Möglichkeiten und Grenzen selektiver Hedgingstrategien - Institut für ...
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Institut für Agrarökonomie der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Möglichkeiten und Grenzen selektiver Hedgingstrategien Masterarbeit im Studiengang Fach Agribusiness Erstgutachter: Prof. Dr. Jens-Peter Loy (Professur am Lehrstuhl Marktlehre, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) Zweitgutachter: Prof. Dr. Thomas Glauben (Professur Märkte der Agrar- und Ernährungswirtschaft und Internationaler Handel, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg) Vorgelegt von: Louisa Alexandra Freiin von Münchhausen Kiel, den 25. Juni 2012
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Agrarökonomie der<br />
Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswissenschaftlichen Fakultät<br />
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel<br />
<strong>Möglichkeiten</strong> <strong>und</strong> <strong>Grenzen</strong><br />
<strong>selektiver</strong> <strong>Hedgingstrategien</strong><br />
Masterarbeit im Studiengang Fach Agribusiness<br />
Erstgutachter: Prof. Dr. Jens-Peter Loy<br />
(Professur am Lehrstuhl Marktlehre,<br />
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)<br />
Zweitgutachter: Prof. Dr. Thomas Glauben<br />
(Professur Märkte der Agrar- <strong>und</strong><br />
Ernährungswirtschaft <strong>und</strong> Internationaler Handel,<br />
Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg)<br />
Vorgelegt von: Louisa Alexandra Freiin von Münchhausen<br />
Kiel, den 25. Juni 2012
INHALTSVERZEICHNIS<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS III<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS IV<br />
FORMELVERZEICHNIS IV<br />
TABELLENVERZEICHNIS V<br />
1 EINLEITUNG 1<br />
2 DIE ENTWICKLUNG DER WEIZENPREISE 2<br />
2.1 Preisentwicklungen <strong>und</strong> deren Ursachen 2<br />
2.2 Preisbildung 7<br />
3 RISIKEN EINES LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBES 11<br />
3.1 Risikomanagement in landwirtschaftlichen Betrieben 11<br />
3.2 Risikoeinstellungen <strong>und</strong> Risikomanagement deutscher Landwirte 14<br />
3.3 Von Landwirten angewandte Maßnahmen zur Risikoreduzierung 15<br />
4 RISIKEN EINES WARENTERMINGESCHÄFTS 18<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>legende Erläuterungen zum Warenterminmarkt 18<br />
4.2 Marginrisiko 20<br />
4.3 Mengenrisiko 22<br />
4.4 Roll-Over-Risiko 22<br />
4.5 Marktliquiditätsrisiko 23<br />
4.6 Basisrisiko 24<br />
5 SELEKTIVES HEDGING 30<br />
5.1 Einflussfaktoren auf die Wahl der Absicherungsstrategie 31<br />
5.2 Empirische Ergebnisse zum selektiven Hedging 39<br />
6 ANWENDUNG SELEKTIVE HEDGING BEI WEIZEN 53<br />
6.1 Überprüfung der Vorteilhaftigkeit ausgewählter Strategien 56<br />
6.1.1 Höhe der Erlöse 56<br />
6.1.2 Varianz 57<br />
6.1.3 Standardabweichung 58<br />
6.1.4 Value at Risk 59<br />
6.2 Anwendung ausgewählter Strategien 60<br />
6.2.1 Keine Absicherung am Warenterminmarkt 60<br />
6.2.2 Vollständige Absicherung am Warenterminmarkt 61<br />
I
6.2.3 Selektives Hedging 1: Limitstrategie 66<br />
6.2.4 Selektives Hedging 2: Splittingstrategie 69<br />
6.2.5 Selektives Hedging 3: Margenstrategie 72<br />
6.2.6 Selektives Hedging 4: 200% der Produktionsmenge „absichern“ 76<br />
6.3 Vergleich der Ergebnisse von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> 78<br />
6.4 Mögliche Ursachen der Erlösunterschiede bei Brot- <strong>und</strong> Futterweizen 86<br />
6.5 Ergebnisse des Vergleichs Strategien unter geänderten Bedingungen 92<br />
6.5.1 Ergebnisvergleich der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei höheren Zinskosten 92<br />
6.5.2 Ergebnisvergleich der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei reduzierter Produktionsmenge 93<br />
6.5.3 Ergebnisvergleich bei Qualitätsproblemen 94<br />
6.6 Bestimmung der „optimalen“ Hedge Ratio 95<br />
7 ZUSAMMENFASSUNG 99<br />
LITERATURVERZEICHNIS IX<br />
ANHANG XV<br />
Anhang 1: Kontraktspezifikationen von Futures der Matif <strong>und</strong> der LIFFE XV<br />
Anhang 2: Basis Brotweizen: Matif-Kurs zu Kassamarktpreisen SH XVI<br />
Anhang 3: Gebühren ausgewählter Broker XVI<br />
Anhang 4: Ergebnisübersicht Routine Hedge 80% bei Brotweizen XVII<br />
Anhang 5: Ermittlung Marginkosten <strong>für</strong> Routine Hedge 100% bei Futterweizen XVII<br />
Anhang 6: Ergebnisübersicht Routine Hedge 80% bei Futterweizen XVIII<br />
Anhang 7: Ergebnisübersicht Limitstrategie bei Futterweizen (LIFFE) XVIII<br />
Anhang 8: Ergebnisübersicht einer Splittingstrategie bei Brotweizen (Matif) XIX<br />
Anhang 9: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (20 € Marge) bei Brotweizen XX<br />
Anhang 10: Ergebnisübersicht Marginstrategie (10 € Marge) bei Futterweizen XX<br />
Anhang 11: Entwicklung der Futureskurse <strong>für</strong> Futterweizen in GBP <strong>und</strong> Euro XXI<br />
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG XXII<br />
II
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />
ARIMA Auto-Regressive Integrated Moving Average (saisonales autoregressives<br />
integriertes Modell mit laufenden Durchschnitten)<br />
CBoT Chicago Board of Trade<br />
CDN Management Information Circulars<br />
CME Chicago Mercantile Exchange<br />
cwt centum weight; auch H<strong>und</strong>redweight genannt; entspricht ca. 45 KG<br />
dt Dezitonne, entspricht 100 KG<br />
EFP Exchange of Futures for Physicals<br />
EONIA Euro Overnight Index Average (Tagesgeldzinssatz Interbankenhandel Euro)<br />
EU Europäische Union<br />
EURIBOR Euro Interbank Offered Rate (Zinssatz Interbankenhandel Euro)<br />
Eurex European Exchange<br />
FAO Food and Agriculture Organization<br />
FAPRI Food and Agricultural Policy Research <strong>Institut</strong>e<br />
GBP Britisches Pf<strong>und</strong><br />
ha Hektar<br />
HGCA Cereals and Oilseeds Division des Agriculture and Horticulture Development<br />
Board (AHDB)<br />
HH Hamburg<br />
kg Kilogramm<br />
LIFFE London International Financial Futures Exchange<br />
Matif Marché à Terme International de France, gehört zur NYSE Euronext<br />
MGARCH Multivariate generalisierte autoregressive Heteroskedastizität<br />
NordLB Norddeutsche Landesbank<br />
NYSE New York Stock Exchange<br />
OECD Organisation <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung<br />
OLS Ordinary Least Square Technique<br />
OTC Over the Counter<br />
RMA Risikomanagementaktivitäten<br />
RMX Risk Management Exchange, Hannover<br />
SH Schleswig Holstein<br />
SUR Seemingly Unrelated Regression (Regression scheinbar ohne Bezug)<br />
t Tonnen<br />
T€ Tausend Euro<br />
USA Vereinigte Staaten von Amerika<br />
USDA United States Department of Agriculture<br />
VaR Value at Risk<br />
VECM Vector Error Correction Modell (Fehlerkorrekturmodell)<br />
WTO World Trade Organization (Welthandelsorganisation)<br />
III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Abbildung 1: Weltweite Weizenproduktion in Millionen Tonnen ............................................. 3<br />
Abbildung 2: Mögliche Kursentwicklungen des Brotweizenfutures an 5 Handelstagen ........... 9<br />
Abbildung 3: Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes ..................................................... 12<br />
Abbildung 4: Basis Futterweizen: LIFFE-Kurs zu Kassapreisen Schleswig-Holsteins ........... 27<br />
Abbildung 5: Vergleich Terminmarktstrategien an der Matif ggü. keinerlei Absicherung ..... 79<br />
Abbildung 6: Erlöse des Futterweizens <strong>für</strong> alle Vorgehensweisen .......................................... 84<br />
Abbildung 7: Durchschnittserlöse von Brot- <strong>und</strong> Futterweizen 2005-2011 ............................ 84<br />
Abbildung 8: Semivarianz anhand der täglichen Verluste <strong>für</strong> alle Strategien ......................... 86<br />
Abbildung 9: Durchschnittserlöse bei Glattstellung aller Kontrakte im Juli ........................... 87<br />
Abbildung 10: Saisonaler Verlauf der Kurse <strong>für</strong> Brotweizen an der Matif.............................. 88<br />
FORMELVERZEICHNIS<br />
Varianz aus der Gr<strong>und</strong>gesamtheit............................................................................................. 28<br />
Standardabweichung ................................................................................................................. 28<br />
Korrelationskoeffizient ............................................................................................................. 29<br />
Erlöshöhe Strategie ................................................................................................................... 56<br />
Varianz...................................................................................................................................... 57<br />
Varianzreduktion ...................................................................................................................... 57<br />
Semivarianz .............................................................................................................................. 58<br />
Standardabweichung ................................................................................................................. 58<br />
Value at Risk ............................................................................................................................ 59<br />
Optimale Anzahl Futureskontrakte ........................................................................................... 97<br />
Varianzminimierendes Hedge Ratio ......................................................................................... 97<br />
IV
TABELLENVERZEICHNIS<br />
Tabelle 1: Anzahl der gehandelten Weizenfutures an der Matif <strong>und</strong> der LIFFE ..................... 24<br />
Tabelle 2: Varianz <strong>und</strong> Standardabweichung der Basis SH/HH zu Matif/LIFFE .................... 28<br />
Tabelle 3: Einflussfaktoren auf den Umfang der Risikomanagementaktivitäten ..................... 34<br />
Tabelle 4: Übersicht der empirischen Quellen zum selektiven Hedging ................................. 50<br />
Tabelle 5: Weizenerträge in Schleswig-Holstein von 2005 bis 2011 pro ha............................ 53<br />
Tabelle 6: Gebühren der NYSE Euronext ................................................................................ 53<br />
Tabelle 7: Ergebnisübersicht bei keiner Absicherung .............................................................. 61<br />
Tabelle 8: Marginkosten bei einer 100%-Absicherung von Brotweizen (Matif) ..................... 63<br />
Tabelle 9: Ergebnisübersicht bei einer 100%-Absicherung von Brotweizen (Matif) .............. 64<br />
Tabelle 10: Ergebnisübersicht bei einer 100%-Absicherung von Futterweizen (LIFFE) ........ 65<br />
Tabelle 11: Ergebnisübersicht bei Anwendung der Limitstrategie bei Brotweizen (Matif) .... 68<br />
Tabelle 12: Ergebnisübersicht einer Splittingstrategie bei Futterweizen (LIFFE) ................... 71<br />
Tabelle 13: Kosten der Getreideproduktion zur Ermittlung der Auslösepreise ....................... 73<br />
Tabelle 14: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (10 € Marge) bei Brotweizen ............... 74<br />
Tabelle 15: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (20 € Marge) bei Futterweizen ............ 75<br />
Tabelle 16: Ergebnisse Futuresverkauf ab 200 €/to von 200% der Brotweizenmenge ............ 77<br />
Tabelle 17: Ergebnisse Futuresverkauf ab 200 €/to von 200% der Futterweizenmenge ......... 78<br />
Tabelle 18: Gesamtübersicht aller Strategien bei Brotweizen.................................................. 81<br />
Tabelle 19: Gesamtübersicht aller Strategien bei Futterweizen ............................................... 83<br />
Tabelle 20: Standardabweichung, Value at Risk täglicher <strong>und</strong> kumulierter Verluste.............. 85<br />
Tabelle 21: Ergebnisse Brotweizen ohne 2007/2008 ............................................................... 89<br />
Tabelle 22: Ergebnisübersicht bei geringeren Auslösepreisen <strong>für</strong> Futterweizen ..................... 91<br />
Tabelle 23: Ergebnisübersicht der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei einem Risikoaufschlag von 7% ..... 92<br />
Tabelle 24: Ergebnisübersicht bei einer um 50% reduzierten Produktionsmenge ................... 94<br />
Tabelle 25: Ergebnisübersicht bei Brotweizenabsicherung <strong>und</strong> Futterweizenproduktion ....... 95<br />
V
1 Einleitung<br />
1 EINLEITUNG<br />
„Warentermingeschäfte zur Absicherung von Preisen – etwa <strong>für</strong> Weizen, Raps oder auch<br />
Schweine – sind eine gute Möglichkeit, die Risiken im Unternehmen einzugrenzen“. 1 Die<br />
Bedeutung der Warenterminbörsen <strong>für</strong> die Agrarmärkte nimmt daher kontinuierlich zu <strong>und</strong><br />
die Absicherung von Weizen <strong>und</strong> anderen Marktfrüchten wie Raps an Warenterminbörsen ist<br />
im Getreidehandel <strong>und</strong> der Getreideverarbeitung meist beim Risikomanagement<br />
inbegriffen. 2,3 Doch wie ist die Situation auf Marktfruchtbetrieben? Laut einer Studie der<br />
Agrarzeitung gehen circa 70% der deutschen Landwirte Kontrakte ein, um sich insbesondere<br />
gegen zu geringe Erlöse abzusichern, dabei bevorzugen 94% der Befragten jedoch nicht den<br />
Warenterminmarkt. 4<br />
Die auf staatlicher Intervention beruhenden Strategien treten in den Hintergr<strong>und</strong>, während<br />
zunehmend die unternehmerische Kompetenz der Landwirte in den Vordergr<strong>und</strong> drängt. Die<br />
Risikoabsicherung mittels Terminkontrakten <strong>und</strong> Optionen am Warenterminmarkt sollte<br />
daher mittlerweile auch <strong>für</strong> landwirtschaftliche Erzeuger von Relevanz sein.<br />
Es gibt unterschiedliche <strong>Möglichkeiten</strong> der Verringerung von Preisrisiken, wobei sich diese<br />
Arbeit auf die Strategien des „Selective Hedging“ konzentriert. Auf Alternativen zur<br />
Absicherung am Warenterminmarkt wie zum Beispiel Forwards, Optionen, Versicherungen,<br />
vertikale Integration, Diversifikationen, Cross Hedging wird aufgr<strong>und</strong> des begrenzten<br />
Umfangs dagegen nur am Rande bzw. gar nicht eingegangen.<br />
Diese Master Thesis zeigt auf, welche <strong>Möglichkeiten</strong> selektives Hedging bietet <strong>und</strong> gibt<br />
Auskunft darüber, ob solche Strategien bei der rückblickenden Anwendung durch<br />
Weizenproduzenten Vorteile ergeben hätten. Dabei liegt das Augenmerk auf den<br />
nachfolgenden Fragen:<br />
- Was beeinflusst die Weizenpreise?<br />
- Welche Risiken bestehen in einem landwirtschaftlichen Betrieb <strong>und</strong> welche Risiken<br />
kommen durch ein Engagement am Warenterminmarkt hinzu?<br />
- Was sind die Merkmale von selektivem Hedging <strong>und</strong> wie beurteilen Autoren diese?<br />
- Welche Auswirkungen hätte die Anwendung von selektivem Hedging?<br />
1 (Hares, Terminmärkte erfolgreich nutzen, 2009), S. 22<br />
2 (Thiele & Mohr, Risikomanagement, 2010), S. 112; (Agrarzeitung, 2012), S. 16<br />
3 (Ziegelbäck, Spielen die Börsen verrückt?, 2011), S. 9<br />
4 (Agrarzeitung, 2012)
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
2 DIE ENTWICKLUNG DER WEIZENPREISE<br />
2.1 Preisentwicklungen <strong>und</strong> deren Ursachen<br />
Seit mehr als vier Jahren ist der Weltgetreidemarkt immer präsenter in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung, was insbesondere in den stark schwankenden Preisen <strong>und</strong> deren Ursachen<br />
begründet liegt. So registrierten die Preisnotierungen der Chicagoer Börse bis 2006 über<br />
