. Im Weltkrieg hatte Rose es bis zum ordensgeschmückten<br />
Wachtmeister gebracht. In den Reihen <strong>der</strong> Roten Armee war er als<br />
draufgängerischer Truppenführer im Range eines Korpskommandeurs mit 2 Orden<br />
<strong>der</strong> „Roten Fahne“ und mit einem ihm persönlich von Trotzki verliehenen Ehrensäbel<br />
ausgezeichnet worden. Der Deckname Roses im Militär-Apparat war "Helmut", nach<br />
seiner Verhaftung und in dem gegen ihn geführten Prozeß ist er als „Skobolewski“<br />
und „General Gorew“ bekannt geworden.<br />
Politischer Kommissar <strong>der</strong> MP-Reichsleitung und zugleich Verbindungsmann mit <strong>der</strong><br />
Zentrale <strong>der</strong> KPD und <strong>der</strong> Komintern wurde <strong>der</strong> Berufsrevolutionär und<br />
Bürgerkriegsspezialist Guralski (Kleine), <strong>der</strong> wegen seiner zappligen Nervosität und<br />
seiner oft bizarren Einfälle im Kreise <strong>der</strong> Vertrauten „Mister Meschugge“ genannt<br />
wurde.<br />
An Mut fehlte es Rose zweifellos nicht. Dafür mangelte ihm jede Erfahrung in <strong>der</strong><br />
Vorbereitung des bewaffneten Aufstandes unter den Bedingungen <strong>der</strong> Illegalität. Das<br />
gleiche ist von fast allen russischen Offizieren zu sagen, die vom Generalstab <strong>der</strong><br />
Roten Armee auf ihren Wunsch für die Arbeit in Deutschland abkommandiert waren.<br />
Diese tapferen Truppenführer, insgesamt etwa 20 Generale, waren mit einer<br />
Ausnahme: dem mir zugeteilten General Alexej Stetzki (Parteimitglied seit 1915,<br />
geschulter Marxist), erst im Verlauf <strong>der</strong> Oktoberrevolution zur Partei gekommen. In<br />
<strong>der</strong> Roten Armee hatten sie es gelernt, gestützt auf den revolutionären<br />
Staatsapparat, Truppenverbände zu formieren und zu führen. Jetzt neigten sie dazu,