09.10.2013 Aufrufe

Die Alpenkonvention als Grundlage oder Barriere erneuerbarer ...

Die Alpenkonvention als Grundlage oder Barriere erneuerbarer ...

Die Alpenkonvention als Grundlage oder Barriere erneuerbarer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> <strong>als</strong><br />

<strong>Grundlage</strong> <strong>oder</strong> <strong>Barriere</strong> <strong>erneuerbarer</strong><br />

Energien am Beispiel des Falles<br />

Spullersee-Beileitung Ost<br />

Diplomarbeit<br />

zur Erlangung des akademischen Grades einer Mag a . iur.<br />

an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät<br />

der Leopold- Franzens- Universität Innsbruck<br />

Eingereicht bei ao. Univ.- Prof. Dr. Walter Obwexer<br />

von<br />

Mag. a Marion Battisti<br />

Innsbruck, im Jänner 2012


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Der völkerrechtliche Vertrag 3<br />

2.1 Allgemeines 3<br />

2.2 <strong>Die</strong> Wiener Vertragsrechtskonvention 3<br />

2.3 Definition „völkerrechtlicher Vertrag" 4<br />

2.4 Das Zustandekommen völkerrechtlicher Verträge 4<br />

2.5 <strong>Die</strong> Übernahme von Völkerrecht ins Landesrecht 6<br />

2.6 Zusammenfassung 9<br />

3 <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 11<br />

3.1 Entstehung 11<br />

3.2 Struktureller Aufbau 13<br />

3.2.1 <strong>Die</strong> „Alpenkonferenz“ 14<br />

3.2.2 Ständiger Ausschuss 15<br />

3.2.3 Überprüfungsausschuss 16<br />

3.2.4 Ständiges Sekretariat 16<br />

3.2.5 Nationale Besonderheiten im Zusammenhang mit den Organen der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> 17<br />

3.3 <strong>Die</strong> Rahmenkonvention und ihre Durchführungsprotokolle 17<br />

3.3.1 Das prozedurale Protokoll Streitbeilegung 18<br />

3.4 <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> in das innerstaatliche Recht 19<br />

3.4.1.1 Unmittelbare Anwendbarkeit der Durchführungsprotokolle 20<br />

3.5 <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> im Unionsrecht 23<br />

3.5.1 Rechtliche Folgen der Umsetzung 25<br />

II


3.6 Zusammenfassung 25<br />

4 Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien 28<br />

4.1 Allgemeines 28<br />

4.2 Gemeinsame Leitlinien für die Kleinwasserkraftnutzung im Alpenraum 30<br />

4.3 Art. 7 Energie-Protokoll 31<br />

4.3.1 Auslegung des Art. 7 Energie-Protokoll 32<br />

4.3.2 Unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 7 Energie-Protokoll 33<br />

4.4 Art. 11 Naturschutz-Protokoll 34<br />

4.4.1 Auslegung des Art. 11 Abs. 1 Naturschutz-Protokoll 34<br />

4.4.2 Unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 1 Naturschutz- Protokoll 37<br />

4.5 Einschlägige unionsrechtliche Bestimmungen 37<br />

4.5.1 „Natura 2000“ 37<br />

4.5.2 Vogelschutz- Richtlinie 38<br />

4.5.3 Fauna-Flora-Habitat Richtlinie 39<br />

4.5.4 Ausweisung der Schutzgebiete 41<br />

4.5.5 Rechtsfolgen der Ausweisung 41<br />

4.5.6 Implementierung in das innerstaatliche Recht 47<br />

4.6 Gegenüberstellung der einschlägigen Regelungen 49<br />

4.7 Zusammenfassung 53<br />

5 Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee-Beileitung Ost 55<br />

5.1 Projektbeschreibung 55<br />

5.2 Tiroler Lech <strong>als</strong> Naturschutzgebiet und Naturpark 56<br />

5.3 Tiroler Lechtal <strong>als</strong> „Natura 2000“ Gebiet 57<br />

5.4 Auswirkungen auf das Tiroler Lechtal 59<br />

5.5 Verfahrensablauf 60<br />

III


5.6 Rechtliche Beurteilung des ergangenen Bescheides 61<br />

5.6.1 <strong>Die</strong> „Nicht- Anwendung“ der <strong>Alpenkonvention</strong> 61<br />

5.6.2 <strong>Die</strong> Anwendung des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL 66<br />

6 Resümee 71<br />

7 Literaturverzeichnis VI<br />

8 Eidesstattliche Erklärung X<br />

IV


Abkürzungsverzeichnis<br />

ABl. Amtsblatt der Europäischen Union<br />

Abs. Absatz<br />

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union<br />

ARGE ALP Arbeitsgemeinschaft Alpenländer<br />

Art. Artikel<br />

Aufl. Auflage<br />

B-VG Bundesverfassungsgesetz<br />

BayVBl. Bayrische Verwaltungsblätter<br />

Bd. Band<br />

BGBl. Bundesgesetzblatt<br />

BMLFUW Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und<br />

Wasserwirtschaft<br />

CAA Club Arc Alpin<br />

CIPRA Commission Internationale pour la Protection des Alpes (Internationale<br />

Alpenschutzkommission)<br />

Cm Zentimeter<br />

EG Europäische Gemeinschaft<br />

EU Europäische Union<br />

EuGH Gerichtshof der Europäischen Union<br />

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />

f./ ff. folgende<br />

FFH-RL Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie<br />

Ha Hektar<br />

V


gem. gemäß<br />

GWh Gigawattstunde<br />

Gz. Geschäftszahl<br />

Hrsg. HerausgeberIn<br />

IGH Internationaler Gerichtshof<br />

IUCN International Union for Conservation of Nature and Natural Resources-<br />

World conservation Union (Internationale Naturschutzunion)<br />

LGBl. Landesgesetzblatt<br />

Lit. litera<br />

NGO Non- Governmental Organisation<br />

OeBB Österreichische Bundesbahnen<br />

RL Richtlinie<br />

Rn. Randnummer<br />

Rs. Rechtssache<br />

Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichtshofs<br />

der Europäischen Union<br />

TNSchG Tiroler Naturschutzgesetz<br />

UN Vereinte Nationen<br />

UVP Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

VS-RL Vogelschutzrichtlinie<br />

VfGH Verfassungsgerichtshof<br />

VwGH Verwaltungsgerichtshof<br />

VwSlg. Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des<br />

Verwaltungsgerichtshofs<br />

WWF World Wide Fund for Nature<br />

WWK Wiener Vertragsrechtskonvention<br />

VI


Einleitung Marion Battisti<br />

1 Einleitung<br />

<strong>Die</strong> Alpen sind dank ihrer vielfältigen Lebensräume nicht nur eine der artenreichsten<br />

Regionen Europas, sondern auch der wichtigste Süßwasserversorger unseres Kontinents.<br />

Neben dem Rhein, dem Po und der Rhone entspringen hier ebenso zahlreiche Nebenflüsse<br />

der Donau. Aber nicht nur verschiedenste Ökosysteme, sondern auch Millionen Europäer 1<br />

sind auf diese alpinen Flüsse angewiesen - sei es hinsichtlich der Trinkwasser- und<br />

Nahrungsmittelversorgung <strong>oder</strong> in wirtschaftlichen Belangen (Industrie, Tourismus,<br />

Schifffahrt,…).<br />

Daneben beinhaltet dieser Wasserreichtum aber auch ein weiteres Potential: <strong>als</strong> wichtigste<br />

Quelle für erneuerbare Energien genutzt zu werden. Mehr <strong>als</strong> 90% der Gesamtproduktion an<br />

<strong>erneuerbarer</strong> Energie im alpinen Raum wird mit Hilfe der Wasserkraft gewonnen. <strong>Die</strong>s zieht<br />

zwar deutliche Vorteile für das globale CO2 - Gleichgewicht nach sich, geht aber Hand in<br />

Hand mit bedeutenden ökologischen Eingriffen, wie man bereits an dem teilweise<br />

bedrohlichen Zustand der Gewässer erkennen kann. Eine nachhaltige Wasserkraftnutzung<br />

ist deshalb sowohl jetzt <strong>als</strong> auch in Zukunft eine strategische Herausforderung, der sich die<br />

Alpenregionen zu stellen haben 2 .<br />

<strong>Die</strong>sem Spannungsfeld widmet sich auch die <strong>Alpenkonvention</strong>. So wird der Stellenwert der<br />

Wasserkraft <strong>als</strong> erneuerbare Energiequelle durchaus anerkannt, soll gefördert und bevorzugt<br />

genutzt werden, jedoch unter umwelt- und landschaftsverträglichen Bedingungen.<br />

Angestrebt wird eine Nutzung der Wasserkraft, die die Interessen der ansässigen<br />

Bevölkerung gleichermaßen berücksichtigt wie das Interesse an der Erhaltung der Umwelt,<br />

insbesondere durch die Reinhaltung der Gewässer und einen naturnahen Wasserbau. Um<br />

den nationalen Entscheidungsträgern diesbezügliche Rahmenbedingungen und Strukturen<br />

aufzuzeigen, wurden nicht nur das Durchführungsprotokoll Energie ausgearbeitet, sondern<br />

Anfang März 2011 auch Leitlinien für die Kleinwasserkraft verabschiedet, was Ausmaß und<br />

Dringlichkeit dieser Problematik unterstreichen soll.<br />

Daneben spielt es aber auch eine Rolle, wo geplante Eingriffe durchgeführt werden. Gemäß<br />

dem „Ökomasterplan des WWF“ ist dafür nicht nur der ökologische Zustand der Gewässer<br />

ausschlaggebend, sondern auch die Lage in Schutzgebieten <strong>oder</strong> die Länge der<br />

1 Alle Personen-, Funktions- und Berufsbezeichnungen, die in dieser Arbeit aus Gründen der besseren<br />

Lesbarkeit sprachlich in männlicher Form verwendet werden, gelten sinngemäß auch in der weiblichen Form.<br />

2 SHARE, Der Wasserturm des europäischen Kontinents http://www.share-alpinerivers.eu/sustainablehydropower-de/beta-hp-ecosystems<br />

( 8.11.2011).<br />

1


Einleitung Marion Battisti<br />

zusammenhängenden freien Fließstrecken können hinsichtlich der Schwere des Eingriffs<br />

relevant sein. Schutzgebiete sind grundlegend für eine nachhaltige Entwicklung, da sie einen<br />

ausreichenden Schutz von Arten, Lebensräumen und spezifischen Landschaftselementen<br />

gewährleisten sollen. Vor allem in diesen Regionen muss daher der Fokus zukünftiger<br />

Entwicklungen auf der Erhaltung und Förderung der Landschaft liegen und die Nutzung der<br />

Wasserkraft hintangestellt werden 3 . In diesem Sinne wurden in Österreich nicht nur auf<br />

nationaler Ebene verschiedene Schutzgebietskategorien ausgewiesen. Auch die<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> positioniert sich im Durchführungsprotokoll Naturschutz und<br />

Landschaftspflege klar für die Erhaltung solch sensibler Bereiche, gleich wie auf<br />

europarechtlicher Ebene ein umfassendes Schutzregime eingerichtet worden ist: das<br />

kohärente, europäische, ökologische Netz „Natura 2000“.<br />

Anhand einer in Planung befindlichen Kraftwerkserweiterung im Raum Spullersee soll in<br />

vorliegender Arbeit nun erörtert werden, welche dieser Regelungen wann greifen und in<br />

welchem Umfang diese völkerrechtskonform zur Anwendung gelangen können. Dazu soll<br />

einführend ein Überblick über völkerrechtliche Grundsätze vermittelt werden: Was ist ein<br />

völkerrechtlicher Vertrag, wer schließt diesen ab und wie wird er in das innerstaatliche Recht<br />

inkorporiert? Anschließend soll auf die <strong>Alpenkonvention</strong> <strong>als</strong> einschlägiges völkerrechtliches<br />

Vertragswerk genauer eingegangen werden. Aber nicht nur deren Entstehung,<br />

organisatorischer und struktureller Aufbau sollen genauer beleuchtet werden, sondern auch<br />

jene Regelungen, die <strong>Grundlage</strong> und zugleich Beschränkung der Wasserkraftnutzung<br />

darstellen können. <strong>Die</strong>se sind nicht nur im Durchführungsprotokoll Energie zu finden,<br />

sondern auch das Protokoll Naturschutz und Landschaftspflege wurde von nationalen<br />

Behörden bereits <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage herangezogen 4 . Da die geplante Erweiterung<br />

aber nicht nur ein, auf nationaler Ebene <strong>als</strong> Naturschutzgebiet ausgewiesenes, Gebiet<br />

betrifft, sondern dieses auch in die Unionsliste „Natura 2000“ aufgenommen wurde, sollen<br />

nach einer kurzen Einführung in dieses europarechtliche Schutzregime eventuell bestehende<br />

Differenzen beschriebener Regelungen einander gegenüber gestellt werden. Daran<br />

anschließend werden der Verfahrensablauf in gegenständlichem Fall sowie der daraufhin<br />

ergangene Bescheid genauer analysiert, wonach ein zusammenfassendes Resümee die<br />

Arbeit abschließen soll.<br />

3 Walder/Litschauer, Ökomasterplan Stufe II- Schutz für Österreichs Flussjuwele, WWF Information (19).<br />

4 Beispielsweise Bescheid der Tiroler Landesregierung 15.7.2003, U-11.678/92.<br />

2


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

2 Der völkerrechtliche Vertrag<br />

2.1 Allgemeines<br />

Das Völkerrecht umfasst die Summe all jener rechtlichen Normen, die das Verhalten der<br />

Völkerrechtssubjekte regeln, ohne dem internen Recht eines dieser Subjekte anzugehören.<br />

Als klassische formelle Rechtsquellen des Völkerrechts kann man dabei gem. Art. 38 Abs. 1<br />

lit. a-c Statut des Internationalen Gerichtshofs internationale Abkommen (<strong>als</strong> völkerrechtliche<br />

Verträge), Völkergewohnheitsrecht sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze grob<br />

umreißen 5 . Da auch die <strong>Alpenkonvention</strong> <strong>als</strong> völkerrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist, soll<br />

auf diesen Begriff zunächst genauer eingegangen werden, bevor Entstehung, Struktur und<br />

Regelungsbereiche der <strong>Alpenkonvention</strong> im Detail beschrieben werden.<br />

2.2 <strong>Die</strong> Wiener Vertragsrechtskonvention<br />

<strong>Die</strong> Rechtsnormen über Abschluss und Geltung völkerrechtlicher Verträge gehören zu den<br />

am besten entwickelten Teilen des Völkerrechts, die sich lange Zeit aus dem<br />

Völkergewohnheitsrecht ergaben. So wurzelt beispielsweise auch der Grundsatz, dass<br />

völkerrechtliche Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda), im Gewohnheitsrecht,<br />

welches am 23.5.1969 in der Wiener Konvention über das Recht der Verträge, kurz Wiener<br />

Vertragsrechtskonvention (WVK), kodifiziert wurde. Nicht nur, dass dadurch eine<br />

Präzisierung und Ausräumung bislang umstrittener Regelungen stattfand. Auch eine<br />

Festigung des Gewohnheitsrechtes konnte durch die große Anzahl an Ratifikationen sowie<br />

deren bestimmenden Einfluss auf die Staatenpraxis erreicht werden 6 . 1978 trat auch<br />

Österreich diesem internationalen Vertragswerk bei, das auf alle schriftlichen Verträge<br />

zwischen Staaten Anwendung findet, für welche die WVK bereits in Kraft getreten ist. 7 Ein<br />

schriftlicher Vertrag in diesem Sinne umschreibt „eine in Schriftform geschlossene und vom<br />

Völkerrecht bestimmte internationale Übereinkunft zwischen Staaten, gleichviel ob sie in<br />

5 Neuhold, Abgrenzung, Strukturmerkmale und Besonderheiten der Völkerrechtsordnung, in<br />

Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts 4 ( 2004), 3 (3).<br />

6 Herdegen, Völkerrecht 8 (2009) 109 Rn 4.<br />

7 Zemanek, Das Völkervertragsrecht, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des<br />

Völkerrechts 4 (2004) 45 (47).<br />

3


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

einer <strong>oder</strong> in mehreren zusammengehörigen Urkunden enthalten ist und welche besondere<br />

Bezeichnung sie hat (Art. 2 Abs. 1 lit. a WVK)“ 8 .<br />

2.3 Definition „völkerrechtlicher Vertrag"<br />

Völkerrechtliche Verträge können gem. Art. 38 Abs. 1 lit. a IGH- Statut <strong>als</strong> „internationale<br />

Abkommen allgemeiner <strong>oder</strong> besonderer Natur, in denen von im Streit befindlichen Staaten<br />

ausdrücklich anerkannte Normen aufgestellt sind“ bezeichnet werden, die der IGH gem. Art.<br />

38 an erster Stelle <strong>als</strong> Hilfsmittel zur Lösung einer ihm unterbreiteten Streitigkeit nennt. <strong>Die</strong>se<br />

Hervorhebung <strong>als</strong> praktisch wichtigste unter den formellen Völkerrechtsquellen ist insofern<br />

gerechtfertigt, <strong>als</strong> dass Völkerrecht dadurch am schnellsten, präzisesten und<br />

transparentesten fortentwickelt werden kann, was seiner Dynamik am ehesten entspricht 9 .<br />

„Unter einem völkerrechtlichen Vertrag verstehen wir eine ausdrückliche <strong>oder</strong> durch<br />

konkludente Handlungen zustande gekommene, vom Völkerrecht bestimmte<br />

Willenseinigung zwischen zwei <strong>oder</strong> mehreren Staaten <strong>oder</strong> anderen<br />

Völkerrechtssubjekten, in denen sich diese zu bestimmten einseitigen <strong>oder</strong><br />

korrespondierenden, gleichen <strong>oder</strong> verschiedenen, einmaligen <strong>oder</strong> wiederholten<br />

Leistungen, Unterlassungen <strong>oder</strong> Duldungen verpflichten“ 10 .<br />

Sind lediglich zwei Völkerrechtssubjekte beteiligt, spricht man von bilateralen Abkommen,<br />

ansonsten von multilateralen, die auch Konventionen <strong>oder</strong> Übereinkommen genannt werden<br />

können. Letztere entstehen zusehends zum Schutz von Menschenrechten <strong>oder</strong> der Umwelt,<br />

wodurch die Einhaltung bestimmter Standards im innerstaatlichen Bereich abgesichert<br />

werden soll, ohne jedoch subjektive Rechte anderer Vertragsparteien begründen zu wollen.<br />

2.4 Das Zustandekommen völkerrechtlicher Verträge<br />

Nach Art. 6 WVK besitzt jeder Staat die Fähigkeit, Verträge abzuschließen, was auch <strong>als</strong><br />

„treaty making power“ bezeichnet wird. Staat ist hierbei in einem völkerrechtlichen Sinn zu<br />

verstehen und umfasst alle souveränen Staaten 11 . Innerstaatlich ist der Abschluss<br />

völkerrechtlicher Verträge gem. Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG Bundessache. Der Bund kann<br />

völkerrechtliche Verträge demnach auf allen Sachgebieten abschließen, ohne dabei durch<br />

8 Herdegen, Völkerrecht 109 Rn 5.<br />

9 Vitzthum, Geschichte und Rechtsquellen des Völkerrechts, in Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht 5 (2010) 1(51).<br />

10 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht- Theorie und Praxis 3 (2010) 337§ 534.<br />

11 Zemanek, in Neuhold u.a.46ff.<br />

4


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

die Kompetenzverteilung der Art. 10 bis 15 B-VG beschränkt zu sein. Lediglich die<br />

Durchführung selbiger richtet sich nach benannten Artikeln. Berührt ein Vertrag jedoch die<br />

Durchführungsmaßnahmen der Länder, ist auch diesen vor Abschluss Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme zu geben (Art. 10 Abs. 3 B-VG). Darüber hinaus bedürfen alle Verträge, die<br />

Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder regeln, die<br />

Zustimmung des Bundesrates (Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG). Seit der B-VG Novelle 1988 wurde<br />

auch den Ländern eine eingeschränkte Kompetenz zum Abschluss von Staatsverträgen<br />

eingeräumt, was die <strong>Grundlage</strong> für deren partielle Völkerrechtssubjektivität darstellt. In<br />

Angelegenheiten, die in den selbstständigen Wirkungsbereich der Bundesländer fallen,<br />

können diese demnach Staatsverträge mit an Österreich angrenzenden Staaten <strong>oder</strong> deren<br />

Teilstaaten abschließen 12 .<br />

Nach Art. 7 Abs. 2 WVK sind Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Außenminister kraft<br />

Amtes <strong>als</strong> Vertreter ihres Staates ohne Vorlage einer Vollmacht zur Vornahme aller<br />

Vertragshandlungen zuständig 13 , wozu in Österreich gem. Art. 65 Abs. 1 B-VG der<br />

Bundespräsident ermächtigt wird. Handelt es sich jedoch um politische, gesetzesändernde<br />

<strong>oder</strong> gesetzesergänzende Staatsverträge, ist vor der Ratifikation darüber hinaus die<br />

Genehmigung des Nationalrates unter Mitwirkung des Bundesrates notwendig (Art. 50 Abs.<br />

1 B-VG) 14 . Berühren sie ferner den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder, braucht es<br />

des Weiteren die Zustimmung des Bundesrates.<br />

Hinsichtlich des formellen Abschlussverfahrens sind nun drei Schritte zu unterscheiden: die<br />

Annahme des Textes, seine Beurkundung und die Erklärung der Zustimmung, durch den<br />

Vertrag gebunden zu sein. Durch die Annahme wird der Text endgültig festgelegt und die<br />

Vertragsverhandlungen sind beendet, was normalerweise durch die Zustimmung aller<br />

Vertragspartner geschieht (Art. 9 Abs. 1 WVK). Findet die Annahme jedoch auf<br />

internationalen Konferenzen statt, wird gem. Art. 9 Abs. 2 WVK lediglich eine<br />

Zweidrittelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Staaten gefordert. <strong>Die</strong> Beurkundung<br />

kann schließlich auf zweierlei Arten erfolgen. Zum einen durch Paraphierung, was die<br />

Unterzeichnung eines Vertragstextes lediglich mit Namenskürzel meint, wenn der endgültige<br />

Abschluss durch Unterzeichnung erfolgen soll. Zum anderen durch Unterzeichnung, wenn im<br />

12 Öhlinger, Verfassungsrecht 8 (2009) 80.<br />

13 Zemanek, in Neuhold u.a. 47.<br />

14 Öhlinger, Verfassungsrecht 80.<br />

5


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

weiteren Verlauf eine Ratifikation vorgesehen ist (Art. 10 lit. b WVK) 15 . <strong>Die</strong> Zustimmung kann<br />

daran anschließend durch Unterzeichnung, Notenwechsel, Ratifikation, Annahme,<br />

Genehmigung, Beitritt <strong>oder</strong> eine andere vereinbarte Art und Weise ausgedrückt werden (Art.<br />

11 WVK) 16 . Eine Unterzeichnung hat zu erfolgen, wenn der Vertragsgegenstand<br />

innerstaatlich nicht einer parlamentarischen Genehmigung bedarf (Art. 13 WVK), andernfalls<br />

durch Ratifikation seitens des Staatsoberhauptes (Art. 14 WVK) 17 . Der Ratifikation<br />

gleichgestellt sind schließlich die Annahme sowie die Genehmigung, die sich für jene Fälle<br />

herausgebildet haben, in denen eine Ratifikation durch das Staatsoberhaupt<br />

verfassungsrechtlich nicht notwendig ist. Darüber hinaus kann ein Staat Vertragspartner<br />

werden, indem er einem bereits zwischen anderen Staaten abgeschlossenen Vertrag beitritt,<br />

falls diese Möglichkeit vorgesehen ist 18 . Bei bilateralen Verträgen folgt diesen Handlungen<br />

ein Austausch der Ratifikationsurkunden, bei multilateralen Verträgen werden diese bei<br />

einem Depositär hinterlegt. Austausch und Hinterlegung können durch Notifikationen ersetzt<br />

werden, wenn dies die jeweiligen Parteien untereinander vereinbaren (Art. 12 WVK) 19 .<br />

Bestimmt der völkerrechtliche Vertrag nichts Gegenteiliges, tritt der Vertrag mit dem<br />

Vorliegen aller Zustimmungserklärungen in Kraft, was bei multilateralen Verträgen oftm<strong>als</strong><br />

bereits durch das Erreichen einer festgelegten Anzahl an Ratifikationen der Fall ist (Art. 24<br />

Abs. 1 WVK). Anschließend ist der Vertrag gem. Art. 102 UN-Charta dem UN-Sekretariat zur<br />

Registrierung zu übermitteln 20 .<br />

2.5 <strong>Die</strong> Übernahme von Völkerrecht ins Landesrecht<br />

Um den Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Verträgen nachzukommen, müssen die<br />

Normen in das innerstaatliche Recht übernommen werden, was man Inkorporation nennt.<br />

Dazu gibt es eine Vielzahl an Methoden, deren Auswahl den Völkerrechtssubjekten<br />

überlassen bleibt und oftm<strong>als</strong> mit der jeweiligen Verfassungsgeschichte zusammenhängt.<br />

15 Zemanek, in Neuhold u.a. 50.<br />

16 Verdross/Simma, Völkerrecht 455 § 707.<br />

17 Zemanek, in Neuhold u.a. 60ff.<br />

18 Verdross/ Simma, Völkerrecht 456 § 710ff.<br />

19 Zemanek, in Neuhold u.a. 60.<br />

20 Vitzthum, in Vitzthum 55.<br />

6


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

Auch wurden entsprechende Inkorporationstheorien entwickelt, welche die verschiedenen<br />

Methoden der Übernahme von Völkerrecht in Landesrecht erklären sollen 21 .<br />

Der dualistischen Auffassung zufolge bestehen Völkerrecht einerseits und die nationalen<br />

Rechtsordnungen andererseits getrennt nebeneinander. Daraus resultiert die Verpflichtung<br />

zu einem Rechtsakt im innerstaatlichen Recht, um eine völkerrechtliche Norm in eine<br />

innerstaatliche zu verwandeln und sie auf diese Weise innerstaatlich in Geltung zu bringen.<br />

Monistische Auffassungen gehen demgegenüber von einer einheitlichen<br />

Gesamtrechtsordnung aus, die auf einem gemeinsamen Geltungsgrund beruht. Das<br />

Völkerrecht und die staatlichen Rechtsordnungen erscheinen <strong>als</strong> Einzelelemente dieser<br />

Gesamtrechtsordnung, weshalb es auch keines gesonderten Befehls für die innerstaatliche<br />

Geltung von Völkerrecht bedarf 22 .<br />

In Österreich herrscht heute ein gemäßigter Monismus mit Primat des Völkerrechtes vor.<br />

Das bedeutet, es gibt einen Delegationszusammenhang zwischen den beiden<br />

Rechtsbereichen, wobei das Völkerrecht den äußeren Rahmen für das staatliche Recht<br />

absteckt 23 .<br />

<strong>Die</strong>se abstrakt-dogmatische Theorienbildung erscheint heutzutage jedoch ohnehin<br />

unergiebig. Somit lässt die Entscheidung für eine der beiden Grundlehren mehr den Schluss<br />

auf die jeweilige rechtstheoretische Prämisse zu: sie steht entweder für die Vorstellung einer<br />

umfassenden Gesamtrechtsordnung einerseits <strong>oder</strong> der Alternative independenter<br />

Teilrechtsordnungen andererseits 24 .<br />

Nun lassen sich im Wesentlichen zwei Methoden unterscheiden, um völkerrechtliche<br />

Normen innerstaatlich zur Wirkung zu bringen, die jeweils von obigen Inkorporationstheorien<br />

geprägt sind:<br />

- Transformationsmethode, basierend auf der dualistischen Sichtweise: hierbei wird die<br />