Jahrzehnte Schwankungen bei Weizen in einer Spanne von 20 bis 30 €/Jahr, was sich 2007<br />
mit einer Spanne von bis zu 200 €/Jahr deutlich erhöhte. 5 Für Produzenten von Weizen ist die<br />
Preisentwicklung dieses Rohstoffs von elementarer Bedeutung, da deren Einkommen nach<br />
den gr<strong>und</strong>legenden EU-Agrarmarktreformen ebenfalls stark von den Weltmarktpreisen<br />
beeinflusst wird. Aufgr<strong>und</strong> des technischen Fortschritts in der agrarischen Produktion,<br />
Produktionskostensenkungen <strong>und</strong> intensiveren Wettbewerbs sind die Weizenpreise langfristig<br />
(seit 1972) gesunken. 6 Dabei gibt es keinen einheitlichen Weltmarktpreis, sondern je nach<br />
Standort sind Unterschiede erkennbar. Dies wird z.B. bei einem Vergleich der Preise in den<br />
USA, Australien, Kanada <strong>und</strong> Argentinien deutlich. Doch wie haben sich die Weizenpreise in<br />
den letzten Jahrzehnten überhaupt entwickelt <strong>und</strong> welche Ursachen gibt es da<strong>für</strong>?<br />
Aufgr<strong>und</strong> von zeitlich begrenzten Angebotseinschränkungen kam es historisch schon zu<br />
kurzfristigen Preisspitzen, die z.B. mit 900 US-$/t während des Ersten Weltkrieges deutlich<br />
über dem Preishoch in 2007/2008 lagen. 7 Der weltweite Weizenpreis wird sowohl von<br />
F<strong>und</strong>amentalfaktoren als auch von Sonderfaktoren beeinflusst.<br />
An Sonderfaktoren sind z.B. extreme Wetterereignisse in den Produktionsländern oder auch<br />
politische Entscheidungen wie das russische Moratorium bzw. die Senkung von<br />
Interventionsmengen <strong>und</strong> –preisen in den USA zu nennen. Die Änderung der Höhe an<br />
Ausfuhrquoten der Ukraine kann ebenfalls Weizenpreise beeinflussen. 8 Unilaterale ad hoc<br />
Änderungen wie Exportstopps führen zu hoher Unsicherheit <strong>und</strong> erhöhen damit die<br />
Preisvolatilität. 9 F<strong>und</strong>amentalfaktoren sind die Angebots- <strong>und</strong> Nachfrageentwicklungen, die<br />
meist einen mittel- bis langfristigen Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Auch<br />
agrarpolitische Ereignisse spielen eine Rolle. 10<br />
5 (Viechtl, 2008), S. 47<br />
6 (Schmitz & von Ledebur, 2011), S. 1<br />
7 (Brümmer, Koester, & Loy, 2008), S. 654<br />
8 (Agrarheute, 2011)<br />
9 (von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 54<br />
10 (Schmitz & von Ledebur, 2011), S. 36<br />
2
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
Beim Angebot sind die zur Verfügung stehenden <strong>und</strong> genutzten landwirtschaftlichen Flächen,<br />
Erträge sowie die aus der vorigen Ernte bestehenden Lagerbestände von wesentlicher<br />
Bedeutung. Außerdem sind die Erträge je Hektar (ha) aufgr<strong>und</strong> mangelnden Kapitaleinsatzes<br />
<strong>und</strong>/oder Fachwissens selbst bei gleichen Boden- <strong>und</strong> Klimabedingungen höchst<br />
unterschiedlich, sodass in diesem Bereich Potenzial zur Ertragssteigerung <strong>und</strong> damit der<br />
Angebotserhöhung <strong>für</strong> Weizen besteht. Der Agrarökonom SCHÄTZL geht hingegen davon aus,<br />
dass eine Ausweitung der Getreideerzeugung nur noch in geringem Ausmaß möglich ist.<br />
Gründe sind, dass Bewässerungsbrunnen zunehmend versiegen, Ackerland beispielsweise in<br />
Bauland umgewidmet wird, Hitzewellen Ernten erschweren, Bodenerosionen die<br />
Getreideerzeugung verringern <strong>und</strong> Ackerland aufgr<strong>und</strong> ansteigender Meeresspiegeln<br />
überflutet wird. 11 Die weltweite Weizenproduktion lässt in den vergangenen sechs Jahren<br />
keinen eindeutigen Trend erkennen. Sie beträgt in den Ernteperioden 2005 bis 2011 weltweit<br />
zwischen 596 Mio. Tonnen (t) (2006/2007) <strong>und</strong> 683 Mio. t (2008/2009), wobei die Trendlinie<br />
eine steigende Produktion in diesem Zeitraum angibt. Diese Produktionszahlen sind in<br />
Abbildung 1 pro Jahr <strong>und</strong> mittels einer linearen Trendlinie grafisch dargestellt.<br />
700<br />
680<br />
660<br />
640<br />
620<br />
600<br />
580<br />
560<br />
540<br />
619<br />
Abbildung 1: Weltweite Weizenproduktion in Millionen Tonnen<br />
Quelle: Darstellung nach statista 2012<br />
Die weltweiten Lagerbestände sind negativ korreliert zum globalen Weizenpreis. Damit kann<br />
festgestellt werden, dass der Preis umso höher ist, je niedriger die Lagerbestände sind.<br />
11 (Schätzl, 2009), S. 16<br />
596<br />
611<br />
2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
3<br />
683<br />
674<br />
650
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
BRÜMMER, KOESTER <strong>und</strong> LOY gehen von einem nominalen Preisanstieg von 9 US-$/t bei<br />
einem Rückgang des Lagerbestandes um ein Prozent aus. So waren die Lagerendbestände an<br />
Weizen in den Ernteperiode 2006/2007 sowie 2007/2008 mit 128 <strong>und</strong> 122 Mio. t auf dem<br />
niedrigsten Stand des Jahrzehnts. VON LEDEBUR <strong>und</strong> SCHMITZ bestätigen die Lagerbestände<br />
als wichtigen Knappheitsindikator <strong>und</strong> ermitteln eine negative Korrelation zum Weizenpreis<br />
in Höhe von -0,66 in den Jahren 1976 bis 2011. 12 Wenn weltweite Lagerbestände<br />
vergleichsweise gering sind, wirken sich Informationsschocks wie z.B. ein weitläufiges<br />
Unwetter im Wheat Belt Amerikas stärker auf das Preisniveau aus als bei umfangreichen<br />
Weizenreserven. 13 Inwieweit weltweite Lagerbestände einen Weltmarktpreis glätten, ist auch<br />
davon abhängig, in welchem Land sich diese befinden. So ist es beispielsweise<br />
unwahrscheinlich, dass China große Mengen seiner Lagerbestände, die im Rahmen von<br />
Stabilisationsprojekten vorliegen, aufgr<strong>und</strong> eines hohen Weltmarktpreisniveaus exportiert.<br />
Obwohl solche Lagermengen dem Weltmarkt nicht zur Verfügung stehen, wirken sie dennoch<br />
beruhigend auf die Märkte, sofern sie zusätzlichen Nachfragedruck aus diesen Ländern<br />
verhindern. 14 Dahingegen haben „klassische“ Exportnationen wie die USA ihre eigenen<br />
gelagerten Getreidebestände in dem Erntejahr 2007/2008 um knapp 50% auf ca. 10% ihres<br />
inländischen Verbrauchs reduziert <strong>und</strong> auch die EU verringerte sie aufgr<strong>und</strong> von geringeren<br />
Interventionsmengen <strong>und</strong> –preisen sukzessive. Der weltweite Anteil der Lagerbestände am<br />
Weltverbrauch von Weizen hat sich von 34% in 2000/2001 auf 18% in 2006/2007 verringert,<br />
was das Weizenangebot reduziert hat <strong>und</strong> somit die stark steigenden Preise in der<br />
Ernteperiode 2007/2008 beeinflusst haben kann. 15<br />
Die Nachfrage wird im Wesentlichen durch die Anzahl der zu ernährenden Personen, also der<br />
Weltbevölkerung, sowie dem zur Verfügung stehenden Einkommen pro Kopf beeinflusst.<br />
Weder das anhaltende Bevölkerungswachstum von ca. 1,1% 16 jährlich <strong>und</strong> damit eine<br />
gestiegene Nachfrage insbesondere in den bevölkerungsreichsten Ländern Asiens China <strong>und</strong><br />
Indien, noch das gesteigerte Einkommen in diesen Regionen deuten auf eine starke<br />
Nachfrageerhöhung hin, die den Preisanstieg 2007/2008 erklären könnten. Daneben erhöhen<br />
alternative Verwendungsmöglichkeiten des Getreides wie zum Beispiel die Energieerzeugung<br />
mittels Weizen oder als Viehfutter ebenfalls die Nachfrage nach diesem Rohstoff. 17 So setzte<br />
12<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 19<br />
13<br />
(Garcia & Leuthold, 2004), S. 250<br />
14<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 55<br />
15<br />
(USDA)<br />
16<br />
(United Nations, 2011)<br />
17<br />
(Berg, Hartmann, Heckelei, Holm-Müller, Nolten, & Schiefer, 2009), S. 493<br />
4
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
beispielsweise ein Überangebot an Körnermais den Futtergetreidemarkt in Europa <strong>für</strong> die<br />
Ernteperiode 2008/2009 unter Druck. 18 Tendenziell steigt mit dem Wohlstand der weltweite<br />
Fleischkonsum, was eine Nachfrageerhöhung nach Futtergetreide nach sich zieht. 19 In einer<br />
Prognose <strong>für</strong> 2016/2017 wird erwartet, dass der größte Anteil des weltweit erzeugten<br />
Getreides in Höhe von 43% <strong>für</strong> Tierfutter verwendet wird, während Nahrung mit 33% <strong>und</strong><br />
Ethanol (9%) sowie sonstige Verwendungen (15%) einen geringeren Anteil ausmachen. 20<br />
Aufgr<strong>und</strong> der weltweiten Förderung nachwachsender Rohstoffe hat die Verflechtung des<br />
Agrar- zum Energiemarkt in den letzten Jahren stark zugenommen. 21 Die Produktion<br />
nachwachsender Rohstoffe führt insbesondere zu einer Flächenkonkurrenz, da <strong>für</strong> die<br />
Produktion von Bioethanol <strong>und</strong> Biogas Rohstoffe wie Mais, Zuckerrohr oder Ölsaaten<br />
benötigt werden <strong>und</strong> das Angebot an Ackerflächen begrenzt ist. 22<br />
Veränderte Erwartungen können insbesondere dann zu anderen Weltmarktpreisen führen,<br />
wenn schnell auf diese neuen Informationen reagiert wird. Dies ist am Warenterminmarkt<br />
eher als am Kassamarkt der Fall, da dort mit geringeren Transaktions- <strong>und</strong> Einstiegskosten<br />
agiert werden kann. 23 Es kann <strong>für</strong> die Periode ab 2007 festgestellt werden, dass<br />
wahrscheinlich größere Summen an Liquidität aufgr<strong>und</strong> der Finanzkrise zu einer<br />
Verschiebung der Gelder an die Warenterminmärkte geführt haben <strong>und</strong> dies ebenfalls den<br />
Preissteigerung in 2007/2008 mit verursacht haben kann. In 2011 wird zum Teil sogar die<br />
Einschätzung vertreten, dass nicht mehr Angebot <strong>und</strong> Nachfrage des Rohstoffs, sondern<br />
allgemeine Wirtschaftsthemen wie die Schuldenproblematik einiger EU-Länder das<br />
Marktgeschehen bestimmt haben. 24 Dass ein bedeutender Anteil des Handelsvolumens an<br />
Warenterminmärkten nicht ausschließlich der Absicherung dient, zeigt das Handelsvolumen<br />
an der Chicago Board of Trade (CBoT), das im Jahr 2007 das Achtfache der Weltjahresernte<br />
an Getreide betrug. 25 An der Marché à Terme International de France (Matif, NYSE<br />
Euronext) <strong>und</strong> der London International Financial Futures Exchange (LIFFE; NYSE<br />
Euronext) belief sich das Handelsvolumen an Weizenkontrakten auf 233 Mio. Tonnen, was<br />
18 (Reisenweber, 2008), S. 8<br />
19 (Schätzl, 2009), S.16<br />
20 (Agrarzeitung, 2012), S. 2<br />
21 (Theuvsen, 2011), S. 2<br />
22 (Rösch, 2011), S. 12<br />
23 (Naef, 1996), S. 15<br />
24 (Mennerich, 2011)<br />
25 (Viechtl, 2008), S. 49<br />
5
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
circa 35% der weltweiten Weizenproduktion entspricht. 26 Was die Gründe <strong>für</strong><br />
Weizenpreissteigerungen betrifft, werden Spekulanten – ob zu Recht oder Unrecht – in der<br />
Regel als „Preistreiber“ genannt. 27<br />
Einen weiteren Einfluss auf die Weizenpreise haben Wechselkursschwankungen da z.B. die<br />
Vermarktungspreise von in der Eurozone produziertem Weizen auch vom Wechselkurs des<br />
Euros zum US-Dollar beeinflusst werden. So stieg der Wert des Euros innerhalb eines Jahres<br />
von 1,2639 US-$/€ auf 1,4412 US-$/€, was bei gleichbleibendem Vermarktungspreis einer<br />
Erlöserhöhung um 14% entspricht (Stichtage 24. August 2010 <strong>und</strong> 24. August 2011). 28 Die<br />
seit 2002 zunehmende Entwertung des US Dollars hat somit ebenfalls zu steigenden<br />
Rohstoffpreisen geführt. 29 Nicht zuletzt können die Vereinbarungen im Rahmen von<br />
Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO), die zu einer Liberalisierung der Märkte<br />
führen, größere Schwankungen der weltweiten Getreidepreise nach sich ziehen. 30<br />
Die historischen annualisierten Volatilitäten bei Weizen waren von 1970 bis 1994 bis auf eine<br />
Ausnahme 1985 stets unter 15% <strong>und</strong> stiegen bis 2007 bis zu 32%. 31 Im Mittel ergab sich <strong>für</strong><br />
die Weizenerzeugerpreise von 1970 bis 1986 eine Preisvolatilität von 9,79%, von 1987 bis<br />
1999 von 13,11% <strong>und</strong> von 2000 bis 2009 von 14,68%. 32<br />
Wegen der produktspezifischen Angebots- <strong>und</strong> Nachfragesituation, limitierter<br />
Lagermöglichkeiten des Rohstoffs <strong>und</strong> spekulativ ausgerichteten Marktakteuren können auch<br />
zukünftig hohe Schwankungen erwartet werden. 33 Durch Liberalisierung des EU-<br />
Agrarmarktes ist der deutsche Weizenmarkt enger an den Weltmarkt geb<strong>und</strong>en, was zur<br />
Übertragung weltweiter Volatilitäten auf den europäischen Markt führt. Sinkende Marktpreise<br />
sind nicht unbedingt mit verringerter Volatilität verb<strong>und</strong>en oder umgekehrt. 34<br />
Es kann somit festgestellt werden, dass die weltweiten Getreidepreise vielfältigen Einflüssen<br />
unterliegen <strong>und</strong> die Schwankungsbreite der Preise sich in den vergangenen Jahren ausgeweitet<br />
hat. Landwirte stehen damit vor dem Problem, ab einem bestimmten Punkt der<br />
Agrarproduktion nicht mehr mittels Angebotsanpassungen auf Preisänderungen reagieren zu<br />
können.<br />
26 Handelsvolumina in 2010 der LIFFE (148.188 100t-Kontrakte) <strong>und</strong> der Matif (4.369.971 50t-Kontrakte):<br />
Gesamtmenge 233.317.350 Tonnen; weltweite Produktion (Ø 2009/2010 & 2010/2011) 662 Mio. Tonnen<br />
27 (Rösch, 2011), S. 12; (Golland, 2011), S. 16, 17<br />
28<br />
(Exchange Rates UK, 2012)<br />
29<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 37<br />
30<br />
(Viechtl, 2008), S. 47<br />
31<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 5<br />
32<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 39<br />
33<br />
(Braun, 2012)<br />
34<br />
(von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 9, 10<br />
6
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
2.2 Preisbildung<br />
In einem effizienten Markt sind alle verfügbaren Informationen bereits in die Preisbildung<br />
eingeflossen. Man geht davon aus, dass Marktteilnehmer rational handeln <strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong>lage<br />
derselben Informationen entscheiden, sodass verfügbares Wissen in den aktuellen<br />
Kursen/Preisen eingepreist ist. 35 So verändern sich die Terminkontraktpreise beispielsweise<br />
zügig nach Veröffentlichung des aktuellen Berichts des United States Department of<br />
Agriculture (USDA), in dem unter anderem Flächen- <strong>und</strong> Bestandsentwicklungen <strong>für</strong><br />
Getreide <strong>und</strong> Ackerfrüchte der USA <strong>und</strong> global <strong>für</strong> das jeweilige Jahr aufgeführt sind. Da<br />
Futurespreise umgehend von neuen <strong>und</strong> unerwarteten Informationen beeinflusst werden, wird<br />
deutlich, dass diese in der Regel effizient sind <strong>und</strong> somit keine/kaum Informationsasymetrien<br />
oder andere Marktverwerfungen vorliegen. Ein Futureskurs ergibt sich damit unabhängig von<br />
Erwartungen, sondern aus dem Kassamarktpreis zuzüglich Lagerhaltungs- <strong>und</strong><br />
Finanzierungskosten. Ist dieses Preisverhältnis nicht gegeben, ist Arbitrage möglich, wobei<br />
durch Ausnutzung der Arbitragemöglichkeiten dieses Preisgefüge wieder erreicht wird. Dabei<br />
dominieren Futurespreise die Kassapreise über Informationsregistrierung <strong>und</strong> –weiterleitung<br />
insbesondere bei lagerfähigen Gütern wie Weizen. Diese Erstaufnahme von Informationen im<br />
Futuresmarkt stellen OELLERMANN ET AL. (1989) sowie SCHROEDER <strong>und</strong> GOODWIN (1991)<br />
auch bei Viehbeständen von Schweinen <strong>und</strong> Rindern fest. Später bestätigten YANG ET AL.<br />
