Vitaminveränderungen bei der Lebensmittelverarbeitung im ... - Aid
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Antal Bognár<br />
<strong>Vitaminverän<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>bei</strong><br />
<strong>der</strong> Lebensmittelverar<strong>bei</strong>tung<br />
<strong>im</strong> Haushalt<br />
Die Lebensmittelverar<strong>bei</strong>tung <strong>im</strong> Haushalt<br />
umfasst alle Maßnahmen und Verfahren,<br />
die zur Zubereitung von verzehrfertigen<br />
Speisen dienen. Sie lassen sich den Ar<strong>bei</strong>ts-<br />
bereichen Lagern, Zubereiten, Aufbereiten<br />
und Haltbarmachen zuordnen.<br />
Die Lagerung hat die Funktion einer kurzo<strong>der</strong><br />
längerfristigen Vorratshaltung. Sie<br />
erfolgt <strong>bei</strong> Temperaturen zwischen 4 Grad<br />
Celsius und 30 Grad Celsius in Kühlschrank,<br />
Keller o<strong>der</strong> Vorratsraum sowie <strong>bei</strong> -18 Grad<br />
Celsius in Gefrierschrank o<strong>der</strong> -truhe. Bei<br />
<strong>der</strong> Vorratshaltung von Lebensmitteln ist vor<br />
allem mit Verän<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong> Vitamingehalt<br />
zu rechnen. Bei rohem Gemüse und Obst<br />
können außerdem Verluste durch Verwelken<br />
und Austrocknen auftreten.<br />
Die Vitaminerhaltung hängt, wie zahlreiche<br />
Befunde bestätigen, <strong>im</strong> Wesentlichen von<br />
den inneren Eigenschaften von Gemüse und<br />
Obst (pH-Wert des Zellsaftes, Gehalt an<br />
Oxidationsenzymen), <strong>der</strong> äußeren Beschaffenheit<br />
<strong>der</strong> Ware, <strong>der</strong> Unversehrtheit <strong>der</strong><br />
Pflanzenzellen, <strong>der</strong> Lagertemperatur und<br />
-zeit sowie <strong>der</strong> relativen Luftfeuchte und<br />
dem Sauerstoffgehalt in <strong>der</strong> Lageratmosphäre<br />
ab.<br />
Die wichtigsten Behandlungsschritte <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Zubereitung von Lebensmitteln sind Vorbereiten,<br />
Garen und/o<strong>der</strong> Aufbereiten. Die<br />
Zubereitung von Lebensmitteln durch Garen<br />
(Kochen, Dämpfen, Dünsten, Backen, Braten,<br />
Frittieren etc.) führt durch die Hitzeeinwirkung<br />
zu umfangreichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Lebensmittelinhaltstoffe. Ein Teil<br />
dieser Verän<strong>der</strong>ungen ist erwünscht (z. B.<br />
Bildung von appetitanregenden Aromastoffen,<br />
Inaktivierung von Enzyminhibitoren,<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Konsistenz), ein Teil unerwünscht<br />
(z. B. Herauslösen von Nährstoffen<br />
und Abbau von Vitaminen). Der Umfang <strong>der</strong><br />
Verän<strong>der</strong>ungen hängt vor allem von <strong>der</strong> Art<br />
und dem Bear<strong>bei</strong>tungsgrad <strong>der</strong> verwendeten<br />
Lebensmittel sowie von den Garbedingungen<br />
(Garmedium, -temperatur, -zeit) ab. Für die<br />
Vorratshaltung und Zubereitung <strong>im</strong> Haushalt<br />
dienen heute neben rohen, unbear<strong>bei</strong>teten<br />
<strong>im</strong>mer häufiger industriell vorgefertigte und<br />
haltbar gemachte Lebensmittel (küchen-,<br />
gar-, aufbereit- o<strong>der</strong> essfertige Convenience-<br />
Produkte). Sie können je nach Verar<strong>bei</strong>tung<br />
in die folgenden Gruppen eingeteilt werden:<br />
gekühlte Ware, pasteurisierte Ware, sterili-<br />
sierte Ware (Sterilkonserven), tiefgefrorene<br />
Ware (TK-Produkte) und Trockenprodukte.<br />
Sie sind in rohem, halbgarem und gegartem<br />
Zustand erhältlich. Sterilkonserven sind<br />
wegen <strong>der</strong> intensiven Hitzebehandlung<br />
bereits gar.<br />
Über die Nährstoffverän<strong>der</strong>ungen <strong>bei</strong> Lagerung<br />
und Zubereitung unterschiedlicher<br />
Lebensmittelprodukte liegen in <strong>der</strong> Fachliteratur<br />
eine Fülle von Untersuchungsergebnissen<br />
vor (Bognár 1988; Bognár et al. 1990;<br />
Bognár, Knaus 1989; Bognár 1990;<br />
Bognár, Piekarski 1986; Bognár 1993;<br />
Fennema 1987; McCance, Widowson’s<br />
1991; Ryley, Kajda 1994; Selmann 1994;<br />
Seymour 1987; Spieß 1985; Zacharias,<br />
Bognár 1977). Dieser Beitrag stellt die<br />
Verän<strong>der</strong>ungen von Vitaminen <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Zubereitung von Gemüse und Obst anhand<br />
von Literaturbefunden und aktuellen<br />
Untersuchungsergebnissen vor.<br />
<strong>Vitaminverän<strong>der</strong>ungen</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zubereitung<br />
Vorbereiten<br />
Durch die mechanischen Trennprozesse wie<br />
Schälen, Putzen, Mahlen, Sichten, Pressen<br />
und Filtrieren ergeben sich relative Verluste<br />
o<strong>der</strong> Anreicherungen an Vitaminen <strong>im</strong>mer<br />
dann, wenn die einzelnen Fraktionen unterschiedliche<br />
Vitaminkonzentrationen enthalten.<br />