Völkerrechtsnorm in eine innerstaatliche Rechtsquelle aufgenommen und<br />

entsprechend umgeformt. <strong>Die</strong> Befolgung dieser innerstaatlichen Norm bewirkt<br />

21 Ermacora /Hummer, Völkerrecht, Recht der Europäischen Union und Landesrecht, in<br />

Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.) Österreichisches Handbuch des Völkerrechts 4 (2004) 111ff.<br />

22 Kunig, völkerrecht und staatliches Recht, in Vitzthum, Völkerrecht 5 (2010) 91.<br />

23 Ermacora /Hummer, in Neuhold u.a. 112.<br />

24 Kunig, in Vitzthum 91.<br />

7


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

anschließend den völkerrechtskonformen Zustand 25 . Dadurch verliert die<br />

völkerrechtliche Norm im staatlichen Bereich ihren internationalen Charakter, was sie<br />

vom Bestehen des völkerrechtlichen Grundes unabhängig macht. Weiters gilt es<br />

zwischen genereller und spezieller Transformation zu unterscheiden. Erstere<br />

umschreibt die pauschale Übernahme völkerrechtlicher Normen, beispielsweise eines<br />

ganzen Vertrages, in die staatliche Rechtsordnung. Sie werden demnach<br />

unverändert in staatliches Recht umgegossen. Unter spezieller Transformation wird<br />

dagegen die Erlassung staatlicher Gesetze <strong>oder</strong> Verordnungen verstanden, um<br />

staatliches Recht an die völkerrechtlichen Verpflichtungen anzupassen. Somit wird<br />

die völkerrechtliche Norm durch eine eigene staatliche Vorschrift in modifizierender<br />

Weise in das Landesrecht eingefügt 26 .<br />

- Adoptionsmethode, entsprechend dem Konzept des Monismus: die völkerrechtliche<br />

Norm wird <strong>als</strong> solche unverändert in den innerstaatlichen Rechtsbereich<br />

übernommen, es wird ihr lediglich ein innerstaatlicher Vollzugsbefehl an die Seite<br />

gestellt. Geltungsgrund, Anwendungsbereich und Auslegung hängen somit weiterhin<br />

vom jeweiligen Stand des Völkerrechts ab, weshalb die betreffende Norm nicht ihren<br />

völkerrechtlichen Charakter verliert 27 .<br />

<strong>Die</strong> Wahl der jeweiligen Methode hängt jedoch nicht nur von verfassungsimmanenten<br />

Eigenheiten ab, sondern auch von der Beschaffenheit der völkerrechtlichen Norm. So sind<br />

generelle Transformation und Adoption nur möglich, wenn die völkerrechtliche Norm<br />

ausreichend konkretisiert ist und ohne Dazwischentreten staatlicher Rechtsnormen<br />

unmittelbar angewendet werden kann 28 . „Self-executing“ in diesem Sinne ist eine<br />

Vertragsbestimmung dann, wenn der Normadressat (Anspruchsberechtigter) so bezeichnet<br />

und der Norminhalt (Anspruch) so formuliert sind, dass die innerstaatlichen Vollzugsorgane<br />

die Bestimmung ohne weiteres anwenden können 29 . Das heißt, es müssen nicht nur<br />

Begünstigter und Verpflichteter, sondern auch der genaue Inhalt der zu gewährenden<br />

Rechte zweifelsfrei erkennbar sein. Weiters ist auf die inhaltliche Unbedingtheit sowie die<br />

hinreichende Genauigkeit der Norm abzustellen, was bedeutet, dass den mitgliedstaatlichen<br />

Organen kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des „Ob“ einer Maßnahme verbleiben darf.<br />

25 Öhlinger, Verfassungsrecht 78.<br />

26 Ermacora /Hummer, in Neuhold u.a.111.<br />

27 Öhlinger, Verfassungsrecht 78.<br />

28 Ermacora /Hummer, in Neuhold u.a. 111ff.<br />

29 Zemanek, in Neuhold u.a. 61.<br />

8


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

Lediglich ein verbleibendes Durchführungsermessen steht einer unmittelbaren, behördlichen<br />

Anwendbarkeit nicht entgegen.<br />

Österreichweit sind die Bestimmungen über die Übernahme von Völkerrecht in das<br />

österreichische Recht im B-VG zu finden, wobei die Normen hinsichtlich des<br />

Vertragsabschlusses gleichzeitig auch <strong>als</strong> Inkorporationsbestimmungen dienen (Art.<br />

16,50,65 und 66 B-VG). Demzufolge werden völkerrechtliche Verträge, die so konkret<br />

formuliert sind, dass sie “self-executing“ Charakter haben, nach ihrer parlamentarischen<br />

Genehmigung und anschließenden Ratifikation bloß im Bundesgesetzblatt kundgemacht.<br />

Dadurch erlangen sie sowohl innerstaatliche Geltung (Adoption) <strong>als</strong> auch unmittelbare<br />

Anwendbarkeit. Sind sie jedoch „non self-executing“ kann bzw. muss der Nationalrat gem.<br />

Art. 50 Abs. 2 B-VG beschließen bzw. kann der Bundespräsident gem. Art. 65 Abs. 1 B-VG<br />

anordnen, dass zur Vertragserfüllung Gesetze bzw. Verordnungen zu erlassen sind<br />

(spezielle Transformation).<br />

Hinsichtlich des Ranges solcher Verträge im Stufenbau der österreichischen Rechtsordnung<br />

ist deren Behandlung beim Vertragsabschluss wesentlich. Je nachdem können sie<br />

Verordnungs- <strong>oder</strong> Gesetzesrang einnehmen 30 .<br />

2.6 Zusammenfassung<br />

Das Völkerrecht kann demnach<br />

„<strong>als</strong> Gesamtheit der rechtlichen Regeln über die (hoheitlichen) Beziehungen von<br />

Staaten, internationalen Organisationen und anderen Völkerrechtssubjekten<br />

untereinander einschließlich der für die Völkerrechtsgemeinschaft (<strong>oder</strong> Teile hiervon)<br />

relevanten Rechte <strong>oder</strong> Pflichten Einzelner“ 31<br />

definiert werden.<br />

Als wesentliche Rechtsquelle gilt es dabei, den völkerrechtlichen Vertrag hervorzuheben,<br />

wodurch Staaten und andere Völkerrechtssubjekte ihre Beziehungen auf völkerrechtlicher<br />

30 Ermacora /Hummer, in Neuhold u.a. 117ff.<br />

31 Herdegen, Völkerrecht 2 Rn 4.<br />

9


Der völkerrechtliche Vertrag Marion Battisti<br />

Ebene regeln 32 . In Österreich ist zum Abschluss solcher Verträge der Bundespräsident kraft<br />

seines Amtes befugt, wobei hinsichtlich politischer, gesetzesändernder <strong>oder</strong> -ergänzender<br />

Verträge die Zustimmung des Nationalrates und darüber hinaus jene des Bundesrates<br />

erforderlich ist, berührt der Vertrag den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder.<br />

Anschließend gilt es, die völkerrechtlichen Normen in das innerstaatliche Recht zu<br />

inkorporieren, wozu sich in Österreich eine gemäßigt monistische Herangehensweise<br />

herausgebildet hat. So erlangen Verträge mit „self-executing“ Charakter nach deren<br />

parlamentarischen Genehmigung durch deren Kundmachung im Bundesgesetzblatt<br />

innerstaatliche Geltung und können unmittelbar angewendet werden. Andernfalls haben<br />

Nationalrat bzw. Bundespräsident anzuordnen, dass zur Vertragserfüllung Gesetze bzw.<br />

Verordnungen zu erlassen sind (Erfüllungsvorbehalt).<br />

32 Herdegen, Völkerrecht 107 Rn 1.<br />

10


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

3 <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong><br />

3.1 Entstehung<br />

<strong>Die</strong> Alpen sind das höchste Gebirge Europas und auf einer Fläche von 190.642 km²<br />

Wohnraum für knapp 14 Millionen Menschen, 30.000 Tier- und 13.000 Pflanzenarten 33 . <strong>Die</strong><br />

Idee, dass dieses einheitliche Ökosystem mit seinem einmaligen Natur-, Wirtschafts- und<br />

Kulturraum jedoch entsprechende koordinierte Politiken erfordert, kam erstm<strong>als</strong> in den 50er<br />

Jahren auf 34 . Immer größere touristische, energiewirtschaftliche und verkehrstechnische<br />

Ausbauvorhaben in den Bergregionen gefährdeten die alpine Landschaft und damit den<br />

unersetzbaren Wert dieses Großökosystems, weshalb die Bewahrung und Erhaltung der<br />

natürlichen Balance der Alpenregion sowohl bei den Umweltschutzorganisationen <strong>als</strong> auch<br />

bei den Alpenanrainerstaaten immer mehr in den Mittelpunkt rückte 35 . <strong>Die</strong> Alpen sollten<br />

dabei nicht mehr nur <strong>als</strong> Grenzregion der entstandenen Nation<strong>als</strong>taaten wahrgenommen<br />

werden, sondern <strong>als</strong> Einheit anerkannt und durch ihre Positionierung im Herzen Europas<br />

sowohl in sozioökonomischer <strong>als</strong> auch kultureller Hinsicht gefördert werden.<br />

„Es ist demzufolge wünschenswert, dass die Alpenkette nicht mehr nur <strong>als</strong> Hindernis,<br />

sondern <strong>als</strong> Bindeglied empfunden wird, <strong>als</strong> ein Raum, in dem die gemeinsamen<br />

Besonderheiten aufgewertet und geschützt werden“ 36 .<br />

33 Götz/ Rohrer, Der Grundstein einer gemeinsamen Alpenpolitik, Szenen Alpen 2011,5 ( 5).<br />

34 Ständiges Sekretariat der <strong>Alpenkonvention</strong> (Hrsg.), <strong>Alpenkonvention</strong> Best Practice in den österreichischen<br />

Gemeinden- Leitfaden für die Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> (2011) 18.<br />

35 Kuratorium Wald (Hrsg.), <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>- Umsetzung in nationales Recht (2011) 6.<br />

36 Ständiges Sekretariat der <strong>Alpenkonvention</strong>, Best Practice 18.<br />

11


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Abbildung 1: Geltungsbereich der <strong>Alpenkonvention</strong> 37 .<br />

Erste Schritte in Richtung eines grenzüberschreitenden Naturschutzes setzte die<br />

Internationale Alpenschutzkommission CIPRA, <strong>als</strong> 1951 in einem Vorbereitungsdokument<br />

zur Gründung dieser Kommission niedergeschrieben wurde:„<strong>Die</strong> wohl bedeutendste Aufgabe<br />

der Alpenkommission muss es sein, eine internationale <strong>Alpenkonvention</strong> auszuarbeiten und<br />

für deren Annahme durch die beteiligten Länder Sorge zu tragen“. Der wirkliche Durchbruch<br />

gelang aber erst in den 80er Jahren, <strong>als</strong> Verkehrsprobleme und Umweltkatastrophen zu<br />

einer neuen Positionierung der CIPRA beitrugen. Von nun an sollte ein weiterer Kreis von<br />

Akteuren in die Überlegungen mit einbezogen werden, nationale Vertretungen wurden<br />

eigerichtet sowie eine hauptamtlich geleitete Geschäftsstelle. Der Fokus wurde vermehrt auf<br />

die Entwicklung grenzüberschreitender Gesamtkonzepte gelegt und ab dem Jahre 1987<br />

gemeinsam mit der Internationalen Naturschutzunion (IUCN) die Erarbeitung eines<br />

Entwurfes für eine Konvention aufgenommen 38 . Unter der Leitung des damaligen deutschen<br />

Umweltministers Klaus Toepferer fand 1989 schließlich die erste Alpenkonferenz der<br />

Umweltminister in Berchtesgaden statt. Beschlossen werden konnte dabei eine 89 Punkte<br />

umfassende Resolution über Beweggründe und Inhalte der <strong>Alpenkonvention</strong> 39 , woraufhin<br />

unter österreichischem Vorsitz die Rahmenkonvention erarbeitet und anlässlich der 2.<br />

37 Das Ständige Sekretariat der <strong>Alpenkonvention</strong> http://www.alpconv.org/theconvention/conv05_de.htm<br />

(4.11.2011).<br />

38 Wülser, Langjährige Weggefährten, Szene Alpen 2011, 7.<br />

39 Haßlacher, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>- Eine Dokumentation, Alpine Raumordnung 2000, 8.<br />

12


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Alpenkonferenz in Salzburg im Jahre 1991 von den Alpenstaaten und der EG unterzeichnet<br />

wurde 40 . Als allgemeine Verpflichtung aller Konventionsstaaten wird dabei gem. Art. 2 Abs. 1<br />

festgehalten:<br />

„<strong>Die</strong> Vertragsstaaten stellen unter Beachtung des Vorsorge-, des Verursacher- und<br />

des Kooperationsprinzips eine ganzheitliche Politik zur Erhaltung und zum Schutz der<br />

Alpen unter ausgewogener Berücksichtigung der Interessen aller Alpenstaaten, ihrer<br />

alpinen Regionen sowie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft unter umsichtiger<br />

und nachhaltiger Nutzung der Ressourcen sicher.“<br />

Damit stellten sich die Vertragsparteien das ambitiöse Ziel, international verpflichtende<br />

Rahmenbedingungen zu erarbeiten, um eine umweltverträgliche Nutzung im Sinne eines<br />

ausgewogenen Verhältnisses zwischen Ökonomie und Ökologie im gesamten Alpenraum<br />

anzustreben. <strong>Die</strong>sen sollten 12 nachgeschaltete Durchführungsprotokolle folgen, die der<br />

Festlegung der konkreten Inhalte dienen 41 . Nach der Ratifikation durch die drei Alpenstaaten<br />

Österreich, Liechtenstein und Deutschland trat die <strong>Alpenkonvention</strong> im Jahre 1995<br />

schließlich in Kraft, worauf die damalige EG, Slowenien, Frankreich, Monaco, Schweiz und<br />

Italien bis 1999 folgten. <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> <strong>als</strong> verbindlicher völkerrechtlicher Vertrag mit<br />

der allgemeinen Verpflichtung der Vertragsparteien, Lösungen für Probleme bei der<br />

Erhaltung und dem Schutz der Alpen zu erarbeiten, war geboren 42 .<br />

3.2 Struktureller Aufbau<br />

Fragen hinsichtlich des organisatorischen und formalen Aufbaus werden in den Art. 5-9 der<br />

Rahmenkonvention geregelt und lassen sich anhand nachfolgender Grafik genauer<br />

veranschaulichen.<br />

40 Wülser, Langjährige Weggefährten 7.<br />

41 Haßlacher, <strong>Alpenkonvention</strong> 8.<br />

42 Schroeder, <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> aus Sicht des Völkerrechts und des Europarechts, in<br />

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), <strong>Alpenkonvention</strong> konkret, Ziele und<br />

Umsetzung, Alpensignale (2004), 5 (5).<br />

13


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Abbildung 2: Organisationsstruktur der <strong>Alpenkonvention</strong> 43 .<br />

3.2.1 <strong>Die</strong> „Alpenkonferenz“<br />

<strong>Die</strong> Konferenz der Vertragsparteien wurde auf politischer Ebene <strong>als</strong> ständiges Organ,<br />

bestehend aus den jeweiligen Umweltministern bzw. deren bevollmächtigten Vertretern,<br />

eingerichtet 44 . Sie stellt das Entscheidungs- und Kontrollgremium dar, das in der Regel alle<br />

zwei Jahre im vorsitzführenden Staat tagt 45 , woraufhin der Vorsitz ohne festgelegtes Schema<br />

weitergegeben wird (Art. 6 Abs. 2 <strong>Alpenkonvention</strong>). Darüber hinaus kann die<br />

Alpenkonferenz außerordentlich zusammentreten, wenn dies beschlossen <strong>oder</strong> von einem<br />

Drittel der Vertragsparteien bei der vorsitzführenden Vertragspartei schriftlich beantragt<br />

wird 46 (Art. 6 Abs. 6 <strong>Alpenkonvention</strong>). Bei Zusammenkunft der Umweltminister sollen die<br />

Protokolle unterzeichnet, die Erarbeitung neuer Protokolle beschlossen <strong>oder</strong> inhaltliche<br />

Veränderungen diskutiert werden. Aber auch der kommende Vorsitz der <strong>Alpenkonvention</strong><br />

wird festgelegt 47 sowie die Einrichtung von Arbeitsgruppen beschlossen, die zur<br />

Durchführung des Übereinkommens für notwendig erachtet werden. Darüber hinaus werden<br />

die Auswertung wissenschaftlicher Informationen zur Kenntnis genommen und Maßnahmen<br />

zur Verwirklichung der in der <strong>Alpenkonvention</strong> vorgesehenen Forschung, systematischen<br />

Beobachtung und Zusammenarbeit im rechtlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und<br />

technischen Bereich empfohlen <strong>oder</strong> gar beschlossen. Aber auch die notwendigen<br />

finanziellen Entscheidungen werden in diesem Gremium getroffen. Des Weiteren ist<br />

vorgesehen, dass die Vertragsparteien der Alpenkonferenz Informationen über die von ihnen<br />

zur Durchführung dieses Übereinkommens und der Protokolle getroffenen Maßnahmen<br />

43 Pfahringer, Daten und Fakten zur <strong>Alpenkonvention</strong>, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> (2009) 5 (6).<br />

44 Galle, Alpine Umweltprobleme: Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen (<strong>Alpenkonvention</strong>) und seine<br />

Protokolle (2002) 169.<br />

45 Pfahringer, Daten und Fakten zur <strong>Alpenkonvention</strong> 6.<br />

46 Galle, Alpine Umweltprobleme 169ff.<br />

47 Haßlacher, Alpine Raumordnung 2000, 11.<br />

14


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

zukommen lassen (vgl. Art. 6 <strong>Alpenkonvention</strong>), wobei die Alpenkonferenz vom speziell<br />

dafür eingerichteten Überprüfungsausschuss unterstützt wird.<br />

Entscheidungen werden in der Alpenkonferenz einstimmig gefasst (Art. 7 <strong>Alpenkonvention</strong>),<br />

wofür ein Präsenzquorum von 2/3 bei Abstimmungen über Beschlussfassungen <strong>oder</strong><br />

Entscheidungen über Verfahrensfragen vorgesehen ist. Im Zuständigkeitsbereich der EU übt<br />

diese ihr Stimmrecht mit einer Stimmenzahl aus, die der Anzahl ihrer Mitgliedsstaaten<br />

entspricht, welche auch Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind - somit 5 zum<br />

jetzigen Zeitpunkt. Allen anderen Mitgliedsstaaten kommt jeweils eine Stimme zu (Art. 7 Abs.<br />

2 <strong>Alpenkonvention</strong>).<br />

Darüber hinaus ist die Alpenkonferenz <strong>als</strong> Beobachtergremium konzipiert, an dem die<br />

Vereinten Nationen, ihre Sonderorganisationen, der Europarat sowie jeder europäische Staat<br />

ex lege Beobachterstatus haben. <strong>Die</strong>ses Privileg kommt jedoch nicht nur dieser ersten<br />

Kategorie an Beobachtern zu, sondern auch einer zweiten Gruppe, welche<br />

grenzüberschreitende Zusammenschlüsse alpiner Gebietskörperschaften umfasst. Darunter<br />

können diverse Arbeitsgemeinschaften im Alpenraum wie beispielsweise die ARGE ALPE,<br />

ARGE ALPEN- ADRIA <strong>oder</strong> ARGE Westalpen subsumiert werden. Gem. Art. 5 der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> können diese Gruppierungen ohne ausdrückliche Genehmigung durch ein<br />

Gremium an der Konferenz teilnehmen. Anders gestaltet sich die Situation für die dritte<br />

Gruppe an Beobachtern, nämlich einschlägig tätige, internationale<br />

Nichtregierungsorganisationen (NGO). Beispiele sind die CIRPA, Club Arc Alpin (CAA) <strong>oder</strong><br />

die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources- World<br />

conservation Union (IUCN), welche eines ausdrücklichen, formalen Genehmigungsaktes<br />

bedürfen 48 .<br />

3.2.2 Ständiger Ausschuss<br />

Gem. Art. 8 der <strong>Alpenkonvention</strong> wird der Ständige Ausschuss, bestehend aus den<br />

Delegierten der Vertragsparteien, <strong>als</strong> ausführendes Organ eingerichtet. Somit stellt er ein<br />

legislatives Koordinationsgremium auf Beamtenebene dar, in dem die gleiche Vertragspartei<br />

den Vorsitz stellt, die ihn auch in der Alpenkonferenz inne hat 49 . Der Ständige Ausschuss<br />

tagt in der Regel zweimal jährlich, wobei er insbesondere folgende Aufgaben wahrnimmt<br />

(Art. 8 Abs. 6 <strong>Alpenkonvention</strong>): zum einen werden die von den Vertragsparteien<br />

48 Galle, Alpine Umweltprobleme 170ff.<br />

49 Schroeder, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 6.<br />

15


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

übermittelten Informationen für die Berichterstattung an die Alpenkonferenz aufbereitet, aber<br />

auch Unterlagen im Hinblick auf die Durchführung des Übereinkommens und seiner<br />

Protokolle gesammelt und bewertet, um sie der Alpenkonferenz vorzulegen. Zum anderen<br />

werden Tagungen der Alpenkonferenz inhaltlich vorbereitet, Maßnahmen und Empfehlungen<br />

vorgeschlagen sowie Inhalte der Protokollentwürfe überprüft und harmonisiert. Darüber<br />

hinaus können Arbeitsgruppen sowohl für die Erarbeitung von Protokollen und<br />

Empfehlungen <strong>als</strong> auch ad hoc hinsichtlich themenspezifischer <strong>oder</strong> aktueller Probleme<br />

eingesetzt werden. Hinsichtlich der Beschlussfassung in diesem Gremium verweist Art. 8<br />

Abs. 7 auf die Bestimmungen zur Alpenkonferenz 50 .<br />

3.2.3 Überprüfungsausschuss<br />

Wie bereits unter Punkt 3.2.1 erwähnt, stellt dieser Ausschuss ein Kontrollorgan dar, das die<br />

Arbeit der einzelnen Vertragsparteien unterstützen und überprüfen soll. Deshalb sind die<br />

Vertragsparteien verpflichtet, beginnend mit Inkrafttreten des ersten Protokolls, alle vier<br />

Jahre einen Länderbericht über die Einhaltung der Konvention und ihrer<br />

Durchführungsprotokolle an den Überprüfungsausschuss zu übermitteln 51 . Aber auch von<br />

dritter Seite kann ein Ersuchen an den Überprüfungsausschuss herangetragen werden, einer<br />

vermuteten Nichteinhaltung der Konvention nachzugehen 52 . Das anschließende<br />

Überprüfungsverfahren ist rein konsultativ und nichtjustiziell. Wird in diesem Rahmen ein<br />

Verstoß einer Vertragspartei festgestellt, folgt keine Sanktion, sondern vielmehr ein Bericht,<br />

ein Beschluss und eine Empfehlung, die veröffentlicht werden und eine gewisse<br />

„Prangerwirkung“ entfalten können 53 .<br />

3.2.4 Ständiges Sekretariat<br />

Nachdem es Art. 9 <strong>Alpenkonvention</strong> den Vertragsparteien überlässt, ein ständiges<br />

Sekretariat einzurichten, wurde dies im Zuge der VII. Alpenkonferenz im November 2002 mit<br />

Sitz in Innsbruck und einer Außenstelle in Bozen realisiert 54 . Seitdem fungiert es <strong>als</strong><br />

Stabstelle zwischen der Alpenkonferenz, dem Ständigen Ausschuss, dem Vorsitz und den<br />

50 Galle, Alpine Umweltprobleme 179.<br />

51 Pfahringer, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 2009, 6.<br />

52 Schroeder, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 7.<br />

53 Schroeder, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>: Ein Abkommen über den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung eines<br />

der wichtigsten Ökosysteme Europas, BayVBl. 2004, 161 (164).<br />

54 Pfahringer, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 2009, 6.<br />

16


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Vertragsparteien der <strong>Alpenkonvention</strong> 55 und hat neben politischen und administrativen<br />

Aufgaben auch die Unterstützung des Vorsitzes sowie die Mitwirkung bei der Durchführung<br />

der <strong>Alpenkonvention</strong> und ihrer Protokolle zu realisieren. Aber auch die Öffentlichkeitsarbeit<br />

wird hier zentriert sowie alpine Forschungsprojekte koordiniert. Leiter des Ständigen<br />

Sekretariats ist der Gener<strong>als</strong>ekretär, welchem ein Vize-Gener<strong>als</strong>ekretär an die Seite gestellt<br />

wird 56 .<br />

3.2.5 Nationale Besonderheiten im Zusammenhang mit den Organen der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong><br />

Zum einen ist Österreich Verwahrer der Konvention, da hier alle unterzeichneten Urkunden<br />

hinterlegt wurden. Zum anderen wurde in Österreich im Bundesministerium für Land- und<br />

Forstwirtschaft im Jahr 1990 ein nationales Komitee für die <strong>Alpenkonvention</strong> eingerichtet.<br />

Zusammengesetzt ist diese einzigartige interministerielle Kommission, die der Festlegung<br />

der österreichischen Strategie im Alpenprozess dient, aus Vertretern der Bundesländer, der<br />

zuständigen Ressorts im Bundesministerium, der Sozialpartner sowie der Alpen-NGOs 57 .<br />

3.3 <strong>Die</strong> Rahmenkonvention und ihre Durchführungsprotokolle<br />

In der Rahmenkonvention werden nun die Ziele und Spielregeln dieses komplexen<br />

Vertragswerkes grob umrissen, welche auf folgenden drei Prinzipien aufbauen:<br />

- Vorsorgeprinzip: demgemäß sollen drohende Gefahren vorausschauend erkannt und<br />

vorbeugend vermieden werden. Es soll potentiellen Umweltbelastungen <strong>als</strong>o<br />

rechtzeitig durch präventive Maßnahmen entgegengetreten werden, ohne dass es<br />

dafür der wissenschaftlichen Sicherheit über die Kausalität zwischen einer Tätigkeit<br />

und ihrer möglichen Schädlichkeit bedarf 58 .<br />

- Verursacherprinzip: danach soll jene Person, die einen Schaden verursacht hat, auch<br />

für diesen aufkommen. Das heißt, dass der Verursacher von Umweltbelastungen für<br />

die Beseitigung bereits eingetretener Schäden verantwortlich ist und die anfallenden<br />

Kosten zu tragen hat.<br />

55 Haßlacher, Alpine Raumordnung 2000, 11.<br />

56 Schroeder, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 6.<br />

57 Pfahringer, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 2009, 6.<br />

58 Ehlotzky, Das Verkehrsprotokoll der <strong>Alpenkonvention</strong> im Lichte der Grundfreiheiten (2011) 25.<br />

17


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

- Kooperationsprinzip: dieses Prinzip fokussiert auf die Zusammenarbeit zwischen den<br />

Alpenstaaten, wobei eine sinnvolle Auslegung lediglich im Zusammenhang mit<br />

obigen beiden Prinzipien erfahren werden kann 59 .<br />

Um diese Ziele weiter auszugestalten sowie die Einzelheiten der Durchführung dieses<br />

Übereinkommens genauer festzulegen, wurden bis dato acht Protokolle in den<br />

Sachbereichen Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, Naturschutz und<br />

Landschaftspflege, Berglandwirtschaft, Bergwald, Tourismus, Energie, Bodenschutz und<br />

Verkehr sowie ein prozedurales Protokoll zur Streitbeilegung und eines für den Beitritt des<br />