(2001) sowie FORTENBERY <strong>und</strong> ZAPATA (1993, 1997) diesen Zusammenhang, sofern die<br />
Futuresmärkte eine ausreichende Marktliquidität aufweisen.<br />
Da Futurespreise sich aufgr<strong>und</strong> neuer, unerwarteter Informationen verändern, ist eine<br />
Vorhersagekraft der Futurespreise selten gegeben. 36 Umso näher der Erfüllungszeitpunkt<br />
eines Futures rückt, umso höher ist laut GARCIA <strong>und</strong> LEUTHOLD in der Regel dessen<br />
Vorhersagekraft des Preises. 37 HOLST stellt fest, dass die früheren Futurespreise <strong>für</strong> die<br />
Prognose von in der Zukunft liegenden Schlussnotierungen zuverlässiger sind als die<br />
Fortschreibung der letzten faktisch registrierten Schlussnotierung. 38 Doch sind<br />
Preisvorhersagen wirklich möglich, sodass mithilfe von Informationen Gewinne am<br />
Warenterminmarkt generiert werden können?<br />
Um diese Frage zu beantworten, wird die Markteffizienztheorie betrachtet, die in den 1960er<br />
Jahren aufkam. FAMA ET AL stellen u.a. fest, dass in einem effizienten Markt alle öffentlichen<br />
35 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 243<br />
36 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 249<br />
37 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 246, 247 (Fazit verschiedener Studien von 1988 bis 2003)<br />
38 (Holst, 2009)<br />
7
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
Informationen bereits in die Preisbildung eingeflossen sind. Sofern einzelne Marktteilnehmer<br />
einen Informationsvorteil haben <strong>und</strong> dessen Nutzen über den Kosten liegt, werden<br />
Arbitrageure <strong>und</strong> Spekulanten aktiv. 39 Generell ist nur bei Vorliegen vollkommener<br />
Konkurrenz anzunehmen, dass der Marktmechanismus zur ökonomischen Effizienz<br />
(Produktions-, Tausch- <strong>und</strong> Informationseffizienz) führt. Sofern Markteffizienz vorliegt,<br />
erfolgen Interaktionen (Kommunikation <strong>und</strong> Geschäfte) in räumlich, vertikal oder temporal<br />
unterschiedlichen Märkten. 40<br />
Zudem wird mittels der Theorie unterstellt, dass Preise nicht vorhersehbar sind. Wären Preise<br />
vorhersehbar, würde jeder Marktteilnehmer dies ausnutzen <strong>und</strong> unbegrenzte Gewinne<br />
generieren. 41 Bei einem effizienten Markt sind verfügbare Informationen bereits in dem<br />
aktuellen Preisniveau berücksichtigt, sodass es keine Informationen gibt, die noch nicht in<br />
dem aktuellen Preisgefüge berücksichtigt wurden <strong>und</strong> demnach bei keinem Marktteilnehmer<br />
Informationsvorteile vorliegen. Sofern ein solcher Markt gegeben ist, wäre Insider-Handel<br />
nicht möglich, da auch solche Informationen bereits im Preis berücksichtigt sind, was als<br />
streng markteffizient bezeichnet wird. Bei einer schwachen Markteffizienz sind nur<br />
Nachrichten der Vergangenheit in den gegenwärtigen Preisen enthalten, sodass<br />
zurückliegende Kurse nicht auf die kommende Zeit fortgeschrieben werden können. Eine<br />
mittelstarke Markteffizienz liegt vor, wenn neben den vergangenen Preisverläufen auch<br />
öffentlich zugängliche Informationen in der Preisbildung berücksichtigt sind, jedoch keine<br />
Insiderinformationen. 42 Bezogen auf einen Landwirt kann davon ausgegangen werden, dass<br />
ihm keine Insiderinformationen vorliegen <strong>und</strong> der Marktpreis von ihm nicht im Vorwege<br />
antizipiert werden kann. Dies impliziert, dass eine überdurchschnittliche Gewinnerzielung<br />
mittels selektivem Hedging nicht möglich ist.<br />
Dass Futureskurse nicht vorausgesagt werden können, wird auch von der Random-Walk-<br />
Theorie unterstützt. Demnach können die zukünftigen Preise nicht vorausgesagt, sondern<br />
mittels Zufallsprozessen beschrieben werden. Da alle verfügbaren Informationen nach der<br />
Markteffizienztheorie bereits eingepreist sind, können Kurse als Zufallswegprozesse<br />
beschrieben werden. Voraussetzung <strong>für</strong> die Theorie ist, dass keine langfristigen Trends oder<br />
zyklischen Schwankungen vorliegen. Der Futurespreis verläuft demnach zufällig <strong>und</strong><br />
unabhängig von vorangegangenen Kursverläufen, sodass der Kurs zu jedem Zeitpunkt einen<br />
39 (Loy J.-P. , <strong>Möglichkeiten</strong> zur Beurteilung von Markteffizienz, 1995), S: 11<br />
40 (Loy J.-P. , <strong>Möglichkeiten</strong> zur Beurteilung von Markteffizienz, 1995), S: 1, 14<br />
41 (Timmermann & Granger, 2004), S. 15<br />
42 (Rausser, Perloff, & Zusman, 1987), S: 10<br />
8
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
höheren oder geringeren Wert annehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> beide<br />
<strong>Möglichkeiten</strong> ist im Zeitablauf konstant. Die Höhe der täglichen Kursgewinne <strong>und</strong> –verluste,<br />
die mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit nicht überschritten werden, kann mittels des<br />
Konfidenzintervalls beschrieben werden. Die Kurse des Weizenfutures von einem auf den<br />
anderen Tag bewegen sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% an der Matif zwischen +/-<br />
2,54 € pro t/Tag. 43 Bei einem Konfidenzniveau von 1%, also einer geringeren<br />
Irrtumswahrscheinlichkeit, erhöht sich dieses Intervall um 30%. Das Konfidenzintervall <strong>für</strong><br />
den Erwartungswert einer Zufallsvariable wird mithilfe der Standardabweichung, dem<br />
Erwartungswert sowie dem Konfidenzniveau ermittelt. 44 Da Kurse sich unabhängig von<br />
vergangenen Werten entwickeln, steigt die Schwankungsbreite bei längerer Betrachtung der<br />
Kurse proportional an. 45 Bei einer angenommenen Irrtumswahrscheinlichkeit von 2,5% liegt<br />
das Konfidenzintervall <strong>für</strong> die Matif-Kurse bei +/- 2,91 € pro t/Tag. Nach der Random-Walk-<br />
Theorie kann sich der Kurs unter Berücksichtigung des Konfidenzniveaus beliebig zwischen<br />
den in Abbildung 2 genannten Kurssteigerungen oder Kurssenkungen innerhalb einer Woche<br />
(5 Handelstage) bewegen.<br />
möglicher Gewinn/Verlust pro Tag in €<br />
pro t]<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
Mögliche Kursentwicklungen des Weizenfutures innerhalb von 5 Tagen an der<br />
Matif (Konfidenzniveau von 2,5%)<br />
11,64<br />
8,73<br />
5,82<br />
2,91<br />
0<br />
Abbildung 2: Mögliche Kursentwicklungen des Brotweizenfutures an 5 Handelstagen<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA<br />
Während sich die Volatilität, ausgedrückt als annualisierte Standardabweichung der<br />
Preisdaten der Matif <strong>und</strong> der LIFFE, <strong>für</strong> Weizenkurse an einem Tag auf 2,1% (Matif) <strong>und</strong><br />
1,8% (LIFFE) beläuft, sind es auf Jahresbasis 2,1% * √ = 39% bzw. 1,8% * √ = 34%.<br />
43 Datenbasis sind tägliche Kursnotierungen von August 2005 bis August 2011<br />
44 (Papula, 2003), S. 410<br />
45 (Zimmermann, 1991), S: 165<br />
0<br />
-2,91<br />
-5,82<br />
9<br />
-8,73<br />
-11,64<br />
Handelsbeginn 1 2 3 4 5<br />
14,55<br />
-14,55
2 Die Entwicklung der Weizenpreise<br />
Daraus folgt, dass es <strong>für</strong> einen Marktteilnehmer nicht möglich ist, den Markt „schlagen“ zu<br />
können. Wie später in dem Kapitel „Einflussfaktoren auf die Wahl der Absicherungsstrategie“<br />
erläutert wird, sind dennoch viele Entscheidungsträger dieser Meinung.<br />
Zusammengefasst ist festzustellen, dass die Weizenpreise in den letzten Jahren zunehmend<br />
stärker schwankten <strong>und</strong> nach der Markteffizienztheorie nicht vorhergesagt werden können.<br />
Demnach kann es <strong>für</strong> einen Hedger ohne merklichen Informationsvorteil unmöglich sein,<br />
überdurchschnittliche Gewinne zu generieren. Bevor dies anhand anderer Quellen <strong>und</strong> eigener<br />
Berechnungen überprüft wird, werden zunächst die mit einem Warentermingeschäft<br />
verb<strong>und</strong>enen Risiken erläutert.<br />
10
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
3 RISIKEN EINES LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBES<br />
3.1 Risikomanagement in landwirtschaftlichen Betrieben<br />
Mit einem Risiko wird allgemein eine Situation umschrieben, die mit einer festzulegenden<br />
Wahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Ereignis mit einem Schadensausmaß führt. 46 Zur<br />
monetären Bewertung einzelner Risiken ist neben dem möglichen Schadensausmaß daher<br />
auch deren Eintrittswahrscheinlichkeit von Bedeutung. 47 Sofern unzureichende oder keinerlei<br />
Informationen über Eintrittswahrscheinlichkeiten zukünftiger Geschehnisse bekannt sind,<br />
liegt Unsicherheit vor. Ein Risiko mit hoher Wahrscheinlichkeit aber relativ geringem<br />
Schadensausmaß, wie beispielsweise ein Getriebeschaden an einem Traktor, wird niedriger<br />
gewichtet als eine Naturkatastrophe mit geringer Aussicht aber enormem Ausmaß. Aus einem<br />
gr<strong>und</strong>legenden Sicherheitsbedürfnis heraus wird eine Risiko Averse Person versuchen, ein<br />
solches Ereignis, sprich Risiko, zu vermeiden. Ein angewandtes Risikomanagement beinhaltet<br />
neben der Identifizierung, Quantifizierung <strong>und</strong> Steuerung auch die Überwachung gegebener<br />
Risiken. 48 Existenzsicherung des Betriebes <strong>und</strong> Beibehaltung des Vermögens sind meist<br />
Hauptziele des Risikomanagements. 49 Bei einer Risikosteuerung müssen Entscheidungsträger<br />
wählen, ob mögliche Risiken selbst übernommen oder Maßnahmen ergriffen werden sollen,<br />
wie z. B. Schäden aufgr<strong>und</strong> von negativen Ereignissen durch Versicherungen auf Externe zu<br />
übertragen. Beim Risikomanagement ist von Bedeutung, inwieweit ein bestimmtes Risiko<br />
reduziert werden kann, wobei die Kosten den Nutzen übersteigen sollten. 50<br />
Die Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes sind vielfältig: Bei einer Unterscheidung<br />
nach internen <strong>und</strong> externen Risiken sind bei Erstgenannten Finanzierungsrisiken,<br />
Produktionsrisiken sowie rechtliche Risiken wie z.B. Haftung zu nennen. Unter den<br />
Produktionsrisiken sind negative Abweichungen aufgr<strong>und</strong> von Witterung, Krankheiten bei<br />
den Produktionsgütern oder auch Engpässen bei Arbeitskräften inbegriffen. Externe Risiken<br />
werden in gesellschaftliche, politische <strong>und</strong> gesamtwirtschaftliche Risiken unterschieden. 51 Es<br />
ist zu bedenken, dass sie sich zum Teil gegenseitig bedingen, sodass beispielsweise<br />
Marktrisiken durch politische Risiken beeinflusst werden, indem Preisstützungen oder<br />
46 (Proske, 2004), S. 27<br />
47 (Theuvsen, 2011), S. 2<br />
48 (Braun, 2012), S. 40<br />
49 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 14<br />
50 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 14, 15<br />
51 (Berg, Hartmann, Heckelei, Holm-Müller, Nolten, & Schiefer, 2009), S. 493<br />
11
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Importzölle abgeschafft werden. 52 Die genannte Kategorisierung von Risiken ist in Abbildung<br />
3 verkürzt dargestellt.<br />
Abbildung 3: Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Quelle: Darstellung nach Agrarzeitung 2012, S. 13 f.<br />
Insbesondere der Verschuldungsgrad, der Pachtflächenanteil <strong>und</strong> die Anstellung<br />
familienfremder Arbeitskräfte haben in Folge größerer Investitionen <strong>und</strong> stärkerer<br />
Spezialisierung zugenommen. 53 So haben zunehmend größere Betriebe mit meist<br />
einhergehender stärkerer Fokussierung auf einzelne Betriebszweige eine höhere Anfälligkeit<br />
gegenüber Umsatzeinbrüchen oder –ausfällen in einem Betriebsbereich, da diese weniger<br />
durch andere Betriebsteile aufgefangen werden können. Auch die höheren<br />
Investitionssummen verstärken diese Anfälligkeit. 54 Damit bergen Wachstum, Spezialisierung<br />
<strong>und</strong> zunehmende Fremdfinanzierungen nicht nur Chancen, sondern auch Risiken <strong>für</strong><br />
landwirtschaftliche Betriebe. Außerdem besteht ein Trend zu stetig kürzeren Investitions- <strong>und</strong><br />
52 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 8<br />
53 (Theuvsen, 2011), S. 2<br />
54 (Agrarzeitung, 2012), S. 3<br />
12
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Finanzierungszyklen, die gleichzeitig ein höheres Investitionsvolumen aufweisen. 55 Der meist<br />
hohe Fremdkapitalanteil führt ebenso wie Pachten <strong>und</strong> Lohnzahlungen zu einem<br />
regelmäßigen Liquiditätsabfluss, sodass auch der regelmäßige Zahlungsmittelzufluss, z.B.<br />
aufgr<strong>und</strong> von Getreideverkäufen, gegeben sein sollte. 56 Ist dies nicht Fall, besteht die Gefahr<br />
der Illiquidität <strong>und</strong> damit droht letztlich die Insolvenz. Die Liquidität ist dabei insbesondere<br />
bei stark schwankenden Vermarktungspreisen nur schwer aufrecht zu erhalten. 57 Je nach<br />
Liquiditätssituation eines Betriebes können <strong>Möglichkeiten</strong> der Vermarktung nicht genutzt<br />
werden. 58 Verschärft wird dieser Umstand, wenn gleichzeitig hohe Beschaffungspreise<br />
auftreten, sodass eine zuverlässige Liquiditätsplanung als Absicherungsmaßnahme hohe<br />
Relevanz besitzt. 59<br />
Für einen landwirtschaftlichen Ackerbaubetrieb sind verschiedene Einflussgrößen <strong>für</strong> einen<br />
betriebswirtschaftlichen Erfolg von Bedeutung. Um eine erfolgreiche Vermarktung von<br />
Getreide durchzuführen, ist zunächst die Situation im Betrieb selbst zu analysieren. Ohne<br />
Kenntnis der Ausgangsituation ist ein zufriedenstellendes Nutzen von Marktentwicklungen<br />
<strong>und</strong> damit letztlich eine sinnvolle Vermarktung nicht möglich. Somit sind zunächst die<br />
Produktionsvollkosten <strong>für</strong> die jeweilige Marktfrucht zu ermitteln, also die Kosten, die sowohl<br />
die variablen als auch die fixen Kosten abdecken. Bei Weizen sind dies unter anderem die<br />
Kosten <strong>für</strong> Landpacht, Zinsen oder kalkulatorische Kosten <strong>für</strong> die Kapitalbindung der<br />
Eigentumsflächen. Zudem fallen Kosten <strong>für</strong> Maschineneinsatz, Personal bzw. der<br />
kalkulatorische Ansatz <strong>für</strong> die eigene Arbeitszeit des Landwirts, <strong>für</strong> Saatgut, Dünger <strong>und</strong><br />
Pflanzenschutzmittel sowie <strong>für</strong> Gebäude <strong>und</strong> Verwaltung an. Während die Auszahlungen <strong>für</strong><br />
Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> Maschinenunterhalt in dem Zeitraum 2000 bis 2008 noch relativ<br />
konstant waren, zeichnete sich bei Düngemitteln <strong>und</strong> Treibstoffen ein deutlich steigendes<br />
Preisniveau ab. 60 Bei Einbeziehung aller Kosten (auch der kalkulatorischen) ist der Break-<br />
Even-Point, der mindestens zu erlösende Vermarktungspreis zur Kostendeckung, ungefähr<br />
bekannt. Oft wird auch der Deckungsbeitrag ermittelt, der die Differenz der erzielten Erlöse<br />
<strong>und</strong> der variablen Kosten angibt. Damit ist der Betrag bekannt, der zur Deckung der Fixkosten<br />
zur Verfügung steht. Die Höhe der Vermarktungspreise hat dabei einen enormen Einfluss,<br />
sodass sich beispielsweise <strong>für</strong> die Ernte 2011 bei Winterweizen (A-Qualität) bei einem<br />
55<br />
(Evert, 2011), S.7<br />
56<br />
(Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 106<br />
57<br />
(Viechtl, 2008), S. 49<br />
58<br />
(Hares, Terminmärkte erfolgreich nutzen, 2009).<br />
59<br />
(Agrarzeitung, 2012), S. 9<br />
60<br />
(Reisenweber, 2008), S. 9<br />
13
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Vermarktungspreis von 180 €/t ein Deckungsbeitrag von 344 €/ha ergibt, während sich dieser<br />
bei einer Erhöhung des Erzeugerpreises um 20% auf 216 €/t bei gleichbleibenden Kosten um<br />