Klassische Beispiele sind das Schälen<br />
o<strong>der</strong> Auspressen von Zitrusfrüchten o<strong>der</strong><br />
das Abtrennen <strong>der</strong> Schale und <strong>der</strong> vitaminreichen<br />
Außenschichten <strong>bei</strong>m Getreide<br />
durch Ausmahlen und Fraktionieren. Da<strong>bei</strong><br />
können sowohl vitaminreiche als auch<br />
vitaminarme Fraktionen entstehen.<br />
330 ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03
Neben den mechanischen Trennvorgängen<br />
gehört das Waschen und Zerkleinern zu den<br />
wichtigsten Vorbereitungsar<strong>bei</strong>ten für<br />
Gemüse und Obst. Das kurze Waschen von<br />
rohen, unzerkleinerten Lebensmitteln verursacht<br />
keine wesentlichen Vitaminverluste.<br />
Das insbeson<strong>der</strong>e in Großküchen häufig<br />
angewandte Wässern von Gemüse und<br />
Kartoffeln kann dagegen zu einem mit <strong>der</strong><br />
Zeit stark ansteigenden Auslaugverlust an<br />
wasserlöslichen Vitaminen führen.<br />
Die Auslaugverluste an Vitamin C (Ascorbinsäure)<br />
schwankten nach 15 Minuten<br />
Wässern je nach Gemüseart und Zerkleinerungsgrad<br />
zwischen 2 und 30 Prozent. Nach<br />
60 Minuten Wässern lagen die Verluste nahezu<br />
doppelt so hoch. Die Vitamin-B 1 -Abnahme<br />
(Thiamin) war nach 15 Minuten Wässern<br />
relativ gering, stieg jedoch nach 60 Minuten<br />
bis auf 20 Prozent an (Bognár 1988).<br />
Das Zerkleinern von rohem Gemüse und<br />
Obst wie Schneiden, Reiben, Zerquetschen<br />
o<strong>der</strong> Mixen beschleunigt den enzymatischen<br />
Abbau von Vitamin C. So betrugen die Verluste<br />
in Spinat, Weißkohl, Tomaten, Kartoffeln<br />
und Bananen 2 bis 10 Prozent direkt<br />
nach dem Mixen und 4 bis 34 Prozent nach<br />
drei Stunden Stehen <strong>bei</strong> 20 Grad Celsius<br />
(Bognár 1988).<br />
In zerkleinertem Chinakohl, Rotkohl, Weißkohl<br />
und geraffelten Äpfeln schwankten die<br />
Verluste zwischen 26 und 62 Prozent nach<br />
zwei Stunden Aufbewahren in <strong>der</strong> Küche<br />
(Bognár 1988). Die Zugabe von Essig und<br />
Zitronensaft verlangsamte den Abbau von<br />
Ascorbinsäure deutlich. Das Aufbewahren in<br />
luftdicht verschlossenen Verpackungen <strong>bei</strong><br />
Kühlschranktemperatur (ca. 4 °C) verbesserte<br />
die Vitamin-C-Erhaltung deutlich.<br />
ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03<br />
Foto: <strong>im</strong>agesource<br />
Garen<br />
Zum Garen von Lebensmitteln dienen in <strong>der</strong><br />
Haushaltsküche etwa 16 verschiedene<br />
Verfahren, die sich durch die Art des Garmediums<br />
und des Energieträgers sowie<br />
durch die Art <strong>der</strong> Wärmeübertragung auf<br />
das Gargut unterscheiden (Bognár 1988).<br />
Wie verschiedene Untersuchungen zeigten,<br />
besteht <strong>bei</strong>m Garen von Lebensmitteln in<br />
Wasser und/o<strong>der</strong> Wasserdampf ein funktioneller<br />
Zusammenhang zwischen Gartemperatur<br />
und Garzeit. Eine Erhöhung <strong>der</strong> Gartemperatur<br />
bewirkt <strong>im</strong>mer eine Verkürzung<br />
<strong>der</strong> Garzeit. Wenn als Bezugsmaß eine Temperaturdifferenz<br />
von zehn Grad Celsius gilt,<br />
verän<strong>der</strong>t sich die Garzeit je nach Lebensmittel<br />
um den Faktor<br />
1,5 bis 3,5 (Bognár,<br />
Piekarski 1986).<br />
Der Gehalt an Vitamin<br />
C nahm in den<br />
meisten Gemüsearten<br />
und Kartoffeln<br />
<strong>im</strong> Mittel um 35 Prozent<br />
<strong>bei</strong>m Kochen,<br />
25 Prozent <strong>bei</strong>m<br />
Dämpfen und 20<br />
Prozent <strong>bei</strong>m Dünsten<br />
ab. Die höheren<br />
Verluste <strong>bei</strong>m<br />
Kochen sind, wie<br />
Tabelle 1 zeigt, ausschließlich<br />
auf die<br />
größeren Auslaugverluste<br />
durch das<br />
Wasser zurückzuführen.Dementsprechend<br />
lagen die<br />
mittleren Abbauverluste<br />
<strong>bei</strong> den Verfahren<br />
Kochen, Dämpfen<br />
und Dünsten<br />
etwa in <strong>der</strong> gleichen<br />
Größenordnung (15<br />
bis 20 %). Be<strong>im</strong><br />
Kochen und Dünsten<br />
von Kohlarten und<br />
Spinat sowie von<br />
einigen Obstarten ergaben sich zwei- bis<br />
dre<strong>im</strong>al höhere Abbauverluste. Sie sind zum<br />
Teil auf die längeren Garzeiten und den stärkeren<br />
enzymatischen Abbau zurückzuführen<br />
(Bognár 1988; Bognár, Piekarski 1986;<br />
Bognár 1993; Burg, Fraile 1995). Garen <strong>im</strong><br />
Druckkochtopf und <strong>im</strong> Mikrowellenherd<br />
bewirkte in <strong>der</strong> Regel keine bessere<br />
Vitamin-C-Erhaltung als das konventionelle<br />
Garen <strong>bei</strong> 100 Grad Celsius (Bognár 1988).<br />
Die Verän<strong>der</strong>ung des Vitamin-C-Gehaltes in<br />
Gemüse während des Garens <strong>bei</strong> verschiedenen<br />
Temperaturen wurde in Modellversuchen<br />