Fürstentums Monaco zur <strong>Alpenkonvention</strong> verabschiedet.<br />

Dazu hat sich ein zweistufiges Verfahren etabliert: In einem ersten Schritt erarbeitet eine<br />

internationale Arbeitsgruppe aus hohen Beamten unter Mitwirkung diverser NGOs aus allen<br />

beteiligten Staaten unter Federführung eines Staates einen Protokollentwurf. In einem<br />

zweiten Schritt wird dieser Entwurf den Staaten zur nationalen Genehmigung vorgelegt.<br />

Optimalerweise erfolgt dann die einstimmige Annahme des Protokolls durch die<br />

Vertragsparteien, was bei allen bislang ergangenen Protokollen bis zum Jahr 2002 gelungen<br />

ist. Dem folgt die Unterzeichnung durch die Umweltminister im Rahmen der Alpenkonferenz<br />

sowie die Ratifikation in den nationalen Parlamenten mit anschließender Hinterlegung der<br />

Ratifikationsurkunden beim Verwahrer. Sobald drei Staaten diesen Prozess durchlaufen<br />

haben, tritt das Protokoll in Kraft, was seit dem Jahr 2002 für alle Protokolle gegeben ist 60 .<br />

Nichts desto trotz sind nach wie vor einige Ratifikationen ausständig, wobei sich vor allem<br />

Italien und die Schweiz, aber auch die EU Zeit lassen 61 . Darin kommt eine Besonderheit der<br />

Protokolle zum Ausdruck. Sie sind zwar mit der Rahmenkonvention verknüpft, können aber<br />

ein unterschiedliches rechtliches Schicksal entfalten, denn es gibt keine Verpflichtung der<br />

Vertragsparteien zur Unterzeichnung und Ratifizierung der einzelnen Protokolle 62 .<br />

3.3.1 Das prozedurale Protokoll Streitbeilegung<br />

Eine Seltenheit im Umweltvölkerrecht ist des Weiteren das seit dem am 18.12.2002 in Kraft<br />

getretene Protokoll Streitbeilegung, welches ein Streitbeilegungsverfahren zwischen den<br />

Parteien der <strong>Alpenkonvention</strong> durch ein Schiedsgericht vorsieht. Demzufolge haben sich die<br />

Alpenstaaten vorrangig um die Streitbeilegung im Konsultationsweg zu bemühen (Art. 1<br />

59 Galle, Alpine Umweltprobleme 37ff.<br />

60 Haßlacher, Alpine Raumordnung 2000, 8ff.<br />

61 Götz/ Rohrer, Szene Alpen 2011, 6.<br />

62 Schroeder, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 8.<br />

18


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Protokoll Streitbeilegung). Gelingt dadurch keine Einigung binnen sechs Monaten, wird auf<br />

Antrag einer Vertragspartei das Schiedsverfahren zur Streitbeilegung eingeleitet (Art. 2). In<br />

diesem Falle ist das Schiedsverfahren obligatorisch, weshalb zusätzliche<br />

Unterwerfungserklärungen der Parteien entbehrlich sind. Das Schiedsgericht setzt sich aus<br />

drei Mitgliedern zusammen, wobei jede Streitpartei ein Mitglied bestimmen kann und die<br />

Mitglieder wiederum im gegenseitigen Einvernehmen den Präsidenten festlegen (Art. 3 lit. a<br />

und b) 63 . Das Schiedsgericht entscheidet mit der Mehrheit seiner Mitglieder, wobei die<br />

ergangenen Entscheidungen bindend, endgültig und von den Parteien unverzüglich<br />

umzusetzen sind (Art. 12). Auch können einstweilige Maßnahmen erlassen werden (Art. 6).<br />

Doch selbst mit Hilfe dieser fortschrittlichen Regelung können die für das Völkerrecht<br />

typischen Probleme der Rechtsdurchsetzung nicht wirklich ausgeräumt werden. <strong>Die</strong> sich<br />

durch das Fehlen notwendiger Zwangsmittel ergebenden Vollzugsdefizite sollen deshalb mit<br />

differenzierteren Maßnahmen bekämpft werden, welche auch die <strong>Alpenkonvention</strong> durch<br />

Einrichtung des Überprüfungsausschusses ergriffen hat 64 .<br />

3.4 <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> in das innerstaatliche<br />

Recht<br />

Hinsichtlich der Übernahme der Normen der <strong>Alpenkonvention</strong> in das nationale Recht gilt es<br />

zwischen der Rahmenkonvention <strong>als</strong> solche und den daran anknüpfenden<br />

Durchführungsprotokollen zu unterscheiden. Erstere ist gesetzesergänzender, nicht jedoch<br />

verfassungsändernder <strong>oder</strong> -ergänzender Natur, weshalb der Abschluss der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> gem. Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat bedurfte. Da<br />

durch die <strong>Alpenkonvention</strong> jedoch auch zahlreiche Angelegenheiten aus dem<br />

selbstständigen Wirkungsbereich der Länder geregelt werden, war gem. Art. 50 Abs. 1, 2.<br />

Satz B-VG ebenso die Zustimmung des Bundesrates notwendig. Verbindlich werden diese<br />

Verträge gem. Art. 49 Abs. 1 B-VG mit deren Kundmachung im Bundesgesetzblatt, außer<br />

der Nationalrat (Art. 50 Abs. 2 B-VG) ordnet an, dass der Vertrag durch die Erlassung von<br />

Gesetzen zu erfüllen ist 65 . Solch ein Erfüllungsvorbehalt ist hinsichtlich der<br />

Rahmenkonvention ergangen, weshalb diese keine unmittelbar verbindliche Wirkung<br />

63 Schroeder, BayVBl. 2004, 164.<br />

64 Schroeder, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 7.<br />

65 Galle, Alpine Umweltprobleme 241ff.<br />

19


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

entfaltet, sondern nationales Recht lediglich unter Berücksichtigung der Zielsetzungen dieses<br />

Staatsvertrages und damit völkerrechtskonform auszulegen ist 66 . Das Übereinkommen zum<br />

Schutz der Alpen wurde am 21. Juli 1995 im 151. Stück des Bundesgesetzblattes der<br />

Republik Österreich mit dem BGBl. Nr. 477 „Übereinkommen zum Schutz der Alpen<br />

(<strong>Alpenkonvention</strong>) samt Anlage“ kundgemacht.<br />

<strong>Die</strong> Protokolle hingegen sind für sich selbstständige völkerrechtliche Verträge, die in gleicher<br />

Weise dem National- und Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen waren 67 , wobei diese den<br />

Nationalrat in weiterer Folge ohne Erlassung eines Erfüllungsvorbehaltes passierten. <strong>Die</strong><br />

Kundmachung erfolgte schließlich mit den BGBl. III Nr. 230-238 am 29.10.2002.<br />

3.4.1.1 Unmittelbare Anwendbarkeit der Durchführungsprotokolle<br />

Da die Durchführungsprotokolle ohne weiteren staatlichen Gesetzgebungsakt in das<br />

nationale Recht inkorporiert wurden, stellt sich die Frage nach deren unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit durch nationale Behörden und Gerichte. Grundlegend hat sich der VfGH in<br />

einem Urteil aus dem Jahre 1990 diesbezüglich wie folgt geäußert:<br />

Wird vom Nationalrat kein Erfüllungsvorbehalt beschlossen, „sei es, weil der Vertrag bzw.<br />

einzelne seiner Bestimmungen die objektive Eignung zur innerstaatlichen Anwendung<br />

aufweisen und daher zur Schaffung einer <strong>Grundlage</strong> für individuelle Akte der Vollziehung<br />

kein Gesetz erforderlich ist, sei es, weil die die Anwendbarkeit des Vertrages bzw. einzelner<br />

seiner Bestimmungen gewährleistenden gesetzlichen Regelungen bereits in Geltung sind,<br />

(…) so spricht das zunächst dafür, dass der Vertrag unmittelbar anwendbar ist, was in der<br />

Lehre <strong>als</strong> Vermutung für die unmittelbare Anwendbarkeit“ bezeichnet wird“ 68 .<br />

<strong>Die</strong>ser können im Einzelfall jedoch subjektive <strong>oder</strong> objektive Gründe entgegenstehen.<br />

Erstere sind etwa gegeben, wenn im Vertrag ausdrücklich Gegenteiliges angeordnet wird<br />

<strong>oder</strong> dies der subjektive Wille der Vertragsschließenden erkennen lässt. Objektiv ungeeignet<br />

für eine unmittelbare Anwendbarkeit ist ein Vertrag hingegen, wenn eine Bestimmung des<br />

66 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 9.<br />

67 Galle, Alpine Umweltprobleme 242.<br />

68 VfGH 30.11.1990, Sl. 12558, Punkt II B 2. b<br />

20


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

zur Vollziehung zuständigen Organs nicht möglich ist <strong>oder</strong> der Vertrag einer inhaltlichen<br />

Bestimmung des Vollzugshandelns gänzlich entbehrt 69 .<br />

Inhaltlich muss eine Norm daher zwei Voraussetzungen erfüllen, um von innerstaatlichen<br />

Behörden und Gerichten unmittelbar angewendet werden zu können:<br />

- <strong>Die</strong> Norm muss hinreichend bestimmt im Sinne des in der Verfassung verankerten<br />

Legalitätsprinzips des Art. 18 B-VG sein, widrigenfalls diese nicht herangezogen<br />

werden kann 70 .<br />

- <strong>Die</strong> Norm ist an die einzelnen Rechtsunterworfenen <strong>oder</strong> die entsprechenden<br />

Vollzugsorgane des Staates gerichtet und nicht ausschließlich an die Gesetzgebung<br />

bzw. die Vertragsparteien adressiert, weshalb sie unmittelbare <strong>Grundlage</strong> für einen<br />

generellen <strong>oder</strong> individuellen Verwaltungsakt <strong>oder</strong> ein Urteil sein kann 71 .<br />

Demnach besteht die Vermutung der unmittelbaren Anwendbarkeit hinsichtlich der<br />

Durchführungsprotokolle der <strong>Alpenkonvention</strong>, wobei für jede Bestimmung im Einzelfall<br />

überprüft werden muss, ob dieser Vermutung nicht vorangehend erläuterte subjektive wie<br />

objektive Gründe entgegenstehen. <strong>Die</strong>sfalls kommt den Protokollen bzw. einzelnen ihrer<br />

Absätze, gleich wie der Rahmenkonvention auch, lediglich eine Maßstabsfunktion für die<br />

Anwendung und Auslegung nationalen Rechts zu 72 .<br />

Aufgrund dieser Schwierigkeiten in der Anwendung und Auslegung der<br />

Protokollbestimmungen wurde in Österreich folgende Kategorisierung getroffen:<br />

- Normen, die unmittelbar anwendbar und somit von den rechtsanwendenden<br />

Vollzugsorganen und Behörden ohne weiteren Durchführungsakt anzuwenden sind.<br />

Beispielhaft sei hier der Art. 11 Abs.1 des Naturschutzprotokolls erwähnt.<br />

- Anordnungen, die lediglich dazu ergehen, legistische Neuerungen bzw. Anpassungen<br />

in Gesetzen und Verordnungen zu bewirken.<br />

69 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Handbuch zur Umsetzung<br />

13ff.<br />

70 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, <strong>Die</strong> Umsetzung der Protokolle<br />

der <strong>Alpenkonvention</strong> in Österreich, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.),<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> konkret, Ziele und Umsetzung, Alpensignale (2004) 14 (14).<br />

71 VfGH 30.11.1990, Sl. 12558, Punkt II B 2. b<br />

72 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 9ff.<br />

21


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

- Bestimmungen, die eher deklaratorischen Charakter haben, aber dennoch <strong>als</strong><br />

Argumentations-, Auslegungs- und Begründungshilfe dienen können. Sie sind somit<br />

zur Interpretation, politischen Zielbestimmung und <strong>als</strong> Maßstab allfälliger<br />

Interessensabwägungen heranzuziehen 73 .<br />

Um darüber hinaus eine erfolgreiche Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> in Österreich zu<br />

gewährleisten, wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und<br />

Wasserwirtschaft ein Handbuch zur Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> mit<br />

Rahmenbedingungen, Leitlinien und Vorschlägen erarbeitet, wodurch vor allem<br />

Unausgewogenheiten und Unsicherheiten in der behördlichen Praxis entgegentreten werden<br />

soll. Kernfrage stellt dabei die „unmittelbare Anwendbarkeit“ einzelner<br />

Protokollbestimmungen dar, welche Absatz für Absatz anhand bereits ergangener<br />

Gerichtsentscheidungen, der Rechtsprechung der Höchstgerichte, bereits bestehender<br />

Umsetzungsdokumente sowie parlamentarischer Materialien aus den<br />

Genehmigungsverfahren vor Ratifikation der Staatsverträge analysiert wird. Resultat sind<br />

begründete und vertretbare Rechtsansichten, deren Angemessenheit es im konkreten<br />

Einzelfall aufgrund der Vielzahl denkbarer Sachverhalte und Fallkonstellationen von den<br />

innerstaatlichen Behörden noch zu untermauern gilt 74 .<br />

Aber auch der VfGH genauso wie der VwGH haben bereits in diversen Urteilen 75 die<br />

unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Protokollbestimmungen außer Streit gestellt, sodass<br />

diese in den nationalen Verwaltungsverfahren genauso wie andere innerstaatliche Normen<br />

heranzuziehen waren und sind. Dabei hat das Land Tirol eine Vorreiterrolle inne, da<br />

hierzulande bereits etliche Bescheide gerade im naturschutzrechtlichen Verfahren ergangen<br />

sind, in denen die einschlägigen Regelungen der <strong>Alpenkonvention</strong> Teil der<br />

Entscheidungsgrundlage darstellen 76 .<br />

Darüber hinaus haben sich aber auch etliche andere Expertengremien mit dieser<br />

Problematik beschäftigt. So kommt nicht nur die Naturschutz- Expertenkonferenz der Länder<br />

zu dem Schluss, dass zumindest einzelne Artikel der Protokolle einer unmittelbaren<br />

73 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, in Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 15.<br />

74 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>:<br />

Handbuch für ihre Umsetzung (2007) 9.<br />

75 VfGH 22.9.2003, B 1049/03-4 zum Verkehrsprotokoll; VwGH 8.6.2005, Zl. 2004/03/0116 zum<br />

Bodenschutzprotokoll.<br />

76 Beispielhaft Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30.4.2007, U-13.971/19; vom 28.3.2008, U-14.032/31;<br />

vom 1.4.2009, U-13.866/73.<br />

22


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Anwendbarkeit zugänglich sind 77 , sondern auch die herrschende Lehre schließt sich diesem<br />

Standpunkt an 78 .<br />

Daneben wurde eine Rechtsdatenbank eingerichtet, um strukturierter und gezielter<br />

Bescheide, Erkenntnisse, Entscheidungen <strong>oder</strong> Literaturquellen, die im Zusammenhang mit<br />

der <strong>Alpenkonvention</strong> stehen, finden zu können, welche unter<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/ verfügbar ist. Schließlich gibt es seit dem<br />

Jahr 2009 auch eine Servicestelle für Rechtsanliegen in <strong>Alpenkonvention</strong>sbelangen von<br />

CIPRA Österreich, wodurch die nationale Anwendung verbessert und die Verwaltung durch<br />

Vorbeurteilungen dieser Art entlastet werden soll 79 .<br />

Wie sich dies jedoch im Detail auf die einzelnen, für die vorliegende Arbeit relevanten<br />

Bestimmungen aus den Durchführungsprotokollen auswirkt, soll in den Kapiteln 4.3.2 sowie<br />

4.4.2 noch genauer beleuchtet werden.<br />

3.5 <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> im Unionsrecht<br />

Aber auch die Europäische Union hat nicht nur die Rahmenkonvention 80 ratifiziert, sondern<br />

ist mittlerweile Vertragspartei der Durchführungsprotokolle Tourismus 81 , Berglandwirtschaft 82 ,<br />

Bodenschutz 83 und Energie 84 . Darüber hinaus wurden die Protokolle Verkehr, Naturschutz<br />

und Landschaftspflege sowie Raumplanung und nachhaltige Entwicklung unterzeichnet,<br />

weshalb auf die daraus resultierenden Rechtsfolgen anschließend genauer eingegangen<br />

werden soll.<br />

77 Loos, Naturschutzrecht in Salzburg 196.<br />

78 Vgl. Schroeder, <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> aus Sicht des Völkerrechts und des Europarechts, in<br />

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), <strong>Alpenkonvention</strong> konkret, Ziele und<br />

Umsetzung, Alpensignale (2004), 5 (9).<br />

79 Pfahringer, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 2009, 7.<br />

80 Beschluss des Rates, 96/191/EG, ABl. L61/31-36 vom 12.3.1996.<br />

81 Beschluss des Rates, 2005/923/EG, ABl. L337 vom 22.12.2005.<br />

82 Beschluss des Rates, 2006/655/EG, ABl. L271 vom 30.9.2006.<br />

83 Beschluss des Rates, 2005/923/EG, ABl. L337 vom 22.12.2005.<br />

84 Beschluss des Rates, 2005/9237EG, ABl. L337 vom 22.12.2005.<br />

23


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

Da der Umweltbereich nicht im alleinigen Zuständigkeitsbereich der EU liegt, können<br />

völkerrechtliche Verträge dieser Sachmaterie nur <strong>als</strong> „gemischte Verträge“ abgeschlossen<br />

werden. Das heißt, dass neben der EU auch alle ihre Mitgliedsstaaten Vertragsparteien des<br />

Abkommens werden. <strong>Die</strong>s trifft nicht nur auf die Rahmenkonvention <strong>als</strong> solche zu, sondern<br />

auch auf die jeweiligen Durchführungsprotokolle, weshalb diese ebenso <strong>als</strong> gemischte<br />

Verträge eingestuft wurden.<br />

Ist ein völkerrechtlicher Vertrag einmal verabschiedet worden, nimmt er nach der ständigen<br />

Rechtsprechung des EuGH 85 einen Zwischenrang unterhalb des Primärrechtes, aber über<br />

dem Sekundärrecht ein. Damit wird er integraler Bestandteil der Unionsordnung und entfaltet<br />

unmittelbare Wirkung, wenn die Vertragsbestimmungen klare und unbedingte<br />

Verpflichtungen begründen, ohne von weiteren Rechtsakten abhängig zu sein 86 . In weiterer<br />

Folge bedeutet dies auch, dass völkerrechtliche Verträge Vorrang vor Sekundärrecht haben<br />

und die EU zu Änderungen bestehenden bzw. zum Erlass neuen Sekundärrechts verpflichtet<br />

sein kann, um den inhaltlichen Vorgaben aus den Verträgen nachzukommen.<br />

Insofern bereitete die Rahmenkonvention keine größeren Schwierigkeiten, <strong>als</strong> sich aus ihr<br />

keine internen Umsetzungspflichten ableiten lassen. Anders gestaltete sich die Situation<br />

aber bezüglich der Protokolle, in welchen zum Teil konkrete Rechtspflichten<br />

niedergeschrieben sind, was weitreichendere Auswirkungen auf das Unionsrecht sowie die<br />

Notwendigkeit der Anpassung des Sekundärrechts nach sich ziehen kann. Da dies darüber<br />

hinaus auch jene EU-Mitgliedstaaten, die nicht im Alpenraum angesiedelt sind, insofern<br />

tangiert, <strong>als</strong> diese keine torpedierenden Maßnahmen setzen dürfen und auch sonst alles zu<br />

unterlassen haben, was einer Vertragserfüllung durch die restlichen Mitgliedstaaten im Wege<br />

stehen könnte, verhielt sich die EU im Ratifizierungsprozess der Protokolle anfangs sehr<br />

zurückhaltend 87 . Nichts desto trotz hat sich die Union mittlerweile mit einem Großteil der<br />

Protokolle inhaltlich auseinandergesetzt und diesen durch bestehendes Sekundärrecht auch<br />

vollumfänglich entsprochen. Dabei wird auf das Sechste Umweltaktionsprogramm<br />

verwiesen, das mit den Themen der <strong>Alpenkonvention</strong> in Einklang steht.<br />

85 EuGH 12.12.1972, Rs. 21 bis 24/72, International Fruit Company, Slg. 1972, 1219, Rn 5ff.<br />

86 Herdegen, Europarecht 12 (2010) 176, Rn 33; EuGH, Rs. 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719 Rn 14.<br />

87 Ehlotzky, Das Verkehrsprotokoll der <strong>Alpenkonvention</strong> im Lichte der Grundfreiheiten (2011) 50.<br />

24


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

3.5.1 Rechtliche Folgen der Umsetzung<br />

Durch die Ratifizierung der vier Protokolle Tourismus, Berglandwirtschaft, Bodenschutz und<br />

Energie wurden diese zu unionalem Besitzstand, weshalb sie nicht nur für die Organe der<br />

EU sondern auch für deren Mitgliedsstaaten aus dem Alpenraum verbindlich geworden sind<br />

(Art. 216 Abs. 2 AEUV). In weiterer Folge lässt dies aber auch ein anhaltendes<br />

Abstandnehmen von weiteren Ratifizierungen durch so manchen Alpenstaat zahnlos<br />

erscheinen. Da Sekundärrecht künftig den Protokollinhalten zu entsprechen hat, gilt dies in<br />

weiterer Folge auch für unionsrechtlich zu harmonisierendes innerstaatliches Recht, wodurch<br />

die Protokollinhalte auf diesem Wege ohnehin Eingang in nationale Reglungen finden 88 .<br />

Zum anderen hat der EuGH 89 erkannt, dass neben die innerstaatliche nun auch eine<br />

unionsrechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten tritt, die Durchführungsprotokolle <strong>als</strong> von<br />

der EU ratifizierte Abkommen in nationales Recht zu transformieren bzw. unmittelbar<br />

anzuwenden. Kommt eine Vertragspartei dieser Verpflichtung nicht nach, liegt eine<br />

Verletzung des EU-Vertrages vor, was ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH<br />

nach sich ziehen kann. Darin ergangenen Entscheidungen ist von den Mitgliedsstaaten<br />

unverzüglich Folge zu leisten, was mit mehr Nachdruck eingefordert werden kann, <strong>als</strong> dies<br />

aufgrund des Streitbeilegungsverfahrens der <strong>Alpenkonvention</strong> möglich wäre.<br />

Darüber hinaus ist auch die EU dazu verpflichtet, die Implementierung von Unionsrecht und<br />

somit der <strong>Alpenkonvention</strong> in nationales Recht durch die Vertragsstaaten zu überprüfen,<br />

wodurch ein weiterer Kontrollmechanismus geschaffen wäre. <strong>Die</strong>ser wurde bislang aber<br />

noch nicht gänzlich ausgeschöpft 90 .<br />

3.6 Zusammenfassung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> ist ein internationales Vertragswerk, das die Alpenstaaten Deutschland,<br />

Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien sowie die EU<br />

88 Odendahl, <strong>Die</strong> Bindung der Europäischen Gemeinschaft an die <strong>Alpenkonvention</strong>, in<br />

Hendler/Marburger/Reiff/Schröder (Hrsg.) Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts (2007) 59 (59f).<br />

89 EuGH, Rs. C-239/03, Étang de Berre, Slg. 2004, I-9325.<br />

90 Onida, <strong>Die</strong> rechtliche Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> zwischen Völkerrecht, Gemeinschaftsrecht und<br />

innerstaatlichem Recht, in CIPRA Österreich (Hrsg.), <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> und ihre rechtliche Umsetzung in<br />

Österreich- Stand 2009 (2010) 22 (24f).<br />

25


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

verbindet. Regelungsinhalt ist die nachhaltige Entwicklung dieser bedeutenden Bergregion<br />

sowie der Schutz der ansässigen Bevölkerung, wobei neben ökologischen auch sozialen,<br />

wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten Beachtung geschenkt werden soll. Um diesem<br />

integrativen Ansatz gerecht zu werden, wurden neben einer Rahmenkonvention auch acht<br />

Durchführungsprotokolle angenommen, die den Themen Raumplanung, Landwirtschaft,<br />

Wald, Natur und Landschaft, Energie, Boden, Tourismus und Verkehr gewidmet sind.<br />

Österreich hat bislang nicht nur die Rahmenkonvention ratifiziert, sondern seit dem<br />

18.12.2002 sind auch alle Durchführungsprotokolle in Kraft getreten und stellen somit<br />

innerhalb des österreichischen Anwendungsbereiches geltendes Recht dar, wobei folgender<br />

Differenzierung Beachtung geschenkt werden muss: Im Rahmen der Implementierung in<br />

das innerstaatliche Recht wurde die Rahmenkonvention lediglich mit einem<br />

Erfüllungsvorbehalt genehmigt. Ihre Regelungen unterliegen somit nicht einer unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit, sondern sind nur bei der Auslegung bestehenden staatlichen Rechts<br />

heranzuziehen. <strong>Die</strong> Durchführungsprotokolle passierten den Nationalrat dagegen ohne<br />

Erfüllungsvorbehalt, weshalb für ihre Normen die Vermutung der unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit gilt 91 . <strong>Die</strong>ser muss jedoch für jede Protokollbestimmung im Einzelfall<br />

nachgegangen werden. Liegen keine entgegenstehenden subjektiven <strong>oder</strong> objektiven<br />

Gründe vor und genügt die Norm auch inhaltlich dem Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG, so<br />

kann an der Vermutung festgehalten und die jeweilige Norm von innerstaatlichen Behörden<br />

und Gerichten unmittelbar herangezogen werden.<br />

Aber auch die Europäische Union ist mittlerweile Vertragspartei der Rahmenkonvention<br />

sowie von einem Großteil der Durchführungsprotokolle, woraus sich folgende Konsequenzen<br />

ableiten lassen:<br />

- Da innerstaatliches Recht unionsrechtlich zu harmonisieren ist, finden die<br />

Regelungen aus den Durchführungsprotokollen auch auf diesem Weg Eingang in<br />

nationale Rechtsordnungen.<br />

- Aufgrund der, nun auch unionsrechtlich bestehenden, Verpflichtung der<br />

Mitgliedsstaaten, die Durchführungsprotokolle <strong>als</strong> von der EU ratifizierte, gemischte<br />

Abkommen in nationales Recht zu transformieren, können diesbezügliche Verstöße<br />

im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH geahndet werden.<br />

91 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>:<br />

Handbuch für ihre Umsetzung (2007) 14.<br />

26


<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> Marion Battisti<br />

- Neben den Organen der <strong>Alpenkonvention</strong> sollte nun auch auf unionsrechtlicher<br />

Ebene kontrolliert werden, inwiefern die Regelungen aus der Rahmenkonvention und<br />

ihren Durchführungsprotokollen durch die Vertragsstaaten eingehalten werden.<br />

27


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

4 Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit<br />

erneuerbaren Energien<br />

4.1 Allgemeines<br />

Der Energiebedarf der heutigen Zeit ist in ständigem Wachstum begriffen, was angesichts<br />

der aktuellen Ziele aus dem Klimaschutz mit Hilfe <strong>erneuerbarer</strong> Energien bewältigt werden<br />

soll. In Kombination mit den großen Höhenunterschieden, die man in alpinen<br />

Berglandschaften vorfindet, ist die prädestinierte Stromgewinnung jene durch die<br />

Wasserkraft. Allerdings beinhaltet der Bau von Wasserkraftwerken, sei es hinsichtlich Stau-<br />

und Speicherseen <strong>oder</strong> Eingriffen in Flüsse und Bäche, auch immer tiefgreifende<br />

ökologische Veränderungen der betroffenen Gewässer. <strong>Die</strong> Organismen sind an kaltes,<br />

strömendes Wasser angepasst, was durch die Errichtung eines Wasserkraftwerkes stark<br />

verändert wird: im Staubereich wird die Strömung wesentlich verringert, womit eine<br />