73% auf 595 €/ha erhöht. 61 Deutliche Deckungsbeitragsschwankungen bei Weizen waren<br />
auch in den Jahren 2006 (297 €/ha), 2007 (1.055 €/ha), 2008 (315 €/ha) <strong>und</strong> 2009 (-140 €/ha)<br />
in Bayern zu verzeichnen, wobei dies stets Durchschnittswerte sind. 62,63 Die wesentlichen<br />
Kosten bei einer hohen Variabilität der Erlöse sind neben höheren erwarteten Insolvenzkosten<br />
bzw. Kosten <strong>für</strong> finanzielle Schwierigkeiten auch höhere erwartete Steuerzahlungen aufgr<strong>und</strong><br />
von Einkommensschwankungen <strong>und</strong> der Steuerprogressivität. Daneben erwarten Stake-<br />
Holder wie Gesellschafter oder Banken bei hohen Erlösschwankungen ggfs. einen<br />
umfangreichere Sicherheitsleistungen/Risikoaufschläge. Negative Auswirkungen einer<br />
unzuverlässigen Erlössituation können auch kürzere Laufzeiten bei<br />
Lieferantenvereinbarungen (z.B. Zahlungsziele) sein. 64 Ein gleichmäßiges Niveau der Erlöse<br />
pro Geschäftsjahr erhöht darüber hinaus die Verschuldungsfähigkeit des Unternehmens. 65<br />
Neben Versicherungen <strong>und</strong> Wetterderivaten sind Kontrakte sowohl an der Börse als auch<br />
lokal mit Landhändlern eine außerbetriebliche Maßnahme des Risikomanagements.<br />
Forwardkontrakte, insbesondere mit den physischen Abnehmern, haben eine hohe <strong>und</strong> weiter<br />
steigende Verbreitung in der deutschen Landwirtschaft, vgl. nachfolgendes Kapitel. 66<br />
3.2 Risikoeinstellungen <strong>und</strong> Risikomanagement deutscher Landwirte<br />
Um einen Überblick über die derzeit von deutschen Landwirten angewandten<br />
Risikomanagementstrategien zu erhalten, wird die Risikomanagement Studie 2012<br />
herangezogen, <strong>für</strong> die 400 Entscheider in nach Regionen quotierten Landwirtschaftsbetrieben<br />
befragt wurden. Dabei ist eine Mindestbetriebsgröße von 100 ha (Region Süd), 200 ha<br />
(Region Nord <strong>und</strong> West) sowie von 250 ha (Region Ost) vorgegeben. Die Befragungen<br />
wurden Ende 2011 insbesondere unter Marktfruchtbetrieben mit mehr als 60% der<br />
einbezogenen Umsätze in diesem Betriebszweig durchgeführt. Spontan als größte Risiken<br />
werden dabei die folgenden genannt (Anteil der Nennungen in %): „Preisrisiko“ (33%),<br />
„Witterung“ (13%), „Eurostabilität“ (8%) <strong>und</strong> „Agrarpolitik“ (6%). Weniger relevant sind der<br />
„Abbau Marktstützung“, „starke Gewinnschwankungen“ sowie „Pachtpreise“. Das Preisrisiko<br />
61<br />
(LfL Deckungsbeiträge <strong>und</strong> Kalkulationsdaten); Beispielrechnung anhand des Internetportals mit den<br />
Kosten- <strong>und</strong> Ertragsdaten des Landes Bayern.<br />
62<br />
(Reisenweber, 2008), S. 10<br />
63<br />
(Schätzl, 2009), S. 10<br />
64<br />
(Stulz, 1996), S. 12-14<br />
65<br />
(Stulz, 1996), S. 16<br />
66<br />
(Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 28<br />
14
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
wird nicht über alle Regionen <strong>und</strong> Betriebsgrößen hinweg als wesentliches Risiko<br />
bezeichnet. 67 Um Beschaffungsrisiken zu reduzieren, wenden 84% der Landwirte Kontrakte<br />
mit Zulieferern oder Warenterminmarktkontrakte an.<br />
Auf der Absatzseite schließen 72% der Befragten im Vorfeld Kontrakte ab, vor allem größere<br />
Betriebe im Norden <strong>und</strong> Westen Deutschlands. Dies legt nahe, dass Landwirte höheres<br />
Vertrauen in die Vermarktungsfähigkeit ihrer Produkte haben als in die Besorgung<br />
notwendiger Güter zu einem <strong>für</strong> sie akzeptablen Preis. Genossenschaften nutzen mit 83% am<br />
häufigsten Kontrakte, während dies bei Kapital-, Personen- <strong>und</strong> Einzelgesellschaften,<br />
lediglich 69% der Landwirte vornehmen. 68 Betrachtet man die abgesicherten Betriebszweige,<br />
so wird der Absatz von 77% der Marktfruchtbetriebe <strong>und</strong> 66% der Futterbaubetriebe<br />
abgesichert.<br />
Dabei wird die Preisabsicherung bei örtlichen Landhändlern <strong>und</strong> Genossenschaften von 94%<br />
der Betriebe angewandt. Kontrakte über den Warenterminmarkt nutzen hingegen nur 13% der<br />
Landwirte. Ein überproportionaler Einsatz von Terminkontrakten der Warenterminbörsen<br />
findet bei Betrieben mit mehr als 1.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche statt. Die<br />
Absicherung des Absatzes über Erzeugergemeinschaften oder Abnehmer war kaum verbreitet.<br />
Die befragten Landwirte sichern insbesondere produktbezogene Risiken wie<br />
Beschaffungsrisiken, Produktionsrisiken <strong>und</strong> Absatzrisiken sowie rechtliche Risiken wie<br />
Rechtsrisiken, Haftungsrisiken <strong>und</strong> Anlagerisiken ab. Finanzierungsrisiken werden von r<strong>und</strong><br />
einem Drittel abgesichert. Als Fazit der Studie kann festgestellt werden, dass bei<br />
Landwirtschaftsbetrieben ein hohes Interesse besteht, sich gegen Risiken abzusichern. Die<br />
Absicherungen stimmen jedoch nicht zwingend mit den Risiken überein, die sie als wichtig<br />
erachten. 69<br />
3.3 Von Landwirten angewandte Maßnahmen zur Risikoreduzierung<br />
Die Risiken der laufenden Produktion können mittels Gebäude-, Inventar-,<br />
Betriebshaftpflicht-, Ertragsschadens- oder Betriebsunterbrechungsversicherungen reduziert<br />
werden. Risikolebensversicherungen, Berufsunfähigkeits- <strong>und</strong> Unfallversicherungen dienen<br />
hingegen insbesondere der Absicherung des Betriebsleiters. Mit Versicherungen wird das<br />
Preisrisiko jedoch nicht abgedeckt, gegen das sich ein Landwirt auf vielfältige Arten<br />
absichern kann.<br />
67 (Agrarzeitung, 2012), S. 10, 12, 13<br />
68 (Agrarzeitung, 2012), S. 30<br />
69 (Agrarzeitung, 2012), S. 31, 32<br />
15
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Am weitesten verbreitet ist ein Forwardkontrakt mit örtlichen Erfassern, der weitgehend<br />
unabhängig vom Warenterminmarkt vereinbart wird. Daneben gibt es verschiedene<br />
<strong>Möglichkeiten</strong> der Einbindung der Warenterminbörsen.<br />
Beim bilateralen Forwardkontrakt orientiert sich der Preis an einer definierten<br />
Börsennotierung zu einem festgelegten Zeitpunkt, sodass Preisverhandlungen nicht mehr von<br />
Nöten sind. Die Ware wird somit im Voraus mit einer direkten Börsenrelation verkauft. 70<br />
Bei EFP-Kontrakten (Exchange of Futures for Physicals) vereinbaren Landwirt <strong>und</strong> Käufer<br />
sowohl den Austausch der Ware als auch den Tausch der Kontrakte zum<br />
Fälligkeitszeitpunkt. 71 Als Preis wird der Terminkontraktkurs zum Lieferzeitpunkt festgelegt,<br />
häufig mit einem Auf- oder Abschlag. 72 Qualitätsmerkmale, Mengen <strong>und</strong> Erfüllungszeitpunkt<br />
(Austausch der Waren <strong>und</strong> Futures) werden im Voraus vereinbart. Zu welchem Zeitpunkt die<br />
beiden Kontraktpartner Futureskontrakte kaufen oder verkaufen ist ihnen überlassen. Beide<br />
Kontraktparteien müssen sich über Futures absichern. 73 Zum Erfüllungszeitpunkt erfolgt die<br />
physische Lieferung <strong>und</strong> die Glattstellung, die dort als EFP-Geschäft angegeben ist.<br />
Daneben gibt es Optionsmodelle, bei dem ein Mindestpreis gegen Zahlung einer<br />
Optionsprämie beim Landhändler abgesichert wird. Die Optionsprämienhöhe richtet sich nach<br />
dem Börsenoptionspreis, ggfs. zuzüglich eines Aufschlags oder einer Gebühr.<br />
Ebenfalls eine Optionskomponente enthält der Prämienkontrakt, bei dem Lieferzeitpunkt,<br />
Basis, Qualität <strong>und</strong> Zeitfenster, in dem der Landwirt den Preis fixieren kann, vereinbart<br />
werden. Zunächst wird ein Mindestabnahmepreis zu einem bestimmten Termin als Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> die Preisfindung festgelegt, wo<strong>für</strong> der verkaufende Landwirt eine Prämie zahlt. Eine<br />
weitere Vereinbarung gibt an, bis wann vor dem Preisfindungstermin ein Landwirt den Preis<br />
fixieren kann, sofern der jeweilige Börsenpreis ihm zuspricht. 74 Damit wird die Preisbildung<br />
auf die Börse übertragen <strong>und</strong> der Verkäufer kann den Preis unabhängig vom Käufer am<br />
Warenterminmarkt fixieren. 75 Dabei sind die vereinbarte Basis sowie mögliche<br />
Qualitätsabweichungen vorab zu besprechen <strong>und</strong> mit Auf- oder Abschlägen in die<br />
Vertragsgestaltung einzukalkulieren. Die genannten vertraglichen Ausgestaltungen bieten die<br />
70 (Kiefer, 2011), S. 3<br />
71 (Steffin, 2010), S. 119<br />
72 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 79<br />
73 (Steffin, Das bringt Ihnen der "Milch"-Terminhandel, 2010), S. 119<br />
74 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 109<br />
75 (Thiele & Mohr, Risikomanagement, 2010), S. 116<br />
16
3 Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes<br />
Aussicht, Risikoreduzierung über Finanzinstrumente <strong>für</strong> eine größere Anzahl an Akteuren<br />
zugänglich zu machen. 76<br />
Es kann resümiert werden, dass die Risiken eines Landwirtschaftsbetriebes vielfältig sind <strong>und</strong><br />
das Preisrisiko hohe Relevanz besitzt. Dieses Risiko wird in der Praxis dennoch nur zum Teil<br />
abgedeckt, obwohl es neben dem „klassischen“ Forwardkontrakten mit Landhändlern bereits<br />
weitere Wege der Absicherung –auch am Warenterminmarkt- gibt. Mögliche Gründe <strong>für</strong> das<br />
zögerliche Agieren deutscher Landwirte an Terminbörsen könnten die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Risiken sein, auf die im nachfolgenden Kapitel eingegangen wird.<br />
76 (von Ledebur & Schmitz, 2011), S. 56<br />
17
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
4 RISIKEN EINES WARENTERMINGESCHÄFTS<br />
Auch wenn Hedging der Risikoabsicherung insbesondere in Bezug auf Preisrisiken dient,<br />
ergeben sich aus dem Handeln am Warenterminmarkt neue Risiken.<br />
Inwieweit Risiken des Hedging relevant sind, wurde unter anderem in der Wharton-Chase-<br />
Studie untersucht, demzufolge die befragten Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen auf<br />
den Derivateeinsatz verzichtet haben. So war der Hauptgr<strong>und</strong> die Handhabung bei der<br />
Bilanzierung (angegeben von 60%), gefolgt von der Be<strong>für</strong>chtung der Kreditrisiken bei über<br />
der Hälfte der Unternehmen <strong>und</strong> ebenfalls relevant sind Liquiditätsrisiken (49% mit großen<br />
oder moderaten Bedenken) sowie Transaktionskosten (45%). 77<br />
So ergeben sich <strong>für</strong> den Akteur Risiken in Bezug Margins, Mengen, Roll-Overs,<br />
Marktliquidität <strong>und</strong> die Basis. Stellt sich die Markteinschätzung über die zukünftige<br />
Preisentwicklung als fehlerhaft heraus, kann der Kontraktinhaber an <strong>für</strong> ihn positiven<br />
Marktentwicklungen unter Umständen nicht mehr partizipieren. Hauptziel des Agierens von<br />
Hedgern am Warenterminmarkt ist weniger das Erzielen des höchsten Preisniveaus, sondern<br />
die Sicherstellung der Liquidität bei möglichst kostendeckenden/günstigen Preisen. 78<br />
Nach gr<strong>und</strong>legenden Erläuterungen zum Warenterminmarkt wird auf die genannten Risiken<br />
eingegangen <strong>und</strong> abschließend Studien zur Wahrnehmung der Hedgingrisiken erläutert.<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>legende Erläuterungen zum Warenterminmarkt<br />
Es gibt verschiedene <strong>Möglichkeiten</strong> <strong>für</strong> einen Landwirt, direkt den Warenterminmarkt zu<br />
nutzen. Einer der Wege ist über einen Broker (Börsenmakler), der auch <strong>für</strong> unerfahrene<br />
Landwirte geeignet ist. Seine wesentliche Aufgabe ist es, die von seinen K<strong>und</strong>en gewünschten<br />
Transaktionen fehlerfrei <strong>und</strong> bestmöglich durchzuführen, wobei in der Regel bei auch<br />
Marktinformationen zur Verfügung gestellt werden. Daneben gibt es Online-<br />
Handelsplattformen, bei dem die Akteure direkt selbst am Markt agieren. Bei dieser Art der<br />
Börsenteilnahme ist die Eröffnung eines Kontos von Nöten, wobei die jeweiligen<br />
Orderdispositionen entweder vom Landwirt selbst oder vom Makler ausgefüllt werden. Ein<br />
solches Handelskonto darf niemals einen negativen Saldo aufweisen, weshalb es in der Regel<br />
77 (Bodnar, Hayt, & Mars, 1995), S. 108<br />
78 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 107<br />
18
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
mit mehr Geldern als <strong>für</strong> die Einschusszahlung bei Kontraktabschluss notwendig sind,<br />
ausgestattet wird. 79<br />
Weitere Voraussetzungen sind die Hinterlegung einer Einschussmargin, Erklärung der<br />
Termingeschäftsfähigkeit sowie Auskunftserteilung über Vermögen/Einkommen gegenüber<br />
dem Broker. 80 Beispiel <strong>für</strong> eine Clearingbank ist die Norddeutsche Landesbank (NordLB),<br />
über die am Handel der European Exchange (Eurex) oder der Matif teilgenommen werden<br />
kann. 81<br />
Weizenpreise können an vielen Warenterminbörsen der Welt abgesichert werden. Die größten<br />
in Europa ansässigen Börsen sind hier<strong>für</strong> die Matif in Paris, an der Brotweizen abgesichert<br />
werden kann, sowie die LIFFE (Mahl- <strong>und</strong> Futterweizen). Weltweit die bedeutendste<br />
Warenterminbörse <strong>für</strong> Agrarrohstoffe ist die Chicago Mercantile Exchange (CME), zu der seit<br />
fünf Jahren auch die CBoT gehört. 82 Kontraktspezifikationen <strong>für</strong> Mahl- <strong>und</strong> Futterweizen an<br />
der Matif sowie der LIFFE sind unter Anhang 1 aufgeführt. Futures können an der Matif mit<br />
bis zu zwölf Liefermonaten <strong>und</strong> bis in das Jahr 2015 hinein gehandelt werden. 83 An der<br />
LIFFE können Kontrakte <strong>für</strong> Mahlweizen ebenfalls bis zum Jahr 2015 gehandelt werden,<br />
Futterweizenkontrakte sind 2014 verfügbar. 84<br />
Häufig werden Kontrakte am Warenterminmarkt zum Erfüllungszeitpunkt nicht physisch<br />
geliefert, sondern es erfolgt eine Glattstellung der offenen Position. Dies bedeutet, dass ein<br />
Gegengeschäft mit den identischen Eigenschaften (Basis, Menge, Erfüllungszeitpunkt, Parität,<br />
etc.) getätigt wird. 85 Die Glattstellung ist die Regel, sodass schätzungsweise weniger als ein<br />
Prozent der Kontrakte mittels Lieferung <strong>und</strong> Abnahme tatsächlich erfüllt werden. 86 Die<br />
Verpflichtungen eines Kontraktes (sofern ein Marktteilnehmer das Gegeneschätzt tätigt)<br />
können jederzeit aufgelöst werden – je nach Marktentwicklung auch mit negativem Ergebnis<br />
<strong>für</strong> den Landwirt. Der Warenterminmarkt kann daher ausschließlich zur Absicherung der<br />
Preise dienen <strong>und</strong> ist losgelöst von dem physischen Verkauf der Ware zu sehen.<br />
79<br />
(Ziegelbäck, Absicherungsgeschäfte in der Praxis, 2008), S. 7<br />
80<br />
(Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 35<br />
81<br />
(Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 34<br />
82<br />
(Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 29<br />
83<br />
(top agrar online, 2012)<br />
84<br />
(euronext, 2012)<br />
85<br />
(Hares, Terminmärkte erfolgreich nutzen, 2009)<br />
86<br />
(Viechtl, 2008), S. 51<br />
19
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
4.2 Marginrisiko<br />
Vor Abschluss eines Warentermingeschäfts ist stets das Risiko der Margin zu bedenken.<br />
Zunächst ist bei Abschluss eines Kontraktes eine erste Einschussmargin (Initial Margin)<br />
fällig, die eventuelle Bonitätsrisiken bei der Börse <strong>und</strong> gegebenenfalls beim Broker<br />
reduzieren soll. Daneben sind Nachforderungen möglich, die von der Clearingstelle, einer<br />