mit Kartoffeln und Rotkohl näher<br />
untersucht (Bognár, Piekarski 1986). Wie<br />
aus den Abbildungen 1 und 2 hervorgeht,<br />
Tabelle 1: Vitamin-C-Verluste <strong>bei</strong>m Garen von pflanzlichen Lebensmitteln –<br />
Mittelwerte und Schwankungsbreiten (Bognár 1988, 1993,<br />
1989–2002, 2003)<br />
Lebensmittel Garverfahren Verlust in %<br />
Gesamt Abbau<br />
Durch- von Durch- von<br />
schnitt bis schnitt bis<br />
Gemüse A Kochen 35 20–60 15 10–20<br />
(10 bis 12 Arten Dämpfen 25 20–40 17 10–20<br />
z. B. Aubergine, Dünsten 20 10–30 20 10–30<br />
Brokkoli, Paprika) Frittieren 10 5–15 10 5–15<br />
Gemüse B Kochen 60 40–70 45 30–70<br />
(Rotkohl, Weißkohl, Dämpfen 30 20–50 – –<br />
Wirsing, Spinat) Dünsten 42 20–70 42 20–70<br />
Gemüse C Kochen 60 40–70 15 10–20<br />
(z. B. Möhre, Dämpfen 20 10–30 15 10–20<br />
Kohlrabi, Sellerie, Dünsten 15 10–25 15 10–20<br />
Zwiebel) Braten 15 10–20 15 10–20<br />
Kartoffeln, Kochen 15 10–22 – –<br />
ungeschält Backen 15 10–22 10 10–22<br />
Kartoffeln, Kochen 30 20–40 15 10–20<br />
geschält Dämpfen 20 10–30 15 10–20<br />
Dünsten 15 10–20 15 10–20<br />
Braten 47 45–55 47 45–55<br />
Frittieren 10 10–20 10 10–20<br />
Kochen/Braten 45 40–55 30 20–40<br />
Kartoffeltrocken- Kochen 30 20–40 5 0–10<br />
produkte (z.B. Kartof- Dünsten 10 5–15 10 5–15<br />
felbrei, Knödel) Braten/Frittieren 5 0–10 5 0–10<br />
Obst (Beeren, Kochen 60 50–70 30 20–40<br />
Kirschen) Dünsten 40 20–70 40 20–70<br />
Obstkuchen Backen 30 20–40 30 20–4<br />
(Apfel, Rhabarber)<br />
Anzahl <strong>der</strong> untersuchten Arten 2 bis 13
Erhaltung (Kartoffeln und Garflüssigkeit) in %<br />
Erhaltung (Rotkohl und Garflüssigkeit) in %<br />
Erhaltung (Rotkohl und Garflüssigkeit) in %<br />
µg/100 g (Gargut + Garflüssigkeit)<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
★ ★<br />
50<br />
40<br />
120 °C<br />
100 °C<br />
30<br />
In y 80 °C = In 97,80 - 0,0108x; r = 0,9984<br />
20<br />
10<br />
0<br />
In y 100 °C = In 89,23 - 0,0044x; r = 0,9894<br />
In y 120 °C = In 88,96 - 0,0102x; r = 0,9980<br />
★ = Kartoffel, gar<br />
★<br />
80 °C<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
Erhitzungsdauer in Minuten<br />
100<br />
90<br />
In y 80 °C = In 108,10 - 0,0259x; r = 0,9977<br />
In y 100 °C = In 94,35 - 0,0095x; r = 0,9967<br />
80<br />
70<br />
60<br />
In y 110 °C = In 95,25 - 0,0250x; r = 0,9985<br />
In y 120 °C = In 88,60 - 0,0316x; r = 0,9911<br />
★ = Rotkohl, gar<br />
50<br />
40<br />
★ ★<br />
30<br />
★<br />
20<br />
100 °C<br />
10<br />
0<br />
110 °C<br />
120 °C<br />
80 °C<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220<br />
Erhitzungsdauer in Minuten<br />
100<br />
90<br />
★ ★ ★<br />
90 °C<br />
80<br />
100 °C<br />
70<br />
60<br />
110 °C<br />
50<br />
120 °C<br />
40<br />
In y 90 °C = In 101,50 - 0,0005x; r = 0,9691<br />
30 In y 100 °C = In 101,30 - 0,0010x; r = 0,9946<br />
20<br />
In y 110 °C = In 101,10 - 0,0025x; r = 0,9950<br />
In y 120 °C = In 101,40 - 0,0050x; r = 0,9974<br />
10<br />
0<br />
★ = Rotkohl, gar<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220<br />
Erhitzungsdauer in Minuten<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
90<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
★ ★ ★<br />
★ = Rotkohl, gar<br />
0 50 100 150 200<br />
Erhitzungsdauer in Minuten<br />
120 °C<br />
110 °C<br />
90 °C<br />
100 °C<br />
Abbildung 1:<br />
Einfluss von Gartemperatur<br />
und -zeit auf den Gehalt an<br />
Vitamin C <strong>bei</strong>m Kochen von<br />
Kartoffeln<br />
(Bognár, Piekarski 1986)<br />
Abbildung 2:<br />
Einfluss von Gartemperatur<br />
und -zeit auf den Gehalt an<br />
Vitamin C <strong>bei</strong>m Dünsten von<br />
Rotkohl (mit Essigzusatz;<br />
pH = 3,5)<br />
(Bognár, Piekarski 1986)<br />
Abbildung 3:<br />
Einfluss von Gartemperatur<br />
und -zeit auf den Gehalt an<br />
Vitamin B 1 <strong>bei</strong>m Dünsten<br />
von Rotkohl (mit Essigzusatz;<br />
pH = 3,5)<br />
(Bognár, Piekarski 1986)<br />
Abbildung 4:<br />
Einfluss von Gartemperatur<br />
und -zeit auf den Gehalt an<br />
Vitamin B 2 <strong>bei</strong>m Dünsten<br />
von Rotkohl (mit Essigzusatz;<br />
pH = 3,5)<br />
(Bognár 1986)<br />
baute sich Vitamin C während <strong>der</strong> Angarphase<br />
<strong>im</strong> Temperaturbereich von 20 Grad<br />
Celsius bis 120 Grad Celsius wesentlich<br />
schneller ab als während des eigentlichen<br />
Garprozesses. Dies weist auf die Wirkung<br />
von Peroxidaseenzymen hin.<br />
Bekanntlich erreicht die Aktivität <strong>der</strong> Peroxidasen<br />
ihr Max<strong>im</strong>um <strong>bei</strong> etwa 40 Grad<br />
Celsius. Eine allmähliche Inaktivierung<br />
erfolgt meist <strong>bei</strong> Temperaturen oberhalb von<br />
70 Grad. So ergab die Best<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> Enzymaktivitäten<br />