Erwärmung des Wassers einhergeht. Darüber hinaus wird die Wanderung von<br />

Wasserlebewesen erschwert und der Geschiebestrom unterbrochen 92 .<br />

Es besteht <strong>als</strong>o ein großes Wasserkraftpotential in den Alpen, welchem entgegenzuhalten<br />

ist, dass naturbelassene <strong>oder</strong> naturnahe Gewässerabschnitte immer seltener vorzufinden<br />

sind. Wie man dieses Potential nun unter gleichzeitiger Hintanhaltung unumkehrbarer Folgen<br />

für dieses sensible Ökosystem nutzen kann 93 , wird auch von den Vertragsparteien<br />

thematisiert. Dazu ergingen generell in den verschiedenen Zielbestimmungen, konkret<br />

jedoch im Art. 7 des Energieprotokolls diverse einschlägige Regelungen.<br />

Zum einen werden in der Präambel des Energieprotokolls Erwägungen aufgestellt, die auf<br />

eine „natur- und landschaftsschonende sowie umweltverträgliche Erzeugung, Verteilung und<br />

Nutzung der Energie“ sowie „energiesparende Maßnahmen“ abzielen (3. Präambel). Zum<br />

anderen soll jedoch „in Anbetracht der Notwendigkeit, die Treibhausgasemissionen auch im<br />

Alpenraum zu verringern und damit auch die Verpflichtungen aus dem<br />

Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen zu erfüllen“ (4.<br />

Erwägung) auch der Alpenraum einen Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs auf<br />

europäischer Ebene leisten (14. Präambel). Somit wird der steigende Energiebedarf im<br />

Energieprotokoll ganz allgemein anerkannt, genauso wie die Förderung <strong>erneuerbarer</strong><br />

92 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 33.<br />

93 Plattform Wasserwirtschaft im Alpenraum, Gemeinsame Leitlinien für die Kleinwasserkraftnutzung im<br />

Alpenraum, Alpensignale Focus 1 2011, 6.<br />

28


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Energien, allen voran die Wasserkraft. Andererseits werden jedoch auch energiesparende<br />

Maßnahmen befürwortet 94 .<br />

Gem. Art. 1 des Energieprotokolls verpflichten sich die Vertragsparteien schließlich dazu,<br />

„im räumlichen Anwendungsbereich der <strong>Alpenkonvention</strong> Rahmenbedingungen zu schaffen<br />

und konkrete Maßnahmen in den Bereichen Energieeinsparung sowie Energieerzeugung, -<br />

transport, -versorgung und –verwendung zu ergreifen, um die energiewirtschaftlichen<br />

Voraussetzungen für eine nachhaltige, mit den für den Alpenraum spezifischen<br />

Belastbarkeitsgrenzen verträgliche Entwicklung zu schaffen; damit werden die<br />

Vertragsparteien einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt, zur<br />

Schonung der Ressourcen sowie zur Klimavorsorge leisten.“ Art. 2 Abs. 1 lit. c enthält<br />

darüber hinausgehend eine Hierarchisierung der zu treffenden energiepolitischen<br />

Maßnahmen. In erster Linie ist der Energiebedarf durch den Einsatz effizienter Technologien<br />

zu reduzieren. Sodann sind verstärkt erneuerbare Energieträger zu nutzen und schließlich<br />

bestehende Anlagen zur Erzeugung von Energie aus nicht erneuerbaren Energieträgern zu<br />

optimieren. Dadurch soll eine Dezentralisierung der Energieversorgung auf Basis<br />

<strong>erneuerbarer</strong> Energieträger im Alpenraum erreicht und der Bedarf an neuen Anlagen zum<br />

Einsatz nicht <strong>erneuerbarer</strong> Energieressourcen möglichst verhindert werden 95 .<br />

<strong>Die</strong>sen Handlungsaufträgen, d.h. der Energieeinsparung und der rationalen Verwendung und<br />

bevorzugten Nutzung <strong>erneuerbarer</strong> Energieträger wird in Österreich zwar bereits Rechnung<br />

getragen, die Förderung <strong>erneuerbarer</strong> Energieträger wird jedoch weiterhin wichtige<br />

Umsetzungsmaßnahmen bedingen. Zum einen soll das Hauptaugenmerk auf die<br />

Biomasseerzeugung gerichtet werden. Zum anderen gilt es aber auch, den<br />

Umsetzungserfordernissen in allen möglichen Bereichen, seien es Produktionsprozesse,<br />

öffentliche <strong>Die</strong>nstleistungen <strong>oder</strong> große Hotelbetriebe, Transport-, Sport- <strong>oder</strong><br />

Freizeitanlagen, erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Darüber hinaus könnten<br />

Verbrauchsabgaben auf Elektrizität und Erdgas zur teilweisen Verwendung für<br />

energiesparende und umweltschonende Maßnahmen forciert sowie regionale und<br />

kommunale Energiekonzepte gefördert werden 96 .<br />

94 CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP7wEoGFufu0j&id<br />

=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

95 Galle, Alpine Umweltprobleme- Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen (<strong>Alpenkonvention</strong>) und seine<br />

Protokolle- Ergänzung (2007) 50.<br />

96 Galle, Alpine Umweltprobleme 119.<br />

29


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

4.2 Gemeinsame Leitlinien für die Kleinwasserkraftnutzung im<br />

Alpenraum<br />

Unterstrichen wird die Aktualität dieser energiepolitischen Problematik durch die allgemeinen<br />

Leitlinien für den Ausbau der Kleinwasserkraft im Alpenraum, welche die Umweltminister der<br />

Alpenländer auf der XI. Alpenkonferenz in Brdo Anfang März 2011 verabschiedet haben.<br />

Genauer handelt es sich hierbei um einen allgemeinen Leitfaden ohne rechtlich verbindliche<br />

Wirkung 97 , der dabei helfen soll, die in den nationalen Plänen festgeschriebenen Mengen an<br />

erneuerbaren Energien zu erzeugen und gleichzeitig unumkehrbare negative Folgen zu<br />

vermeiden. Enthalten sind darin gemeinsame Grundsätze und Empfehlungen, ein Konzept<br />

für eine Eignungsklassierung sowie ein Katalog von Bewertungskriterien. Auf regionaler<br />

Ebene soll dadurch eine transparente Beurteilung der potentiellen Eignung von<br />

Gewässerstrecken zur Wasserkraftnutzung künftig möglich werden, in welche vor allem das<br />

Wasserkraftpotential, der ökologische und landschaftliche Wert sowie das Bestehen<br />

besonderer Schutzgebiete Eingang finden sollen. Darüber hinaus gilt es, die gesamten<br />

Gewässerstrecken in Abschnitte einzuteilen, die entweder <strong>als</strong> gut geeignet (großes<br />

Wasserkraftpotential und gleichzeitig kleiner ökologischer und landschaftlicher Wert), bedingt<br />

geeignet, nicht befürwortet (Nationalparks, „Natura 2000“ Gebiete, Gebiete von nationaler/<br />

regionaler Bedeutung) <strong>oder</strong> ausgeschlossen (Schutzgebiete mit gesetzlichem Verbot der<br />

Wasserkraft) klassifiziert werden 98 . Damit soll es den Entscheidungsträgern möglich werden,<br />

potentiell geeignete Standorte für Kleinwasserkraftwerke ausfindig zu machen und die<br />

anschließende Genehmigungsentscheidung im Einklang mit den Grundsätzen der<br />

Nachhaltigkeit zu erlassen 99 .<br />

Auf die Ausarbeitung von konkreteren Methoden wurde jedoch verzichtet, da eine gewisse<br />

Flexibilität notwendig erscheint, um regionalen Besonderheiten und nationalen<br />

Rahmenbedingungen gerecht zu werden 100 .<br />

97 Plattform Wasserwirtschaft im Alpenraum, Alpensignale Focus 1 2011, 7ff.<br />

98 Imhof, <strong>Alpenkonvention</strong>: Leitlinien für die Kleinwasserkraft, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> 2011, 7 (7).<br />

99 Plattform Wasserwirtschaft im Alpenraum, Alpensignale Focus 1 2011, 7ff.<br />

100 Imhof, <strong>Alpenkonvention</strong> 2011, 7.<br />

30


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

4.3 Art. 7 Energie-Protokoll 101<br />

Wesentlicher erscheint jedoch das Energie-Protokoll, in dem Maßnahmen zur Steigerung der<br />

Energieeffizienz und der Energieeinsparung, konkret aber auch der bevorzugte Einsatz<br />

<strong>erneuerbarer</strong> Energieträger zur Deckung des Energiebedarfs befürwortet werden. Vorrang<br />

soll dabei der Förderung der rationellen Nutzung von Wasserressourcen zukommen,<br />

weshalb die bevorzugte Energiegewinnung durch Wasserkraftanlagen im Vergleich zur<br />

Nutzung anderer Energiequellen durchaus im Sinne der <strong>Alpenkonvention</strong> liegt. Eine Grenze<br />

der unbeschränkten Wassernutzung ergibt sich jedoch nicht nur im Zusammenhang mit<br />

anderen Protokollen, sondern vorrangig aus dem Art. 7 des Energieprotokolls 102 :<br />

(1) <strong>Die</strong> Vertragsparteien stellen sowohl bei neuen <strong>als</strong> auch soweit wie möglich bei<br />

schon bestehenden Wasserkraftanlagen die ökologische Funktionsfähigkeit der<br />

Fließgewässer und die Unversehrtheit der Landschaft durch geeignete Maßnahmen<br />

wie die Festlegung von Mindestabflussmengen, die Umsetzung von Vorschriften zur<br />

Reduzierung der künstlichen Wasserstandschwankungen und die Gewährleistung der<br />

Durchgängigkeit der Fauna sicher.<br />

(2) <strong>Die</strong> Vertragsparteien können unter Einhaltung ihrer Sicherheits- und<br />

Umweltvorschriften Maßnahmen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

bestehender Wasserkraftanlagen ergreifen.<br />

(3) Sie verpflichten sich des weiteren, den Wasserhaushalt in den Trinkwasserschutz-<br />

und Naturschutzgebieten mit ihren Pufferzonen, in den Schon- und Ruhezonen sowie<br />

in den unversehrten naturnahen Gebieten und Landschaften zu erhalten.<br />

(4) <strong>Die</strong> Vertragsparteien empfehlen die Wiederinbetriebnahme stillgelegter<br />

Wasserkraftwerke vor einem Neubau. Auch im Falle der Wiederinbetriebnahme<br />

gelten die Bestimmungen des Absatzes 1 über die Erhaltung der Funktionsfähigkeit<br />

der Gewässerökosysteme und anderer betroffener Systeme.<br />

(5) <strong>Die</strong> Vertragsparteien können im Rahmen ihres nationalen Rechts prüfen, wie den<br />

Endverbrauchern alpiner Ressourcen marktgerechte Preise berechnet werden<br />

können und inwieweit die von der ansässigen Bevölkerung im öffentlichen Interesse<br />

erbrachten Leistungen angemessen abgegolten werden können“.<br />

101 BGBl. III Nr. 237/2002, kundgemacht am 29.10.2002.<br />

102 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 34.<br />

31


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

4.3.1 Auslegung des Art. 7 Energie-Protokoll<br />

Gem. Abs. 1 stellen die Vertragsparteien auf die ökologische Funktionsfähigkeit der<br />

Fließgewässer sowie die Unversehrtheit der Landschaft ab. Der Rechtsservicestelle CIPRA<br />

folgend kann davon ausgegangen werden, dass dem Begriff der “Erhaltung der ökologischen<br />

Funktionsfähigkeit“ im Energieprotokoll die gleiche Bedeutung zukommt wie im nationalen<br />

Wasserrechtsgesetz. Dort wird die ökologische Funktionsfähigkeit gem. § 105 Abs. 1 lit. m<br />

WRG <strong>als</strong> öffentliches Interesse deklariert, das durch den VwGH in seinem Erkenntnis vom<br />

19.11.1998 folgendermaßen konkretisiert wurde: die ökologische Funktionsfähigkeit umfasst<br />

alle mit dem Wasser zusammenhängenden Umweltfaktoren. Wird einer von diesen so<br />

beeinträchtigt, dass damit nachteilige Auswirkungen auf die Gewässer zu befürchten sind, ist<br />

von einer Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit auszugehen. <strong>Die</strong>s ist „durch<br />

eine Auflistung der Auswirkungen dieses Umstandes auf die mit dem Gewässer<br />

zusammenhängenden und von ihm abhängenden Umweltbereiche unter Berücksichtigung<br />

quantitativer und qualitativer Aspekte“ 103 ersichtlich zu machen.<br />

Der zweite Begriff der „Unversehrtheit der Landschaft“ ist dagegen ein naturschutzrechtlicher<br />

Regelungsinhalt, dem im Rahmen naturschutzrechtlicher Verfahren Bedeutung zukommt 104 .<br />

Eine eindeutigere Formulierung enthält dagegen Art. 7 Abs. 3, der eine besondere<br />

Erhaltungspflicht für den Wasserhaushalt in Trinkwasserschutz- und Naturschutzgebieten, in<br />

Schon- und Ruhezonen sowie in unversehrten naturnahen Gebieten und Landschaften<br />

vorsieht. Unter Wasserhaushalt sind in diesem Zusammenhang die durch Wasserzufuhr,<br />

Wasserentzug und Änderung des Wasserinhaltes gekennzeichneten Umsetzungsvorgänge<br />

des Wassers in einem System und zwischen einem System und seiner Umgebung zu<br />

verstehen. Der Wasserhaushalt setzt sich aus Niederschlag, Abfluss, Verdunstung,<br />

Rücklage und Aufbrauch zusammen 105 . Da sich die <strong>Alpenkonvention</strong> im Energieprotokoll<br />

jedoch auch für den Einsatz <strong>erneuerbarer</strong> Energien wie der Wasserkraft ausspricht, kann Art.<br />

7 Abs. 3 nicht <strong>als</strong> Verpflichtung der Parteien verstanden werden, jegliche Änderung des<br />

103 VwGH 19.11.1998, Gz. 2004/07/0016, VwSlg 15028 A/1998.<br />

104 CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP7wEoGFufu0j&id<br />

=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

105 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Handbuch zur Umsetzung<br />

140ff, zitiert nach Leser, Wörterbuch Allgemeine Geographie 13 (2005) 1061.<br />

32


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Wasserhaushaltes hintanzuhalten 106 . Vielmehr sind Eingriffe nicht grundsätzlich verboten,<br />

sondern die Behörde hat im Einzelfall anhand von Sachverständigengutachten zu klären, mit<br />

welchen Auswirkungen auf die ökologische Funktionsfähigkeit, auf das Landschaftsbild und<br />

die Durchgängigkeit für die Fauna zu rechnen ist. Bei erheblichen negativen Auswirkungen<br />

steht Art. 7 einer Genehmigung von Wasserkraftanlagen entgegen, ein gewisser Grad an<br />

Eingriffen ist jedoch insbesondere beim Bestehen anderer öffentlicher Interessen wie der<br />

Energiegewinnung zulässig 107 . Und auch die Grundverpflichtung dieses Protokolls darf bei<br />

solch einer Interessensabwägung nicht aus den Augen verloren werden:„die verstärkte<br />

Deckung des verbleibenden Energiebedarfs aus erneuerbaren Energieträgern“ (Art. 2 Abs. 1<br />

lit. c 2. Spiegelstrich).<br />

4.3.2 Unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 7 Energie-Protokoll<br />

In dem vom BMLFUW herausgegebenen Leitfaden wird von der unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit lediglich des Abs. 1 und 3 des Art. 7 ausgegangen, was vor allem auf die<br />

Formulierung „stellen sicher“ des Abs. 1 in Verbindung mit den klar gefassten Inhalten<br />

zurückzuführen ist. Demzufolge sind diese Normen in naturschutzrechtlichen und<br />

wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage heranzuziehen 108 .<br />

Eine ähnliche Einordnung wird auch durch die Naturschutz-Expertenkonferenz der Länder<br />

vorgenommen. <strong>Die</strong>se billigt dem Abs. 3 eine unmittelbare Anwendbarkeit zu, während dem<br />

Abs. 1 lediglich deklaratorischer Charakter für die Naturschutzbehörden zukommt 109 .<br />

Aber auch in diversen naturschutzrechtlichen Entscheidungen des Landes Tirols wurde<br />

bereits auf Art. 7 des Energie-Protokolls <strong>als</strong> Rechtsgrundlage zurückgegriffen, was auf eine<br />

Eignung dieser Regelung, unmittelbar angewendet zu werden, hindeutet.<br />

Alles in allem weist das Energieprotokoll jedoch einen geringen Determinierungsgrad auf und<br />

seine Regelungsinhalte sind großteils bereits Gegenstand nationaler und europarechtlicher<br />

Bestimmungen. Sofern diese genauer formuliert sind und Art. 7 keinen darüber<br />

106 CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP7wEoGFufu0j&id<br />

=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

107 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 34.<br />

108 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Handbuch zur Umsetzung<br />

140ff.<br />

109 Loos, Naturschutzrecht in Salzburg 204.<br />

33


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

hinausgehenden Regelungsgehalt aufweist, ist Art. 7 durch die Anwendung nationaler<br />

Bestimmungen bereits abgedeckt 110 .<br />

4.4 Art. 11 Naturschutz-Protokoll 111<br />

Da die Errichtung von Wasserkraftwerken <strong>oder</strong> sonstiger Anlagen zur Erzeugung<br />

<strong>erneuerbarer</strong> Energien oftm<strong>als</strong> in Landschaftsgebieten stattfindet, die unter Naturschutz<br />

stehen, kann auch Art. 11 des Naturschutzprotokolls einschlägig sein.<br />

Im Abs. 1 verpflichten sich die Vertragsparteien dazu, „bestehende Schutzgebiete im Sinne<br />

ihres Schutzzweckes zu erhalten, zu pflegen und, wo erforderlich, zu erweitern sowie nach<br />

Möglichkeit neue Schutzgebiete auszuweisen. Sie treffen alle geeigneten Maßnahmen, um<br />

Beeinträchtigungen <strong>oder</strong> Zerstörungen dieser Schutzgebiete zu vermeiden.“<br />

4.4.1 Auslegung des Art. 11 Abs. 1 Naturschutz-Protokoll<br />

In Österreich sind Naturschutzangelegenheiten nach Art. 15 Abs. 1 B-VG sowohl hinsichtlich<br />

Gesetzgebung <strong>als</strong> auch Vollziehung eine Angelegenheit der Länder, da diesbezüglich in<br />

keinem der Kompetenzartikel der Bundesverfassung eine ausdrückliche<br />

Bundeszuständigkeit geregelt ist. Dabei hat sich in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass<br />

dem alpinen Raum bei der Errichtung und Erweiterung von Schutzgebieten prioritäre<br />

Bedeutung zukommt, was Anzahl und Größe der unter Schutz gestellten Gebiete<br />

verdeutlichen sollen 112 .<br />

Art. 11 dieses Durchführungsprotokolls umfasst alle Arten nationaler Schutzgebiete und geht<br />

dabei von der gewöhnlichen Bedeutung dieses Terminus aus. Er umschreibt ein<br />

abgegrenztes, durch Rechtsakt speziell ausgewiesenes Gebiet, für welches besondere<br />

Schutzgebietsbestimmungen aufgestellt wurden, um den festgelegten Schutzzweck zu<br />

erreichen 113 . In diesem Sinne sind die österreichischen Bundesländer durch die bereits<br />

110 CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP7wEoGFufu0j&id<br />

=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

111 BGBl. III Nr. 236/2002.<br />

112 Galle, Alpine Umweltprobleme 56.<br />

113 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 41.<br />

34


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

erfolgte Festlegung und Ausweisung entsprechender Natur- und Landschaftsschutzgebiete<br />

den Erfordernissen des Naturschutzprotokolls großteils nachgekommen 114 .<br />

Mit der Umschreibung „Erhalten“ wird weiters auf ein Bewahren vor Zerstörung <strong>oder</strong><br />

Veränderung abgestellt, was ein aktives Tun inkludiert. <strong>Die</strong>se Verpflichtung zur Erhaltung<br />

kann daher <strong>als</strong> ein Verschlechterungsverbot aufgefasst werden 115 , das auch jenen Projekten<br />

entgegensteht, die zwar außerhalb des Schutzgebietes durchgeführt werden, aber dennoch<br />

negative Auswirkungen auf den Schutzzweck hervorrufen können.<br />

Zu Erhalten sind die Schutzgebiete „im Sinne des Schutzzwecks“, wobei die Erklärung eines<br />

Gebietes zum Schutzgebiet durch den Schutzzweck begründet wird. Er liefert demnach den<br />

Grund für die Unterschutzstellung und ist aus dem konkreten Rechtsakt ersichtlich, durch<br />

den die Unterschutzstellung erfolgt. <strong>Die</strong>s ist meistens die Schutzgebietsverordnung selbst,<br />

kann aber auch aus den Verordnungsmaterialien <strong>oder</strong> aus der diesem Rechtsakt zugrunde<br />

liegenden gesetzlichen <strong>Grundlage</strong> hervorgehen 116 .<br />

Nun lässt der klare Wortlaut des Abs. 1 ein generelles Eingriffsverbot in bestehende<br />

Schutzgebiete vermuten, doch gibt es dagegen erhebliche Bedenken nachfolgender Natur<br />

einzuwenden:<br />

- Allein durch die Ausweisung eines Schutzgebietes ist die Dispositionsfähigkeit über<br />

die Nutzung der betroffenen Flächen erheblich eingeschränkt und somit anderen<br />

politischen, aber auch wirtschaftlichen und energiepolitischen Vorhaben ein Riegel<br />

vorgeschoben. Nun bestehen in den Vertragsstaaten sehr inhomogene<br />

Schutzgebietsregime und unterschiedlich dichte Schutzgebietsnetze. Ginge man nun<br />

von einem absoluten Erhaltungsgebot dieser -auf nationaler Ebene geschaffenen -<br />

Schutzgebiete aus, hätte dies zur Folge, dass es zu gravierenden Benachteiligungen<br />

im politischen Gestaltungsspielraum jener Länder kommen würde, die eine große<br />

Anzahl an Schutzgebeiten im Vergleich zu den anderen Ländern geschaffen haben.<br />

- Deshalb gilt es, Art. 11 im Zusammenhang mit der gesamten Zielhierarchie der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> zu beurteilen und Eingriffe zuzulassen, wenn sie einem Interesse<br />

dienen, das jenem der Erhaltung von Schutzgebieten überzuordnen ist. Beispielhaft<br />

114 Galle, Alpine Umweltprobleme 57.<br />

115 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 41.<br />

116 CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP7wEoGFufu0j&id<br />

=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

35


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

sei hier das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums angeführt, das<br />

österreichweit auch verfassungsrechtlich garantiert wird. <strong>Die</strong>ses wird oftm<strong>als</strong> durch<br />

absolute Eingriffsverbote beschränkt, weshalb die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs<br />

zu prüfen ist. Wird ein öffentliches Interesse verfolgt? Ist die Methode zur Verfolgung<br />

dieses öffentlichen Interesses geeignet, erforderlich und darüber hinaus adäquat? Ein<br />

absolutes Eingriffsverbot auf sämtliche bestehende Schutzgebiete vorweg kann hier<br />

demnach nicht <strong>als</strong> das gelindeste Mittel angesehen werden.<br />

Deshalb muss ein absolutes Eingriffsverbot bzw. eine absolute Erhaltungsverpflichtung in<br />

allen Schutzgebieten verneint werden. Vielmehr ist eine Beeinträchtigung im Zuge einer<br />

naturschutzrechtlichen Interessensabwägung zu beurteilen, was vor allem auf<br />

Verordnungs- und Bescheidebene zu erfolgen hat.<br />

Auf Verordnungsebene findet überwiegend die Ausweisung, Änderung <strong>oder</strong> Aufhebung<br />

von Schutzgebieten statt, was auf <strong>Grundlage</strong> der jeweiligen Naturschutzgesetze der<br />

Länder erfolgt. Prinzipiell stand es somit dem Gesetzgeber bzw. dem zur Erlassung der<br />

Verordnung ermächtigten Organ frei, Verordnungen zu erlassen, zu ändern <strong>oder</strong> gar<br />

aufzuheben. <strong>Die</strong>se Entscheidungsmöglichkeit wird nun durch Art. 11 Abs. 1 erheblich<br />

eingeschränkt. Jede Veränderung <strong>oder</strong> Aufhebung muss durch eine neuerliche<br />

Verordnung sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Es gilt darzulegen, warum<br />

die für eine Unterschutzstellung ausschlaggebenden Gründe nun nicht mehr vorliegen<br />

bzw. warum sie hinter gewichtigere öffentliche Interessen zurückgetreten sind. Durch Art.<br />

11 Abs. 1 wird somit über die bestehenden Naturschutzgesetze hinausgehend die<br />

Erhaltung bestehender Schutzgebiete normiert und die Änderung <strong>oder</strong> gänzliche<br />

Aufhebung darf nur mehr bei Vorliegen gewichtiger anderer öffentlicher Interessen<br />

vorgenommen werden. Solch ein ausdrückliches Primat für den Erhalt sämtlicher<br />

bestehender Schutzgebiete gab es vor Inkrafttreten des Naturschutzprotokolls im<br />

österreichischen Naturschutzrecht noch nicht, worin der Mehrwert dieses Protokoll der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> zu sehen ist.<br />

Aber auch auf Bescheidebene haben die Behörden solch eine Interessensabwägung<br />

vorzunehmen, wobei der Erhalt von Schutzgebieten grundsätzlich geboten und andere<br />

öffentliche Interessen eine besondere und gerechtfertigte Dimension erreichen müssen,<br />

um hinsichtlich der naturfachlichen Interessen zu überwiegen.<br />

Darüber hinaus sei noch einmal erwähnt, dass unter Art. 11 sowohl die formelle <strong>als</strong> auch<br />

die materielle Erhaltung der Schutzgebiete zu subsumieren ist. <strong>Die</strong> materielle Erhaltung<br />

36


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

stellt dabei auf den Schutzzweck ab, wodurch zum einen einer inhaltlichen Aushöhlung<br />

formal existierender Schutzgebiete durch dem Schutzzweck widersprechende<br />

Maßnahmen entgegengetreten werden soll. Auf der anderen Seite wird dadurch ein<br />

absolutes Eingriffsverbot aberm<strong>als</strong> eingeschränkt. Eingriffe, die den Schutzzweck eines<br />

Schutzgebietes gar nicht berühren, sind demzufolge auch möglich und zulässig. Folglich<br />

sind Veränderungen im Zusammenhang mit bestehenden Schutzgebieten nicht per se<br />

verboten, sondern lediglich dem Schutzzweck widersprechende Maßnahmen sind zu<br />

unterlassen 117 .<br />

4.4.2 Unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 1 Naturschutz- Protokoll<br />

Art. 11 Abs. 1 des Naturschutz-Protokolls ist dem Handbuch zur Umsetzung der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und<br />

Wasserwirtschaft folgend unmittelbar anwendbar 118 . Und auch die Naturschutz-<br />

Expertenkonferenz der Länder spricht sich für eine unmittelbare Anwendbarkeit des Abs. 1<br />

dieses Artikels aus 119 . Darüber hinaus wurde Art. 11 Abs. 1 vielfach nicht nur in<br />

naturschutzrechtlichen Verfahren, sondern auch in solchen zur Feststellung einer UVP-<br />

Pflicht 120 angewandt, was ebenfalls auf seine Eignung, unmittelbar angewandt zu werden,<br />

hinweist.<br />

4.5 Einschlägige unionsrechtliche Bestimmungen<br />

4.5.1 „Natura 2000“<br />

Da die Fauna und Flora Europas ein von Staatsgrenzen losgelöstes, dynamisches<br />

Ökosystem darstellt, das durch nationale Schutzmaßnahmen nur begrenzt erhalten werden<br />

kann, wurde auch auf europarechtlicher Ebene ein Schutzregime in die Welt gerufen:<br />