Kontroll- <strong>und</strong> Koordinierungsinstitution von Warenterminbörsen, im Falle einer ungünstigen<br />
Marktentwicklung von einer der Vertragsparteien verlangt wird. Sie dient als deren<br />
Sicherheitsleistung, da die Vertragsparteien bei einem Futures nicht direkt in Verbindung<br />
treten <strong>und</strong> die Clearingstelle <strong>für</strong> Ausfall- oder Bonitätsrisiken der Vertragsparteien haftet. 87<br />
Die Höhe der Margin ist unterschiedlich, sodass bei größerer Preisvolatilität auch höhere<br />
Einschusszahlungen zu leisten sind, üblicherweise fünf bis zehn Prozent des<br />
Kontraktpreises. 88 Der Wert des Margin-Kontos entspricht der Summe aus der<br />
Einschussmargin zuzüglich täglicher Gewinne <strong>und</strong> abzüglich der täglichen Verluste <strong>für</strong> alle<br />
an der Warenterminbörse abgeschlossenen Kontrakte. Ein begrenzter Verlustumfang auf dem<br />
Margin-Konto führt noch nicht zu einer Nachforderung, sofern die Initial Margin bis zur<br />
Höhe der Maintenance Margin noch nicht durch Verluste aufgezehrt ist. Die Maintenance<br />
Margin entspricht dem Betrag, der je Kontrakt nach Abzug möglicher Verluste als positiver<br />
Saldo vorhanden sein muss. Bei Unterschreiten dieser Schwelle sind hingegen innerhalb<br />
weniger St<strong>und</strong>en oder innerhalb eines Tages weitere Liquidität auf dem Margin-Konto zu<br />
hinterlegen, sodass der Habensaldo des Margin-Kontos mindestens der Initial Margin<br />
entspricht. Die Höhe der Maintenance Margin beträgt meist zwischen 65 <strong>und</strong> 80% der Initial<br />
Margin. 89<br />
Diese monetäre Nachschusspflicht, auch Variation Margin genannt, kann insbesondere bei<br />
stark schwankenden Kursen die Liquidität eines Unternehmens negativ beeinflussen. Daher<br />
muss vor allem der Konflikt der Preisrisikoreduzierung gegenüber den Kosten des<br />
Liquiditätsrisikos herausgestellt werden. 90<br />
Das Marginrisiko beinhaltet auch den vorzeitigen Rückkauf der abgeschlossenen Kontrakte<br />
bei ungünstiger Marktentwicklung, sofern nicht ausreichend Liquidität zum Begleichen der<br />
Variation Margin zur Verfügung steht. Geht der Börsenteilnehmer trotz ungünstiger<br />
Kursentwicklung von einer gegensätzlichen, <strong>für</strong> ihn günstigen Preisnotierung des Kontrakts<br />
87 (Hares, Terminmärkte erfolgreich nutzen, 2009)<br />
88 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 34<br />
89 (DeiFin - Die Finanzseite, 2012)<br />
90 (Adam-Müller & Panaretou, 2009), S. 312<br />
20
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
bis zum Ende der Laufzeit aus, würde er den Marginforderungen normalerweise<br />
nachkommen. Fehlt ihn da<strong>für</strong> jedoch die notwendige Liquidität, so ist er zum vorzeitigen<br />
Glattstellen gezwungen <strong>und</strong> realisiert dabei Verluste.<br />
Bei den Marginzahlungen ist zur korrekten Kalkulation auch ein Zinsansatz je nach<br />
Kapitalstruktur des Betriebes <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Fremdkapitalkosten bzw.<br />
Opportunitätskosten einzubeziehen. 91 Die Höhe möglicher Margin Calls liegt <strong>für</strong> Brotweizen<br />
bei bis zu 47 verkauften Kontrakten von 2005 bis 2011 an der Matif bei bis zu 276.575 €, 92<br />
wobei dieser Wert auf die große Preissteigerung 2007 <strong>und</strong> den vorangegangenen niedrigen<br />
Futureskurs bei Kontraktverkauf in 2006 zurückzuführen ist. Abzüglich der bei Abschluss<br />
gezahlten Initial Margin von 29.600 € ergibt sich daher eine Nachschusspflicht von bis zu<br />
246.975 € innerhalb einer Ernteperiode. Die von einem auf den anderen Handelstag maximale<br />
Nachschusspflicht aufgr<strong>und</strong> einer Kurssteigerung des Futurepreises beträgt 43.000 € <strong>und</strong> tritt<br />
im Mai 2011 auf (Kurs steigt von 208,50 € auf 230,00 €/t). Ermittelt man daraufhin die<br />
kalkulatorischen Zinskosten auf täglicher Basis mittels des Tageszinssatz EONIA<br />
(Tagesgeldzinssatz im Interbankengeschäft der Euro-Zone) zuzüglich eines Risikoaufschlags<br />
von 2,5%, so fallen während der sechs abgesicherten Ernteperioden insgesamt 10.335 €<br />
Zinsen <strong>für</strong> das Margin-Konto an. Der verwendete Risikoaufschlag ergibt sich aus der<br />
Einschätzung eines Agrark<strong>und</strong>en-Beraters der Förde Sparkasse, wobei dieser als<br />
Risikoaufschlag <strong>für</strong> landwirtschaftliche Betriebe mit guter Bonität genannt wird. 93 Je nach<br />
Entwicklung des Zinsniveaus des EONIA-Satzes ergeben sich daher Zinssätze zwischen 2,8<br />
<strong>und</strong> 7,1%/Jahr. 94 Guthaben auf dem Margin-Konto werden bei einigen wenigen Banken<br />
verzinst, z.B. zahlt die DABbank je nach Guthabenhöhe einen Zinssatz von 0,10 bis 0,50%<br />
auf ein Margin-Konto bei Privatk<strong>und</strong>en. 95 Bei Einbeziehung einer Habenverzinsung<br />
reduzieren sich die Liquiditätskosten daher minimal. Da dies in Deutschland noch nicht<br />
Standard ist, wird sie in den folgenden Berechnungen vernachlässigt.<br />
Letztlich muss festgestellt werden, dass das Marginrisiko aufgr<strong>und</strong> der möglichen hohen<br />
Liquiditätsbelastungen berücksichtigt werden sollte <strong>und</strong> dabei neben dem individuellen<br />
Kreditrahmen bzw. den Liquiditätsreserven eines Betriebes auch die Zinskosten – wenn auch<br />
kalkulatorisch – im Vorwege einer Absicherung bedacht werden sollten.<br />
91 (Thiele & Mohr, 2010), S. 120<br />
92 basierend auf einer 100%-igen Absicherung von 250 ha-Weizenanbau mit einer Produktion entsprechend<br />
dem Durchschnittsertrag in Schleswig-Holstein<br />
93 (Sprung, 2012)<br />
94 (B<strong>und</strong>esbank, 2012)<br />
95 (DABbank, 2012)<br />
21
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
4.3 Mengenrisiko<br />
Die landwirtschaftliche Produktion ist vielen Unsicherheiten unterworfen, die vor allem in<br />
unvorhersehbaren Wetterbedingungen begründet liegen. Eine negative Abweichung der<br />
abgesicherten Produktion von der Menge der tatsächlich produzierten Marktfrüchte hat bei<br />
steigenden Preisen an der Börse eine negative Auswirkung auf die Erlössituation. Dies liegt<br />
darin begründet, dass die bei Glattstellung des Termingeschäfts fälligen Gelder nicht durch<br />
den physischen Verkauf der Ware (zu höheren Preisen als der bei Kontraktabschluss<br />
abgesicherte Preis) ausgeglichen werden können. Für Landwirte kann es daher ratsam sein,<br />
nicht den gesamten Teil der erwarteten Produktionsmenge abzusichern <strong>und</strong> zudem bei<br />
veränderten Produktionsmengenerwartungen die am Warenterminmarkt abgesicherte<br />
Kontraktmenge anzupassen. Eine Veränderung der verkauften Kontraktanzahl kann auch bei<br />
Qualitätsproblemen sinnvoll sein, da sich dann die Basis ändert, zum Beispiel von<br />
Mahlweizen auf Futterweizen. Im Zuge des Ertragsrisikos kann es aufgr<strong>und</strong> von geographisch<br />
weit verbreiteten Ernteeinbußen <strong>und</strong> damit einhergehend in der Regel einem steigenden<br />
Preisniveau zu einem „natürlichen“ Hedge kommen, indem Ertragsrückgänge durch höhere<br />
Vermarktungspreise teilweise ausgeglichen werden. 96<br />
Ein weiteres Problem stellt das Standardmengenrisiko dar, da die Terminkontrakte eine<br />
Standardmenge festgeschrieben haben. Dabei ist es unwahrscheinlich, dass ein Landwirt<br />
exakt einen durch 50 Tonnen dividierbare Gesamterntemenge des Rohstoffs produziert. Somit<br />
wird meist eine geringere als die produzierte Menge gehedgt oder es wird über die eigene<br />
Produktion hinaus am Warenterminmarkt abgesichert. 97 Umso größer die Produktion eines<br />
Betriebes ist, umso mehr nimmt die relative Bedeutung des Standardmengenrisikos ab. 98<br />
Auf die Auswirkungen einer Produktionsmengenreduzierung bei vorigem Futuresverkauf<br />
wird in dem Kapitel 6.5.2 näher eingegangen.<br />
4.4 Roll-Over-Risiko<br />
Das Roll-Over-Risiko bezeichnet den Umstand, dass kein Kontrakt <strong>für</strong> den gesamten<br />
abzusichernden Zeitraum verfügbar ist, sodass während des Absicherungszeitraums ein<br />
Kontraktwechsel erfolgen muss. 99 In solchen Fällen muss die gleiche Position mehrere Male<br />
glattgestellt <strong>und</strong> wieder neu eingegangen werden. Dabei entstehen höhere Broker- <strong>und</strong><br />
96 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 25<br />
97 (Loy, Koester, & Wichern, 2000), S. 4<br />
98 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 22<br />
99 (Loy, Koester, & Wichern, 2000), S. 4<br />
22
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
Handelsgebühren als bei einer einmaligen Glattstellung, doch gleichzeitig wird die<br />
Liquiditätssituation des Betriebs entlastet. 100 Im Falle von Backwardation, bei der Preise von<br />
langfristigen Futureskontrakten niedriger sind als bei kurzfristigen, kann sich kurzfristiges<br />
Hedgen auszahlen, da <strong>für</strong> die neue Position bei Abwicklung weniger zu zahlen ist als mit den<br />
vorigen Kontrakten erlöst wurde. Ein gegenteiliges Preisgefüge mit niedrigeren Preisen bei<br />
geringer Laufzeit wird Contango genannt <strong>und</strong> hat hingegen negative Auswirkungen auf den<br />
Hedger. Es ist außerdem nicht sicher, dass bei geplantem, erneuten Kontraktverkauf die<br />
nötige Marktliquidität gegeben ist, sodass die nächste Absicherung ggfs. nicht stattfinden<br />
kann.<br />
4.5 Marktliquiditätsrisiko<br />
Das Marktliquiditätsrisiko bezieht sich nicht wie beim Marginrisiko auf die<br />
Liquiditätssituation des Hedgers, sondern auf die jederzeitige Möglichkeit des Kaufs <strong>und</strong><br />
Verkaufs von Kontrakten am Warenterminmarkt. Sofern die Kontraktaufträge relativ klein<br />
sind <strong>und</strong> eine ausreichende Marktliquidität gegeben ist, wird der Transaktionspreis bei<br />
Verkaufsaufträgen jeweils dem Geldkurs entsprechen. Ohne eine ausreichende Anzahl an<br />
Marktakteuren kann unter Umständen ein Termingeschäft nicht den Wünschen entsprechend<br />
durchgeführt werden, wobei man dann von einem „dünnen“ Markt spricht. 101 Um dennoch<br />
eine Transaktion durchführen zu können, sind zum Teil umfangreiche Preiszugeständnisse<br />
von Nöten, sodass der Transaktionspreis bei Verkauf dann sinkt. 102 Im Zuge des<br />
Marktliquiditätsrisikos wird oft die wichtige Rolle der Spekulanten genannt, die zwar keinen<br />
physischen Bezug zum Rohstoff haben, allerdings aufgr<strong>und</strong> der Vielzahl ihrer<br />
Transaktionsdurchführungen die Liquidität positiv beeinflussen. Für eine ausreichende<br />
Marktliquidität sind neben einer großen Anzahl an potenziellen Akteuren auch niedrige<br />
Transaktionskosten, schnelle Transaktionsabwicklung, zufriedenstellende<br />
Informationszugänglichkeit <strong>und</strong> ein integrer Markt von Nöten. Die Integrität des Marktes<br />
umfasst, dass Marktteilnehmer sich darauf verlassen können, keinen Preismanipulationen<br />
ausgesetzt zu sein. 103 Die bei niedriger Marktliquidität auftretenden größeren<br />
Preisschwankungen haben auch Einfluss auf die individuelle Liquiditätssituation des Hedgers,<br />
da höhere Preisvolatilität mitunter zu höheren Margin Calls führen kann. Zudem begünstigt<br />
100 (Pennings, 1997), S. 346<br />
101 (Loy, Koester, & Wichern, 2000), S. 4<br />
102 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 22, 23<br />
103 (Pennings, 1997), S. 346<br />
23
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
eine geringe Anzahl gehandelter Kontrakte die Möglichkeit zu Manipulationen, da wenige<br />
Marktteilnehmer mit umfangreichen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln versuchen<br />
können, das Preisgefüge in ihrem Sinne zu beeinflussen.<br />
Die Marktliquidität <strong>für</strong> Futures auf Agrarprodukte ist an der Terminbörse NYSE Euronext<br />
(Handelsplätze in Paris <strong>und</strong> London) stark gestiegen, sodass von 2005 bis 2011 eine<br />
Verdreifachung des gehandelten Werts erfolgte. Allein <strong>für</strong> Getreide <strong>und</strong> Raps wurden 2011<br />
Terminkontrakte gehandelt, deren Wert zusammen mehr als 100 Mrd. € ergibt. 104 Auch bei<br />
Weizenfutures hat sich die Marktliquidität in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, sodass<br />
die Anzahl der gehandelten Futures auf Weizen zwischen 2006 <strong>und</strong> 2010 an der Matif um<br />
mehr als das Zehnfache, in London immerhin um fast das Doppelte, gestiegen ist. Tabelle 1<br />
zeigt, dass die Marktliquidität an der Matif sich kontinuierlich erhöhte, während dies an der<br />
LIFFE weniger gegeben ist. Hinsichtlich der Marktliquidität ist die Matif <strong>für</strong> einen<br />
Marktakteur somit die bessere Wahl. Die im Jahr 2011 an der Matif gehandelte<br />
Mahlweizenmenge summierte sich auf 248 Mio. t, was mehr als der doppelten EU-<br />
Weichweizenernte entspricht. 105<br />
Tabelle 1: Anzahl der gehandelten Weizenfutures an der Matif <strong>und</strong> der LIFFE<br />
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Matif 106.167 420.241 976.737 1.550.602 1.923.046 4.369.971 5.094.830<br />
LIFFE 25.873 77.111 129.850 127.417 102.620 148.188 149.613<br />
Quelle: Darstellung nach den Daten der Cereals and Oilseeds Division (HGCA) des Agriculture and<br />
Horticulture Development Board<br />
4.6 Basisrisiko<br />
Im Vorwege einer Absicherung ist die Kenntnis der Basis <strong>für</strong> einen Landwirt elementar. Sie<br />
begrenzt den Nutzen einer Absicherung mit Futures, da die Basis die Differenz des lokalen<br />
Kassapreises zum Terminpreis der Warenterminbörse angibt. Würde es keinerlei Basis geben,<br />
könnte man von einem perfekten Hedge ausgehen, doch entspricht dies nicht der Realität. 106<br />
Ein steigendes Basisrisiko kann dazu führen, dass die Sinnhaftigkeit des<br />
Absicherungsgeschäftes sinkt, sodass eine vorzeitige Glattstellung der offenen<br />
Kontraktpositionen effizienter sein kann. 107 Die Basis ist bei der Risikoabsicherung deshalb<br />
so relevant, weil zwei Positionen beim Hedging gegeben sind: die am Kassamarkt <strong>und</strong> die am<br />
Terminmarkt. Sofern Produzenten die Basis kennen, können sie angebotene Kontrakte besser<br />
104 (Agrarzeitung, 2012), S. 11<br />
105 (Agrarzeitung, 2012), S. 16<br />
106 (Ziegelbäck, Risikomanagement mit Warenterminkontrakten, 2008), S. 7<br />
107 (Hares, Terminmärkte erfolgreich nutzen, 2009)<br />
24
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
evaluieren <strong>und</strong> eine f<strong>und</strong>iertere Entscheidung zur Risikoabsicherung am Warenterminmarkt<br />
treffen Sie unterliegt im Zeitablauf zum Teil größeren Schwankungen <strong>und</strong> unterscheidet sich<br />
damit spezifisch <strong>für</strong> einzelne Regionen <strong>und</strong> Zeitpunkte. Eine Veränderung der Basis kann<br />
sowohl auf geänderte Kassamarktpreise als auch veränderte Terminmarktpreise zurückgeführt<br />
werden. 108 Die Basis setzt sich zusammen aus der Differenz vom Futurespreis zum<br />
Kassamarktpreis am Kontraktlieferort sowie der Differenz vom Kassamarktpreis am<br />
Kontraktlieferort zum lokalen Kassamarktpreis am Standort des Landwirts. 109<br />
Die Erstgenannte ist eine temporale Differenz, die nach der Theorie der Lagerkosten den<br />
Kosten aus Lagerhaltung entsprechen sollte, während die zweite Basiskomponente eine<br />
örtliche ist, die die Transportkosten abbildet. Die Lagerkosten setzen sich zusammen aus<br />
Angebot an Lagerkapazität, also den Opportunitätskosten, direkten Lagerkosten, entgangenen<br />
Zinsgewinnen, Risikoprämien <strong>und</strong> Convenience Yield sowie der Nachfrage nach<br />
Lagermöglichkeiten <strong>und</strong> liegen in Deutschland bei ca. einem Euro pro Tonne <strong>und</strong><br />