in den <strong>bei</strong> 80 Grad erhitzten<br />
Kartoffel- und Rotkohlproben, dass eine<br />
vollständige Peroxidaseinaktivierung <strong>bei</strong><br />
dieser Temperatur erst nach rund 150<br />
Minuten eintrat (Bognár, Piekarski 1986).<br />
Neuere Untersuchungen an Kartoffeln<br />
bestätigen den Einfluss <strong>der</strong> Enzyme auf den<br />
Vitamin-C-Abbau zu Beginn des Garens<br />
(Burg, Fraile 1995).<br />
Die geringen Vitamin-C-Verluste <strong>bei</strong>m Frittieren<br />
von Kartoffeln lassen sich daher<br />
durch die schnelle Enzyminaktivierung <strong>bei</strong><br />
den hohen Frittiertemperaturen erklären.<br />
Nach Inaktivierung <strong>der</strong> Oxidationsenzyme<br />
erfolgte <strong>der</strong> Vitamin-C-Abbau nach einer<br />
Reaktion erster Ordnung. Durch eine<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Gartemperatur um zehn Grad<br />
Celsius beschleunigte sich <strong>der</strong> Abbau pro<br />
Zeiteinheit um den Faktor 1,2 bis 2,0. Die<br />
Unterschiede zwischen den Vitamin-C-<br />
Abbauraten pro Minute <strong>bei</strong>m Garen von<br />
Kartoffeln und Rotkohl deuten jedoch darauf<br />
hin, dass die Abbaugeschwindigkeit auch<br />
noch von an<strong>der</strong>en Faktoren (z. B. Mineralstoffgehalt,<br />
pH-Wert) abhängt.<br />
Die Vitamin-B 1 -Verluste in Gemüse und<br />
Kartoffeln betrugen <strong>im</strong> Mittel rund 35 Prozent<br />
<strong>bei</strong>m Kochen, 20 Prozent <strong>bei</strong>m Dämpfen<br />
und 10 Prozent <strong>bei</strong>m Dünsten (Tab. 2).<br />
Die schlechtere Thiaminerhaltung <strong>bei</strong>m<br />
Kochen ist, ähnlich wie <strong>bei</strong> Vitamin C, auf<br />
die höheren Auslaugverluste zurückzuführen,<br />
da die Abbauverluste <strong>bei</strong>m Kochen,<br />
Dämpfen und Dünsten in den meisten Fällen<br />
nahezu gleich waren.<br />
Bedingt durch die unterschiedlichen Garzeiten<br />
schwankten die Abbauverluste je nach<br />
Art des Lebensmittels zwischen 5 und 40<br />
Prozent. Die hohen Verluste in Bratkartoffeln<br />
kamen vorwiegend durch die Auslaugverluste<br />
<strong>bei</strong>m Vorkochen <strong>der</strong> Kartoffeln<br />
zustande. Be<strong>im</strong> Garen von Vollkorngetreide<br />
und Hülsenfrüchten entstanden die hohen<br />
Abbauverluste vor allem durch die relativ<br />
langen Garzeiten.<br />
Der Einfluss von Gartemperatur und -zeit auf<br />
den Abbau von Vitamin B 1 in Gemüse wurde<br />
<strong>bei</strong>m Dünsten von Rotkohl näher untersucht<br />
(Bognár, Piekarski 1986). Bis zum Erreichen<br />
<strong>der</strong> Gartemperatur von 80 bis 120<br />
ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03
Grad Celsius fand praktisch kein Abbau an<br />
Thiamin statt. Während <strong>der</strong> weiteren thermischen<br />
Behandlung nahm <strong>der</strong> Gehalt exponenziell<br />
ab (Abb. 3). Die vorliegenden<br />
Ergebnisse deuten darauf hin, dass <strong>der</strong> Vitamin-B<br />
1 -Abbau in Gemüse und sicherlich<br />
auch in Getreide nach einer Reaktion erster<br />
Ordnung abläuft. Die Erhöhung <strong>der</strong> Gartemperatur<br />
um zehn Grad Celsius bewirkte<br />
einen um den Faktor zwei bis drei schnelleren<br />
Abbau pro Zeiteinheit (Bognár, Piekarski<br />
1986). Da die Garzeiten von Lebensmitteln<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Gartemperatur<br />
um zehn Grad Celsius in <strong>der</strong> Regel etwa um<br />
die gleichen Faktoren sinken, ist zu folgern,<br />
dass <strong>bei</strong> unterschiedlichen Gartemperaturen<br />
mit etwa gleich hohen Vitamin-B 1 -Verlusten<br />
zu rechnen ist. Voraussetzung ist allerdings,<br />
dass ein gegebenes Lebensmittel <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
jeweiligen Gartemperatur bis zum gleichen<br />
Garzustand erhitzt wird. So ist auch zu<br />
erklären, dass die Vitamin-B 1 -Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in Lebensmitteln <strong>bei</strong>m Garen <strong>im</strong> Normalkochtopf<br />
(100 °C), <strong>im</strong> Druckkochtopf<br />
(110 – 120 °C) o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Mikrowellengerät<br />
meist in <strong>der</strong> gleichen Größenordnung lagen<br />
(Bognár 1988; Steiner et al. 1993).<br />
Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong> Vitamin-B 2 -Gehalt<br />
<strong>bei</strong>m Garen von Gemüse und Getreide<br />
schwankten zwischen 35 Prozent Verlust<br />
und 350 Prozent Zunahme (Tab. 3). Die<br />
Verluste entstanden vorwiegend durch das<br />
Herauslösen mit Wasser. Sie betrugen <strong>bei</strong>m<br />
Kochen von Gemüse <strong>im</strong> Mittel 35 Prozent.<br />
Ein deutlicher Abbau von Vitamin B 2 war<br />
we<strong>der</strong> <strong>bei</strong>m Kochen, noch <strong>bei</strong>m Dämpfen<br />
o<strong>der</strong> Dünsten feststellbar. In einigen Gemüsearten<br />
(z. B. Blumenkohl, Rotkohl, Kartoffeln)<br />