„Natura 2000“ 121 . Es handelt sich hierbei um das größte Naturschutzvorhaben in Europa zur<br />

117 Kuratorium Wald, <strong>Alpenkonvention</strong> 41ff.<br />

118 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Handbuch zur Umsetzung<br />

127.<br />

119 Loos, Naturschutzrecht in Salzburg 198.<br />

120 Beispielhaft von der Kärntner Landesregierung am 4.12.2007, Zl.7-A-UVP-1191/11-2007; Tiroler<br />

Landesregierung am 20.9.2005, Zl. 2-N2.047/19-1998.<br />

121 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 -Das Schutzgebiet der EU (2004) 3.<br />

37


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Bewahrung bedrohter Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräumen, welches auf zwei<br />

Richtlinien des Rates fußt 122 :<br />

- Richtlinie des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten 123 .<br />

- Richtlinie des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der<br />

wildlebenden Tiere und Pflanzen 124 .<br />

Mit Hilfe dieses Schutzsystems soll dem Artensterben ein Ende gesetzt sowie der Verlust<br />

einer Vielzahl einzigartiger Landschaftstypen hintangehalten werden. Dazu werden zum<br />

einen Biodiversitätsstrategien in den unterschiedlichsten Bereichen des täglichen Lebens<br />

implementiert. Zum anderen ist es für den Schutz vieler bedrohter Arten und Lebensräume<br />

aber auch erforderlich, deren wichtigste Verbreitungsgebiete in ausreichender Zahl und<br />

Größe zu schützen bzw. nachhaltig zu bewirtschaften, wozu das kohärente, europäische,<br />

ökologische Netz „Natura 2000“ausgewiesen werden soll 125 .<br />

4.5.2 Vogelschutz- Richtlinie<br />

Bereits im Jahre 1979 erließ der Rat diese Richtlinie zur Erhaltung sämtlicher wildlebender<br />

Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind (Art.1 VSch- RL).<br />

Es wird der Schutz, die Bewirtschaftung und die Nutzung dieser Arten geregelt sowie gem.<br />

Art. 2 festgehalten, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zu treffen haben, um die<br />

Vogelbestände auf einem Stand zu halten <strong>oder</strong> auf einen Stand zu bringen, wobei dieser<br />

Stand den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen zu entsprechen<br />

hat. Es handelt sich demnach um eine Bestanderhaltungs- und Bestandregulierungspflicht<br />

der Mitgliedsstaaten, ohne dass sich daraus konkrete Handlungsimplikationen ableiten<br />

lassen 126 .<br />

Innerhalb dieser Schutzmaßnahmen kann zwischen Maßnahmen des Gebietsschutzes und<br />

jenen des Artenschutzes <strong>als</strong> solchen unterschieden werden. Ersterer verpflichtet die<br />

122 Pürgy, Natura 2000- Auswirkungen und Umsetzung im innerstaatlichen Recht (2005) 2.<br />

123 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. Nr.<br />

L 103 vom 25/04/1979.<br />

124 RL 92/43/EWG des Rates vom 21.Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie wildlebender<br />

Tiere und Pflanzen, ABl. Nr. L 206 vom 22/07/1992.<br />

125 Zanini, Erläuterungen des Projekts Natura 2000, in Zanini/Reithmayer (Hrsg.), Natura 2000 in Österreich<br />

(2004) 21 (21).<br />

126 EuGH 8.7.1987, Rs 247/85, Slg 1987, Rz 42.<br />

38


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Mitgliedstaaten zur Ausweisung von Schutzgebieten und zielt somit auf die Erhaltung bzw.<br />

Wiederherstellung der Lebensräume ab. Dazu werden von jedem Mitgliedstaat ohne<br />

vorangeschaltetes internationales Auswahlverfahren Schutzgebiete vorgeschlagen und<br />

eingerichtet (SPAs- Special Protection Area).<br />

Anknüpfungspunkt des Artenschutzes hingegen sind die bedrohten Vogelarten, zugunsten<br />

derer ein allgemeines Tötungs-, Fang- und/ <strong>oder</strong> Handelsverbot in die nationalen<br />

Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten zu implementieren ist 127 .<br />

Während diese Richtlinie nur ein punktuelles, allein einer bestimmten Artengruppe<br />

dienendes Regelwerk darstellt, enthält der Regelungsbereich der später ergangenen Fauna-<br />

Flora-Habitat Richtlinie einen umfassenden Lebensraumschutz sowie den Schutz<br />

wildlebender Tier- und Pflanzenarten und dient somit der Ergänzung ersterer Richtlinie. .<br />

4.5.3 Fauna-Flora-Habitat Richtlinie<br />

Durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-RL) soll die Artenvielfalt gesichert<br />

werden, indem natürliche Lebensräume sowie wildlebende Tiere und Pflanzen zu schützen<br />

sind (Art. 2 FFH-RL). Dabei dürfen jedoch die Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft<br />

und Kultur sowie regionale und örtliche Besonderheiten nicht aus den Augen verloren<br />

werden (Art. 2 Abs. 3).<br />

Eine Konkretisierung erfahren diese Vorhaben im Abs. 2 des Art. 2, wonach durch die zu<br />

treffenden Maßnahmen ein günstiger Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und<br />

der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von unionalem Interesse zu bewahren <strong>oder</strong><br />

wiederherzustellen ist 128 .<br />

Gem. Art. 1 lit. e kann unter den Begriff Erhaltungszustand eines Lebensraumes die<br />

Gesamtheit aller Einwirkungen subsumiert werden, die den betreffenden Lebensraum und<br />

die darin typischerweise vorkommenden Tier- und Pflanzenarten beeinflussen. Wesentlich<br />

sind jene Einflüsse, die sich langfristig auf die natürliche Verbreitung, die Struktur und die<br />

Funktion des jeweiligen Lebensraumtyps auswirken können. <strong>Die</strong>ser Erhaltungszustand wird<br />

dann <strong>als</strong> günstig erachtet, wenn sein natürliches Verbreitungsgebiet beständig ist <strong>oder</strong> sich<br />

ausdehnt; die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur vorhanden ist; und<br />

auch der Erhaltungszustand der für den Lebensraum charakteristischen Arten günstig ist.<br />

127 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 10.<br />

128 Prügy, Natura 2000 89f.<br />

39


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Der Erhaltungszustand einer Tier- <strong>oder</strong> Pflanzenart besteht demgegenüber gem. Art. 1 lit. i in<br />

der Summe all jener Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der<br />

Population der betreffenden Art auswirken. <strong>Die</strong>ser wird dann <strong>als</strong> günstig eingestuft, wenn die<br />

betreffende Tier- <strong>oder</strong> Pflanzenart ein lebensfähiges Element des natürliches Lebensraumes<br />

bildet und auch langfristig bilden wird; das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder<br />

abnimmt noch in absehbarer Zeit abnehmen wird; und ein genügend großer Lebensraum<br />

vorhanden ist und auch weiterhin vorhanden sein wird, der langfristig ein Überleben der<br />

Population dieser Art sichert.<br />

Kernelement dieser Vorgabe ist die Einrichtung eines „zusammenhängenden europäischen<br />

ökologischen Netzes“ (Erwägung 6 der Präambel RL 92/43/EWG), das aus natürlichen<br />

Lebensraumtypen gem. Anhang I und sogenannten Habitaten für bestimmte Arten im Sinne<br />

des Anhangs II besteht 129 . Aber auch die aufgrund der Vogelschutz-Richtlinie<br />

ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete sind Bestandteil des Schutznetzes.<br />

Im Rahmen des Anhang I werden entsprechend der Definition des Art. 1 lit. c FFH-RL solche<br />

natürlichen Lebensräume angeführt, die vom Verschwinden bedroht sind, ein geringes<br />

natürliches Verbreitungsgebiet haben <strong>oder</strong> typische Merkmale einer <strong>oder</strong> mehrerer der<br />

folgenden fünf biogeographischen Regionen aufweisen: alpine, atlantische, kontinentale,<br />

makaronesische und mediterrane. Anhang II umfasst demgegenüber eine Vielzahl<br />

verschiedenster Tier- und Pflanzenarten, deren Erhaltung im unionalen Interesse liegt und zu<br />

deren Gunsten Schutzgebiete eingerichtet werden müssen 130 . Darüber hinaus gibt es<br />

prioritäre Lebensräume und Tier- sowie Pflanzenarten, die vom Verschwinden bzw.<br />

Aussterben akut bedroht sind, weshalb der Europäischen Union hinsichtlich ihrer Erhaltung<br />

aufgrund ihrer natürlichen Ausdehnung eine besondere Verantwortung zukommt 131 . <strong>Die</strong>se<br />

sind in Anhang II mit einem Sternchen gekennzeichnet.<br />

<strong>Die</strong> Ausweisung bzw. Einrichtung von „Natura 2000“ Gebieten ist somit grundlegender<br />

Bestandteil dieser Richtlinie, wobei jedem Mitgliedstaat die Verpflichtung zukommt,<br />

entsprechend der in seinem Hoheitsgebiet vorhandenen Lebensraumtypen sowie Tier- und<br />

Pflanzenarten mitzuwirken.<br />

129 Epiney, Zur Konzeption des europäischen Naturschutzrechtes, in Epiney/Gammenthaler (Hrsg.), Das<br />

Rechtsregime der Natura 2000-Schutzgebiete (2009) 5 (39).<br />

130 Prügy, Natura 2000 90f.<br />

131 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 30.<br />

40


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

4.5.4 Ausweisung der Schutzgebiete<br />

<strong>Die</strong> Auswahl der Schutzgebiete erfolgt in einem gem. Art. 4 ff FFH-RL festgelegten drei-<br />

teiligen Verfahren, in das sowohl unionale <strong>als</strong> auch mitgliedsstaatliche Komponenten<br />

einfließen:<br />

In einem ersten Schritt haben die Mitgliedstaaten eine nationale Liste von Gebieten zu<br />

erstellen, in welcher die Lebensraumtypen nach Anhang I und die einheimischen Arten nach<br />

Anhang II angeführt sind (Art. 4 Abs. 1 FFH-RL). Dabei ist keine Vorauswahl zu treffen,<br />

sondern alle in Frage kommenden Gebiete sind der Kommission zu übermitteln, denn über<br />

die Geeignetheit bzw. Notwendigkeit, ein Gebiet in das Schutzregime aufzunehmen, wird<br />

letztendlich in diesem Gremium entschieden 132 . In dieser Phase 1 werden die Gebiete pSCI<br />

genannt, „proposed Sites of Community Importance“.<br />

Daran anschließend prüft die Kommission die vorgeschlagenen Gebiete auf ihre Eignung<br />

hin, Bestandteil des Schutzgebietsnetzes zu werden, um sie innerhalb von sechs Jahren<br />

nach Bekanntgabe der Richtlinie im Einvernehmen mit den betroffenen Mitgliedsstaaten in<br />

die Liste von Gebieten von unionaler Bedeutung (Unionsliste) aufzunehmen. Während dieser<br />

zweiten Phase werden die Gebiete <strong>als</strong> SCIs- Site of Community Importance- bezeichnet.<br />

In Phase 3 sind die SCIs schließlich von den Mitgliedsstaaten <strong>als</strong> besondere Schutzgebiete<br />

auszuweisen sowie die Schutzbestimmungen der Richtlinien darauf anzuwenden. Sodann<br />

werden sie <strong>als</strong> Special Areas of Conservation (SAC) tituliert 133 .<br />

4.5.5 Rechtsfolgen der Ausweisung<br />

Wurden Gebiete nun in die Unionsliste aufgenommen bzw. <strong>als</strong> besondere Schutzgebiete<br />

ausgewiesen, haben die Mitgliedstaaten den Verpflichtungen aus Art. 6 FFH-RL zur<br />

Ergreifung von Schutzmaßnahmen nachzukommen, die anschließend erläutert werden<br />

sollen.<br />

Einen weiten Gestaltungsspielraum wird den Mitgliedstaaten gem. Art. 6 Abs. 1 gewährt,<br />

wonach die „nötigen Erhaltungsmaßnahmen“ für die natürlichen Lebensraumtypen und Arten<br />

festzulegen sind. Deren ökologischen Erfordernissen kann über Bewirtschaftungspläne <strong>oder</strong><br />

132 Epiney, in Epiney/Gammenthaler 39f.<br />

133 Tiroler Landesregierung, Natura 2000 Tirol http://www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/natura2000-tirol/<br />

(10.11.2011).<br />

41


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer sowie vertraglicher Natur nachgekommen<br />

werden 134 .<br />

Konkreter ist demgegenüber das Verschlechterungs- und Störungsverbot des Art. 6 Abs. 2<br />

FFH- RL formuliert. Danach sind die Mitgliedstaaten zum einen verpflichtet, alle Maßnahmen<br />

zu ergreifen, um Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und der Habitate der<br />

Arten in den besonderen Schutzgebieten Einhalt zu gebieten. Unter Verschlechterung ist<br />

dabei die physische Degradation eines Lebensraums bzw. Habitats zu verstehen. Weiter<br />

lässt sich dieser unbestimmte Rechtsbegriff unter Rückgriff auf Art. 1 lit. e FFH-RL umreißen.<br />

Demzufolge ist der gegenteilige „günstige Erhaltungszustand“ dann gegeben, wenn die vom<br />

Lebensraum eingenommenen Flächen beständig sind bzw. sich ausdehnen. Ebenso haben<br />

die notwendigen Strukturen und spezifischen Funktionen für den langfristigen Fortbestand<br />

des Lebensraums erhalten zu bleiben, weshalb eine Beeinträchtigung dieser Faktoren im<br />

Rahmen des Verschlechterungsverbotes zu unterbleiben hat.<br />

Andererseits ist Störungen von Arten, derentwegen die Schutzgebiete ausgewiesen worden<br />

sind, entgegenzutreten, sofern sich diese Störungen im Hinblick auf die Ziele der FFH-RL<br />

erheblich auswirken könnten 135 . Das heißt, es muss ein bestimmtes Ausmaß an Störungen<br />

toleriert werden, wobei die Erheblichkeitsschwelle dann erreicht ist, wenn eine Störung<br />

aufgrund ihrer Intensität zur Gefährdung des langfristigen Bestandes überlebensfähiger<br />

Populationen führen könnte 136 .<br />

Hinsichtlich dieser Verbotsnormen sind nun folgende Besonderheiten zu beachten:<br />

- <strong>Die</strong> Schutzklauseln erstrecken sich nur auf diejenigen Lebensräume bzw. Habitate<br />

und Arten, die für die Unterschutzstellung des Gebietes ursächlich waren, ohne dass<br />

das Gebiet in seiner Gesamtheit vom Schutzzweck umfasst ist.<br />

- Auch Einflüsse, die außerhalb der Schutzgebietsgrenzen ihren Ursprung haben,<br />

könnten die Schutzobjekte beeinträchtigen. Deshalb haben die Mitgliedsstaaten<br />

geeignete Maßnahmen gegebenenfalls auch außerhalb der ausgewiesenen Gebiete<br />

zu ergreifen, um solchen Einflüssen entgegenzuwirken 137 .<br />

134 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 44.<br />

135 Europäische Kommission, Natura 2000- Gebietsmanagement, <strong>Die</strong> Vorgaben des Artikel 6 der Habitat<br />

Richtlinie 92/32/EWG (2000) 24.<br />

136 Rajal/ Tschugguel, Natura 2000 51.<br />

137 Europäische Kommission, Gebietsmanagement 24.<br />

42


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Da es für den vorliegenden Fall wesentlich erscheint, soll anschließend auf die rechtliche<br />

Tragweite des Verschlechterungsverbotes der natürlichen Lebensräume und Habitate<br />

genauer eingegangen werden.<br />

Ausgangspunkt davon bildet die Prämisse, den derzeitigen Zustand (status quo) der<br />

natürlichen Lebensräume und Habitate zu wahren, da die Bedeutung eines Schutzgebietes<br />

ab dessen Ausweisung <strong>als</strong> „Natura 2000“ Gebiet für die Gesamtkonzeption und Kohärenz<br />

des Netzes anerkannt ist. Andernfalls muss befürchtet werden, dass Schäden für das<br />

gesamte Netz eintreten könnten und die Verwirklichung der Zielsetzungen dieser Richtlinie<br />

ins Wanken gerät.<br />

Konkrete Grundsätze für die daher zu treffenden Maßnahmen lassen sich wie folgt<br />

formulieren:<br />

- <strong>Die</strong> Mitgliedsstaaten haben all jene Maßnahmen zu ergreifen, die sich im Hinblick auf<br />

die Verwirklichung der Zielsetzung <strong>als</strong> notwendig erweisen, wovon nicht nur<br />

Abwehrmaßnahmen, sondern auch positive und präventive Maßnahmen umfasst<br />

sind. Genauer ausformuliert werden diese Maßnahmen jedoch nicht, weshalb den<br />

Mitgliedsstaaten ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt.<br />

- Entsprechende Maßnahmen sind bereits dann zu ergreifen, wenn eine<br />

Verschlechterung angesichts naturfachlicher Kriterien möglich erscheint 138 .<br />

- Das Verschlechterungsverbot erstreckt sich darüber hinaus auch auf die Pflicht,<br />

„(…)Maßnahmen zu ergreifen, um natürliche Entwicklungen zu unterbinden, die den<br />

Erhaltungszustand von Arten und Lebensräumen in den besonderen Schutzgebieten<br />

verschlechtern können“. D.h. es sind von der Verbotsnorm nicht nur externe, sondern<br />

auch natürliche Entwicklungen <strong>als</strong> nicht direkt durch menschlichen Einfluss<br />

verursachte Verschlechterungen umfasst 139 .<br />

- Da jegliche Verschlechterungen des status quo zu vermeiden bzw. zu verhindern<br />

sind, ist eine Abwägung mit anderen Allgemeinwohlbelangen nicht erlaubt. <strong>Die</strong>s<br />

schließt jedoch nicht aus, dass gewisse Verschlechterungen durch<br />

„Kompensationsmaßnahmen“ ausgeglichen werden können, wodurch den<br />

138 Epiney, Zur rechtlichen Tragweite des Art. 6 RL 92/43, in Epiney/Gammenthaler (Hrsg.), Das Rechtsregime<br />

der Natura 2000- Schutzgebiete (2009) 5 (83f).<br />

139 EuGH 20.10.2005, Rs. C-6/04, Slg. 2005, I-9017, Rn 34.<br />

43


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Zielsetzungen doch noch Genüge getan werden kann. Insofern ist das<br />

Verschlechterungsverbot gesamthaft ergebnisbezogen ausgerichtet.<br />

Im Abs. 3 des Art. 6 wird schließlich der Ablauf einer Verträglichkeitsprüfung genau<br />

festgelegt. <strong>Die</strong>se ist durchzuführen, wenn ein vorgelegter Plan <strong>oder</strong> ein vorgelegtes Projekt<br />

das betroffene Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Wann solch eine potentiell<br />

erhebliche Beeinträchtigung gegeben ist, muss immer anhand des konkreten Einzelfalls<br />

beurteilt werden 140 . Aufgrund des auch hier geltenden Vorsorgeprinzips ist es jedoch nicht<br />

notwendig, die vollständige Darlegung des Bestehens und der Schwere der Risiken<br />

abzuwarten 141 .<br />

Es gilt in einem ersten Schritt, den Plan bzw. das Projekt einer Vorprüfung zu unterziehen:<br />

hierbei wird festgestellt, ob das Projekt überhaupt geeignet ist, das Schutzgebiet erheblich zu<br />

beeinträchtigen. Dabei sind lediglich naturschutzfachliche Kriterien zu berücksichtigen und<br />

eine Naturverträglichkeitsprüfung kann nur dann unterbleiben, wenn<br />

Gebietsbeeinträchtigungen praktisch ausgeschlossen werden können 142 . In diese<br />

Beurteilung dürfen auch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen einbezogen werden, die dann<br />

die Pflicht zur Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung verhindern können, wenn sie<br />

die zu bejahende Beeinträchtigung nachweislich wirksam verhindern 143 .<br />

Ob eine Beeinträchtigung nun erheblich ist, wird in Zweifelsfällen gemäß dem<br />

Verträglichkeitsgrundsatz zu entscheiden sein, wonach einem Vorhaben nur dann<br />

zugestimmt werden darf, wenn dessen Verträglichkeit mit den für das jeweilige Schutzgebiet<br />

festgelegten Erhaltungszielen gegeben ist.<br />

Kann eine Beeinträchtigung nicht gänzlich ausgeschlossen werden, folgt die eigentliche<br />

Naturverträglichkeitsprüfung im engeren Sinn. Dabei sind die beantragten Projekte auf ihre<br />

Verträglichkeit mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen hin zu prüfen. <strong>Die</strong>se hat<br />

dann positiv zu ergehen, wenn durch die Projektverwirklichung die Verwirklichung der<br />

Erhaltungsziele nicht gefährdet <strong>oder</strong> zumindest verzögert wird. D.h. es reicht auch eine<br />

bloße Verzögerung <strong>oder</strong> Erschwerung der Verwirklichung der Erhaltungsziele aus, um eine<br />

140 Epiney, in Epiney/ Gammenthaler 87.<br />

141 EuGH 9.9.2003, Rs. C-236/01, Slg. 2003, I-08105, Rn. 111.<br />

142 Epiney, in Epiney/Gammenthaler 106.<br />

143 EuGH 29.1.2004, Rs. C-209/02, Slg. 2004, I-1211, Rz. 24ff.<br />

44


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Unverträglichkeit zu begründen. Zu beachten ist bei solch einer Prüfung, dass nicht<br />

sämtliche Umweltgüter einzubeziehen sind, wie das im Rahmen gewöhnlicher<br />

Umweltverträglichkeitsprüfungen der Fall ist. Lediglich die Erhaltungszielkonformität gilt es<br />

eingehend zu untersuchen 144 .<br />

Liegt für das geplante Vorhaben jedoch eine Alternativlösung vor, so ist dieses zwingend zu<br />

untersagen. Doch was ist unter einer solchen Alternativlösung zu verstehen? Dabei ist<br />

darauf abzustellen,<br />

„dass die Alternativlösung auf rechtlich zulässige Weise die mit dem Projekt<br />

verfolgten öffentlichen Interessen ebenfalls im Wesentlichen zu verwirklichen vermag,<br />

was auch bei zu erwartenden gewissen Nachteilen (aus der Sicht des Projektträgers)<br />

der Fall sein kann, die daher ggf. unbeachtlich sind“. 145<br />

Auch diese Alternativlösungen sind, wenn möglich zugleich, der Naturverträglichkeitsprüfung<br />

zu unterziehen, um zu beurteilen, ob es sich tatsächlich um eine für das Gebiet schonendere<br />

Variante handelt. So kann eine Alternative darin bestehen, dass sie eher <strong>als</strong> das<br />

ursprüngliche Projekt <strong>oder</strong> sogar in vollem Umfang mit den Erhaltungszielen des<br />

Schutzgebietes im Einklang steht 146 , da alternative Standorte, andere Größenordnungen<br />

<strong>oder</strong> Entwicklungspläne bzw. alternative Prozesse in Erwägung gezogen wurden. Aber auch<br />

die Nulloption im Sinne der „Nicht- Durchführung“ des Projektes muss bedacht werden.<br />

Lässt sich bei erheblicher Beeinträchtigung des Schutzgebietes durch den Plan bzw. das<br />

Projekt auch keine verträgliche Alternativlösung finden, führt Art. 6 Abs. 4 FFH-RL aus, dass<br />

sich „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher<br />

sozialer <strong>oder</strong> wirtschaftlicher Art“ rechtfertigend auswirken können. D.h. es können lediglich<br />

öffentliche Interessen gegen die Erhaltungsziele der Richtlinie abgewogen werden,<br />

unabhängig davon, ob sie von öffentlichen <strong>oder</strong> privaten Körperschaften eingebracht<br />

werden. Darüber hinaus haben folgende Aspekte in die Interessensabwägung einzufließen:<br />

- <strong>Die</strong> öffentlichen Interessen müssen überwiegend sein, d. h. nicht jede Art von<br />

öffentlichem Interesse sozialer <strong>oder</strong> wirtschaftlicher Art ist hinreichend und vermag<br />

es, das besondere Gewicht der durch die Richtlinie geschützten Interessen<br />

144 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 57f.<br />

145 Epiney, in Epiney/Gammenthaler 120.<br />

146 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 62.<br />

45


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

aufzuwiegen. Vielmehr muss die Zurückstellung der Naturschutzbelange<br />

zwangsläufig erscheinen.<br />

- Außerdem ist ein öffentliches Interesse nur dann überwiegend, wenn es langfristig ist.<br />

Interessen, die für die Gesellschaft nur kurzfristige Vorteile bringen, werden nicht<br />

gewichtiger erscheinen <strong>als</strong> die in der Richtlinie geschützten langfristigen<br />

Erhaltungsziele 147 .<br />

Orientierung bietet darüber hinausgehend folgende Faustregel:<br />

„je schwerer die Gebietsbeeinträchtigung und je größer die Anzahl und Bedeutung<br />

der betroffenen Lebensraumtypen <strong>oder</strong> Arten ist, desto höher ist das Gewicht des<br />

besonderen öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Schutzgebietes<br />

einzuschätzen und desto gewichtiger muss das öffentliche Interesse an der<br />

Projektdurchführung sein, um sich gegenüber dem Naturschutzinteresse<br />

durchzusetzen“ 148 .<br />

Spezielle Regelungen gelten darüber hinaus für prioritäre Lebensräume und Arten (in den<br />

Anhängen I und II der FFH-RL durch ein Sternchen gekennzeichnet), insofern diese kausal<br />

für die Schutzgebietsausweisung waren. In diesen Fällen ist nur eine eingeschränkte<br />

Interessensabwägung möglich 149 , da lediglich Erwägungen im Zusammenhang mit der<br />

Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit <strong>oder</strong> maßgebliche günstige<br />

Auswirkungen für die Umwelt geltend gemacht werden können. Dadurch fallen andere,<br />

insbesondere wirtschaftliche und soziale, Interessen <strong>als</strong> Rechtfertigungsgründe weg 150 ,<br />

außer es wird eine zusätzliche Hürde genommen: die vorherige Einholung einer<br />

Stellungnahme der Europäischen Kommission.<br />

Ist ein Projekt nun grundsätzlich zulässig <strong>oder</strong> wird beschlossen, ein Projekt trotz negativer<br />

Auswirkungen auf ein Gebiet in Erwägung zu ziehen, hat der Mitgliedstaat all diejenigen<br />

Ausgleichsmaßnahmen zu treffen, die im Hinblick auf den Schutz der „globalen Kohärenz“<br />

des Natura-2000 Gebietes notwendig sind. Damit soll gewährleistet werden, dass der Verlust<br />

bzw. die geminderte Funktion des betroffenen Gebietes im Hinblick auf die Sicherung der<br />

147 Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat- Richtlinie 92/43/EWG<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/guidance_art6_4_de.pdf (<br />

30.10.2011).<br />

148 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 63.<br />

149 Zanini, in Zanini/ Reithmayer 29.<br />

150 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 64.<br />

46


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Gesamtkohärenz des Schutzgebietssystems aufgewogen wird 151 . Dabei sind<br />

Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinn von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung im<br />

weiteren Sinn zu unterscheiden. Letztere zielen auf eine Minimierung <strong>oder</strong> gar Beseitigung<br />

der negativen Auswirkungen in dem betroffenen Gebiet selbst ab, die voraussichtlich infolge<br />

der Durchführung des Projekts entstehen werden. Solche Maßnahmen sind fester<br />

Bestandteil der Spezifikation des Projektes. Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinn sind<br />

jedoch projektunabhängig. Damit sollen die negativen Auswirkungen eines Planes auf einen<br />

Lebensraum ausgeglichen werden, sodass die globale ökologische Kohärenz des Netzes<br />

