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Professur für Denkmalpflege Chair of Monument Conservation ...

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Dr. Marion Wohlleben<br />

Bauforschung im Innern sind wir weit davon entfernt,<br />

die räumliche Gliederung und ihre vielfältigen Funktionen<br />

zu verstehen. Sogar um die Form der Dachlösung<br />

muss hart gerungen werden. Wir erfassen Deckenbalkenlöcher,<br />

finden Abdrücke der Deckenbretter, kennen<br />

Traufgesimse, Mittelpfetten mit Fälldaten von 775, Dachschrägen,<br />

Gerüstlöcher, selbst Knieabdrücke der Maurer,<br />

aber eine einzig schlüssige Dachform ist noch nicht<br />

gefunden.<br />

Nachdem 2002 am Kirchengiebel die zerstörungsfreie<br />

Befundanalyse erfolgte, konzentriert sich die Fragestellung<br />

des nächsten Jahres auf wenige Schlüsselstellen, die<br />

nach Art der Knopflochchirurgie minimalinvasiv angegangen<br />

werden und uns h<strong>of</strong>fentlich den missing link zu<br />

Tage fördern. Oft hängt es an der richtigen Fragestellung,<br />

die einem die Bedeutung kleinster Spuren erhellen<br />

kann. Aktuelles Beispiel: Steinspitzen eines abgeschlagenen<br />

Gesimses in Kombination mit Farbresten eines<br />

Zackenfrieses weisen auf einen plastisch geformten und<br />

farbig betonten Dreieckgiebel hin, der sich anlehnt<br />

an Vorbilder der Spätantike und der justinianischen Zeit<br />

und auf diese Weise den Anspruch des Gebäudes als<br />

kaiserliches Kloster unterstreicht.<br />

Alterung und Restaurierung von Architekturoberflächen<br />

der Moderne. Versuch einer Annäherung an die Probleme<br />

Im Unterschied zu Konstruktionsdetails beim Neuen Bauen<br />

spielen schlichte Putzflächen kaum eine Rolle, obwohl<br />

«die weisse Wand» und ihre Wirkung grosse Bedeutung<br />

<strong>für</strong> diese Architektur haben. Der Eindruck entmaterialisierter<br />

Oberflächen wurde durch die bauzeitliche Fotografie<br />

noch befördert. Inzwischen wurden die meisten Bauten<br />

vor allem oberflächlich verändert, da Putze allgemein<br />

als Verschleissschichten angesehen werden. Aufgeschreckt<br />

durch die Erneuerung der Stuttgarter Weissenh<strong>of</strong>siedlung<br />

(1981-87), bei der 90% der originalen Oberflächen ohne<br />

nennenswerte Befunduntersuchungen beseitigt wurden,<br />

formulierten Fachleute: «von dem so kleinen und immer<br />

kleiner werdenden Erbe der Bauhauszeit, die leider so<br />

kurz währte, müssen wir alles bewahren, was auf uns gekommen<br />

ist, jedes Krümelchen» (icomos-Tagung «Konservierung<br />

der Moderne?»). Notwendig ist die Vermehrung<br />

gesicherter und interpretierbarer Befunde, um die Kenntnisse<br />

über verwendete Materialien und Techniken sowie<br />

die Erlebnisfähigkeit ihrer ästhetischen Wirkung zu erhöhen.<br />

Behutsame Wiederherstellungen in der Schweiz<br />

(z.B. Arthur Rüegg, Ruggero Tropeano) oder in Deutschland<br />

(Onkel Toms Hütte, Einsteinturm, Haus Schminke,<br />

Bauhaus) konnten <strong>für</strong> die besonderen Eigenschaften<br />

der Moderne sensibilisieren und zeigen, dass viele Bauten<br />

nicht nur erhaltenswürdig, sondern auch erhaltensfähig<br />

und dass Radikallösungen (Abbruch, Rekonstruktion) unnötig<br />

sind. Und sie zeigen, dass das Bild der Moderne<br />

noch mancher Korrektur und Differenzierung bedarf.<br />

points which, in the same way as buttonhole surgery,<br />

can be approached with a minimum <strong>of</strong> invasive effect,<br />

and will hopefully reveal the missing link. It <strong>of</strong>ten depends<br />

on asking the right question that will illuminate the<br />

significance <strong>of</strong> the tiniest traces. A current example:<br />

stone fragments from a fallen moulding in combination<br />

with paint residues from a serrated frieze suggest a sculpted<br />

triangular gable with color accentuation based on<br />

models <strong>of</strong> late antiquity and the Justinian period, and in<br />

this way underline the importance <strong>of</strong> the building as an<br />

imperial monastery.<br />

Aging and Restoration <strong>of</strong> Architectural Surfaces <strong>of</strong> the<br />

Modernity. An Attempted Approach to the Problems<br />

Unlike the construction details, simple plastered surfaces<br />

hardly play any role for the Modern Movement, although<br />

the ‘white wall’ and its effect are <strong>of</strong> major significance<br />

for this type <strong>of</strong> architecture. The impression <strong>of</strong><br />

dematerialized surfaces has been further emphasized by<br />

the photographs taken at the time <strong>of</strong> the building’s construction.<br />

In the meantime, most buildings have been<br />

changed, above all on their surface, since plaster is generally<br />

regarded as a wearing course. Roused by the<br />

renovation <strong>of</strong> the Stuttgart Weissenh<strong>of</strong> Housing Project<br />

(1981-1987), in which 90% <strong>of</strong> the original surfaces were<br />

removed without any significant investigations <strong>of</strong> the findings,<br />

the experts adopted the principle that ‘we must<br />

preserve everything that we find <strong>of</strong> the extremely small<br />

and increasingly smaller heritage <strong>of</strong> the Bauhaus age,<br />

which lasted unfortunately such a short time, every little<br />

crumb’ (icomos conference ‘<strong>Conservation</strong> <strong>of</strong> the Modernity?’).<br />

It is necessary to increase the reliable findings<br />

capable <strong>of</strong> interpretation in order to extend our knowledge<br />

about the materials and techniques used and our<br />

capacity to experience their aesthetic effect. Cautious<br />

restorations in Switzerland (e.g. Arthur Rüegg, Ruggero<br />

Tropeano) or in Germany (Uncle Tom’s Cabin, the<br />

Einstein Tower, the Schminke House, the Bauhaus) have<br />

been able to sensitize the public to the important characteristics<br />

<strong>of</strong> the Modern, and show that many buildings<br />

are not only worthy <strong>of</strong>, but also capable <strong>of</strong> preservation,<br />

and that radical solutions (demolition, reconstruction) are<br />

unnecessary. And they also show that the image <strong>of</strong> the Modernity<br />

still requires some corrections and differentiations.<br />

161<br />

Institut ID Departement Architektur<br />

Georg Mörsch

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