Beschwerden im MRV Text Gerhard Bliersbach

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09.10.2013 Aufrufe

ten. Ich gab ihm darin immer recht. Ich sagte Stunde für Stunde: Ich - 8 - nehme Ihre Kritik, die ich gut verstehen kann, zur Kenntnis – aber kom- men wir doch zu Ihnen. Daran hatte er kein Interesse. Während der 3 Monate auf unserer Station zeugte er mit einer ET-Praktikantin ein Kind, eröffnete in seinem Zimmer einen Reparaturbetrieb defekter Drucker, die ihm ein nahe gelegener Supermarkt samstags anlieferte, und hielt sich insgesamt nicht an die Vereinbarungen unseres Therapie-Vertrags. Wir verlegten Herr Z. auf eine Nachbarstation. Wir unternahmen einen letz- ten Behandlungsversuch, als wir den U.S.-amerikanischen familienthe- rapeutischen Pionier, Herrn Boszormenyi-Nagy, in seiner Sitzung mit ihm, seiner künftigen Frau und seiner Familie zusammen brachten. Wir waren berührt von der Sitzung – Herr Z. schien unberührt. Mitte 1992 verließ ich die forensische Abteilung. Während seiner Behandlung in un- serer Klinik heiratete er in Hannover, wohin er begleitet werden musste. In welcher Klinik Herr Z. sich zur Zeit befindet, was aus ihm und seiner Familie geworden ist, weiß ich nicht. II. Ich komme zu dem zweiten Teil meines Texts. Was habe ich aus diesen Erfahrungen gelernt? 1. Ich war unvorbereitet auf die enorme aggressive Wucht einer wirklich schweren narzisstischen Persönlichkeitspathologie und auf die damit verbundene enorm schwierige therapeutische Erreichbarkeit. 2. Ich verstand erst nach und nach diese Form der Persönlichkeitspatho- logie und die mit ihr verbundenen manipulativen Techniken projektiver Identifikation und Verweigerung auf dem Hintergrund eines abgrundtie- fen Hasses.

3. Mit der Hilflosigkeit und Wehrlosigkeit des therapeutischen Teams, das den manipulativen Techniken nicht gewachsen war, kam ich nicht zurecht. - 9 - 4. Wir waren im therapeutischen Team zerstritten. Es gab keine gemein- same Linie eines Verständnisses der Pathologie. Es gab keine gemein- same Linie des Umgangs und der therapeutischen Interventionen. Es gab im therapeutischen Team den Kampf zwischen den Rache- Wünschen und den Verständnis-Versuchen. 5. Es gab keine konzeptionelle Übereinkunft. 6. Das therapeutische Teams sowie andere Teams der Abteilung hatten sich in einen massiven Clinch verstrickt, der therapeutische Beziehungen unmöglich machte. Mir war das Phänomen des Gegenübertragungs- Agierens von gesamten Teams unbekannt. 7. Die Androhung einer Beschwerde setzte buchstäblich die Fähigkeit aus, einen klaren, therapeutisch sinnvollen Gedanken zu fassen. 8. Ich machte die Erfahrung, dass der Jurist der Zentralverwaltung am therapeutischen Kontext desinteressiert war. 9. Die Leitung der Abteilung war ebenfalls unvorbereitet und wurde von der Pathologie ebenfalls überrascht. In der Folge konnten sich die Kolle- ginnen und Kollegen auf eine externe Supervision, die wir selbst bezahl- ten, um von der Klinik unabhängig zu sein, verständigen. 10. Es existierte in meinem therapeutischen Team eine erhebliche Ängstlichkeit und Unsicherheit dem juristischen System gegenüber. Wie gehören meine damaligen Erfahrungen zu unserem heutigen The- ma? 1. Ein therapeutisches Team benötigt eine gemeinsam geteilte therapeu- tische Haltung in der Weise, dass es interessiert ist an den täglichen In-

ten. Ich gab ihm darin <strong>im</strong>mer recht. Ich sagte Stunde für Stunde: Ich<br />

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nehme Ihre Kritik, die ich gut verstehen kann, zur Kenntnis – aber kom-<br />

men wir doch zu Ihnen. Daran hatte er kein Interesse. Während der 3<br />

Monate auf unserer Station zeugte er mit einer ET-Praktikantin ein Kind,<br />

eröffnete in seinem Z<strong>im</strong>mer einen Reparaturbetrieb defekter Drucker, die<br />

ihm ein nahe gelegener Supermarkt samstags anlieferte, und hielt sich<br />

insgesamt nicht an die Vereinbarungen unseres Therapie-Vertrags. Wir<br />

verlegten Herr Z. auf eine Nachbarstation. Wir unternahmen einen letz-<br />

ten Behandlungsversuch, als wir den U.S.-amerikanischen familienthe-<br />

rapeutischen Pionier, Herrn Boszormenyi-Nagy, in seiner Sitzung mit<br />

ihm, seiner künftigen Frau und seiner Familie zusammen brachten. Wir<br />

waren berührt von der Sitzung – Herr Z. schien unberührt. Mitte 1992<br />

verließ ich die forensische Abteilung. Während seiner Behandlung in un-<br />

serer Klinik heiratete er in Hannover, wohin er begleitet werden musste.<br />

In welcher Klinik Herr Z. sich zur Zeit befindet, was aus ihm und seiner<br />

Familie geworden ist, weiß ich nicht.<br />

II.<br />

Ich komme zu dem zweiten Teil meines <strong>Text</strong>s. Was habe ich aus diesen<br />

Erfahrungen gelernt?<br />

1. Ich war unvorbereitet auf die enorme aggressive Wucht einer wirklich<br />

schweren narzisstischen Persönlichkeitspathologie und auf die damit<br />

verbundene enorm schwierige therapeutische Erreichbarkeit.<br />

2. Ich verstand erst nach und nach diese Form der Persönlichkeitspatho-<br />

logie und die mit ihr verbundenen manipulativen Techniken projektiver<br />

Identifikation und Verweigerung auf dem Hintergrund eines abgrundtie-<br />

fen Hasses.

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