„Natura 2000“ erhalten bleibt. Sie müssen grundsätzlich zu dem Zeitpunkt umsetzbar sein, in<br />

dem der Schaden in dem Gebiet durch das Projekt eintritt 152 . Inhalt dieser<br />

Ausgleichsmaßnahmen soll die Wahrung der Funktionsfähigkeit und des Zusammenhaltes<br />

des Schutzgebietssystems sein, worüber die Kommission zu unterrichten ist 153 . Beispielhaft<br />

sei die Neuanlage eines Lebensraums in einem anderen <strong>oder</strong> erweiterten Gebiet erwähnt,<br />

das in das Netz „Natura 2000“ einzugliedern ist. Ebenso die Verbesserung des Lebensraums<br />

in einem Teil des Gebietes <strong>oder</strong> in einem anderen Gebiet, wobei dies proportional zu dem<br />

Verlust, der durch das Projekt entstanden ist, auszugestalten ist 154 .<br />

4.5.6 Implementierung in das innerstaatliche Recht<br />

Da Richtlinien im Gegensatz zu Verordnungen nicht in all ihren Teilen verbindlich sind und<br />

unmittelbar gelten, regelt Art. 288 AEUV deren Wirkung genauer. Danach sind Richtlinien<br />

zwar hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, es bleibt aber den innerstaatlichen<br />

Stellen überlassen, die dafür geeigneten Formen und Mittel auszuwählen. <strong>Die</strong> Regelungen<br />

einer Richtlinie treten somit nicht an die Stelle nationaler Rechtsvorschriften, sondern<br />

verpflichten die Mitgliedsstaaten vielmehr, ihr Recht an den Inhalt der Richtlinie innerhalb der<br />

darin festgesetzten Frist anzupassen 155 .<br />

Da naturschutzrechtliche Regelungen in Österreich gem. Art. 15 B-VG eine ausschließliche<br />

Länderkompetenz darstellen, sind die zuständigen innerstaatlichen Stellen für die legislative<br />

Umsetzung sowie deren Vollzug auf Landesebene angesiedelt.<br />

151 Epiney, in Epiney/Gammenthaler 134f.<br />

152 Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat- Richtlinie 92/43/EWG<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/guidance_art6_4_de.pdf<br />

(30.10.2011).<br />

153 Rajal/Tschugguel, Natura 2000 64.<br />

154 Zanini, in Zanini/ Reithmayer 29.<br />

155 Ennöckl, Natura 2000 -<strong>Die</strong> Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und ihre Umsetzung im<br />

österreichischen Naturschutzrecht (2002) 95.<br />

47


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

In Tirol erfolgte die vollständige Umsetzung der FFH- und VSch-RL im Rahmen des Tiroler<br />

Naturschutzgesetzes 2005 156 , wobei § 14 TNschG <strong>als</strong> „Sonderbestimmung für Natura 2000<br />

Gebiete“ die Kernbestimmung darstellt. Daraus ergeben sich die relevanten rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen, während Begriffsbestimmungen im § 3 Abs. 9 TNSchG vorgenommen<br />

werden 157 . Für die Tiroler Landesregierung besteht demnach die Pflicht, für das Bundesland<br />

Tirol eine Liste der Gebiete von unionsweiter Bedeutung sowie die erklärten <strong>oder</strong><br />

anerkannten europäischen Vogelschutzgebiete zu erstellen. Bis jetzt wurden 13 solcher<br />

Gebiete gemeldet, welche eine Fläche von 1836,46 km² umfassen und einem Anteil von<br />

14,5% der Landesfläche entsprechen. Dabei handelt es sich um folgende Regionen:<br />

Nationalpark Hohe Tauern, Alpenpark Karwendel, Naturschutzgebiet V<strong>als</strong>ertal,<br />

Naturschutzgebiet Vilsalpsee, Ruhegebiet Ötztaler Alpen, Naturwaldreservat Afrigal (ist kein<br />

Schutzgebiet nach dem Tiroler Naturschutzgesetz), Naturschutzgebiet/ Naturpark Lechtal,<br />

Naturdenkmal Egelsee, Naturschutzgebiet Schwemm, Naturwaldreservat Arzler Pitzeklamm,<br />

Naturschutzgebiet Engelswand sowie das Naturschutzgebiet Fließer Sonnenhänge. Davon<br />

wurden alle Regionen mit Beschluss der Kommission vom 10.01.2011 in die Unionsliste<br />

aufgenommen 158 . Aber auch das Vogelschutzgebiet Silz-Haiming-Stams, für das keine<br />

nationale Schutzkategorie besteht 159 , ist mittlerweile Teil des Netzes „Natura 2000“.<br />

Daneben hat die Tiroler Landesregierung mit entsprechenden Gebietsverordnungen die<br />

jeweiligen Erhaltungsziele festzulegen, was gemäß dem Tiroler Umweltschutzbericht 2010<br />

bereits für die Gebiete Nationalpark Hohe Tauern, Karwendel, Vilsalpsee, Schwemm,<br />

Engelswand, Fließer Sonnenhänge und Afrigal erlassen wurde. Auch jene für die Arzler<br />

Pitzklamm ist bereits diskutiert und erarbeitet, während die Erlassung einer Verordnung für<br />

die restlichen Regionen noch in ihren Anfängen steckt 160 .<br />

156 Tiroler Landesregierung 12. April 2005 über die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997,<br />

LGBl. Nr. 26/2005.<br />

157 Faeh, Kapitel Österreich, in Epiney/Gammenthaler (Hrsg.), Das Rechtsregime der Natura 2000- Schutzgebiete<br />

(2009) 309 (312f).<br />

158 Beschluss der Kommission vom 11.01.2011 zur Verabschiedung einer vierten aktualisierten Liste von<br />

Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der alpinen biogeographischen Region gemäß der RL 92/43/EWG<br />

des Rates, K(2010)9663 http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:033:0001:0051:DE:PDF<br />

am 31.10.2011. Amtsblatt der<br />

Europäischen Union , L33/1 vom 8.2.2011.<br />

159 Tiroler Landesregierung, Natura 2000 Tirol http://www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/natura2000-tirol/<br />

(10.11.2011).<br />

160 Tiroler Umweltschutzbericht 2010<br />

http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/umwelt/umweltrecht/downloads/Bericht_an_den_Landtag_<br />

2010.PDF (10.11.2011) 32.<br />

48


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Darüber hinaus sind im §14 Abs. 9 jene Begriffe, Nutzungen und sonstigen Handlungen<br />

anzuführen, die eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate bewirken<br />

könnten und deshalb zu unterlassen sind. Sofern durch eine Handlung eine Störung <strong>oder</strong><br />

Verschlechterung herbeigeführt werden kann <strong>oder</strong> bereits wurde, hat die zuständige<br />

Bezirksverwaltungsbehörde die Handlung zu untersagen. Bei bereits eingetretenen<br />

Störungen <strong>oder</strong> Verschlechterungen hat der Verursacher die erforderlichen Maßnahmen zur<br />

Wiederherstellung des früheren Zustandes auf eigene Kosten vorzunehmen. Ansonsten ist<br />

der geschaffene Zustand auf eigene Kosten zu verbessern.<br />

Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist darüber hinaus für jene Pläne und Projekte<br />

vorgesehen, die ausgewiesene Gebiete erheblich beeinträchtigen könnten. Um dies<br />

auszuschließen, prüft die Behörde, ob das Vorhaben mit den festgelegten Erhaltungszielen<br />

vereinbar ist, um gegebenenfalls eine Genehmigung zu erteilen. Ebenso stellen<br />

Verordnungen der Landesbehörden Pläne bzw. Projekte dar und sind in diesem Rahmen<br />

einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen.<br />

Alles in allem ist die Tiroler Landesregierung somit ihrer Verpflichtung zur Umsetzung der<br />

unionsrechtlichen Naturschutzrichtlinien durch die Erlassung des Tiroler<br />

Naturschutzgesetzes 2005 nachgekommen 161 .<br />

4.6 Gegenüberstellung der einschlägigen Regelungen<br />

Nachfolgend sollen nun Anwendungsbereich, Anwendbarkeit und Regelungsdichte der<br />

erläuterten völkerrechtlichen bzw. unionsrechtlichen Vorschriften einander gegenübergestellt<br />

und genauer analysiert werden.<br />

Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL findet nur auf jene Regionen Anwendung, die in die<br />

Unionsliste aufgenommen und <strong>als</strong> „Natura 2000“ Gebiet ausgewiesen wurden. <strong>Die</strong>s sind in<br />

Tirol derzeit 12 Regionen nach der FFH- RL sowie ein Vogelschutzgebiet.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> knüpft in ihrem Protokoll für Naturschutz und Landschaftspflege<br />

hingegen an nationale Schutzgebiete an. D.h., dass all jene Gebiete, die vom Land Tirol<br />

entweder <strong>als</strong> geschützte Landschaftsteile, Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete,<br />

Ruhegebiete, Naturparks, Nationalparks, Alpenparks <strong>oder</strong> Sonderschutzgebiete<br />

161 Faeh, in Epiney/Gammenthaler 332f.<br />

49


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

ausgewiesen sind, in den Anwendungsbereich dieses Durchführungsprotokolls fallen.<br />

Derzeit weist Tirol 81 solcher Schutzgebiete auf, die eine Fläche von 3.238 km² umfassen<br />

und über 25% der Landesfläche einnehmen. Eine bessere Visualisierung soll nachstehende<br />

Grafik ermöglichen, in der alle farbig markierten Flächen die Schutzgebiete nach dem<br />

TNSchG darstellen, während das Netz „Natura 2000“ durch die karierten Flächen umrissen<br />

wird. <strong>Die</strong>se sind <strong>als</strong>o weniger weitreichend, weshalb der Schutz der <strong>Alpenkonvention</strong><br />

flächenmäßig über jenen der „Natura 2000“ Regelungen hinausreicht.<br />

Abbildung 3: Geltungsbereich des Durchführungsprotokolls Naturschutz und<br />

Landschaftspflege sowie des „Natura 2000“ Schutznetzes 162 .<br />

Hinsichtlich der unmittelbaren Anwendbarkeit der diskutierten Bestimmungen gilt es<br />

festzuhalten, dass die von der Union erlassenen naturschutzrechtlichen Richtlinien seit der<br />

Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 im Jahre 2005 Bestandteil der<br />

nationalen Rechtsordnung und <strong>als</strong> solche anzuwenden sind. Darüber hinaus genießen diese<br />

162 Tiroler Landesregierung, tirisMaps<br />

https://portal.tirol.gv.at/mapAccelWeb/ClientServlet?CMD=Init&VIEWID=-<br />

86&MAPWIDTH=807&MAPHEIGHT=569&OVMAPWIDTH=200&OVMAPHEIGHT=122&ACTION=0&TYPE=-<br />

1&THEMEIDS=3080|3660|4791|5604|2949 (10.22.2011).<br />

50


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Regelungen im Konfliktfall Anwendungsvorrang vor widersprechendem nationalem Recht,<br />

was von den zuständigen staatlichen Organen jeweils selbstständig zu beurteilen und<br />

dementsprechend zu handeln ist 163 .<br />

Bezüglich der Durchführungsprotokolle Energie sowie Naturschutz und Landschaftspflege<br />

der <strong>Alpenkonvention</strong> besteht jedoch lediglich die Vermutung der unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit, da diese ohne Erfüllungsvorbehalt in das innerstaatliche Recht inkorporiert<br />

wurden. Um diese Vermutung verifizieren zu können, muss im Einzelfall noch Absatz für<br />

Absatz geprüft werden, ob den jeweiligen Regelungen „self- executing“ Charakter<br />

zugesprochen werden kann <strong>oder</strong> nicht.<br />

Inhaltlich weist die FFH-RL im Art. 6 Abs. 2 auf ein Verschlechterungs- und Störungsverbot<br />

hin. Ersteres bezieht sich auf die natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten, zweiteres<br />

ist auf die Arten <strong>als</strong> solche anzuwenden. Ausgangspunkt bildet der „status quo“ zum<br />

Zeitpunkt der Gebietsausweisung. Sodann sind all jene Maßnahmen hintanzuhalten, welche<br />

die notwendigen Strukturen und spezifischen Funktionen für den langfristigen Fortbestand<br />

des Lebensraumes beeinträchtigen würden. Idealtypischerweise sind die vom Lebensraum<br />

eingenommenen Flächen <strong>als</strong>o beständig <strong>oder</strong> dehnen sich aus, widrigenfalls von einer<br />

Verschlechterung auszugehen ist.<br />

Wesentlich für diese Verbotsnormen ist der Schutzzweck. So sind Maßnahmen nur dann zu<br />

versagen, wenn sie sich auf diejenigen Lebensräume bzw. Habitate und Arten auswirken, die<br />

für die Unterschutzstellung des Gebietes ursächlich waren, ohne dass alle Eingriffe<br />

schlechthin zu unterbinden wären. Dadurch sind aber auch jene Maßnahmen von der Norm<br />

erfasst, die zwar außerhalb des ausgewiesenen Gebietes vorgenommen werden, aber<br />

dennoch Auswirkungen auf das Schutzgut haben könnten. Dabei reicht schon eine<br />

potentielle Beeinträchtigung aus, ohne dass diese unumstößlich nachgewiesen werden<br />

muss, weshalb auch präventive <strong>oder</strong> positive Maßnahmen zur Verwirklichung dieser<br />

Zielsetzungen notwendig erscheinen können.<br />

Ebenso beinhaltet der Art. 11 des Protokolls Naturschutz und Landschaftspflege ein<br />

Verschlechterungsverbot. <strong>Die</strong> Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, bestehende Schutzgebiete<br />

zu erhalten, was <strong>als</strong> Bewahrung vor Zerstörung und Veränderung auszulegen ist. Aber auch<br />

dieses Verschlechterungsverbot ist kein absolutes. Aberm<strong>als</strong> ist auf den Schutzzweck<br />

abzustellen, weshalb nur jene Maßnahmen zu unterbleiben haben, die die für die<br />

163 Öhlinger, Verfassungsrecht 92.<br />

51


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

Unterschutzstellung kausalen Schutzobjekte auch tatsächlich beeinflussen. Zugleich sind<br />

aber auch solche Maßnahmen vom Art. 11 umfasst, die zwar außerhalb der ausgewiesenen<br />

Regionen vorgenommen werden, aber dennoch Auswirkungen auf die Schutzgüter haben<br />

könnten. In anschließender Interessensabwägung gilt es sich zu fragen, was für einem<br />

öffentlichen Interesse mit dem geplanten Eingriff nachgekommen werden soll und ob dieser<br />

Eingriff dazu geeignet, erforderlich und adäquat ist. Dadurch sind Änderungen <strong>oder</strong><br />

Aufhebungen bestehender Schutzgebiete ab dem Inkrafttreten dieses Protokolls nur mehr<br />

bei Vorliegen gewichtiger öffentlicher Interessen möglich, die nachvollziehbar dargelegt<br />

werden und dem Eingriff gegenüber verhältnismäßig sein müssen. <strong>Die</strong>s inkludiert ein Primat<br />

für den Erhalt sämtlicher bestehender Schutzgebiete, das bislang im nationalen Gesetz <strong>als</strong><br />

solches noch nicht vorzufinden war.<br />

Gegenüber den „Natura 2000“ Schutzklauseln weist dieses Durchführungsprotokoll somit<br />

keinen nennenswerten Mehrwert auf. Wesentlich ist, dass beide Regelungen von einem<br />

Verschlechterungsverbot ausgehen, dem jedoch Grenzen gesetzt sind. Auffallend ist, dass<br />

den Mitgliedsstaaten durch die FFH-RL auch präventive Maßnahmen abverlangt werden und<br />

eine Beeinträchtigung angesichts naturfachlicher Kriterien nur möglich sein muss, damit das<br />

Schutzregime greift. Ähnlich dürfte sich jedoch auch die <strong>Alpenkonvention</strong> positionieren, da<br />

bereits im Art. 2 der Rahmenkonvention das Vorsorgeprinzip <strong>als</strong> grundlegende<br />

Auslegungsmaxime herausgestrichen wird.<br />

Wesentlich umfangreicher und detaillierter spezifiziert die FFH-RL jedoch die gegebenenfalls<br />

durchzuführende Verträglichkeitsprüfung. <strong>Die</strong>se ist Inhalt des Art. 9 des Protokolls für<br />

Naturschutz und Landschaftspflege, wobei nur sehr oberflächlich für Eingriffe in Natur und<br />

Landschaft eine Untersuchung der Auswirkungen und die Durchführung einer<br />

Interessensabwägung vorgeschrieben werden. Insofern bleibt das Durchführungsprotokoll<br />

hinter den unionsrechtlichen Normen zurück, weshalb diesbezügliche Bestimmungen der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> hier nicht weiter ausgeführt werden sollen 164 .<br />

In Gebieten, die sowohl auf nationaler Basis <strong>als</strong> Schutzgebiet ausgewiesen sind <strong>als</strong> auch<br />

dem „Natura 2000“ Netz angehören, bietet das unionsrechtliche Schutzregime somit einen<br />

tiefergreifenden Schutz, da den Mitgliedsstaaten konkretere Handlungsimplikationen<br />

auferlegt werden. Da es aber über den „Natura 2000“ Bestand hinausreichende, national<br />

164 Schmid, Das Natur- und Bodenschutzrecht der <strong>Alpenkonvention</strong>. Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele,<br />

in CIPRA Österreich (Hrsg.), <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> und ihre rechtliche Umsetzung in Österreich- Stand 2009<br />

(2010) 33 (36).<br />

52


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

schutzwürdige Regionen gibt, wird das Durchführungsprotokoll Naturschutz und<br />

Landschaftspflege dennoch einschlägig, weil hier das Primat der Erhaltung dieser Regionen<br />

in deutlicherer Weise zum Ausdruck gebracht wird <strong>als</strong> in so manch landesweiten<br />

Naturschutzgesetzen.<br />

4.7 Zusammenfassung<br />

Da eine Regulierung der Nutzung des im Alpenraum vorherrschenden Wasserkraftpotenti<strong>als</strong><br />

notwendig erscheint, hat die <strong>Alpenkonvention</strong> mehrere einschlägige Regelungen erlassen.<br />

Zum einen ist die „Energie“ bzw. deren Einsparung, Erzeugung, Transport, Versorgung und<br />

Verwendung Gegenstand eines der acht Durchführungsprotokolle. Darin ist neben<br />

allgemeinen Erwägungen und einer Hierarchisierung der zu treffenden energiepolitischen<br />

Maßnahmen auch ein Artikel „Wasserkraft“ formuliert worden. So liegt die bevorzugte<br />

Energiegewinnung durch Wasserkraftanlagen gerade im Vergleich zur Nutzung anderer<br />

Energiequellen durchaus im Sinne der <strong>Alpenkonvention</strong>. Trotzdem ist dabei aber auf die<br />

ökologische Funktionsfähigkeit der Fließgewässer sowie die Unversehrtheit der Landschaft<br />

Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus ist vor allem in Trinkwasserschutz- und<br />

Naturschutzgebieten der Wasserhaushalt zu erhalten. Für diese Regelungen spricht die<br />

Vermutung der unmittelbaren Anwendbarkeit, weshalb sie in naturschutz- und<br />

wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage heranzuziehen sind 165 .<br />

Sie weisen im Einzelfall jedoch nicht auf ein absolutes Verbot hin, sondern legen den<br />

Behörden eine Verpflichtung zur Interessensabwägung auf.<br />

Weiterführende Regelungen über Naturschutzgebiete sind darüber hinaus in Art. 11 des<br />

Protokolls Naturschutz und Landschaftpflege zu finden. <strong>Die</strong>ser ist besonders konkret<br />

formuliert, da er die Vertragsparteien dazu verpflichtet, bestehende Schutzgebiete zu<br />

erhalten, zu pflegen und wo erforderlich zu erweitern. Abgestellt wird dabei auf nationale<br />

Schutzgebietskategorien, die sowohl in formeller <strong>als</strong> auch materieller Hinsicht vor Zerstörung<br />

<strong>oder</strong> Veränderung zu bewahren sind. <strong>Die</strong>se eindeutige und unbedingte Formulierung spricht<br />

ebenfalls für die Vermutung einer unmittelbaren Anwendbarkeit. Aber auch hier wird ein<br />

absolutes Eingriffsverbot zu verneinen sein. Zum einen sind Maßnahmen zu dulden, die<br />

zwar im Schutzgebiet ergriffen werden, dem Schutzzweck der Gebietsausweisung jedoch<br />

165 Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Handbuch zur Umsetzung,<br />

<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>: Handbuch für ihre Umsetzung (2007) 140ff.<br />

53


Relevante Bestimmungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Marion Battisti<br />

nicht widersprechen. Zum anderen sind jene Eingriffe zu bewilligen, die einem Interesse<br />

dienen, das in der Zielhierarchie der <strong>Alpenkonvention</strong> über jenem der Erhaltung von<br />

Schutzgebieten steht, weshalb die Entscheidungsträger ebenfalls eine naturschutzrechtliche<br />

Interessensabwägung vorzunehmen haben.<br />

Aber nicht nur auf völkerrechtlicher Ebene wurden zur Erhaltung der Schutzgebiete<br />

Maßnahmen gesetzt. Auch auf europarechtlicher Ebene haben sich zwei Richtlinien etabliert,<br />

die gemeinsam den Rahmen für das kohärente, europäische, ökologische Netz „Natura<br />

2000“ abstecken: die Vogelschutz-Richtlinie sowie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.<br />

Kernelement dieses Netzes ist die Ausweisung all jener Flächen in den Mitgliedsstaaten, in<br />

denen die bezeichneten Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten vorkommen, um<br />

sie dem erarbeiteten Schutzregime unterstellen zu können. <strong>Die</strong>ses beinhaltet Maßnahmen<br />

auf unterschiedlichsten Ebenen. Angefangen davon, dass nötige Erhaltungsmaßnahmen zu<br />

formulieren und festzulegen sind, wird von einem Verschlechterungs- und Störungsverbot in<br />

den ausgewiesenen Regionen ausgegangen. Werden darüber hinaus Eingriffe geplant, sind<br />

diese einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen, in deren Rahmen das Potential einer<br />

erheblichen Beeinträchtigung ausgelotet wird. In einem weiteren Schritt folgen eine<br />

Beurteilung von Alternativen sowie eine Abwägung mit bestehenden öffentlichen Interessen,<br />

in die gegebenenfalls Ausgleichsmaßnahmen einzubeziehen sind.<br />

<strong>Die</strong>se Bestimmungen wurden durch § 14 TNSchG 2005 umgesetzt und sind seitdem<br />

Bestandteil des Tiroler Landesrechts.<br />

54


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

5 Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee-<br />

Beileitung Ost<br />

Im Rahmen des Projektes „Spullersee - Beileitung Ost“ sollte das Einzugsgebiet der<br />

Kraftwerksgruppe Spullersee - Braz vergrößert werden, indem Wasser aus dem<br />

Einzugsgebiet des Lechs bzw. in weiterer Folge der Donau in jenes der Alfenz bzw. des<br />

Rheins übergeleitet wird. <strong>Die</strong>s betrifft jedoch ein ökologisch hoch sensibles Gebiet, welches<br />

bereits <strong>als</strong> Naturschutzgebiet sowie <strong>als</strong> „Natura 2000“-Gebiet ausgewiesen wurde.<br />

Nichtsdestotrotz erging der Bescheid der Tiroler Landesregierung im naturschutzrechtlichen<br />

Verfahren positiv, was nun in Bezug zu vorangehend erörterten, einschlägigen<br />

völkerrechtlichen und europarechtlichen Normen gesetzt werden soll.<br />

5.1 Projektbeschreibung<br />

Bereits im April 2008 hat die ÖBB Infrastruktur Bau AG den Antrag auf Erteilung einer<br />

naturschutzrechtlichen Bewilligung an das Land Tirol gestellt, um das Projekt Spullersee -<br />

Beileitung Ost verwirklichen zu können. In diesem Rahmen sollen durch einen über 5 km<br />

langen Überleitungsstollen, zusätzliche Wasserfassungen, Rohrleitungen und eine<br />

Pumpstation Wasser aus dem Raum Zürs in den Spullersee übergeleitet werden. Genauer<br />

bedeutet dies, dass der Pazüelbach, der Monzabonbach sowie der Zürsbach zu fassen und<br />

in den bestehenden Speicher Spullersee überzuführen sind. Alle anlagetechnischen<br />

Einrichtungen wie Speicher- und Kraftwerksanlagen für die Produktion von fast 30% mehr<br />

Bahnstrom (von 150 GWh auf 2000 GWh) sind im Rahmen der Wasserkraftanlagen<br />

Spullersee - Braz bereits vorhanden. Damit könnte der Bahnstrombedarf für rund 6000 Züge<br />

der Strecke Wien- Innsbruck gedeckt und somit den Anforderungen an den Ausbau des<br />

Bahnnetzes für Kunden nachgekommen werden.<br />

55


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Abbildung 4: Projekt Spullersee- Beileitung Ost 166 .<br />

5.2 Tiroler Lech <strong>als</strong> Naturschutzgebiet und Naturpark<br />

Am 5. Oktober 2004 hat jedoch die Tiroler Landesregierung einstimmig die Verordnung über<br />

die Erklärung eines Teiles des Tiroler Lecht<strong>als</strong> sowie seiner Seitentäler zum<br />

Naturschutzgebiet beschlossen und diese Region <strong>als</strong> Naturpark ausgewiesen 167 , was wie<br />

folgt begründet wurde:<br />

„Das Naturschutzgebiet Tiroler Lechtal ist ein einzigartiges Naturjuwel, dessen<br />

Schutz, Bewahrung und Förderung im nationalen Interesse gelegen ist. Der Tiroler<br />

Lech stellt, einschließlich seiner wichtigsten Seitenzubringer, eine im nordalpinen<br />

Raum einmalige und weitgehend erhalten gebliebene dynamische<br />

Wildflusslandschaft dar“.<br />

<strong>Die</strong> überragende naturkundliche Bedeutung kommt dem Tiroler Lechtal nicht nur deshalb zu,<br />

weil es Lebensraum für zahlreiche seltene und vom Aussterben bedrohte Amphibien darstellt<br />

und einen bedeutungsvollen Vogelreichtum beheimatet. Auch die mäandrischen<br />

Flussverläufe, großen Schotterbänke, intakten Augebiete und außerordentliche Artenvielfalt<br />

an Pflanzen - bislang konnten über 1160 Arten von Blütenpflanzen, darunter auch<br />

reichhaltige Orchideen-Bestände nachgewiesen werden - zeichnen diesen besonderen<br />

166 Oebb, Geschäftsbereich Kraftwerke, Factsheet Spullersee Beileitung Ost (2009) 1.<br />

167 LGBl. 2004/ 28, Nr. 83.<br />

56


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Vegetationsraum aus 168 . Um diesen zu schützen, wurden folgende Ziele im § 1 Abs. 2 der<br />

Verordnung Nr. 83 verlautbart: „Das Naturschutzgebiet dient<br />

a) der Erhaltung und/<strong>oder</strong> Wiederherstellung der naturnahen dynamischen<br />

Wildflusslandschaft, der Auwälder und der Bergmischwälder;<br />

b) der Erhaltung und/<strong>oder</strong> Wiederherstellung des Lebensraumes der Pflanzen- und<br />

Tierarten, insbesondere der Orchideen-, Amphibien- und Vogelarten sowie des<br />

Tamariskenbestandes, einschließlich ihrer charakteristischen Lebensgemeinschaften und<br />

c) <strong>als</strong> Rastplatz für Zugvögel“.<br />

5.3 Tiroler Lechtal <strong>als</strong> „Natura 2000“ Gebiet<br />

Darüber hinaus wurde diese Region am 10. Mai 2005 <strong>als</strong> „Natura 2000“ Gebiet<br />

kundgemacht 169 . <strong>Die</strong> Fläche des davon umfassten Gebietes ist deckungsgleich mit jenem,<br />

nach nationalen Vorgaben geschaffenen, Naturschutzgebiet „Tiroler Lech“ 170 .<br />