kam es vielmehr zu einer Zunahme.<br />
Über die Wirkung von Gartemperatur und<br />
-zeit auf den Vitamin-B 2 -Gehalt in Gemüse<br />
gibt Abbildung 4 am Beispiel von Rotkohl<br />
Auskunft. Es ist leicht zu erkennen, dass <strong>der</strong><br />
Riboflavingehalt <strong>im</strong> Verlauf <strong>der</strong> Hitzebehandlung<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger stark anstieg.<br />
Diese Zunahme deutet auf eine Freisetzung<br />
von Vitamin B 2 aus gebundenen Formen hin.<br />
Aus welcher Verbindung Riboflavin freigesetzt<br />
wird, ist noch nicht bekannt.<br />
Vitamin B 6 kommt in Lebensmitteln als<br />
Pyridoxamin, Pyridoxal und Pyridoxin<br />
gebunden o<strong>der</strong> frei vor. Be<strong>im</strong> Garen wird<br />
Vitamin B 6 zum Teil abgebaut und zum Teil<br />
herausgelöst (Tab. 4). Die Abbauverluste<br />
schwankten je nach Art des Lebensmittels<br />
zwischen 3 und 30 Prozent. Die vorliegenden<br />
Befunde weisen darauf hin, dass das<br />
Garen von Lebensmitteln hauptsächlich Pyridoxamin<br />
und Pyridoxal zerstört, während<br />
Pyridoxin weitgehend hitzestabil ist.<br />
ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03<br />
Über die Verän<strong>der</strong>ung<br />
des Folsäuregehaltes<br />
<strong>bei</strong>m Garen<br />
von Lebensmitteln<br />
liegen bisher wenig<br />
differenzierte und<br />
gesicherte Angaben<br />
vor. Als Folate<br />
bezeichnet man verschiedeneVerbindungen<br />
mit ähnlicher<br />
Grundstruktur<br />
und biologischer<br />
Funktion.<br />
Pteroylglutaminsäure<br />
o<strong>der</strong> Folsäure<br />
ist die Grundeinheit<br />
dieser Verbindungen,<br />
<strong>der</strong>en<br />
analytische Best<strong>im</strong>mung<br />
nach wie vor<br />
gewisse Schwierigkeiten<br />
bereitet.<br />
Die mittleren Verluste<br />
an Gesamtfolsäure<br />
<strong>bei</strong>m Garen<br />
schwankten zwischen<br />
25 Prozent<br />
<strong>bei</strong>m Dünsten und<br />
50 Prozent <strong>bei</strong>m<br />
Kochen (Abb. 5).<br />
Die höheren Verluste<br />
<strong>bei</strong>m Kochen <strong>im</strong> Vergleich<br />
zum Dünsten<br />
sind wie <strong>bei</strong> den<br />
an<strong>der</strong>en wasserlöslichen<br />
Vitaminen auf<br />
das Herauslösen<br />
durch die Garflüssigkeit<br />
zurückzuführen.<br />
Biotin kommt in<br />
Lebensmitteln häufig<br />
an Proteine gebunden<br />
vor. Auslaugverluste<br />
sind daher<br />
gering. Auch die<br />
Beständigkeit gegen<br />
thermische Einflüsse<br />
ist recht gut. VerschiedenenLiteraturbefunden<br />
zufolge<br />
waren die Abbauverluste<br />
sowohl <strong>bei</strong><br />
pflanzlichen als auch<br />
<strong>bei</strong> tierischen<br />
Lebensmitteln niedriger<br />
als 20 Prozent.<br />
Neuere Untersuchungen<br />
zeigen,<br />
dass die Verluste<br />
auch nach 150<br />
Tabelle 2: Vitamin-B 1-Verluste <strong>bei</strong>m Garen von pflanzlichen Lebensmitteln<br />
– Mittelwerte und Schwankungsbreiten (Bognár 1988, 1993,<br />
1989–2002, 2003)<br />
Lebensmittel Garverfahren Verlust in %<br />
Gesamt Abbau<br />
Durch- von Durch- von<br />
schnitt bis schnitt bis<br />
Gemüse (Blatt-, Kochen 35 25–65 10 2–25<br />
Blüten-, Frucht-, Dämpfen 20 5–50 10 2–25<br />
Knollen-, Stängel-, Dünsten 10 2–20 10 2–27<br />
Wurzel-) 1) Frittieren 10 5–15 10 5–15<br />
Kartoffeln, Kochen 15 7–23 – –<br />
ungeschält Backen 12 6–18 12 6–18<br />
Kartoffeln, Kochen 27 18–36 12 5–20<br />
geschält Dämpfen 15 5–18 12 5–18<br />
Dünsten 15 16–20 15 6–20<br />
Braten* 47 44–50 47 44–50<br />
Frittieren 17 15–20 17 15–25<br />
Kochen/Braten 35 30–40 20 15–25<br />
Kartoffeltrocken- Kochen 20 10–30 10 5–15<br />
produkte (Kartoffel- Dünsten 10 5–10 10 5–15<br />
brei, Kroketten, Knödel)<br />
Kartoffelprodukte (TK) Braten/Frittieren 15 10–20 15 10–20<br />
Backen <strong>im</strong> Ofen 10 5–15 10 5–15<br />
Obst (Beeren, Kochen 22 15–30 5 2–10<br />
Kirschen, Äpfel) Dünsten 5 2–10 5 2–10<br />
Getreide (Vollkornreis, Kochen 40 29–50 19 10–25<br />
-weizen, -teigwaren, Dünsten 192 11–23 19 11–23<br />
Hirse, Brot und Kuchen) 1) Backen 26 10–40 26 10–40<br />
Hülsenfrüchte Kochen 50 40–60 25 20–30<br />
Tabelle 3: Vitamin-B 2-Verluste <strong>bei</strong>m Garen von pflanzlichen Lebensmitteln<br />
– Mittelwerte und Schwankungsbreiten (Bognár 1988, 1993,<br />
1994–2002, 2003)<br />
Lebensmittel Garverfahren Verlust in % 1)<br />
Gesamt Abbau<br />
Durch- von Durch- von<br />
schnitt bis schnitt bis<br />
Gemüse (Blatt-, Kochen 35 20–70 5 ± 15<br />
Blüten-, Frucht-, Dämpfen 10 5–15 5 ± 15<br />
Knollen-,Stängel-,<br />
Wurzel)<br />
Dünsten 5 ±15 5 ± 15<br />
1)<br />
Kartoffeln, Kochen 10 – 0 –<br />
ungeschält Backen 10 – 10 –<br />
Kartoffeln, Kochen 15 7–23 2 ± 5<br />
geschält Dämpfen 5 0–10 – –<br />
Braten* +200 190– +200 190–<br />
210 210<br />
Frittieren + 90 +80– + 90 +80–<br />
