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Beschwerden im MRV Text Gerhard Bliersbach

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Hydropflanzen schleudern. Herr Z. gab nach und ließ sich von uns etwas<br />

sagen. Seiner Drohung wegen wurde er auf die Krisenstation verlegt.<br />

Herr Z. wurde bald entlassen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit. In<br />

der Stellungnahme zu seiner Behandlung hatte ich geschrieben: Die Be-<br />

handlung <strong>im</strong> <strong>MRV</strong> hat ihn nicht erreicht.<br />

Vier Jahre später nämlich kam Herr Z. als forensischer Patient zurück. Er<br />

hatte – wahrscheinlich <strong>im</strong> Kontext eines ihn frustrierenden, sehr krän-<br />

kenden Verkehrs – die junge Frau, die er nur kurz kannte, in seiner ra-<br />

senden Wut mit mehreren Messerstichen getötet. Er kam zu uns als<br />

Mörder – das war unser Bild von ihm, in dem sich gewissermaßen die<br />

therapeutische Unmöglichkeit verdichtete; der alte Ärger des therapeuti-<br />

schen Teams war sofort wieder da; die erlittenen Kränkungen <strong>im</strong> Um-<br />

gang mit ihm formierten sich zu unserer Unfähigkeit, einen therapeuti-<br />

schen Kontakt herzustellen, weil die Reaktionen, die Herr Z. auslöste,<br />

nicht produktiv gewendet werden konnten. Das therapeutische Team der<br />

Station, für die ich verantwortlich war, fürchtete diesen Patienten und be-<br />

kämpfte ihn und verwickelte sich in einen unproduktiven, nicht hilfreichen<br />

clinch – wobei natürlich die Frage ist, wie man ihn angesichts seiner Pa-<br />

thologie hätte erreichen können.<br />

Ich erzähle Ihnen die Geschichte mit diesem Patienten zu Ende – was<br />

meinen Kontakt zu ihm angeht. Wir vereinbarten eine 3-monatige Be-<br />

handlung auf unserer Station zur Probe – um zu sehen, ob ein therapeu-<br />

tischer Kontakt gelingt. Ausgänge, Lockerungen stünden bei uns nicht<br />

zur Debatte. Er unterschrieb diese Bedingungen. Ich hatte Herrn Z. <strong>im</strong><br />

Einzelkontakt und eine beobachtende Haltung eingenommen; ich wollte<br />

seine Geschichte klären und mich nicht verwickeln lassen. Herr Z. be-<br />

gann die Gespräche stets mit seinem umfangreichen Bericht unserer<br />

Versäumnisse; er war ein brillanter Beobachter unserer Unzulänglichkei-

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