Monat. 110,111 Weitere Ursache kann die Handelsspanne (Verkaufspreis abzüglich<br />
Materialeinsatz) sein. 112<br />
Die Basis soll, abgesehen von Lieferkosten bis zur Kontraktfälligkeit, gegen Null tendieren.<br />
Die Basis sollte stets den jeweiligen Lagerkosten entsprechen, da es sonst <strong>Möglichkeiten</strong> <strong>für</strong><br />
Arbitrage-Geschäfte gäbe. 113 Diese Lagerkostentheorie konnte in der Praxis jedoch häufig<br />
widerlegt werden, da die Basis teilweise geringer als die Lagerkosten war <strong>und</strong> somit ein<br />
negativer Ertrag aus der Lagerhaltung resultiert. 114 Ursachen <strong>für</strong> ein solches Preisgefüge<br />
können unter anderem Risikoprämien oder Convenience Yield, also ein Vorteil aufgr<strong>und</strong> des<br />
physischen Besitzes der Ware, sein. Allerdings stellen TILLEY <strong>und</strong> CAMPBELL <strong>für</strong> Getreide<br />
saisonale Muster der Basis fest <strong>und</strong> auch die lokalen Marktbedingungen spielen eine Rolle. So<br />
ist die Basis <strong>für</strong> Weizen an einem Exportstandort unter anderem abhängig von der<br />
Verfügbarkeit an freien Lagerstätten, dem Einfluss von Regierungsprogrammen <strong>und</strong> dem<br />
jeweiligen Kontraktmonat. 115 Letztlich sorgt die Basis da<strong>für</strong>, dass Rohstoffe über Raum <strong>und</strong><br />
Zeit allokiert werden. JIANG <strong>und</strong> HAYENGA bestätigen, dass saisonale Muster, ebenso wie<br />
108<br />
(Ziegelbäck, Getreide, Raps & Co an der Warenterminbörse absichern?, 2009), S. 10;<br />
(Ziegelbäck, Risikomanagement mit Warenterminkontrakten, 2008), S. 7<br />
109<br />
(Koziol, 1992), S. 39<br />
110<br />
(Jiang & Hayenga, 1997), S. 128<br />
111<br />
(Loy & Pieniadz, 2009), S. 8<br />
112<br />
(Viechtl, 2008), S. 52<br />
113<br />
(Pennings, 1997), S. 345<br />
114<br />
(Jiang & Hayenga, 1997), S. 126<br />
115<br />
(Tilley & Campbell, 1988), S. 929<br />
25
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
Lagerkosten, Produktionslevel <strong>und</strong> Transportkosten, relevant sind. 116 Lagerkosten sind dabei<br />
insbesondere zu Beginn der Einlagerungssaison wichtig, während das Produktionslevel nur<br />
zur Erntezeit <strong>und</strong> kurz danach von Bedeutung ist.<br />
Es besteht stets die Gefahr, dass die Terminmarktpreise sich anders entwickeln als die<br />
Kassamarktpreise, z.B. indem Preissprünge des Terminmarktes am physischen Markt nicht in<br />
der gleichen Zeit <strong>und</strong> Ausprägung nachvollzogen werden. 117 Zudem sind Warenterminmärkte<br />
überregional. Die regionalen Differenzen allein bei Erzeugerpreisen frei Erfasser beliefen sich<br />
beispielsweise <strong>für</strong> A-Weizen auf bis zu 22 €/t, wenn man die Preise zwischen Kiel <strong>und</strong><br />
Regensburg vergleicht (Stichtag 20.10.2011). 118 Für eine zufriedenstellende Preisabsicherung<br />
sollte die Basis im Zeitablauf möglichst konstant (<strong>und</strong> klein) sein.<br />
Zur Bestimmung des Basisrisikos kann der Futurespreis zum Fälligkeitszeitpunkt auf den<br />
Kassamarktpreis zum selben Zeitpunkt regressiert werden. Das verbleibende Preisrisiko, also<br />
das Basisrisiko, entspricht dem Standardfehler der Residuen. 119 Dieses Risiko ist meistens<br />
deutlich kleiner als das Preisrisiko, wenn keinerlei Absicherung erfolgt. 120 Dennoch ist zu<br />
bedenken, dass es keine Absicherung gegen das Basisrisiko gibt. 121 Eine Vorhersage der<br />
zukünftigen Basis ist trotz vergangener gegensätzlicher Feststellungen einiger<br />
Wissenschaftler nicht zuverlässig möglich. 122 Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist eine ständige<br />
Beobachtung, z.B. wöchentlich, bei einem selbstständigen Agieren am Warenterminmarkt<br />
unerlässlich. 123<br />
Beispielhaft ist im Folgenden die Basis des Nearby-Preises <strong>für</strong> Futterweizenfutures der LIFFE<br />
im Vergleich zu den Kassamarktpreisen in Schleswig-Holstein (SH) dargestellt. Futureskurse<br />
werden jeweils zum taggleichen Wechselkurs von Britischem Pf<strong>und</strong> in Euro aus der<br />
B<strong>und</strong>esbanknotierung umgerechnet. 124 Die prozentualen Schwankungen der Basis reichen von<br />
-18% bis +12,6%, was die hohe Relevanz des Basisrisikos zeigt. Die Basis in Euro ist in<br />
Abbildung 4 <strong>für</strong> den Zeitraum vom 05.08.2005 bis zum 27.05.2011 angeführt. Im<br />
arithmetischen Mittel liegt die LIFFE-Notierung 8,09 €/t über dem örtlichen Futterweizen-<br />
Kassamarktpreis.<br />
116<br />
(Jiang & Hayenga, 1997), S. 137, 138<br />
117<br />
(Viechtl, 2008), S. 54<br />
118<br />
(Mennerich, 2011)<br />
119<br />
(Loy, Koester, & Wichern, 2000), S. 3<br />
120<br />
(Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 33<br />
121<br />
(Ziegelbäck, Risikomanagement mit Warenterminkontrakten, 2008), S. 7<br />
122<br />
(Pennings, 1997), S. 345<br />
123<br />
(Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 107<br />
124<br />
(B<strong>und</strong>esbank, 2012), Download über CSV<br />
26
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
05.08.05<br />
20,00 €<br />
05.08.06 05.08.07 05.08.08 05.08.09 05.08.10<br />
10,00 €<br />
0,00 €<br />
-10,00 €<br />
-20,00 €<br />
-30,00 €<br />
-40,00 €<br />
-50,00 €<br />
Abbildung 4: Basis Futterweizen: LIFFE-Kurs zu Kassapreisen Schleswig-Holsteins<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten von HGCA; Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank 125<br />
Bei Brotweizen ist ebenfalls eine Differenz zwischen den wöchentlichen Kassapreisen in<br />
Hamburg (HH) <strong>und</strong> Schleswig-Holstein zum Nearby-Futurespreis gegeben. Die Basis des<br />
Matif-Kurses zu den Hamburger Kassamarktpreisen unterscheidet sich von der zu den<br />
Schleswig-Holsteinischen Kassamarktpreisen. Die Ausschläge zum Hamburger Preis sind<br />
dabei <strong>für</strong> den Zeitraum vom 05. August 2005 bis zum 30. Dezember 2011 meist höher als bei<br />
der Basis zum Schleswig-Holsteinischen Kassamarktpreis. Die Schwankungen differieren von<br />
-37,10 € bis 16,60 €/t (SH) <strong>und</strong> von -32,75 € bis +49,15 €/t (HH). Somit sind die historischen<br />
Basisschwankungen bei den Hamburger Preisnotierungen höher. Das arithmetische Mittel der<br />
Kassamarktnotierung SH liegt 11,39 € unter der wöchentlichen Matif-Notierung. 126 Die<br />
prozentuale Abweichung von 2005 bis 2011 ist dementsprechend bei den Schleswig-<br />
Holsteinischen Preisen mit durchschnittlich -7,3% deutlich ausgeprägter. Die Kassapreise HH<br />
sind im Schnitt 2,27% höher als die Matif-Notierungen.<br />
Die Durchschnittspreise während der betrachteten sieben Jahre sind in SH mit 154,81 €/t<br />
geringer als die Futurespreise der Matif, die bei durchschnittlich 170,64 €/t notieren. Der<br />
Mittelwert der Standardabweichung <strong>für</strong> Brotweizen von der Matif zum Kassamarkt SH liegt<br />
mit -11,39 €/t deutlich darüber. Der Mittelwert der Basis ist bei Futterweizen hingegen kaum<br />
125<br />
(Cereals and Oilseeds Division des Agriculture and Horticulture Development Board (AHDB), 2011);<br />
(B<strong>und</strong>esbank, 2012)<br />
126<br />
(Cereals and Oilseeds Division des Agriculture and Horticulture Development Board (AHDB), 2011)<br />
27
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
unterschiedlich, da dieser <strong>für</strong> Schleswig-Holstein zur LIFFE bei 8,09 € <strong>und</strong> <strong>für</strong> den<br />
hamburgischen Kassamarkt bei 8,34 €/t liegt.<br />
Um die Schwankungsbreite der Basis näher zu betrachten sind die Varianz <strong>und</strong> die<br />
Standardabweichung nützliche Parameter. Da jeweils mehr als 300 Preisdaten zur Verfügung<br />
stehen, wird die Varianz aus der Gr<strong>und</strong>gesamtheit als geeignetes Maß zur Berechnung der<br />
Schwankungsbreite angesehen. Zur Varianzbestimmung wird folgende Formel verwandt: 127<br />
∑ ̅<br />
Formel 1: Varianz aus der Gr<strong>und</strong>gesamtheit<br />
x = Beobachtungwert, daher Basis zum Ende der jeweiligen Woche<br />
̅ = arithmetisches Mittel der Basis<br />
n = Umfang der Gr<strong>und</strong>gesamtheit<br />
Die Standardabweichung, die die Streuung der Werte der Basis um den Mittelwert angibt,<br />
entspricht der Wurzel der Varianz <strong>und</strong> wird ausgehend von der Gr<strong>und</strong>gesamtheit ermittelt.<br />
Die Standardabweichung wird mit folgender Formel berechnet: 128<br />
∑ ̅<br />
√<br />
= √ Formel 2: Standardabweichung<br />
Insgesamt ist die Standardabweichung <strong>für</strong> den hamburgischen Kassamarkt stets höher als <strong>für</strong><br />
Schleswig-Holstein. 129 Die Standardabweichung bei Brotweizen liegt bei Bezug zur Varianz<br />
zwischen 7,84 € (Schleswig-Holstein) <strong>und</strong> 8,56 € (Hamburg). Für Futterweizen ist die<br />
Varianz jeweils etwas höher, sodass sich Standardabweichungen von 8,98 € (Schleswig-<br />
Holstein) <strong>und</strong> 9,07 € (Hamburg) ergeben. Die ermittelten Werte <strong>für</strong> die Basis in Schleswig-<br />
Holstein sowie Hamburg sind in Tabelle 2 zusammengestellt.<br />
Tabelle 2: Varianz <strong>und</strong> Standardabweichung der Basis SH/HH zu Matif/LIFFE<br />
Brotweizen: Matif Futterweizen: LIFFE<br />
Daten 2005 bis 2011 Schleswig-Holstein Hamburg Schleswig-Holstein Hamburg<br />
Varianz aus Gr<strong>und</strong>gesamtheit 61,53 73,19 80,63 82,35<br />
Standardabweichung aus der<br />
Gr<strong>und</strong>gesamtheit<br />
7,84 € 8,56 € 8,98 € 9,07 €<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten des HGCA, Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank<br />
Ein weiteres Maß zur Beschreibung der Beziehung von Datenreihen ist der<br />
Korrelationskoeffizient, der angibt, wie ähnlich der Verlauf der betrachteten Preisdaten<br />
127 (Papula, 2003), S. 376<br />
128 (Papula, 2003), S. 376<br />
129 Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten von HGCA; Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank<br />
28
4 Risiken eines Warentermingeschäfts<br />
verläuft, wobei ein Korrelationskoeffizient von 1 einen exakt gleichen Verlauf bezeichnet.<br />
Eine Korrelation von Null sagt hingegen aus, dass keinerlei Zusammenhang zwischen den<br />
Preisverläufen besteht. Die Korrelation vom Nearby-Futurespreis <strong>für</strong> Futterweizen an der<br />
LIFFE zum Schleswig-Holsteinischen Kassamarktpreis beläuft sich auf 0,9841, was auf einen<br />
signifikanten Zusammenhang hinweist. Für den Brotweizen-Kassamarktpreis zum Matifkurs<br />
liegt sie mit 0,9815 zwar etwas darunter, aber auf sehr hohem Niveau. 130 Damit kann<br />
konstatiert werden, dass die betrachteten Kassamarktpreise <strong>für</strong> Weizen einen ähnlichen<br />
Verlauf wie die Futuresmarktpreise aufweisen. Die Formel zur Ermittlung des<br />
Korrelationskoeffizienten lautet wie folgt: 131<br />
K, F= jeweilige Werte des Kassamarktes <strong>und</strong> des Futuresmarktes<br />
29<br />
Formel 3: Korrelationskoeffizient<br />
Mit dem vorliegenden Abschnitt konnte gezeigt werden, dass zahlreiche Risiken aufgr<strong>und</strong> der<br />
Teilnahme am Warenterminmarkt bestehen <strong>und</strong> diese das Ergebnis einer Preisabsicherung am<br />
Warenterminmarkt damit negativ beeinflussen können.<br />
130 Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten von HGCA; Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank<br />
131 (Papula, 2003), S. 376
5 Selektives Hedging<br />
5 SELEKTIVES HEDGING<br />
Beim selektiven Hedging handelt es sich um eine Strategie, mit der die Preisschwankungen<br />
am Kassamarkt teilweise ausgeglichen <strong>und</strong> gleichzeitig durchschnittlich höhere Erträge als<br />
ohne Absicherung oder mit „klassischen“ <strong>Hedgingstrategien</strong> erzielt werden sollen. Laut<br />
HALES <strong>und</strong> BRESEE ist dies bei Anwendung des selektiven Hedgings mittels technischer<br />
Analysen möglich. 132 Da die Erzielung ausreichender Einnahmen unter Landwirten von sehr<br />
hoher Relevanz ist, 133 muss zum Einen die Frage beantwortet werden, was diese Strategie<br />
bedeutet <strong>und</strong> zum Anderen, ob damit tatsächlich umfangreichere Erlöse erzielt werden<br />
können.<br />
Selektives Hedging beschreibt eine bestimmte Strategie der Risikoabsicherung, in der die<br />
Entscheider ihre jeweilige Erwartung zukünftiger Preise die Höhe des Absicherungsgrads,<br />
also die Hedge Ratio, bestimmen lassen. 134 Es wird daher erst nach genauer Betrachtung des<br />
Preisgefüges entsprechend den eigenen Zielen am Warenterminmarkt agiert. Selektives<br />
Hedging kann somit auch als Hedging von offenen Positionen mit bestimmten<br />
Marktbedingungen als Initiator verstanden werden. 135<br />
Demnach kann es in einigen Situationen vorteilhaft sein, bestimmte Risiken einzugehen. Geht<br />
ein Produzent von einem steigenden Preisniveau <strong>für</strong> seine Produkte aus, wird er zu dem seiner<br />
Ansicht nach zu niedrigen Terminpreis keine oder nur einen Anteil seiner erwarteten<br />
Produktmenge absichern. 136 Ziel dieses Vorgehens ist, trotz Reduzierung von erwarteten<br />
Risiken gleichzeitig Vorteile aus dem Tragen des verbleidenden Risikos zu erlangen. Es<br />
sollen somit negative Marktentwicklungen abgesichert werden <strong>und</strong> gleichzeitig die Chance<br />
der Partizipation an günstigen Marktgeschehnissen erhalten bleiben. 137 Dies kann <strong>für</strong> einen<br />
Landwirt mit Ackerbaubetrieb bedeuten, bei Erwartung steigender Preise keinerlei<br />
Absicherung am Warenterminmarkt oder Over The Counter (OTC) zu betreiben <strong>und</strong><br />
dementsprechend ein Hedge Ratio von Null zu haben. Erwartet dieser hingegen sinkende<br />
Preise, so könnte er als Teil der selektiven Hedging Strategie geneigt sein, seine gesamte<br />
erwartete Erntemenge mittels Kontrakten abzusichern. Der Grad der Absicherung kann somit<br />
132<br />
(Lawrence & Wang, 1997), Primärquellen nicht publiziert (Hares) / verfügbar (Bresee), „Introduction“<br />
133<br />
(Loy & Pieniadz, 2009), S. 2<br />
134<br />
(Stulz, 1996), S. 8<br />
135<br />
(Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 10<br />
136 (Naef, 1996), S. 11<br />
137 (Stulz, 1996), S. 9<br />
30
5 Selektives Hedging<br />
von keinerlei bis zur kompletten Absicherung differieren. Während eine vollständige<br />
Absicherung mittels Warenterminkontrakten Deckungsbeiträge <strong>und</strong> Einkommen im Betrieb<br />
stabilisieren kann, wird diese zusätzliche Sicherheit insbesondere bei schwankenden<br />
Marktpreisen durch den Verzicht auf Preisspitzen erkauft. 138 Somit klingt es wie die optimale<br />
Strategie, zwar Absicherung zu betreiben, aber dennoch zusätzliche Gewinnmöglichkeiten zu<br />
nutzen. Doch ist dies mit selektivem Hedging möglich?<br />
Nach GARCIA <strong>und</strong> LEUTHOLD dienen selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> dazu, Vorteile aus der<br />
Einschätzung der Basis zu ziehen oder profitable Handelsmöglichkeiten zu fixieren. 139<br />
Um diese Absicherungsstrategie umfangreicher zu erfassen, werden im Folgenden zunächst<br />
Einflussfaktoren auf die Wahl der Absicherungsstrategie erläutert <strong>und</strong> anschließend<br />
empirische Studien zum Thema der selektiven Absicherung erläutert (gegliedert nach dem<br />
Veröffentlichungsjahr).<br />
5.1 Einflussfaktoren auf die Wahl der Absicherungsstrategie<br />
Die Absicherungsstrategie bzw. die Frage, ob überhaupt Hedging durchgeführt wird <strong>und</strong><br />
wenn ja, in welchem Umfang, wird laut PENNINGS <strong>und</strong> LEUTHOLD im Wesentlichen durch die<br />