100 100<br />
Kochen/ +250 +140– +250 140–<br />
Braten 360 360<br />
Kartoffeltrocken- Kochen 10 5–15 5 2–10<br />
produkte (Kartoffel- Dünsten 5 0–5 5 0–5<br />
brei, Knödel, Kroketten) Frittieren 5 0–5 5 0–5<br />
Kartoffelprodukte, Frittieren 5 – 5 –<br />
TK (Pommes frites,<br />
Kroketten)<br />
Backen <strong>im</strong> Ofen 5 – 5 –<br />
Getreide (Vollkornreis, Kochen 25 2–30 5 0–10<br />
-weizen, -teigwaren, Dünsten 5 0–10 5 0–10<br />
Hirse, Brot und Kuchen) 1) Backen 0 ±10 0 ±10<br />
Hülsenfrüchte<br />
(3 Arten)<br />
Kochen 25 20–30 0 –<br />
* Kartoffelpuffer; 1) Anzahl <strong>der</strong> untersuchten Arten: 2 bis 13; – nicht bekannt
Verlust <strong>im</strong> Gargut in %<br />
Verlust <strong>im</strong> Gargut in %<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
20<br />
30<br />
10<br />
■ Auslaug-, Tropfverlust<br />
■ Abbauverlust<br />
30 30<br />
25<br />
25<br />
10<br />
30<br />
25 25<br />
1 = Kochen<br />
2 = Dämpfen<br />
3 = Dünsten<br />
4 = Frittieren<br />
5 = Braten<br />
1 2 3 1 2 3 4<br />
1 5<br />
Blattgemüse<br />
Kartoffeln Leber/Nieren Eier<br />
1 = Linsen und Erbsen, nicht eingeweicht (Garzeit: 20 min.)<br />
2 = Linsen und Erbsen, über Nacht eingeweicht<br />
Einweichwasser nicht verwendet (Garzeit: 20 min.)<br />
3 = Verschiedene Bohnensorten, über Nacht eingeweicht<br />
Einweichwasser nicht verwendet (Garzeit: 90 min.)<br />
4 = Bohnen und Erbsen, über Nacht eingeweicht<br />
Einweichwasser nicht verwendet (Garzeit: 150 min.)<br />
■ Abbauverlust<br />
■ Auslaug- und Abbauverlust<br />
5<br />
10<br />
8<br />
1 2 3 4<br />
Biotin<br />
15<br />
Tabelle 4: Vitamin-B 6-Verluste <strong>bei</strong>m Garen von pflanzlichen Lebensmitteln<br />
– Mittelwerte und Schwankungsbreiten (Bognár 1988, 1993,<br />
1994–2002, 2003)<br />
Lebensmittel Garverfahren Verlust in %<br />
Gesamt Abbau<br />
Durch- von Durch- von<br />
schnitt bis schnitt bis<br />
Gemüse (Blatt-, Blüten-, Kochen 35 20–60 10 5–15<br />
Frucht-, Knollen-, Dämpfen 15 7–20 10 5–12<br />
Stängel-, Wurzel-) 1) Dünsten 10 3–15 10 3–15<br />
Kartoffeln, Kochen 15 – 5 –<br />
ungeschält Backen 10 – 5 –<br />
Kartoffeln, Kochen 30 20–40 17 15–20<br />
geschält Dämpfen 18 15–25 13 15–20<br />
Dünsten 10 8–12 10 8–12<br />
Braten* 8 4–12 8 4–12<br />
Frittieren 7 3–10 7 3–10<br />
Kochen/Braten 33 25–40 20 18–22<br />
Kartoffeltrockenpro- Kochen 20 10–30 10 5–15<br />
dukte (Kartoffelbrei, Dünsten 10 5–15 10 5–15<br />
Knödel, Kroketten) Braten, Frittieren 5 – 5 –<br />
Kartoffelprodukte, Backen in Ofen 5 0–10 5 0–10<br />
TK (Pommes frites, Frittieren 10 5–15 10 5–15<br />
Kroketten)<br />
Getreide (Vollkornreis, Kochen 30 23–45 12 1–20<br />
-weizen, -teigwaren, Dünsten 12 1–20 12 1–20<br />
Hirse, Brot und Kuchen) 1) Backen 10 5–25 10 5–25<br />
Hülsenfrüchte Kochen 30 20–40 20 10–30<br />
(3 Arten)<br />
* Kartoffelpuffer; 1) Anzahl <strong>der</strong> untersuchten Arten: 1–12; – nicht bekannt<br />
24<br />
56<br />
5<br />
30<br />
42<br />
46<br />
30<br />
1 2 3 4<br />
Pantothensäure<br />
Abbildung 5:<br />
Verluste an<br />
Gesamtfolsäure<br />
<strong>bei</strong>m Garen von<br />
Lebensmitteln<br />
(Mittelwerte)<br />
(Selman 1994;<br />
McConce,<br />
Widdeswan 1991;<br />
Hawkas, Villeta<br />
1992)<br />
Abbildung 6:<br />
Biotin- und Pantothensäureverluste<br />
<strong>bei</strong>m Kochen von<br />
Leguminosen<br />
(Hoppner, Lampi<br />
1993)<br />
Minuten Garen von<br />
Leguminosen nicht<br />
höher als 30 Prozent<br />
lagen (Abb. 6).<br />
Pantothensäure<br />
kommt in Lebensmitteln<br />
ebenfalls in<br />
freier und gebundener<br />
Form vor. Das<br />
Verhältnis <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den<br />
Formen ist in<br />
verschiedenen<br />
Lebensmitteln recht<br />
unterschiedlich. Aus<br />
den vorliegenden<br />
Untersuchungsergebnissen<br />
lässt<br />
sich schließen, dass<br />
ein großer Teil <strong>der</strong><br />
Garverluste auf<br />
Auslaugverluste<br />
zurückzuführen ist<br />
(Abb. 6). Die Pantothensäureverluste<br />
<strong>bei</strong>m Garen von<br />
Leguminosen<br />
schwankten, je<br />
nachdem, ob das<br />
Einweichwasser ver-<br />
wendet wurde o<strong>der</strong> nicht, zwischen 9 und<br />
56 Prozent. Eine weitergehende Aussage<br />
über das Verhalten von Pantothensäure <strong>bei</strong>m<br />
Garen ist gegenwärtig wegen <strong>der</strong> geringen<br />
Anzahl <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse nicht<br />
möglich.<br />
Niacin liegt in Lebensmitteln als Nicotinamid<br />
und Nicotinsäure vor. Die <strong>bei</strong>den Formen<br />
sind nach den vorliegenden Ergebnissen<br />
gegen Oxidations- und Wärmeeinflüsse<br />
recht stabil. An<strong>der</strong>erseits sind sie sehr gut<br />
wasserlöslich. Be<strong>im</strong> Kochen und Dämpfen<br />
von Gemüse und Getreide ist mit Auslaugverlusten<br />