168 Tiroler Landesregierung, NSG http://www.tirol.gv.at/bezirke/reutte/nsg-lechtal/ (2.11.2011).<br />

169 LGBl. 2005/18, Nr. 47.<br />

170 Tiroler Landesregierung, NSG http://www.tirol.gv.at/bezirke/reutte/nsg-lechtal/ (2.11.2011).<br />

57


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Abbildung 5: „Natura 2000“ Gebiet Tiroler Lechtal 171 .<br />

Auf einer Fläche von 41, 38 km² und im Einzugsgebiet von 24 Gemeinden umfasst dieses<br />

Schutzgebiet im Wesentlichen den Wildfluss Lech. Seinen Ursprung hat er auf Vorarlberger<br />

Seite im Bereich des Formarinsees, bevor er nach ca. 12 km Fließstrecke die Grenze Tirols<br />

sowie der eigentlichen Schutzgebietsausweisungen erreicht. Er stellt einen der letzten<br />

großen Wildflüsse der Ostalpen dar, wofür vor allem die weitgehend naturnahen<br />

Artenausstattungen, Lebensräume und die natürliche Fließgewässerdynamik<br />

charakteristisch sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der freien Fließstrecke zu, die eine<br />

naturnahe Entwicklung sowie eine weitestgehend natürliche Gestaltung der Lebensräume<br />

zulässt 172 . <strong>Die</strong>se Dynamik des Wassers, aber auch der dadurch bedingte<br />

Geschiebehaushalt, bieten die <strong>Grundlage</strong> für das Vorkommen der hoch spezialisierten Tier-<br />

171 Tiroler Landesregierung, Natura 2000- Lechtal<br />

http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/bilder/n2k-lech.jpg (2.11.2011).<br />

172 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz.U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, zitiert<br />

nach Kostenzer, Naturkundefachliche Stellungnahme zum Projekt Kraftwerk Streimbach (2004) 19.<br />

58


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

und Pflanzenarten, die im gesamten Alpenraum massive Rückgänge aufweisen und in ihrem<br />

Fortbestand bedroht und deshalb zu schützen sind 173 .<br />

Eine Verordnung mit spezifischen Erhaltungszielen für das „Natura 2000“ Gebiet „Tiroler<br />

Lechtal“ wurden bislang noch nicht erlassen, weshalb stattdessen eine Orientierung an den<br />

Standarddatenblättern 174 geboten erscheint. Es gilt, den Schutz der darin enthaltenen<br />

Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten bzw. Vögel zu beurteilen.<br />

5.4 Auswirkungen auf das Tiroler Lechtal<br />

Wie bereits geschildert, würde durch das geplante Vorhaben Wasser aus dem Raum Zürs in<br />

den Spullersee übergeleitet werden, wodurch es zu einer Verschiebung von Wasser aus<br />

dem Einzugsgebiet der Donau in jenes des Rheins (über die Alfenz) kommt. Mit einher<br />

würde auch eine Wassersenkung von durchschnittlich 2 cm bei ca. 5 ha<br />

Wasserflächenverlust am Lech gehen 175 . Aus den Unterlagen im Einreichprojekt ist weiter<br />

ersichtlich, dass die natürliche Abflussmenge des Lechs an der „Natura 2000“ Grenze in den<br />

Sommermonaten durch die geplante Einnahme am stärksten beeinträchtigt wäre. Es würde<br />

zu einer Reduktion um bis zu 12 %, im Winter um bis zu 5,2% kommen. Allerdings ist in den<br />

Wintermonaten mit Summationseffekten aufgrund der Wasserentnahme für die<br />

Schneeerzeugung zu rechnen, weshalb in der kalten Jahreszeit sogar eine noch höhere<br />

prozentuelle Verringerung (bis zu ca. 24% im Jänner) zu befürchten ist 176 .<br />

Im Einzelnen wären durch die Erweiterung dieser Kraftwerksgruppe folgende Arten und<br />

Lebensräume gem. den Anhängen I und II der FFH-RL sowie der VSch-RL betroffen, da sie<br />

im Zusammenhang mit dem Gewässerökosystem Lech stehen:<br />

FFH- Code Bezeichnung<br />

3140 Kalkhaltige Gewässer mit Vegetation der Armleuchteralgenbeständen,<br />

3220 Alpine Flüsse und ihre krautige Ufervegetation,<br />

3240 Alpine Flüsse und ihre Ufergehölze mit Reifweide,<br />

173 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz.U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten 19.<br />

174 Tiroler Landesregierung, Natura 2000 standard data form<br />

http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/downloads/lechtal-sdb.pdf (4.11.2011).<br />

175 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, 11.<br />

176 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, 29.<br />

59


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

3230 Alpine Flüsse und ihre Ufervegetation mit Deutscher Tamariske,<br />

91E0* Restbestände von Erlen- und Eschenwäldern an Fließgewässern,<br />

6430 Feuchte Hochstaudenfluren,<br />

3260 Unterwasservegetation an Fließgewässern der Submontanstufe und der<br />

Ebene mit Fluthahnenfuß 177 .<br />

Anhand des Sternchens ist ersichtlich, dass sich im Einzugsgebiet auch ein prioritärer<br />

Lebensraumtyp befindet, nämlich die Restbestände von Erlen- und Eschenwäldern an<br />

Fließgewässern, deren Erhaltung darüber hinaus einer besonderen Verantwortung unterliegt.<br />

5.5 Verfahrensablauf<br />

Über den Antrag der ÖBB Infrastruktur Bau AG auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen<br />

Bewilligung vom 14.4.2008 wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am<br />

11.11.2008 und einem negativen Bescheid aus Vorarlberg vom 4.11.2005 178 hinsichtlich der<br />

Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung am 18.09.2009 folgender<br />

Bescheid erlassen:<br />

„Der ÖBB Infrastruktur Bau AG, Geschäftsbereich Kraftwerke, Wilhelmstraße 64, 1120 Wien,<br />

vertreten durch den Prokuristen DI Dr. Johann Pluy, wird die naturschutzrechtliche<br />

Bewilligung (Verträglichkeitsprüfung) für die Durchführung und Errichtung der Maßnahmen<br />

auf dem Tiroler Landesgebiet, insbesondere im Naturschutzgebiet und Natura 2000-Gebiet<br />

Tiroler Lech, im Hinblick auf die Errichtung des Kraftwerkes Spullersee – Beileitung Ost (…)<br />

erteilt“ 179 .<br />

Daraufhin wurden vor allem von diversen Natur- und Umweltschutzorganisationen, aber<br />

auch den Tiroler und Vorarlberger Grünen, Maßnahmen ergriffen, um gegen diesen<br />

Bescheid vorzugehen. Neben Petitionen wurde auch eine Beschwerde an die Europäische<br />

Kommission gerichtet, um die europarechtlichen sowie völkerrechtlichen Ungereimtheiten<br />

aus diesem Bescheid ersichtlich zu machen. „ Der Bescheid verstößt gegen vier Regelwerke<br />

177 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, 64.<br />

178 Vorarlberger Landesregierung, Zahl IVe-415.15.<br />

179 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, 1.<br />

60


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

der EU. Hier wird nicht nur das europäische Recht mit Füßen getreten, sondern auch das<br />

österreichische Rechtssystem“, empört sich WWF- Expertin Nicole Schreyer 180 .<br />

Darüber hinaus ist beschriebenes Verfahren auch in Vorarlberg anhängig, da die geplante<br />

bauliche Maßnahme eigentlich auf Vorarlberger Landesgebiet durchzuführen ist. Bislang<br />

wurde dort jedoch, abgesehen von der Überprüfung der Pflicht zur Durchführung einer UVP,<br />

noch kein Bescheid erlassen.<br />

5.6 Rechtliche Beurteilung des ergangenen Bescheides<br />

Anschließend sollen die angedeuteten Verstöße gegen die Regelwerke der EU genauer<br />

analysiert werden, wobei zuerst auf die Einsatzmöglichkeiten der Durchführungsprotokolle<br />

der <strong>Alpenkonvention</strong> näher eingegangen werden soll, bevor die Anwendung der<br />

Schutzregimeklauseln aus den Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union nachvollzogen<br />

wird.<br />

5.6.1 <strong>Die</strong> „Nicht- Anwendung“ der <strong>Alpenkonvention</strong><br />

<strong>Die</strong> Durchführungsprotokolle der <strong>Alpenkonvention</strong> wurden im Genehmigungsbescheid nicht<br />

erwähnt und somit in der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt, obwohl nicht nur das<br />

Protokoll Energie, sondern auch jenes für Naturschutz und Landschaftspflege, wie<br />

nachfolgend genauer erläutert, einschlägig gewesen wären.<br />

Hinsichtlich einer geplanten Kraftwerkserweiterung ist einerseits Art. 7 Abs. 1 des<br />

Energieprotokolls relevant, demzufolge die Vertragsparteien die ökologische<br />

Funktionsfähigkeit der Fließgewässer und die Unversehrtheit der Landschaft durch<br />

geeignete Maßnahmen bei neuen, aber auch bei bestehenden Kraftwerksanlagen wie im<br />

Falle dieser Erweiterung, sicherzustellen haben. Aufgrund der Ausweisung <strong>als</strong><br />

Naturschutzgebiet und Naturpark erscheint Abs. 3 jedoch noch wesentlicher, demzufolge die<br />

Alpenstaaten den Wasserhaushalt in Trinkwasserschutz- und Naturschutzgebieten zu<br />

erhalten haben.<br />

Zuerst gilt es nun, die Vermutung der unmittelbaren Anwendbarkeit des vor allem relevanten<br />

Abs. 3 in diesem konkreten Einzelfall zu überprüfen.<br />

180 WWF, Grenzüberschreitende Front gegen Kraftwerk Spullersee/Lech<br />

http://www.wwf.at/de/menu27/subartikel1315/ (11.11.2011).<br />

61


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

So wird im Art. 7 Abs. 3 des Energie-Protokolls die Verpflichtung der Vertragsparteien<br />

festgelegt, den Wasserhaushalt in Trinkwasserschutz- und Naturschutzgebieten zu erhalten.<br />

Normadressat ist <strong>als</strong>o die jeweilige Vertragspartei bzw. der jeweilige Mitgliedsstaat, der für<br />

die Einhaltung dieser Pflicht Sorge zu tragen hat. In vorliegendem Fall geht diese Pflicht auf<br />

die Tiroler Landesregierung über, die im Rahmen des naturschutzrechtlichen<br />

Bewilligungsverfahrens auch den Art. 7 Abs. 3 <strong>als</strong> Entscheidungsgrundlage heranzuziehen<br />

hat.<br />

Darüber hinaus geht auch der Inhalt dieser Pflicht aus der Regelung eindeutig und unbedingt<br />

hervor. In Trinkwasserschutz- und Naturschutzgebieten sind Maßnahmen hintanzuhalten, die<br />

in den Wasserhaushalt nachteilig eingreifen. Darüber hinaus lässt diese Norm keine<br />

entgegenstehenden subjektiven <strong>oder</strong> objektiven Gründe erkennen. Weder ein gegenteiliger<br />

Wille der Vertragsparteien ist ersichtlich noch ermangelt es an der Feststellbarkeit des<br />

zuständigen Organs <strong>oder</strong> des gebotenen inhaltlichen Vollzugshandelns dieses Organs,<br />

weshalb der Einordnung des Leitfadens vom BMLFUW gefolgt werden kann und Art. 7 Abs.<br />

3 des Energie-Protokolls in vorliegendem Fall unmittelbar anwendbar ist.<br />

So stellt das geplante Projekt einen Eingriff in den bestehenden Wasserhaushalt dar, weil es<br />

durch die Erweiterung des Kraftwerks zu einem Wasserentzug von durchschnittlich 12% auf<br />

das Jahr verteilt kommen würde. Da vom Wasserhaushalt aber nicht nur die Wasserzufuhr<br />

und Änderungen des Wasserinhaltes, sondern auch der Wasserentzug umfasst sind, steht<br />

solch ein Eingriff in den <strong>als</strong> Naturschutzgebiet ausgewiesenen Tiroler Lech im Widerspruch<br />

zu Art.7 Abs. 3 des Energie-Protokolls.<br />

Da diese besondere Erhaltungspflicht jedoch keine absolute ist, muss ein gewisses Ausmaß<br />

an Eingriffen beim Bestehen anderer öffentlicher Interessen toleriert werden. In weiterer<br />

Folge hätte es demnach zu einer Interessensabwägung kommen müssen, die dann zu einer<br />

Versagung der Erweiterung geführt hätte, wenn diese erheblich negative Auswirkungen auf<br />

das bestehende Naturschutzgebiet nach sich ziehen würde. Eine solche ist gegeben, wenn<br />

das besonders schutzwürdige Gebiet in seinen wesentlichen Elementen nicht erhalten<br />

bliebe.<br />

Aufgrund der Ausweisung <strong>als</strong> Naturschutzgebiet und Naturpark ist zur Beurteilung des<br />

vorliegenden Projektes aber auch das Protokoll Naturschutz und Landschaftspflege<br />

einschlägig, wobei vor allem Art. 11 Abs. 1 relevant ist:„die Vertragsparteien verpflichten sich<br />

dazu, bestehende Schutzgebiete im Sinne ihres Schutzzweckes zu erhalten (…)“.<br />

62


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Auch hier gilt es, die Eignung der Norm, unmittelbar angewandt zu werden, zu überprüfen.<br />

Normadressat ist aberm<strong>als</strong> der Mitgliedstaat bzw. in vorliegendem Fall die Tiroler<br />

Landesregierung, die das eingereichte Projekt gegebenenfalls zu genehmigen hat. Aber<br />

auch inhaltlich geht die aus Art. 11 Abs. 1 resultierende Pflicht eindeutig und unbedingt<br />

hervor. So sind die Vertragsparteien dazu angehalten, jegliche Maßnahmen zu unterlassen,<br />

die dem Schutzzweck widersprechen, wodurch dem Ermessen der innerstaatlichen<br />

Behörden Grenzen gesetzt werden. Nicht jegliche Maßnahmen sind zu unterlassen, sondern<br />

eben nur solche, die dem Schutzzweck widersprechen. Auch lässt diese Norm keine<br />

entgegenstehenden subjektiven <strong>oder</strong> objektiven Gründe erkennen, die die Vermutung der<br />

unmittelbaren Anwendbarkeit widerlegen würden, weshalb diese bejaht und damit ebenfalls<br />

der Ansicht des Bundesministeriums für Forst- und Landwirtschaft, Umwelt und<br />

Wasserwirtschaft gefolgt werden kann.<br />

Zu erhalten sind die Schutzgebiete „im Sinne ihres Schutzzweckes“, weshalb es gilt, zuerst<br />

den mit der Ausweisung verfolgten Schutzzweck zu eruieren, um anschließend zu prüfen, ob<br />

das geplante Projekt im Widerspruch zu diesem Schutzzweck steht. In der Verordnung der<br />

Tiroler Landesregierung wird festgehalten, dass der Tiroler Lech wegen „der für den<br />

Alpenraum charakteristischen montanen Flusslandschaft des Tiroler Lech und seiner<br />

bedeutendsten Seitenzubringer <strong>als</strong> noch weitgehend naturnahes Flussökosystem(…)“ zum<br />

Naturschutzgebiet erklärt wird. Kausal war <strong>als</strong>o gerade das naturbelassene Gewässer, das<br />

durch den geplanten Eingriff auf jeden Fall künstliche Veränderungen erfahren wird, weshalb<br />

die Maßnahme mit dem Schutzzweck nicht vereinbar erscheint. Deshalb heißt es in einem<br />

nächsten Schritt, die Auswirkungen des Vorhabens einer umfassenden Prüfung zu<br />

unterziehen, weshalb in vorliegender Rechtssache auch ein umfangreiches<br />

naturschutzrechtliches Gutachten ergangen ist. Abschließend wird darin festgehalten, dass<br />

die geplante Reduktion der Wasserführung im Tiroler Lech aufgrund der besonders hohen<br />

naturschutzfachlichen Wertigkeit des Tiroler Lechs sowie der Unvereinbarkeit mit den<br />

beschriebenen Erhaltungszielen <strong>als</strong> erhebliche Beeinträchtigung zu qualifizieren ist 181 . Aber<br />

auch solch eine Beeinträchtigung stellt gem. Art. 11 keinen unbedingten Ausschlussgrund für<br />

die Projektrealisierung dar. Vielmehr gilt es, eine Interessensabwägung vorzunehmen, wobei<br />

die Rechtsservicestelle der <strong>Alpenkonvention</strong> festhält, dass andere öffentliche Interessen eine<br />

181 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, 50.<br />

63


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

besondere und gerechtfertigte Dimension erreichen müssen, damit sie hinsichtlich der<br />

naturfachlichen Interessen überwiegen können 182 .<br />

Somit laufen alle Regelungen der <strong>Alpenkonvention</strong> auf eine durchzuführende<br />

Interessensabwägung hinaus, in welche die einschlägigen Rahmenbedingungen und<br />

Zielsetzungen der <strong>Alpenkonvention</strong> Eingang finden hätten müssen, was in vorliegendem Fall<br />

jedoch unterblieben ist.<br />

Aber nicht nur der Verpflichtung aus den Durchführungsprotokollen der <strong>Alpenkonvention</strong><br />

wurde in diesem naturschutzrechtlichen Verfahren widersprochen. Aufgrund der Ratifizierung<br />

des Energieprotokolls durch die EU muss darüber hinaus geprüft werden, ob es in<br />

vorliegendem Fall nicht auch an einem unionsrechtskonformen Vollzug dieses<br />

völkerrechtlichen Vertrages gemäß Art. 216 Abs. 2 AEUV mangelt, wozu die Zuständigkeit<br />

der Union in vorliegendem Fall bejaht werden muss.<br />

Gemischte Abkommen wie das Energieprotokoll werden im Sinne der ständigen<br />

Rechtsprechung des EuGH nur dann integrierender Bestandteil der EU- Rechtsordnung und<br />

erlangen damit unmittelbare Geltung, wenn sie in der vertikalen Kompetenzverteilung<br />

zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten in die Zuständigkeit der EU fallen. <strong>Die</strong>sbezüglich<br />

führte der EuGH in der Rechtssache „Étang de Berre“ wie folgt aus:<br />

„Nach der Rechtsprechung haben jedoch gemischte Abkommen, die von der [EU],<br />

ihren Mitgliedstaaten und Drittländern geschlossen wurden, in der [EU-<br />

R]echtsordnung denselben Status wie rein [EU- ]rechtliche Abkommen, soweit es um<br />

Bestimmungen geht, die in die Zuständigkeit der [EU] fallen (…)“ 183 .<br />

Darunter sind zum einen jene Vertragselemente zu subsumieren, die im ausschließlichen<br />

Zuständigkeitsbereich der EU liegen, aber auch die geteilten Kompetenzbereiche sind davon<br />

umfasst 184 .<br />

Da die Materie Energie im Art. 4 Abs. 3 lit. i aufgezählt wird, fällt dieser Themenbereich gem.<br />

Art. 2 Abs. 2 AEUV unter die geteilte Zuständigkeit zwischen der EU und den<br />

Mitgliedstaaten. <strong>Die</strong>s impliziert, dass die Union umfassend legislativ tätig werden darf und<br />

182 Schlosser, Heimische Schutzgebiete in Gefahr, in CIPRA Österreich (Hrsg.), <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong> und ihre<br />

rechtliche Umsetzung in Österreich- Stand 2009 (2010) 2 (3).<br />

183 EuGH, Rs. C-239/03, Etang de Berre, Slg. 2004, I-9325, Rn. 25.<br />

184 Ehlotzky, Das Verkehrsprotokoll der <strong>Alpenkonvention</strong> im Lichte der Grundfreiheiten (2011) 51ff.<br />

64


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

den Mitgliedstaaten eine diesbezügliche Befugnis nur verbleibt, wenn die Union ihre<br />

Zuständigkeit nicht ausübt <strong>oder</strong> entschieden hat, ihre Zuständigkeit nicht mehr auszuüben 185 .<br />

Beachtung muss dabei aber das Subsidiaritätsprinzip gem. Art. 5 Abs. 3 EUV finden, wonach<br />

die Union nur tätig werden darf, sofern und soweit die Ziele der in Betracht kommenden<br />

Maßnahmen zum einen von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend und zum anderen auf EU-<br />

Ebene besser verwirklicht werden können 186 .<br />

Darüber hinaus werden die Ziele und das Verfahren der legislativen Befugnis der Union im<br />

Energiebereich durch Art. 194 AEUV näher ausgeführt:<br />

“Unter Berücksichtigung von Binnenmarkt- und Umweltbelangen sollen- im Geiste der<br />

Solidarität- der Energiemarkt, die Versorgungssicherheit, Energieeffizienz und –<br />

einsparung, neue und erneuerbare Energien sowie die Interkonnektion der<br />

Energienetze gefördert werden“ 187 .<br />

Aber auch auf die Umweltkompetenz der Art. 191 und 192 AEUV kann Bezug genommen<br />

werden, geht es um erneuerbare <strong>oder</strong> alternative Energiequellen wie die Wasserkraft. Darin<br />

wird zum einen festgehalten, dass eine umsichtige und rationelle Verwendung der<br />

natürlichen Ressourcen sichergestellt werden soll (Art. 191 Abs. 1 Spiegelstrich 3 AEUV).<br />

Aber auch Maßnahmen hinsichtlich der mengenmäßigen Bewirtschaftung der<br />

Wasserressourcen und solche, die die Verfügbarkeit dieser Ressource mittelbar <strong>oder</strong><br />

unmittelbar betreffen (Art. 192 Abs. 2 lit. b Spiegelstrich 2 AEUV) genauso wie Maßnahmen,<br />

welche die Wahl eines Mitgliedstaates zwischen verschiedenen Energiequellen und die<br />

allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren (Art. 192 Abs. 2 lit. c<br />

AEUV), können im besonderen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden 188 .<br />

Zugleich wird Art. 194 AEUV aber durch dessen Abs. 2 Unterabsatz 2 eingeschränkt, in<br />

welchem darauf hingewiesen wird, dass durch diese Regelungen nicht das mitgliedstaatliche<br />

Recht berührt wird, die nationalen Energiequellen sowie die allgemeine Struktur der<br />

nationalen Energieversorgung zu bestimmen.<br />

185 Wallnöfer, <strong>Die</strong> Energiekompetenz der Union nach Lissabon, ecolex 2010, 409 (410).<br />

186 Ehlotzky, Das Verkehrsprotokoll der <strong>Alpenkonvention</strong> im Lichte der Grundfreiheiten (2011) 57ff.<br />

187 Wallnöfer, <strong>Die</strong> Energiekompetenz der Union nach Lissabon, ecolex 2010, 409 (412).<br />

188 Kuhlmann, Kompetenzrechtliche Neuerungen im europäischen Energierecht nach dem Vertrag von Lissabon<br />

(2008) 10ff.<br />

65


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Da weiters die Bestimmungen aus dem Art. 192 AEUV nur auf unionale umweltpolitische<br />

Maßnahmen Anwendung finden, wird die nationale Souveränität in Bezug auf die Gestaltung<br />

der Energieversorgung lediglich geringfügig eingeschränkt 189 .<br />

Greift man darüber hinaus auf das Subsidiaritätsprinzip zurück, wird eine unionale<br />

Zuständigkeit im Bereich der Herstellung bzw. Erweiterung bestehender Wasserkraftwerke<br />

wie im vorliegenden Fall zu verneinen sein, weshalb der Vorwurf eines mangelhaften<br />

unionsrechtlichen Vollzuges des völkerrechtlichen Durchführungsprotokolls Energie<br />

abzuweisen ist.<br />

5.6.2 <strong>Die</strong> Anwendung des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL<br />

Im Gegensatz dazu wurde auf die unionsrechtlichen Schutzregelungen sehr ausführlich<br />

eingegangen. So wurde zuerst gem. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL anhand naturschutzrechtlicher<br />

Gutachten überprüft, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des ausgewiesenen Gebietes<br />

durch das beantragte Projekt zu befürchten ist. Dabei ist auf den Verträglichkeitsgrundsatz<br />

abzustellen, demgemäß einem Vorhaben nur zugestimmt werden darf, wenn dessen<br />

Verträglichkeit mit den für das jeweilige Schutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen außer<br />

Streit gestellt ist. Für das betroffene „Natura 2000“ Gebiet wurde aber bis dato noch keine<br />

solche Verordnung erlassen, weshalb stattdessen die in den Standarddatenblättern<br />

enthaltenen Lebensräume, die wild lebenden Pflanzen- und Tierarten bzw. Vögel die<br />

relevanten Schutzobjekte darstellen. Eine erhebliche Beeinträchtigung dieser Schutzgüter<br />

wurde von den Amtssachverständigen für Naturschutz jedoch bestätigt und auch von der<br />

Bescheid erlassenden Instanz insoweit anerkannt.<br />

Deshalb ging es gem. Art. 6 Abs. 4 FFH- RL im weiteren Verfahrensablauf darum,<br />

Alternativlösungen zu eruieren, die eine für die Schutzgüter schonendere <strong>oder</strong> sogar<br />

gänzlich harmlose Variante darstellen. <strong>Die</strong>s ist Aufgabe der zuständigen einzelstaatlichen<br />

Behörde, welche dabei im vorliegenden Fall nur die Variante der Nulloption ermitteln konnte.<br />

Durch entgegengebrachte Vorschläge der Antragsstellerin hätte eine Beeinträchtigung<br />

nämlich nur gemindert, nicht aber vermieden werden können 190 .<br />

190 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, 103.<br />

66


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Vergleicht man diesbezügliche Regelungen aus der FFH-RL jedoch mit jenen aus dem<br />

TNSchG, so fällt auf, dass die Tiroler Landesregierung eine Einschränkung im Hinblick auf<br />

die Alternativenprüfung vornimmt. Während die FFH-RL im Art. 6 Abs. 4 vorschreibt, dass<br />

die Mitgliedsstaaten alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen haben, wenn eine<br />

Alternativlösung nicht vorhanden ist, lautet die dementsprechende Implementierung im § 14<br />

Abs. 5 TNSchG wie folgt: „trotz des Vorliegens einer erheblichen Beeinträchtigung des<br />

„Natura- 2000“ Gebietes darf das Vorhaben bewilligt werden, wenn es keine andere<br />

zufriedenstellende Lösung gibt(…)“. Somit verzichtet der Unionsgesetzgeber explizit auf<br />

das Adjektiv „zufriedenstellend“ und erweitert dadurch den Gestaltungsspielraum potentieller<br />

Varianten. Auch die Nulloption muss demnach in Erwägung gezogen werden, während das<br />

Land Tirol die Prüfung von Alternativlösungen durch die Formulierung „von allen möglichen“<br />

auf „nur zufriedenstellende“ Alternativen ausdrücklich einschränkt 191 .<br />

Aber nicht nur auf Gesetzesebene, sondern auch auf Bescheidebene wird den Regelungen<br />

der Alternativenprüfung nur unzureichend nachgekommen. So gibt sich die Behörde mit den<br />

einzelnen Varianten zufrieden, die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführt werden,<br />

ohne von sich aus weitere Alternativen der Stromerzeugung zu ermitteln, obwohl dies von<br />

der Europäischen Kommission ausdrücklich gefordert wird 192 .<br />

Trotz unzureichender Alternativenprüfung wurde im Verfahren anschließend eine<br />

Interessensabwägung vorgenommen. Da im betroffenen Gebiet allerdings prioritäre<br />