subjektive Risikowahrnehmung <strong>und</strong> Einstellungen sowie dem Verschuldungsgrad des<br />
Betriebes, Marktorientierung <strong>und</strong> unternehmerischem Verhalten beeinflusst. Allerdings<br />
wirken diese Faktoren nicht homogen. Dies stellen PENNINGS <strong>und</strong> GARCIA auch in ihrer im<br />
Jahr 2004 durchgeführten Studie mit kleinen <strong>und</strong> mittelgroßen Schweineproduzenten,<br />
Großhändlern <strong>und</strong> Verarbeitern fest. Sie konstatieren mittels eines generalisierten, gemischten<br />
Regressionsmodells deutliche Unterschiede im Absicherungsverhalten bezogen auf die Höhe<br />
der offenen Position (jährliche Anzahl der Markttransaktionen bei Input <strong>und</strong> Output),<br />
Unternehmensgröße (jährliche Umsätze), Fremdfinanzierungsgrad, Risikoeinstellung <strong>und</strong><br />
Risikoaffinität sowie dem Bildungsgrad des Entscheidungsträgers (fünf Stufen vom<br />
Schulabschluss zum Universitätsabschluss). 140 Bei Industrieunternehmen spielen auch der<br />
Entscheidungsprozess, die Organisationsstruktur <strong>und</strong> der Einfluss der entscheidungstragenden<br />
Abteilung eine Rolle. Auch wenn die Beeinflussung von Absicherungsvorgehen <strong>und</strong><br />
Kapitalstruktur ebenso verknüpft sind wie Risikoeinstellungen <strong>und</strong> Wahrnehmungen, die die<br />
Absicherung beeinflussen, so lässt die Heterogenität der Abhängigkeiten laut PENNINGS <strong>und</strong><br />
138 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 28<br />
139 (Garcia & Leuthold, 2004), S, 240<br />
140 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 241<br />
31
5 Selektives Hedging<br />
GARCIA keine eindeutigen Schlüsse auf die Hedgingstrategie zu. 141 Die Effekte der genannten<br />
lassen sich auf Unterschiede in Einstellungen, Erwartungen <strong>und</strong> Eigentümerstrukturen<br />
zurückführen. Untersucht werden die möglichen Zusammenhänge mittels einer Einteilung der<br />
befragten Manager in drei Gruppen, wobei u.a. Alter, bisheriger Derivateinsatz <strong>und</strong><br />
Einstellungen als Unterscheidungskriterien herangezogen werden. 142 Es ist in Tendenzen<br />
erkennbar, dass ein höheres Bildungsniveau zu geringeren Kosten der<br />
Informationsbeschaffung <strong>und</strong> einer höheren Neigung führt, Neues zu übernehmen. Der<br />
Verschuldungsgrad ist nur bei Unternehmen mit dem höchsten Derivateeinsatz signifikant<br />
höher. 143 Entscheidungen der Risikomanager zum Derivateeinsatz werden nicht nur in<br />
Eigenverantwortung getätigt, sondern Vorgesetzte/ Entscheidungsträger im Unternehmen,<br />
haben großen Einfluss, .was mit einem durchschnittlichen Regressionskoeffizienten von 0,1<br />
bestätigt wird. Die Höhe offener Positionen am Kassamarkt erhöht ebenso wie die Größe des<br />
Unternehmens die Anzahl der Transaktionen am Terminmarkt, wobei letzteres laut PENNINGS<br />
<strong>und</strong> GARCIA einen weniger starken Einfluss hat. 144 Eine eindeutiger Zusammenhang von<br />
Risikoeinstellung <strong>und</strong> Absicherungsverhalten wird in der beschriebenen Untersuchung nicht<br />
getätigt.<br />
Die Kapitalstruktur ist bei der Auswahl der passenden Hedgingstrategie zu bedenken, da je<br />
nach Verschuldungsgrad <strong>und</strong> Ausfallwahrscheinlichkeit unterschiedliche Vorgehensweisen<br />
sinnvoll erscheinen. Handelt es sich um ein Unternehmen mit hohem Eigenkapitalanteil <strong>und</strong><br />
damit geringer Verschuldung sowie einem sehr guten Rating (Ausfallwahrscheinlichkeit nahe<br />
Null), so sind die <strong>Möglichkeiten</strong> vielfältig. Es könnte auf Hedging verzichtet werden, da<br />
zeitweise Verluste weniger Einfluss haben <strong>und</strong> die Aufnahme neuen Kapitals voraussichtlich<br />
ohne Schwierigkeiten ist. Aufgr<strong>und</strong> des mit Hedging verb<strong>und</strong>enen Aufwands ist <strong>für</strong> solche<br />
Unternehmen eine ausgeprägte Absicherung am Warenterminmarkt selten lohnend. So stellt<br />
COLLINS fest, dass Getreideproduzenten mit zufriedenstellender Eigenkapitalposition selbst<br />
bei Erwartung geringerer Erlöse ohne Hedging vom Warenverkauf aufgr<strong>und</strong> der geringen<br />
Insolvenzwahrscheinlichkeit selten absichern. 145 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ARIAS<br />
141 (Pennings & Garcia, Hedging Behavior in Small and Medium-sized Enterprises: The Role of Unobserved<br />
Heterogeneity, 2004), S. 966<br />
142 (Pennings & Garcia, Hedging Behavior in Small and Medium-sized Enterprises: The Role of Unobserved<br />
Heterogeneity, 2004), S. 970<br />
143 (Pennings & Garcia, Hedging Behavior in Small and Medium-sized Enterprises: The Role of Unobserved<br />
Heterogeneity, 2004), S. 956, 967, 968<br />
144 (Pennings & Garcia, Hedging Behavior in Small and Medium-sized Enterprises: The Role of Unobserved<br />
Heterogeneity, 2004), S. 966, 967<br />
145 (Garcia & Leuthold, 2004), S.241<br />
32
5 Selektives Hedging<br />
ET AL. mittels Szenarien, in denen nichtlineare Fremdfinanzierungskosten, progressive<br />
Steuersätze, Liquiditätsbeschränkungen <strong>und</strong> Insolvenzkosten einbezogen werden. Sofern die<br />
Hedgingkosten durch Vorteile aus den genannten Faktoren übertroffen werden, besteht <strong>für</strong><br />
Landwirte ein Anreiz, abzusichern. Bei Vorliegen einer hohen Profitabilität aus der<br />
Produktion heraus <strong>und</strong> ausgeprägtem Basisrisiko wird diese Hedgingmotivation jedoch<br />
reduziert. 146 Die einbezogenen Faktoren sind dabei bereits an sich nutzenstiftend, sodass eine<br />
Risikoaversität als Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> Terminmarktabsicherungen nicht von Nöten ist. Je nach<br />
Entwicklung z.B. der Höhe der Steuerprogressivität kann die optimale Hedge Ratio stark<br />
abweichen <strong>und</strong> auch bei null sein. 147 Trotz dieser Einflussfaktoren führen die betrachteten<br />
Landwirte keinerlei oder wenig Absicherung durch. 148 .<br />
STULZ kommt zu dem Ergebnis, dass Entscheidungsträger keine Anreize zum Eingehen<br />
zusätzlicher Risiken, wie z.B. eigene Aktienoptionen auf die Unternehmensaktie, haben<br />
sollten. Außer wenn Manager am Warenterminmarkt mehr Erträge generieren als andere beim<br />
Tragen eines vergleichbaren Risikos, erscheint eine erfolgsgeb<strong>und</strong>ene Prämie an Manager<br />
sinnvoll, wobei die Evaluierung <strong>und</strong> Vergleichbarkeit vom Einsatz der Derivate komplex<br />
ist. 149 Keines der betrachten Unternehmen hat über die eigene Produktion hinaus Kontrakte<br />
oder Optionen am Warenterminmarkt abgeschlossen, sodass angenommen werden kann, dass<br />
die Aktivitäten ausschließlich der Risikoreduzierung dienen (Hedge Ratio 0-85%).<br />
Den Einfluss einzelner Auswirkungen/Eigenschaften auf den Umfang der Risikomanagement-<br />
aktivitäten (RMA) zeigt TUFANO 1996 <strong>für</strong> Goldminenunternehmen, die aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
geringen Diversifizierung enorm von den Goldpreisen abhängig sind. Hauptaugenmerk liegt<br />
darauf, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang die jeweilige Risikoaversion der Entscheidungsträger von<br />
persönlichen Anreizen beeinflusst wird. Dabei ist der Absicherungsgrad umso höher, je mehr<br />
Aktien Manager von ihrem Arbeit gebenden Unternehmen besitzen. Dahingegen führen<br />
diejenigen Goldminenunternehmen, deren Manager Aktienoptionen besitzen, weniger<br />
Absicherung am Warenterminmarkt durch. Dahinter steckt die Annahme, dass die<br />
Inkaufnahme von Risiken bzw. das Eingehen von „Wetten“ die Volatilität der Erlöse <strong>und</strong><br />
damit in der Regel auch die Volatilität des Aktienkurses steigert. Eine Reduzierung der<br />
Schwankungsbreite des Aktienkurses würde den Wert der Aktienoptionen – sofern sie den<br />
Ausübungspreis deutlich aus dem Geld haben – wertlos machen. Selbst wenn die<br />
146 (Arias, Brorsen, & Harri, 2000), S. 375, 376<br />
147 (Arias, Brorsen, & Harri, 2000), S. 393<br />
148 (Garcia & Leuthold, 2004), S.241<br />
149 (Stulz, 1996), S. 23<br />
33
5 Selektives Hedging<br />
Aktienoptionen im Geld sind, wird das Risikomanagement beeinflusst, da eine Steigerung des<br />
Firmenwerts mehr Auswirkungen hat als eine Reduzierung des Firmenwerts, bei der eine<br />
Option ohne weitere Folgen <strong>für</strong> die Manager verfällt. Des Weiteren konnte eine negative<br />
Korrelation der Beschäftigungsdauer der Vorstandsmitglieder zum Absicherungsgrad<br />
festgestellt werden. 150<br />
Der Umfang der Risikomanagementaktivitäten wird laut TUFANO von verschiedenen<br />
Variablen beeinflusst, siehe Tabelle 3. 151<br />
Tabelle 3: Einflussfaktoren auf den Umfang der Risikomanagementaktivitäten<br />
Annahme/<br />
Hypothese<br />
Variable<br />
Einfluss auf<br />
Umfang RMA<br />
Datenherkunft<br />
Finanz. Stress Produktionskosten positiv Jahresabschlüsse<br />
Verschuldungsgrad positiv<br />
Verschuldungsgrad anhand der<br />
Firmengröße der letzten 3 Jahre<br />
Unternehmensgröße<br />
Firmenwert Teils positiv<br />
Buchwert, Marktwert, Buchwert der<br />
Verbindlichkeiten<br />
Reserven positiv Jahresabschlüsse<br />
Risikoaversion<br />
Aktien/Beteiligungen der<br />
Manager<br />
Wert der Optionen der Manager<br />
Anteil der Aktien von<br />
Großanteilseignern (>10% der<br />
Aktien) ohne Manager<br />
positiv<br />
negativ<br />
negativ<br />
Proxy Statements US, Management<br />
Information Circulars (CDN),<br />
Geschäftsberichte, Reuters<br />
Quelle: Darstellung nach Tufano, 1996, S. 1107, 1113<br />
Dabei wird deutlich, dass hohe Produktionskosten <strong>und</strong> ein hoher Verschuldungsgrad auf einen<br />
höheren Umfang der Hedgingaktivitäten schließen lassen, wobei dies bei den<br />
Produktionskosten nicht ganz eindeutig ist, da die Unternehmen mit den geringsten<br />
Produktionskosten eine Hedge Ratio von 0 bis 40% aufweisen. Goldminenbetriebe mit den<br />
höchsten Produktionskosten wenden hingegen eine Hedge Ratio größer 40% an. Unter den<br />
Betrieben mit keinerlei Risikomanagementaktivitäten sind hingegen auch solche mit höheren<br />
Produktionskosten. Ein höheres Ausmaß der Risikomanagementaktivitäten bei finanziellem<br />
Stress liegt im Wesentlichen in geringeren Kosten <strong>für</strong> Hedging als <strong>für</strong> eine Insolvenz<br />
begründet. 152 Die Feststellung, dass ein hoher Firmenwert <strong>und</strong> ausreichende Reserven einen<br />
positiven Zusammenhang zum Absicherungsumfang haben, wirft die Frage auf, ob die<br />
positiven Unternehmensmerkmale sich aufgr<strong>und</strong> des Hedgings so entwickelt haben oder<br />
bereits im Vorwege der Absicherung gegeben sind. Auf diese Frage gibt TUFANO in seinen<br />
Ausführungen keine eindeutige Antwort.<br />
150 (Tufano, 1996), S. 1097<br />
151 (Tufano, 1996), S. 1107, 1113<br />
152 (Glaum, 2001), S. 4, 5<br />
34
5 Selektives Hedging<br />
Einfluss auf die Durchführung von Absicherungsstrategien in der Landwirtschaft hat u.a. das<br />
Vorhandensein von Regierungs- <strong>und</strong> Versicherungsprogrammen. Im Jahr 2000 untersuchen<br />
COBLE ET AL. den Einfluss von Einkommens- <strong>und</strong> Ernteversicherungsprogrammen auf die<br />
Absicherung mittels Optionen <strong>und</strong> Terminmarktkontrakten, wobei Preis-, Ernte- <strong>und</strong><br />
Basisrisiken gegeben sind. Bei einem hohen Absicherungsgrad aufgr<strong>und</strong> von<br />
Ernteversicherungsprogrammen werden entsprechend der dadurch erzielten<br />
Risikoreduzierung weniger Warentermingeschäfte zum Hedging durchgeführt. 153 Kaum<br />
Effekte auf das Absicherungsverhalten sind bei geringem Grad der Absicherung mittels<br />
Versicherungen zu beobachten. Vergleicht man den Einfluss von Ernteversicherungen zu<br />
Einkommensversicherungen, so reduzieren Produzenten Futures <strong>und</strong> Optionen in höherem<br />
Umfang bei Einkommensversicherungen, sodass Ernteversicherungen ein geringerer<br />
Substitutionseffekt bezüglich Hedging unterstellt werden kann. 154 MAHUL untersucht wenige<br />
Jahre dies später bei zwei französischen Weizenproduzenten. Seine Ergebnisse legen nahe,<br />
dass Futures <strong>und</strong> Einkommensversicherungen sich ersetzen, während Terminkontrakte <strong>und</strong><br />
Ernteversicherungen sich ergänzen. 155 Der Einsatz von Optionen steigt hingegen signifikant<br />
mit der Neigung zu Terminkontrakten. 156<br />
In der Dolde-Studie von 1992 wird festgestellt, dass die Höhe des Absicherungsgrades in der<br />
Unternehmenspraxis ausschließlich von den individuellen zukünftigen Preiserwartungen<br />
abhängt <strong>und</strong> daher variabel ist. Bei einer folgenden Umfrage unter 530 Unternehmen<br />
verschiedener Industrien kommen BODNAR, HAYT <strong>und</strong> MARSTON <strong>und</strong> SMITHSON ebenfalls zu<br />
dem Schluss, dass Derivate vor allem zur Reduzierung der Erlösvariabilität eingesetzt <strong>und</strong><br />
selten zur Spekulation auf Marktbewegungen genutzt werden. 157 Bestätigt wird dies 2006 von<br />
KNILL, MINNICK <strong>und</strong> NEJADMALAYERI <strong>für</strong> oligopolistische Öl- <strong>und</strong> Gasmärkte, deren<br />
Teilnehmer ihre Futurespositionen bei günstigen Preiserwartungen deutlich reduzieren <strong>und</strong> so<br />
einen Rückgang der Futurespreise verursachen. 158 Im gleichen Zug wird mittels<br />
eindimensionaler Analyse festgestellt, dass überwiegend positive (negative) Überraschungen<br />
bei den angekündigten Erlösen der Öl-/Gasförderer <strong>und</strong> –Raffinerien zu starken Rückgängen<br />
(Erhöhungen) der Warenterminkurse führen. 159 Dabei folgt aus den Unterschieden der<br />
153 (Coble, Heifner, & Zuniga, 2000), S. 432<br />
154 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 242<br />
155 (Mahul, 2003), S. 15<br />
156 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 242<br />
157 (Bodnar, Hayt, & Mars, Sommer 1995), S. 104, 111<br />
158 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1478<br />
159 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1483<br />
35
5 Selektives Hedging<br />
Schwankungsbreite der Futurespreise bei Handelstagen mit überraschenden<br />
Erlösveröffentlichungen zu denen ohne solche Ereignisse die Annahme, dass die<br />
Marktteilnehmer neu veröffentlichte Informationen über Futures der Gas- <strong>und</strong> Ölindustrie<br />
einbeziehen. Die vorliegende Informationsasymetrie zwischen den agierenden Unternehmen<br />
der Öl- <strong>und</strong> Gasindustrie sowie den übrigen Marktteilnehmern wird anhand der großen<br />
Preisbewegungen infolge von Veröffentlichungen dieser Unternehmen deutlich. 160 Größere<br />
Preisbewegungen aufgr<strong>und</strong> der Ankündigung von Ertragsänderungen zeigen dabei signifikant<br />
die Informationsasymetrie zwischen den Öl- <strong>und</strong> Gasunternehmen zu den übrigen<br />
Marktteilnehmern, sodass von mittelstarker Markteffizienz ausgegangen werden kann. Des<br />
Weiteren kann aufgr<strong>und</strong> des unterschiedlichen Umfangs der Kursrückgänge<br />
(Kurssteigerungen) bei positiven (negativen) überraschenden Informationsveröffentlichungen<br />
festgestellt werden, dass die Öl- <strong>und</strong> Gasfirmen ein selektives Hedging durchführen. Wenn<br />
ein Kursrückgang der Erwartungen betreffenden Informationsasymetrie nicht die<br />
Hedgingaktivitäten beeinflussen würde, hätten die Ankündigungen keinen Einfluss auf die<br />
Futurespreise. Da jedoch die Hedgingstrategie an die zukünftigen Erlöserwartungen gekoppelt<br />
sind, führen positive Neuinformationen zu einem Rückgang des Einsatzes von Futures sodass<br />
demzufolge die Futurespreise sinken.<br />