von 10 bis 35 Prozent zu rechnen<br />
(McCance, Widowson’s 1991). Die Abbauverluste<br />
lagen <strong>im</strong> Mittel <strong>bei</strong> 10 Prozent<br />
(Bognár 1988; McCance, Widowson’s<br />
1991).<br />
Vitamin B 12 (Cobalamin) scheint gegenüber<br />
den Wärmeeinflüssen <strong>bei</strong>m Garen von<br />
Lebensmitteln ebenfalls stabiler zu sein als<br />
Vitamin B 1 und C. Die Literaturangaben über<br />
die Garverluste von Vitamin B 12 schwanken<br />
zwischen 10 und 40 Prozent (Steiner et al.<br />
1993).<br />
Über die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> fettlöslichen<br />
Vitamine K, E und beta-Carotin <strong>bei</strong>m Garen<br />
von pflanzlichen Lebensmitteln liegen nur<br />
wenige Angaben vor (Bognár, Piekarski<br />
1986; Miyagawa, Hirai, Takczoe 1991;<br />
McCance, Widowson’s 1991; Yoshida et al.<br />
1992).<br />
Die vorliegenden Befunde über die Verän<strong>der</strong>ung<br />
von beta-Carotin <strong>bei</strong>m Garen von<br />
Gemüse sind recht wi<strong>der</strong>sprüchlich. Ältere<br />
Untersuchungen (Bognar 1986, Mc Cance,<br />
Widowson 1991, Yadav 1995) erbrachten<br />
<strong>bei</strong>m Garen von Möhren und Spinat 2 bis 35<br />
Prozent Verluste an beta-Carotin. Neuere<br />
Untersuchungsergebnisse, die mit Hilfe von<br />
mo<strong>der</strong>nen HPLC-Analyseverfahren zustande<br />
kamen, sind in Tabelle 5 zusammengefasst.<br />
Daraus ist ersichtlich, dass durch das Garen<br />
in Brokkoli, Möhren, Rosenkohl und in<br />
einigen Kürbissorten <strong>der</strong> Gehalt an beta-<br />
Carotin um 15 bis 130 Prozent deutlich<br />
zunehmen kann. Be<strong>im</strong> Dünsten <strong>der</strong> Kürbissorte<br />
Hokkaido sowie von Paprika und tiefgefrorenem<br />
Spinat wurden hingegen geringe<br />
Verluste von 5 bis 15 Prozent festgestellt.<br />
Die Zunahmen an beta-Carotin können daraus<br />
resultieren, dass die Carotinoide in<br />
rohen Gemüsen häufig in einer kristallinen<br />
Matrix beziehungsweise in einen Carotinoid-<br />
Protein-Komplex eingeschlossen vorliegen.<br />
Die thermische Behandlung zerstört diese,<br />
und es sind mehr Carotinoide extrahier- und<br />
nachweisbar (Sies, Stahl 1998). Durch die<br />
ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03
Freisetzung <strong>der</strong> Carotinoide aus <strong>der</strong> Zellmatrix<br />
sind sie <strong>der</strong> Verdauung besser<br />
zugänglich. Das bedeutet, dass Garen die<br />
biologische Verfügbarkeit <strong>der</strong> Carotinoide<br />
für die menschliche Ernährung erhöht.<br />
Ein Abbau an Vitamin E (Tocopherolen)<br />
ließ sich lediglich nach langer Erhitzung von<br />
tocopherolhaltigen Fetten <strong>bei</strong>m Frittieren<br />
beobachten (Miyagawa et al. 1991; Yoshida<br />
et al. 1992). Nach dem Frittieren von 32<br />
Portionen Kartoffeln (à 400 g) wurden <strong>im</strong><br />
Frittierfett (eine Mischung aus Soja- und<br />
Rapsöl) rund 50 Prozent Verluste an alphaund<br />
beta-Tocopherol sowie 75 Prozent an<br />
gamma-Tocopherol ermittelt. Die Gesamtdauer<br />
<strong>der</strong> Hitzebehandlung lag <strong>bei</strong> rund<br />
zehn Stunden.<br />
Schlussbetrachtung<br />
Die Untersuchungen zeigen, dass <strong>der</strong> Gehalt<br />
an Vitaminen in Lebensmitteln <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Lagerung und Zubereitung durch Oxidation,<br />
Wärme-, Sauerstoff- und Lichteinwirkung<br />
sowie durch Herauslösen o<strong>der</strong> Trennprozesse<br />
in <strong>der</strong> Regel sinkt. Ein gewisser Verlust<br />
lässt sich auch <strong>bei</strong> opt<strong>im</strong>alsten Lager- beziehungsweise<br />
Zubereitungsverfahren nicht<br />
ganz verhin<strong>der</strong>n. Diese Verluste sind daher<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vitaminversorgung zu berücksichtigen.<br />
Für eine vitaminschonende Zubereitung<br />
gelten folgende Empfehlungen:<br />
● Gemüse erst waschen, dann zerkleinern,<br />
nicht wässern.<br />
● Zerkleinertes Gemüse sofort mit Essig<br />
o<strong>der</strong> Zitronensaft marinieren.<br />
● Gemüse dünsten o<strong>der</strong> dämpfen.<br />
● Nur dann Kochen, wenn die Garflüssigkeit<br />
zur Zubereitung von Suppen o<strong>der</strong><br />
Soßen dienen soll.<br />
● Bei hoher Temperatur angaren.<br />
● Garen <strong>im</strong> Druckkochtopf o<strong>der</strong> Mikrowellengerät<br />
bewirkt keine bessere<br />
Vitaminerhaltung als konventionelles<br />
Garen <strong>bei</strong> 100 Grad Celsius.<br />
● Je höher die Gartemperatur, desto genauer<br />
sind die Garzeiten einzuhalten.<br />
● Durch Frittieren von Kartoffeln und<br />
Gemüse ist eine etwas bessere Vitaminerhaltung<br />
zu erzielen als durch Kochen<br />
o<strong>der</strong> Dämpfen.<br />
Literatur<br />
Bognár A et al.: Nutrient Retention in Chilled Foods.<br />
In: Chilled Foods, The State of the Art. ed. T.R.<br />
