09.10.2013 Aufrufe

FS EuropaR (6).indd - Alpmann Schmidt

FS EuropaR (6).indd - Alpmann Schmidt

FS EuropaR (6).indd - Alpmann Schmidt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Fall 11: Nicht ohne heimischen Anwalt 1. Teil<br />

Fall 11: Nicht ohne heimischen Anwalt<br />

Tatbestand des Art. 56 AEU<br />

Rechtfertigung durch zwingende Allgemeininteressen – Cassis<br />

(in Anlehnung an EuGH Rs. 427/85 – Gouvernantenklausel)<br />

In Umsetzung einer EU-Richtlinie „zur Erleichterung der Ausübung des<br />

freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte“ wurde in der Bundesrepublik<br />

ein Gesetz erlassen, das folgende Regelungen enthält:<br />

(1) [...] Rechtsanwälte anderer Mitgliedstaaten, die keine Kanzlei in der Bundesrepublik<br />

unterhalten, dürfen in gerichtlichen sowie behördlichen<br />

Verfahren als Vertreter und als Verteidiger eines Mandanten nur im Einvernehmen<br />

mit einem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt handeln,<br />

der selbst in dem Verfahren Bevollmächtigter oder Verteidiger ist.<br />

Sie dürfen darüber hinaus in einer mündlichen Verhandlung oder einer<br />

Hauptverhandlung nur in Begleitung dieses Rechtsanwalts auftreten.<br />

(2) Das nach Abs. 1 erforderliche Einvernehmen ist bei Vornahme jeder einzelnen<br />

Handlung nachzuweisen. Handlungen, die entgegen Abs. 1 vorgenommen<br />

werden oder für die der Nachweis des Einvernehmens im<br />

Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht vorliegt, sind unwirksam.<br />

Nach Auffassung der Kommission verstoßen diese Regelungen in mehrerlei<br />

Hinsicht gegen den AEU-Vertrag. Sie beanstandet zum einen, dass<br />

Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten auch dann nur im Einvernehmen<br />

mit einem deutschen Anwalt handeln dürfen, wenn nach deutschem<br />

Recht überhaupt kein Anwaltszwang besteht. Zum anderen sei<br />

es mit dem AEU-Vertrag unvereinbar, dass ein ausländischer Anwalt in<br />

einer mündlichen Verhandlung immer in Begleitung eines deutschen<br />

Anwalts auftreten müsse und das Einvernehmen bei Vornahme jeder<br />

Einzelhandlung nachzuweisen sei.<br />

Hiergegen erwidert die Bundesregierung, die Vorschriften sollen gewährleisten,<br />

dass ein Prozessbevollmächtigter sowohl mit dem materiellen<br />

als auch dem Verfahrensrecht der Bundesrepublik vertraut ist.<br />

Weiterhin sei es erforderlich, das Einvernehmen für jede Handlung<br />

nachzuweisen, da den Gerichten gegenüber der deutsche Anwalt die<br />

Verantwortung trage.<br />

Sind die Regelungen des deutschen Gesetzes mit dem AEU-Vertrag zu<br />

vereinbaren?<br />

Hinweis auf einschlägige Bestimmungen: Art. 5 RL 77/249<br />

Für die Ausübung der Tätigkeiten, die mit der Vertretung und der Verteidigung<br />

von Mandanten im Bereich der Rechtspflege verbunden sind, kann<br />

ein Mitgliedstaat den Rechtsanwälten als Bedingung auferlegen, dass sie<br />

im Einvernehmen mit einem bei dem angerufenen Gericht zugelassenen<br />

Rechtsanwalt handeln.<br />

Das vorliegende Gesetz könnte gegen die durch Art. 56 ff. AEU geschützte<br />

Dienstleistungsfreiheit verstoßen.<br />

49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!