Lebensraumtypen vorkommen, ist im konkreten Fall gem. Art. 6 Abs. 4 nur eine<br />

eingeschränkte Interessensabwägung möglich. So können lediglich Erwägungen im<br />

Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit <strong>oder</strong><br />

maßgebliche günstige Auswirkungen für die Umwelt geltend gemacht werden. Andere<br />

Gründe lassen sich hingegen nur nach Einholung einer Stellungnahme durch die<br />

Europäische Kommission einwenden. <strong>Die</strong>se Regelung ist in der FFH- RL wie folgt festgelegt:<br />

„Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp<br />

und/<strong>oder</strong> eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit<br />

der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit <strong>oder</strong> im Zusammenhang mit<br />

maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt <strong>oder</strong>, nach Stellungnahme der<br />

191 WWF Österreich, Beschwerde- rechtlicher Teil (2009) 13.<br />

192 Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat- Richtlinie 92/43/EWG<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/guidance_art6_4_de.pdf (30.10.2011)<br />

47.<br />

67


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend<br />

gemacht werden.“<br />

Gem. § 14 Abs. 5 lit. b TNSchG darf ein Vorhaben jedoch bewilligt werden, wenn es „(…) im<br />

Fall der erheblichen Beeinträchtigung eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps und/<br />

<strong>oder</strong> einer prioritären Art aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen<br />

Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit<br />

<strong>oder</strong> maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt <strong>oder</strong>- nach Stellungnahme der<br />

Europäischen Kommission- auch aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden<br />

öffentlichen Interesses durchzuführen ist.“<br />

Somit genügt gem. der FFH-RL bereits eine mögliche Beeinträchtigung, um die Kommission<br />

einbeziehen zu müssen, während das Land Tirol dies auf jene Fälle einer erheblichen<br />

Beeinträchtigung prioritärer natürlicher Lebensraumtypen <strong>oder</strong> Arten einschränkt 193 .<br />

Gemäß dem naturschutzrechtlichen Gutachten, das diesem Bescheid zugrunde liegt, ist von<br />

geplanter Wasserentnahme ein prioritärer Lebensraumtyp, nämlich die Restbestände von<br />

Erlen- und Eschenwälder an Fließgewässer, potentiell betroffen. Lediglich eine erhebliche<br />

Beeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden, weshalb nach TNSchG eine Meldung an<br />

die Kommission unterbleiben konnte. <strong>Die</strong>s wäre jedoch nicht der Fall gewesen, wenn die<br />

FFH-RL unionsrechtskonform umgesetzt worden wäre, wonach die Kommission mit der<br />

Sache befasst hätte werden müssen, da die Bahnstromerzeugung für den öffentlichen<br />

Fernverkehr maximal <strong>als</strong> anderer zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen<br />

Interesses subsumierbar ist.<br />

Im gegenständlichen Verfahrensablauf ging man jedoch einen Schritt weiter und erwog<br />

ökologisch und wasserbaulich abgestimmte Ausgleichsmaßnahmen. <strong>Die</strong>se zielen auf eine<br />

Restrukturierung regulierter Lechabschnitte, eine Verbesserung der Durchgängigkeit und<br />

Anbindung der Seitengewässer des Lechs, die Verbesserung des Lebensraums der Koppe<br />

und eine Reduzierung der Abnahme der benetzten Wasserflächen ab. Dem<br />

Amtssachverständigen für Naturschutz folgend, sind diese Maßnahmen zwar wünschens-<br />

und begrüßenswert, können die bewirkten Veränderungen der Dynamik aber nicht<br />

ausgleichen 194 . Vielmehr dienen sie der Wiederherstellung einer naturnahen, dynamischen<br />

Wildflusslandschaft und sind somit <strong>als</strong> Maßnahmen zur Schadensbegrenzung im weiteren<br />

193 WWF Österreich, Beschwerde 19.<br />

194 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, 81.<br />

68


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

Sinn zu qualifizieren 195 . <strong>Die</strong>se sind ohnehin fester Bestandteil eines zu überprüfenden<br />

Projektes, während Ausgleichsmaßnahmen zusätzlich zur eigentlichen Umsetzung ergriffen<br />

werden sollten und somit hier nur unzureichend vorliegen.<br />

Darüber hinaus hat sich die Europäische Kommission zur Wirksamkeit von<br />

Ausgleichsmaßnahmen wie folgt geäußert: „ Sie zielen darauf ab, negative Auswirkungen<br />

des Projekts aufzuwiegen und einen Ausgleich zu schaffen, der genau den negativen<br />

Auswirkungen auf den betroffenen Lebensraum entspricht 196 .“<br />

Aber die im Bescheid <strong>als</strong> „Ausgleichsmaßnahmen“ bezeichneten Handlungen erfüllen dieses<br />

Kriterium gerade nicht, da Aufweitungsmaßnahmen und die Anbindung von<br />

Seitengewässern, dem Amtssachverständigen für Naturschutz folgend, ein beeinflusstes<br />

Abflussregime gerade nicht wettmachen können. Zu einer naturnahen Wildflusslandschaft<br />

gehören sowohl ein natürliches Abflussregime <strong>als</strong> auch eine möglichst unbeeinflusste<br />

Gewässermorphologie, was durch die geplanten Maßnahmen nicht ersetzt werden könnte. 197<br />

Deshalb stellen die im Bescheid aufgelisteten Ausgleichsmaßnahmen auch aus fachlicher<br />

Sicht keine geeigneten Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL dar 198 .<br />

Weiter führt der EuGH 199 hinsichtlich Kohärenzsicherungsmaßnahmen aus, dass diese zum<br />

Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bereits geplant sein müssen. <strong>Die</strong> Europäische<br />

Kommission hält im Auslegungsleitfaden zum Art. 6 Abs. 4 jedoch unmissverständlich fest,<br />

dass Ausgleichsmaßnahmen normalerweise zur gleichen Zeit einsatzbereit zu sein haben<br />

wie der Eingriff in das „Natura 2000“ Gebiet vorgenommen wird, außer es kann<br />

nachgewiesen werden, dass diese Gleichzeitigkeit nicht unbedingt erforderlich ist.<br />

In vorliegendem Fall hält die Behörde jedoch lediglich fest, dass die Maßnahmen in Planung<br />

sind, was aufgrund der erläuterten Ungereimtheiten nicht <strong>als</strong> jedenfalls hinreichend<br />

betrachtet werden kann.<br />

Darüber hinaus verpflichtet Art. 6 Abs. 4 FFH-RL die Mitgliedsstaaten dazu, alle notwendigen<br />

Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von<br />

195 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, 51.<br />

196 Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat- Richtlinie 92/43/EWG<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/guidance_art6_4_de.pdf (30.10.2011)<br />

49.<br />

197 Bescheid der Tiroler Landesregierung 18.09.2009, Gz. U-14.182/157, Naturschutzfachliches Gutachten, 51.<br />

198 WWF Österreich, Beschwerde 35.<br />

199 EuGH 23.3.2006, Rs. C-209/04, Slg. 2006, I-2755.<br />

69


Praktische Anwendung anhand des Falles Spullersee- Beileitung Ost Marion Battisti<br />

„Natura 2000“ geschützt ist. Solche Kohärenzsicherungsmaßnahmen stellen dem EuGH<br />

folgend eine Voraussetzung für eine zu erteilende Genehmigung dar. <strong>Die</strong>se sind<br />

gegenständlich jedoch angesichts der fragwürdigen Eigenschaft <strong>als</strong> Ausgleichsmaßnahmen<br />

und der darüber hinausgehenden fachlichen Ungeeignetheit nicht gesichert, weshalb die<br />

naturschutzrechtliche Bewilligung des eingereichten Projektes aufgrund vorangegangener<br />

Erörterungen in Zweifel zu ziehen ist 200 .<br />

Zusammenfassend gilt es festzuhalten, dass die im vorliegenden Fall einschlägigen und<br />

unmittelbar anwendbaren Art. 7 Abs. 3 des Energie-Protokolls sowie Art. 11 Abs. 1 des<br />

Protokolls Naturschutz und Landschaftspflege zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen<br />

wurden, wodurch die Verpflichtungen aus dem völkerrechtlichen Vertrag der<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> verletzt wurden.<br />

Darüber hinaus ist die vorgenommene Anwendung des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL in<br />

mehrfacher Hinsicht unionsrechtswidrig. So wurde nicht nur durch zwei ungenaue<br />

Übernahmen des Unionsrechtes in das Landesrecht der Spielraum für Eingriffe in „Natura<br />

2000“ Gebiete erweitert. Auch sind die durchgeführte Alternativenprüfung, die<br />

Interessensabwägung sowie die Suche nach Ausgleichsmaßnahmen in mehrfacher Hinsicht<br />

zweifelhaft, was wesentlichen Einfluss auf den weiteren Verfahrensablauf und -ausgang<br />

gehabt hätte.<br />

200 WWF Österreich, Beschwerde 37ff.<br />

70


Resümee Marion Battisti<br />

6 Resümee<br />

<strong>Die</strong> Erzeugung <strong>erneuerbarer</strong> Energien ist somit nicht nur eine durch nationales Recht bereits<br />

umfangreich geregelte Materie, sondern auch auf völkerrechtlicher und unionsrechtlicher<br />

Ebene bestehen etliche Regelungen, die den Handlungsspielraum der Entscheidungsträger<br />

genauer determinieren sollen. Das Spannungsfeld, welches sich dabei abzeichnet, reicht<br />

ganz klar von der Befürwortung nachhaltiger und CO2- freier Formen der Stromerzeugung<br />

bis hin zu der Einsicht, dass dies nicht uneingeschränkt betrieben werden kann, vor allem<br />

dann, wenn Eingriffe in besonders sensible Ökosysteme geplant sind. So hat sich die Lage<br />

der Flüsse und Bäche Österreichs bereits in den letzten Jahren dramatisch zugespitzt. Nur<br />

mehr 33% aller Flussstrecken können <strong>als</strong> „intakt“ klassifiziert werden und alle 600 Meter<br />

steht schon jetzt ein Querbauwerk 201 .<br />

In diesem Sinne wird nicht nur versucht, mit Hilfe des internationalen Übereinkommens zum<br />

Schutz der Alpen dieser scheinbar so naturverträglichen und unproblematischen Form der<br />

Energiegewinnung Grenzen zu setzen. So gilt es sich zuerst zu fragen, ob nicht an<br />

Effizienzsteigerungen und Energiesparmaßnahmen gearbeitet werden sollte, bevor ständig<br />

steigenden Stromverbrauchszuwächsen mit einem „Mehr“ an Stromproduktion begegnet<br />

wird.<br />

Aber auch auf unionsrechtlicher Ebene besteht ein differenziertes Schutzregime, um<br />

natürliche Lebensräume und Arten von unionsweitem Interesse zu bewahren bzw.<br />

wiederherzustellen, weshalb diesem Schutzziel widersprechende Eingriffe zu regulieren sind.<br />

Natürlich wird man sich künftig Alternativen überlegen müssen, will man die Atomenergie<br />

<strong>oder</strong> Formen der fossilen Energiegewinnung langfristig zurückdrängen. Unweigerlich kommt<br />

dabei, gerade im Alpenraum mit seinen großen Wasservorkommen, die Wasserkraft zur<br />

Sprache. <strong>Die</strong>ses Potential soll auch genutzt werden, aber nicht auf eine Art und Weise, dass<br />

dabei die sensiblen Ökosysteme und Flusslandschaften in Vergessenheit geraten.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>, aber auch die Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union stellen<br />

insofern, zusätzlich zum nationalen Recht bestehende, Orientierungs- und<br />

201 Aichberger, Mythos Wasserkraft- Glorifizierung und Wirklichkeit<br />

http://www.fluessevollerleben.at/fileadmin/user_upload/PDF/Broschuere_Mythos_Wasserkraft-Ansicht.pdf<br />

(14.11.2011) 1.<br />

71


Resümee Marion Battisti<br />

Entscheidungsgrundlagen für nationale Vollzugsorgane dar, damit diese dem bestehenden<br />

Spannungsfeld in ausgewogenerer Art und Weise begegnen können. Darüber hinaus sind<br />

die unionsrechtlichen Normen sowie Art. 7 Abs. 3 des Energieprotokolls und Art. 11 Abs. 1<br />

des Protokolls für Natur und Landschaftsschutz bereits so eindeutig und unbedingt formuliert<br />

und damit unmittelbar anwendbar, dass sie im Einzelfall sogar über die nationalen<br />

Regelungen hinaus eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen sichern können. In<br />

einer Gegenüberstellung dieser beiden Regelungswerke wurde weiters ersichtlich, dass die<br />

Durchführungsprotokolle einen weiteren räumlichen Anwendungsbereich <strong>als</strong> die unionalen<br />

Richtlinien aufweisen, da die ausgewiesenen „Natura 200“ Gebiete hinter den nationalen<br />

Schutzgebieten zurück bleiben. Dafür kommt dieser supranationalen Rechtsmaterie nicht nur<br />

autonome Geltung und unmittelbare Anwendbarkeit zu, sondern auch ein<br />

Anwendungsvorrang vor nationalem Recht im Konfliktfall. Hinsichtlich der<br />

Durchführungsprotokolle kann hingegen nur auf die Vermutung der unmittelbaren<br />

Anwendbarkeit verwiesen werden, die es im konkreten Einzelfall zu überprüfen gilt. Inhaltlich<br />

arbeiten beide Schutzregime mit einem Verschlechterungsverbot, das auf den Schutzzweck<br />

der Gebietsausweisung abstellt und zumindest eine Erhaltung des Status Quo bewirken soll.<br />

Dafür verlangt die FFH-RL den Mitgliedstaaten aber wesentlich konkretere<br />

Handlungsimplikationen in Form von umfangreichen Verträglichkeitsprüfungen ab, weshalb<br />

die unionsrechtlichen Regelungen das weitläufigere Schutzregime darstellen, insofern es zu<br />

einer dementsprechenden Ausweisung gekommen ist.<br />

Eine Umlegung dieser rechtlichen Normen fand anschließend auf das Projekt Spullersee-<br />

Beileitung Ost statt. Hierbei soll es zu einer Erweiterung eines bereits bestehenden<br />

Wasserkraftwerkes kommen, wozu Wasser aus dem Einzugsbereich des Lech bzw. in<br />

weiterer Folge der Donau in jenes der Alfenz bzw. des Rheins übergeleitet werden würde.<br />

Der diesbezügliche naturschutzrechtliche Bescheid der Tiroler Landesregierung erging in<br />

weiterer Folge positiv, doch wurden dabei manche der soeben diskutierten Normen nur<br />

ungenügend herangezogen.<br />

So wurden die Durchführungsprotokolle der <strong>Alpenkonvention</strong> in der Entscheidungsfindung<br />

mit keinem Wort erwähnt, obwohl mit Verweis auf die Prüfung aus dem Kapitel 5.6.1 sowohl<br />

der Art. 7 Abs. 3 des Energie-Protokolls <strong>als</strong> auch der Art. 11 Abs. 1 des Protokolls<br />

Naturschutz und Landschaftspflege nicht nur einschlägig sondern auch unmittelbar<br />

anzuwenden gewesen wären. Der durch die Ratifikation des Energie-Protokolls zusätzlich<br />

entstehenden EU- rechtlichen Bindungswirkung wurde dadurch jedoch nicht widersprochen,<br />

da die Erweiterung des bestehenden Kraftwerks in vorliegendem Fall nicht mehr im<br />

72


Resümee Marion Battisti<br />

Zuständigkeitsbereich der Union liegt. Unionsrecht wurde aber insofern verletzt, <strong>als</strong> die<br />

einschlägigen Schutzregimeklauseln zwar herangezogen, aber nur unzureichend angewandt<br />

wurden. Rechtsverstöße ließen sich dabei insbesondere im Rahmen der durchgeführten<br />

Eruierung von Alternativlösungen sowie der Interessensabwägung finden, deren Wurzel im §<br />

14 TNSchG liegen. So wurden die Richtlinien diesbezüglich nur ungenau in das<br />

innerstaatliche Recht implementiert, was den Schutz für bestehende „Natura 2000“ Gebiete<br />

schmälert. Auch wurde es unterlassen, eine Stellungnahme der Europäischen Kommission<br />

zu geplantem Eingriff einzuholen, weshalb es dem ergangenen Bescheid in mehrfacher<br />

Hinsicht an einem unionsrechtskonformen Vollzug der einschlägigen Regelungen mangelt.<br />

Wie daraus ersichtlich wird, bestehen zwar bereits weitreichende völker- sowie<br />

unionsrechtliche Schutzbestimmungen, die naturschutzrechtlichen Aspekten bei<br />

innerstaatlichen Entscheidungsfindungen mehr Gewicht beimessen sollen. <strong>Die</strong>s aber auch<br />

zuzulassen und adäquat umzusetzen, ist ein komplexer Prozess, der bereits in Gang, jedoch<br />

noch nicht gänzlich abgeschlossen ist, wie durch die vorangegangene Analyse aufgezeigt<br />

werden konnte.<br />

73


7 Literaturverzeichnis<br />

Aichberger Hildegard, WWF Österreich, Mythos Wasserkraft- Glorifizierung und Wirklichkeit,<br />

http://www.fluessevollerleben.at/fileadmin/user_upload/PDF/Broschuere_Mythos_Wasserkraf<br />

t-Ansicht.pdf (14.11.2011.<br />

Amt der Tiroler Landesregierung vom 19.9.2009, Abteilung Umweltschutz, Rechtliche<br />

Angelegenheiten, U-14.182/157.<br />

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, <strong>Die</strong><br />

Umsetzung der Protokolle der <strong>Alpenkonvention</strong> in Österreich, in Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), <strong>Alpenkonvention</strong> konkret, Ziele und<br />

Umsetzung, Alpensignale 2, 2004, 14-15.<br />

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, <strong>Die</strong><br />

<strong>Alpenkonvention</strong>: Handbuch für ihre Umsetzung, Wien 2007.<br />

CIPRA Österreich, Anfrage: Geplantes Laufkraftwerk, ZVR- Zahl 255345915 vom<br />

21.10.2010<br />

http://www5.umweltbundesamt.at/alpenkonvention/pz38display.pl?session=DxhQSllFA3qXP<br />

7wEoGFufu0j&id=166,276,40,4020 (22.10.2011).<br />

Ehlotzky Nicole, Das Verkehrsprotokoll der <strong>Alpenkonvention</strong> im Lichte der Grundfreiheiten,<br />

Diss. jur. Innsbruck, 2011.<br />

Ennöckl Daniel, Natura 2000- <strong>Die</strong> Vogelschutz- und Fauna- Flora- Habitat- Richtlinie und ihre<br />

Umsetzung im österreichischen Naturschutzrecht, Wien 2002.<br />

Epiney Astrid, Zur Konzeption des europäischen Naturschutzrechts, in Epiney/<br />

Gammenthaler (Hrsg.), Das Rechtsregime der Natura 2000- Schutzgebiete, Freiburg 2009,<br />

5-72.<br />

Epiney Astrid, Zur rechtlichen Tragweite des Art. 6 RL 92/43, in Epiney/Gammenthaler<br />

(Hrsg.), Das Rechtsregime der Natura 2000- Schutzgebiete, Freiburg, 2009, 73-144.<br />

Ermacora Felix/Hummer Waldemar, Völkerrecht, Recht der Europäischen Union und<br />

Landesrecht, in Neuhold/Hummer/ Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des<br />

Völkerrechts, Wien 2004, 111-132.<br />

VI


Europäische Kommission, Natura 2000- Gebietsmanagement, <strong>Die</strong> Vorgaben des Artikels 6<br />

der Habitat Richtlinie 92/43/EWG, 2000.<br />

Europäische Kommission, Auslegungsleitfaden zu Art. 6 Abs. 4 der Habitat- Richtlinie<br />

92/43/EWG, 2007<br />

http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/guidance_art6_4<br />

_de.pdf (30.10.2011).<br />

Faeh Andrea, Kapitel Österreich, in Epiney/Gammenthaler (Hrsg.), Das Rechtsregime der<br />

Natura 2000- Schutzgebiete, Freiburg 2009, 309-376.<br />

Galle Ewald, Alpine Umweltprobleme- Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen<br />

(<strong>Alpenkonvention</strong>) und seine Protokolle, Berlin 2002.<br />

Galle Ewald, Alpine Umweltprobleme- Das Übereinkommen zum Schutz der Alpen<br />

(<strong>Alpenkonvention</strong>) und seine Protokolle- Ergänzung, Berlin 2007.<br />

Götz Andreas/Rohrer Madeleine, Der Grundstein einer gemeinsamen Alpenpolitik, Szene<br />

Alpen Nr. 95, 2011, 5-6.<br />

Haßlacher Peter, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>- eine Dokumentation, Fachbeiträge des<br />

Österreichischen Alpenvereins, Serie: Alpine Raumordnung Nr. 17, Innsbruck 2000.<br />

Herdegen Mathias, Völkerrecht, 8.Auflage, München 2009.<br />

Herdegen Matthias, Europarecht, 12. Auflage, München 2010.<br />

Imhof Regula, <strong>Alpenkonvention</strong>: Leitlinien für die Kleinwasserkraft, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>, Nr.<br />

63, 2011, 7-8.<br />

Kuhlmann Josefine, Kompetenzrechtliche Neuerungen im europäischen Energierecht nach<br />

dem Vertrag von Lissabon, Europainstitut der Wirtschaftsuniversität Wien 2008.<br />

Kunig Philip, Völkerrecht und staatliches Recht, in Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht,5. Aufl.,<br />

Frankfurt/M. u.a. 2010. 73-146.<br />

Kuratorium Wald (Hrsg.), <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>- Umsetzung in nationales Recht, Wien 2011.<br />

Loos Erik, Naturschutzrecht in Salzburg, Salzburg 2005.<br />

Neuhold Hanspeter, Abgrenzungen, Strukturmerkmale und Besonderheiten der<br />

Völkerrechtsordnung, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des<br />

Völkerrechts, Wien 2004, 3-15.<br />

VII


Odendahl Kerstin, <strong>Die</strong> Bindung der Europäischen Gemeinschaft an die <strong>Alpenkonvention</strong>, in<br />

Hendler/Marburger/ Reiff/Schröder (Hrsg.), Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2007,<br />

Bd. 93, 59-80.<br />

Oebb, Geschäftsbereich Kraftwerke, Factsheet Spullersee Beileitung Ost, 2009.<br />

Oebb, Presseinformation- ÖBB Projektleitung zeigt Vorhaben am Spullersee in der Natur,<br />

http://konzern.oebb.at/de/Presse/Presseinformationen_aus_den_Bundeslaendern/Tirol/PDF/<br />

2010/Q2/20100412_PI_Infra_Kraftwerk_Projektleitung_zeigt_Vorhaben_am_Spullersee_in_<br />

der_Natur.pdf (1.11.2011).<br />

Öhlinger Theo, Verfassungsrecht, 8. Aufl., Wien 2009.<br />

Onida Marco, <strong>Die</strong> rechtliche Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> zwischen Völkerrecht,<br />

Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht, in CIPRA Österreich, Tagungsband: <strong>Die</strong><br />

<strong>Alpenkonvention</strong> und ihre rechtliche Umsetzung in Österreich- Stand 2009, Innsbruck 2010,<br />

22-26.<br />

Pfahringer Nadine, Daten und Fakten zur <strong>Alpenkonvention</strong>, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>, Nr. 54,<br />

2009, 5-8.<br />

Plattform Wasserwirtschaft im Alpenraum, Alpensignale Focus 1, Gemeinsame Leitlinien für<br />

die Kleinwasserkraftnutzung im Alpenraum, 2011.<br />

Pürgy Erich, Natura 2000- Auswirkungen und Umsetzung im innerstaatlichen Recht, Wien-<br />

New York 2005.<br />

Rajal Bernd/Tschugguel Andreas, Natura 2000- Das Schutzgebiet der EU, Wien 2004.<br />

Schlosser Hannes, Heimische Schutzgebete in Gefahr- CIPRA Österreich dokumentiert<br />

mehr <strong>als</strong> 40 Fälle, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>, 2010, Nr. 58, 2-4.<br />

Schmid Sebastian, Das Natur- und Bodenschutzrecht der <strong>Alpenkonvention</strong>.<br />

Anwendungsmöglichkeiten und Beispiele, in CIPRA Österreich, Tagungsband: <strong>Die</strong><br />

<strong>Alpenkonvention</strong> und ihre rechtliche Umsetzung in Österreich- Stand 2009, Innsbruck 2010,<br />

33-40.<br />

Schroeder Werner, <strong>Die</strong> Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong> aus Sicht des Völkerrechts und des<br />

Europarechts, in Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.),<br />

<strong>Alpenkonvention</strong> konkret, Ziele und Umsetzung, Alpensignale 2, 2004, 5-9.<br />

Schroeder Werner, <strong>Die</strong> <strong>Alpenkonvention</strong>- Ein Abkommen über den Schutz und die<br />

nachhaltige Bewirtschaftung eines der wichtigsten Ökosysteme Europas, BayVBl., 6/2004,<br />

161-167.<br />

VIII


SHARE, Sustainable Hydropower in Alpine Rivers Ecosystems, Der „Wasserturm“ des<br />

europäischen Kontinents http://www.share-alpinerivers.eu/sustainable-hydropower-de/betahp-ecosystems<br />

(8.11.2011).<br />

Ständiges Sekretariat der <strong>Alpenkonvention</strong>, <strong>Alpenkonvention</strong> und Best Practice in den<br />

Österreichischen Gemeinden- Leitfaden für die Umsetzung der <strong>Alpenkonvention</strong>, Italien<br />

2011.<br />

Tiroler Landesregierung, Natura 2000 Tirol<br />

http://www.tirol.gv.at/themen/umwelt/naturschutz/natura2000-tirol/ (10.11.2011).<br />

Tiroler Umweltschutzbericht 2010<br />

http://www.tirol.gv.at/fileadmin/www.tirol.gv.at/themen/umwelt/umweltrecht/downloads/Berich<br />

t_an_den_Landtag_2010.PDF (10.11.2011).<br />

Verdross Alfred/Simma Bruno, Universelles Völkerrecht- Theorie und Praxis, unveränderter<br />

Nachdruck der 3. Aufl., Berlin 2010.<br />

Vitzthum Wolfgang Graf, Begriff, Geschichte und Rechtsquellen des Völkerrechts, in<br />

Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 5. Aufl., Frankfurt/M. u.a. 2010, 1-72.<br />

Walder Christoph/Litschauer Christoph, WWF Österreich, Ökomasterplan Stufe II- Schutz für<br />

Österreichs Flussjuwele, 2010.<br />

Wallnöfer Klaus, <strong>Die</strong> Energiekompetenz der Union nach Lissabon, ecolex 2010 (4), 409-412.<br />

Wülser Barbara, Langjährige Weggefährten, Szene Alpen Nr. 95, 2011, 7.<br />

WWF Österreich, Beschwerde- rechtlicher Teil, 2009.<br />

Zanini Ernst, Erläuterungen des Projekts Natura 2000, in Zanini/Reithmayer (Hrsg.), Natura<br />

2000 in Österreich, Wien/ Graz 2004, 21-36.<br />

Zemanek Karl, Das Völkervertragsrecht, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.),<br />

Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Wien 2004, 45-78.<br />

IX


8 Eidesstattliche Erklärung<br />

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig<br />

verfasst habe. <strong>Die</strong> aus fremden Quellen direkt <strong>oder</strong> indirekt übernommenen Gedanken<br />

wurden <strong>als</strong> solche erkenntlich gemacht und darüber hinaus wurden keine anderen Hilfsmittel<br />

verwendet.<br />

<strong>Die</strong>se Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in ähnlicher Form einer anderen<br />

Prüfungsbehörde vorgelegt und noch nicht veröffentlicht.<br />

Mag. a Marion Battisti Innsbruck, am 20.1.2012<br />

X

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!