FS EuropaR (6).indd - Alpmann Schmidt
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Fall 11: Nicht ohne heimischen Anwalt 1. Teil<br />
2. Staatliche Maßnahme i.F.e. Beschränkung der Dienstleistungsmöglichkeit<br />
Zu prüfen ist nun, ob sich die Regelungen des deutschen Gesetzes als eine<br />
nach Art. 56 AEU grundsätzlich verbotene Beschränkung darstellen.<br />
a) Gem. Art. 57 Abs. 3 AEU garantiert die Dienstleistungsfreiheit dem Leistenden<br />
die Betätigung unter den Voraussetzungen, welche das Gastland<br />
seinen eigenen Staatsangehörigen vorschreibt (Gebot der Inländergleichbehandlung).<br />
Verboten sind danach nicht nur alle offenen Diskriminierungen<br />
aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten,<br />
die zwar scheinbar auf neutralen Kriterien beruhen, tatsächlich jedoch<br />
zum selben Ergebnis führen.<br />
b) Noch einen Schritt weiter geht hier der EuGH, indem er die Gewährleistung<br />
der Dienstleistungsfreiheit als ein allgemeines Beschränkungsverbot<br />
ansieht. Danach genügt es generell, dass die staatliche Maßnahme geeignet<br />
ist, die Tätigkeiten eines Dienstleistenden, der in einem anderen<br />
Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen<br />
erbringt, zu unterbinden oder zu behindern.<br />
aa) Auf den Fall übertragen bedeutet dies, der Aufnahmestaat müsste die<br />
Personen, die anwaltliche Tätigkeiten in den einzelnen Mitgliedstaaten<br />
verrichten, als Rechtsanwälte anerkennen. Dies ist vorliegend jedoch nur<br />
mit Einschränkungen gewährleistet, sodass – unabhängig von einer eventuell<br />
vorliegenden Diskriminierung – gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßen<br />
wird.<br />
bb) Fraglich ist jedoch, ob dieses Ergebnis insofern zu korrigieren ist, als<br />
dass parallel zur Erweiterung des Beschränkungsverbots nun auch die vom<br />
EuGH zu Art. 34 AEU entwickelte „Keck-Rechtsprechung“ auf den Bereich<br />
der Dienstleistungsfreiheit übertragen werden muss, d.h. staatliche Maßnahmen<br />
nur dann dem besagten Verbot unterfielen, wenn sie den Marktzugang<br />
unmittelbar behinderten. Stellten sie sich dagegen als bloße<br />
„Dienstleistungsmodalitäten“ nichtdiskriminierenden Charakters dar, so<br />
wären sie nicht geeignet, die nach Art. 56 AEU garantierte Freiheit einzuschränken.<br />
Betrachtet man die Regelung, dass Rechtsanwälte anderer Mitgliedstaaten<br />
lediglich im Einvernehmen mit einem deutschen Anwalt handeln und nur<br />
in Begleitung dessen auftreten dürfen, so liegt hierin unstreitig eine unmittelbare<br />
Marktzugangsregelung, da die Dienstleistung in ihrer ursprünglichen<br />
Form, nämlich als alleinige Vertretung des Mandanten, auf dem deutschen<br />
Markt nicht angeboten werden kann.<br />
Auch infolge der „Keck-Rechtsprechung“ ergeben sich damit vorliegend<br />
keine Einschränkungen, sodass ein Verstoß gegen Art. 56 AEU zu bejahen<br />
ist.<br />
III. Eingriff ausnahmsweise zulässig<br />
Mit dem insoweit festgestellten Eingriff in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit<br />
ist über die Frage der Rechtsverletzung noch nicht abschließend<br />
entschieden.<br />
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