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durch Gefrieren und Sterilisieren auf die<br />
ernährung <strong>im</strong> fokus 3 -11/03<br />
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(1990)<br />
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und Zubereitung von<br />
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<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vorratshaltung<br />
von Lebensmitteln in<br />
privatem Haushalt.<br />
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(1998)<br />
Bognár A: Comparative<br />
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on Nutritive Value of food. Grasas y Aceites 49,<br />
250–260 (1998)<br />
Bognár A,Gehrt J: Einfluss von Hitzebehandlungen<br />
auf den Gehalt an Carotinoiden <strong>im</strong> Gemüse. Diplomar<strong>bei</strong>t<br />
Hochschule Anhalt, Bernburg (2002)<br />
Bognár A: Tables on weight yield of food and retention<br />
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Burg P, Fraile P: Vitamin C destruction during the<br />
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Hoppner K, Lampi B: Folate Retention in Dried<br />
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Miyagawa K, Hirai K, Takczoe R: Tocopherole and<br />
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McCance, Widowson’s: The Composition of Foods.<br />
5. Ed. Cambridge (1991)<br />
Ryley J, Kajda P: Vitamins in thermal processing.<br />
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Selmann JD: Vitamin Retention during Blanching of<br />
Vegetables. Food Chemistry 49, 137–147 (1994)<br />
Sies H, Stahl W: Lycopene und -Carotene: Bioavailability<br />
and Biological Effects. Nato Asi Series a<br />
Life Science 296, 315–322 (1998)<br />
Schlich E, Ziems M: Der Einfluss verschiedener<br />
Garverfahren auf den Vitamingehalt von Brokkoli.<br />
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Steiner J et al.: Ausgewählte Vitamine des<br />
B-Komplexes in verschiedenen Lebensmitteln nach<br />
konventioneller Zubereitung und nach Mikrowellenbehandlung.<br />
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221–225 (1993)<br />
Steiner J et al: Vitamin-B12-Gehalte mikrowellenbehandelter<br />
Lebensmittel. Ernährung/Nutrition 17,<br />
666–668 (1993)<br />
Tabelle 5: Verän<strong>der</strong>ung des Gehalts an beta-Carotin (trans- und cis-Form)<br />
<strong>bei</strong>m Garen von pflanzlichen Lebensmitteln – Mittelwerte und<br />
Schwankungsbreiten (Schlich 2001; Bognár, Gehrt 2002; Bognár<br />
1995–2002)<br />
Lebensmittel Garverfahren Verän<strong>der</strong>ung in %<br />
Zunahme gesamt Verlust<br />
Durch- von Durch- von<br />
schnitt bis schnitt bis<br />
Brokkoli Dämpfen, Dünsten 30<br />
Möhren Dünsten 35 30–45 – –<br />
Kürbis (4 Sorten) Kochen, Dünsten 130 110–150 – –<br />
Kürbis (Hokkaido) Dünsten – – 10 2–18<br />
Paprika Dünsten – – 15 12–18<br />
Rosenkohl Dünsten 15 10–20 – –<br />
Spinat, frisch Dünsten 60 50–70 – –<br />
Spinat, TK Dünsten – – 5 2–8<br />
Tomaten Dünsten 15 10–25 – –<br />
Anzahl <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holungen 3–5; – nicht bekannt<br />
Vidal-Valverde C, Redu A: Available niacin content<br />
in processed legumes. Z Lebensm Unters Forsch<br />
193, 436–440 (1991)<br />
Yadav SK, Sehgal S: Effect of home processing on<br />
ascorbic acid and -carotene content of spinach<br />
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tricolor) leaves. Plant Foods for Human Nutrition<br />
47, 125–131 (1995)<br />
Yoshida H et al.: Influence of Fatty Acid on the<br />
Tocopherole Stability in Vegetable Oils during<br />
Microwave Heating. JAOAC 69, 119–125 (1992)<br />
Zacharias R, Bognár A: Vorratshaltung <strong>im</strong> privaten<br />
Haushalt 280–313. In: Haushalte an <strong>der</strong> Schwelle<br />
zum nächsten Jahrtausend. Hrsg. U. Oltersdorf, T.<br />
Preuß, Compus Verl., Frankfurt/New York (1996)<br />
Die vollständige Literaturliste ist <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Redaktion erhältlich.<br />
Der Autor:<br />
Prof. Dr. Antal Bognár<br />
Albrecht-Dürer-Weg 19 c<br />
70192 Stuttgart<br />
E-Mail:<br />
antalbognar@gmx.de<br />
Der Autor, Lebensmittelchemiker<br />
und Professor<br />
<strong>im</strong> Ruhestand,<br />
war von 1968 bis 2003<br />
an <strong>der</strong> Bundesforschungsanstalt für Ernährung<br />
in Karlsruhe. Sein wichtigster Forschungsbereich<br />
waren die Nähr- und Genusswertverän<strong>der</strong>ungen<br />
von Lebensmitteln <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
industriellen Verar<strong>bei</strong>tung, haushaltsmäßigen<br />
Zubereitung sowie Haltbarmachung und<br />
Lagerung. Außerdem erar<strong>bei</strong>tete er die Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Nährwertbest<strong>im</strong>mung von verzehrfertigen<br />
Speisen.<br />
335