Bei Input (Rohöl <strong>und</strong> Erdgas) <strong>und</strong> Output (Bleifreies Benzin <strong>und</strong> Heizöl) -Futures auf Gas<br />
<strong>und</strong> Öl gibt es ebenfalls Unterschiede, da die Preise von Outputfutures bei einer negativen<br />
Informationsveröffentlichung stärker ansteigen als sie bei positiven Ankündigungen fallen.<br />
Dies liegt im oligopolistischen Inputmarkt begründet, in dem die wenigen Öl- <strong>und</strong><br />
Gasunternehmen nur partielles Wissen über die aktuellen Industriebedingungen haben <strong>und</strong><br />
somit nicht ausschließlich auf Gr<strong>und</strong>lage ihres Informationsstands agieren können. Durch<br />
neue Informationen über Wettbewerber können sie ihre eigene Markteinschätzung<br />
überprüfen, sodass Futurespositionen erst reduziert werden, wenn sie sich ihrer positiven<br />
Markteinschätzung sicher sind. Bei einem negativen Marktausblick würden diese<br />
Unternehmen ihre Hedgingpositionen hingegen nur geringfügig anpassen. Bei den Output<br />
Markten sind es hingegen noch viele weitere betroffene Unternehmen, die beispielsweise<br />
Ölpreise <strong>für</strong> ihre Produktion oder Fuhrparks absichern. Durch die Vielzahl an<br />
Marktteilnehmern werden die Futurespreise im Falle negativer Informationen stärker steigen,<br />
sodass vermehrt Futures gekauft werden, um Volatilitäten der Zahlungsströme zu vermeiden.<br />
Bei positivem Marktausblick werden hingegen nur Unternehmen mit der Strategie des<br />
160 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1483<br />
36
5 Selektives Hedging<br />
Selective Hedging (im Wesentlichen Gas- <strong>und</strong> Ölunternehmen) ihre Futurespositionen<br />
senken, sodass Kursänderungen weniger stark ausfallen. 161<br />
KNILL, MINNICK <strong>und</strong> NEJADMALAYERI stellen daher fest, dass Überraschungen bei den<br />
Erträgen einen signifikanten Einfluss auf Futurespreise haben. Dies ist insbesondere bei<br />
Neuinformationen der integrierten (Förderung <strong>und</strong> Produktion) <strong>und</strong> rohstofffördernden<br />
Unternehmen der Fall. So führt ein einprozentiger Anstieg der durchschnittlichen Erträge von<br />
integrierten Ölunternehmen zu einem Preisrückgang von 1,05% (Rohöl), 3,94% (bleifreies<br />
Benzin) <strong>und</strong> 3,61% (Heizöl). 162 Demgegenüber lösen positive Nachrichten von Vermarktern<br />
<strong>und</strong> Raffinerien keinen signifikanten Preisrückgang aus. Da diese Unternehmen eventuelle<br />
Preisschocks direkt an Endverbraucher weitergeben können, müssen sie im Gegensatz zu<br />
Förderunternehmen, Produzenten <strong>und</strong> integrierten Unternehmen weniger auf<br />
makroökonomische Entwicklungen reagieren.<br />
KNILL, MINNICK <strong>und</strong> NEJADMALAYERI konstatieren außerdem, dass kleinere Gas- <strong>und</strong><br />
Ölunternehmen – vermutlich aufgr<strong>und</strong> der geringen <strong>Möglichkeiten</strong>, Preisschocks zu<br />
verkraften - geneigt sind, (selektive) Risikoabsicherung durchzuführen. 163 Auch der<br />
Prognosefehler der Analysten hat einen deutlichen Einfluss auf Preisentwicklungen. Solche<br />
Fehler werden unter anderem beeinflusst durch subjektive Karrieresorgen <strong>und</strong><br />
Herdenverhalten, also dem Vorgehen Anderer. Dennoch können Voraussagen von Analysten,<br />
insbesondere wenn sie Zugang zu dem Wissen der Entscheidungsträger von Gas- <strong>und</strong><br />
Ölproduzenten haben, eine Minderung der Informationsasymetrien bewirken. Da am Markt<br />
angenommen wird, dass Öl- <strong>und</strong> Gasunternehmen selektives Hedging vornehmen, wird das<br />
Ausmaß des Hedging stets mit den Wirtschaftserwartungen, Industrieproduktionszahlen <strong>und</strong><br />
Industrieausblicken, etc. in Verbindung gebracht. 164 Bei einer anziehenden Weltwirtschaft<br />
fragen diese Unternehmen aufgr<strong>und</strong> der Erwartung steigender Preise entsprechend ihrer<br />
selektiven Hedgingstrategie weniger Futures nach, was auch von Seiten anderer<br />
Marktteilnehmer zu einem starken Verkaufsdruck führt, sodass die Preise sinken. Letztlich<br />
wenden Gas- <strong>und</strong> Ölunternehmen selektives Hedging an, indem sie nur bei ungünstigen<br />
Prognosen eine Absicherung gegen Abwärtstrends vornehmen. Bei einem negativen<br />
(positiven) Industriedatenausblick werden sie daher mehr (weniger) Futurespositionen<br />
eingehen <strong>und</strong> so die Futureskurse mit mehr Käufen erhöhen (verringern). Aus der<br />
161 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1484 ff.<br />
162 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1891<br />
163 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1497<br />
164 (Knill, Minnick, & Nejadmalayeri, 2006), S. 1490<br />
37
5 Selektives Hedging<br />
vorliegenden Quelle kann resümiert werden, dass in den oligopolistischen Gas- <strong>und</strong><br />
Ölmärkten selektives Hedging angewendet wird.<br />
Es kann zusammengefasst werden, dass Anreize <strong>für</strong> Risikomanager (Aktien/Optionen), der<br />
Verschuldungsgrad des Unternehmens <strong>und</strong> die Erlössituation Einfluss auf die Anwendung<br />
einer Hedgingstrategie haben. Daneben sind auch das Vorhandensein zusätzlicher<br />
Absicherungen in Form von Versicherungen, sowie dessen Unternehmensgröße von<br />
Bedeutung. Im Rückblick auf die erläuterte Markteffizienztheorie verw<strong>und</strong>ert es zudem nicht,<br />
dass Unternehmen mit eventuellem Insiderwissen dies in Form <strong>selektiver</strong> <strong>Hedgingstrategien</strong><br />
nutzen, siehe oligopolistische Öl- <strong>und</strong> Gasmärkte.<br />
ADAM, FERNANDO <strong>und</strong> SALAS konstatieren, dass Absicherungsstrategien, in denen die<br />
Meinung der Entscheidungsträger großen Einfluss auf die Vorgehensweise haben, nicht nur in<br />
den USA weit verbreitet sind. Mittels der Untersuchung über einen 10-Jahres-Zeitraum von<br />
1989 bis 1999 unter 92 Goldminenfirmen stellen sie fest, dass insbesondere kleinere<br />
Unternehmen vermehrt spekulieren <strong>und</strong> solche mit finanziellem Stress überproportional<br />
selektives Hedging anwenden. Gerade bei den kleineren Unternehmen ist jedoch<br />
anzunehmen, dass kein ausgeprägter Informationsvorsprung gegenüber den anderen<br />
Marktakteuren gegeben ist, sodass dies nicht der Beweggr<strong>und</strong> zur Anwendung einer solchen<br />
Strategie ist. Zudem widerspricht dieses Ergebnis der oft publizierten Aussage, dass größere<br />
Unternehmen tendenziell mehr Derivate nutzen <strong>und</strong> außerdem größere Anteile ihrer offenen<br />
Positionen absichern. Um dieses Vorgehensweise bei kleineren Unternehmen zu erklären wird<br />
angenommen, dass Entscheidungsträger solcher Unternehmen weniger spezifische Kenntnisse<br />
haben <strong>und</strong> daher eher zu der fälschlichen Einschätzung kommen, dass sie einen<br />
Informationsvorteil hätten. ADAM, FERNANDO <strong>und</strong> SALAS können unter anderem eine positive<br />
Korrelation zwischen der Volatilität des Unternehmensaktienergebnisses <strong>und</strong> dem Ausmaß<br />
des Einsatzes von selektiven Absicherungsstrategien finden. 165 Der größte positive<br />
Zusammenhang kann zwischen der Anwendung von selektivem Hedging <strong>und</strong> der Größe des<br />
Vorstands gef<strong>und</strong>en werden. ADAM, FERNANDO <strong>und</strong> SALAS verwerfen die Hypothese, dass<br />
Manageranreize in Form von Aktien <strong>und</strong> Optionen die Risikobereitschaft der<br />
Entscheidungsträger erhöhen. 166 Das wichtigste Ergebnis der beschriebenen Untersuchung ist,<br />
das keine signifikanten Wertsteigerungen bei selektiv hedgenden Unternehmen vorliegen. 167<br />
165 (Adam, Fernando, & Salas, 2012), S. 4, 26<br />
166 (Adam, Fernando, & Salas, 2012), S. 24<br />
167 (Adam, Fernando, & Salas, 2012), S. 21, 22<br />
38
5 Selektives Hedging<br />
5.2 Empirische Ergebnisse zum selektiven Hedging<br />
Bereits 1984 formulieren HAYENGA, DIPIETRE, SKADBERG <strong>und</strong> SCHROEDER die Frage, ob es<br />
zusätzliche Erlösmöglichkeiten <strong>für</strong> Viehproduzenten am Futuresmarkt gibt. Für den<br />
betrachteten Zeitraum von 1972 bis 1981 (Rindermarkt) <strong>und</strong> von 1974 bis 1981<br />
(Schweinemarkt) stellen sie mittels Vergleich der durchschnittlichen Basis <strong>und</strong> dem<br />
durchschnittlichen Kassamarktpreis im Liefermonat zu den Futurespreisen während der<br />
Mastphase fest, dass die Nutzung von Futures <strong>für</strong> Rinder- <strong>und</strong> Schweinemäster Vorteile mit<br />
sich bringen kann. Allerdings differiert der Anteil an Handelstagen, zu denen mit Profit<br />
gehandelt werden kann, zum Teil erheblich: Während <strong>für</strong> die Schweinemäster die<br />
Absicherung mittels Futures im Jahr 1975 an über 90% der Handelstage vorteilhaft ist, liegt<br />
dieser Anteil 1979 bei unter 50%. Für Rindermäster ist eine Vorteilhaftigkeit, die als gegeben<br />
angenommen wird, wenn mindestens 0,50 US-Dollar pro cwt (~45,36 KG) mittels Futures<br />
erzielt werden können, überwiegend nicht gegeben. So ist es beispielsweise im Jahr 1976 an<br />
keinem Handelstag sinnvoll, am Futuresmarkt aktiv zu sein. 168 Unter anderem veranlassen die<br />
dabei in Kauf zu nehmenden Risikoprämien aufgr<strong>und</strong> wenig liquider Futuresmärkte<br />
HAYENGA, DIPIETRE, SKADBERG <strong>und</strong> SCHROEDER zu dem Fazit, dass es wenig <strong>Möglichkeiten</strong><br />
erfolgreicher Hedging- <strong>und</strong> Spekulationsstrategien <strong>für</strong> Vieh- <strong>und</strong> Schweinemäster am<br />
Futuresmärkten gibt. Insbesondere <strong>für</strong> Rindermäster ist der Ein- <strong>und</strong> Verkauf zu<br />
Kassamarktpreisen ohne Anwendung von selektivem Hedging von Vorteil. 169<br />
KENYON <strong>und</strong> CLAY stellen 1987 in einer Untersuchung zum selektiven, profitorientierten<br />
Hedging bei Schweineproduzenten fest, dass diese Strategie sowohl die durchschnittlichen<br />
Gewinne erhöht <strong>und</strong>/oder die Varianz der Gewinne reduziert. 170 Diese Strategie wird nicht nur<br />
verkaufsseitig, sondern auch beschaffungsseitig <strong>für</strong> Mais, Sojabohnenmehl <strong>und</strong> Ferkel sowie<br />
die restlichen Futterkosten (Schätzung) angewandt. Mittels berechneter Erlösmargen von<br />
1975 bis 1982 wird eine selektive Hedgingstrategie mit festgelegter Marge verglichen mit<br />
einer Strategie, bei der die Marge auf Gr<strong>und</strong>lage prognostizierter Schweineproduktion<br />
variabel <strong>für</strong> mögliche Kontraktabschlüsse festgelegt wird. Die Basis wird auf Gr<strong>und</strong>lage des<br />
Dreijahresdurchschnitts des betreffenden Monatskontrakts einbezogen. Es wird außerdem<br />
unterschieden, ob ausschließlich die Verkaufsposition oder auch einzelne<br />
Beschaffungspositionen mittels Futures abgesichert werden. Wenn sowohl der<br />
168 (Hayenga, DiPietre, Skadberg, & Schroeder, 1984), S. 144, 145<br />
169 (Hayenga, DiPietre, Skadberg, & Schroeder, 1984), S. 153, 154<br />
170 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 240<br />
39
5 Selektives Hedging<br />
Schweineverkauf als auch die genannten zugekauften Produkte über Termingeschäfte<br />
abgesichert werden, ist der Mittelwert der erwarteten Erlösmargen stets am höchsten, bei der<br />
Varianzhöhe ist hingegen keine eindeutige Tendenz erkennbar. 171 KENYON <strong>und</strong> CLAY<br />
resümieren, dass mittels der letztgenannten selektiven Hedgingstrategie unter Einbeziehung<br />
der Beschaffungsseite (Mais) in knapp 94% der betrachteten Perioden eine positive Marge<br />
erzielt werden kann <strong>und</strong> auch gegenüber dem Kassamarkt eine geringere Erlösvarianz sowie<br />
höhere Durchschnittsmargen erzielt werden. 172<br />
SCHROEDER <strong>und</strong> HAYENGA beschäftigen sich 1988 mit der Frage, ob selektive<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> <strong>und</strong> Optionsstrategien bei der Rindervermarktung Vorteile gegenüber der<br />
vollkommenen Absicherung oder der Vermarktung zu Kassamarktpreisen aufweisen. Dabei<br />
werden die Preisrisiken sowohl beim Kauf von Futterrohstoffen <strong>und</strong> Kälbern als auch beim<br />
Verkauf der gemästeten Rinder einbezogen <strong>und</strong> entsprechend der verglichenen Strategien<br />
abgesichert oder auch nicht. SCHROEDER <strong>und</strong> HAYENGA stellen fest, dass selektives Hedging<br />
in den meisten Fällen vorteilhaft ist, jedoch sind die Ergebnisse der verschiedenen Strategien<br />
in einzelnen Zeitabschnitten höchst unterschiedlich. Diese sind insbesondere abhängig von<br />
der Entwicklung der Preise <strong>und</strong> Volatilitäten. So führt eine Optionsstrategie zwar über die<br />
sechsjährige Periode zum Teil – je nach Annahme des Break-Even-Preises- zu<br />
durchschnittlich höheren Erträgen als ohne Absicherung. Allerdings ist diese Strategie bei<br />
sehr volatilen Preisen nachteilig, da die Optionsprämien dann vergleichsweise hoch sind. Ein<br />
solcher Fall tritt während des Betrachtungszeitraumes über insgesamt zwei Jahre auf. 173 Alle<br />
angewendeten Strategien haben demnach fast immer ein besseres Resultat bezüglich der<br />
Standardabweichung der Erlöse als kein Hedging gezeigt. Ausnahme bildet ein Teil der<br />
Verkaufsoptionsstrategien. Bei der vollkommenen Absicherung sind die Erlöse<br />
vergleichsweise gering. Niedriger sind sie nur beim Routinekauf von Verkaufsoptionen zur<br />
Aufstallung <strong>und</strong> einer Optionsstrategie mit Kaufsignalen 2 US-Cent unter, oder 2 US-Cent<br />
über oder exakt zum Break-Even-Preis. Insgesamt sind die selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> am<br />
vorteilhaftesten, bei denen abgesichert wird, wenn der aktuelle Futurespreis abzüglich der<br />
erwarteten Basis abzüglich Absicherungskosten größer ist als der Break-Even-Preis zuzüglich<br />
einer bestimmten Marge (z.B. 4 oder 6 US-Cent pro KG). Neben den höchsten<br />
171 (Kenyon & Clay, 1987), S. 190<br />
172 (Kenyon & Clay, 1987), S. 201<br />
173 (Schroeder & Hayenga, 1988), S. 147<br />
40
5 Selektives Hedging<br />
Durchschnittserlösen kann jeweils eine Reduzierung der Erlösvariabilität gegenüber keinerlei<br />
Absicherung oder einer Routine-Verkaufsoptionen-Strategie erzielt werden. 174<br />
Beim Vergleich von zwei hypothetischen Schweinevermarktungskontrakten mit einer<br />
einfachen, mit veränderlichen Durchschnitten angewendeten selektiven Hedgingstrategie<br />
sowie mit den Ergebnissen des Kassamarktes, simulieren LAWRENCE <strong>und</strong> WANG einen<br />
Zehnjahresverlauf von 1987 bis 1996. Die Betrachtung von bilateralen Kontrakten, in denen<br />
das Preisrisiko zwischen Käufer <strong>und</strong> Verkäufer aufgeteilt wird (Kosten-Plus- <strong>und</strong><br />
Banbbreitenkontrakte), zu keinerlei Absicherung oder dem Verfolgen einer selektiven<br />
Hedgingstrategie zeigt ein heterogenes Ergebnis. Während „Kosten-Plus“-Kontrakte über den<br />
betrachteten Zeitraum einen ähnlichen Durchschnittserlös wie der Verkauf zu<br />
Kassamarktpreisen erbringen, ist dieser beim Bandbreitenkontrakt etwas geringer. 175 Die<br />
selektive Hedgingstrategie basiert auf einer durchschnittlichen 10-Tages- <strong>und</strong> 30-Tages-<br />
Bewegungstechnik, die tägliche Preise <strong>für</strong> 26 Wochen vor der Schweinevermarktung prüft.<br />
Dabei entspricht der Beginn der Risikoabsicherung ungefähr dem Geburtsdatum der zu<br />
vermarktenden Schweine <strong>und</strong> endet mit der Vermarktung an das Schlachtunternehmen.<br />
Sofern ein Kauf- oder Verkaufssignal nach dieser Strategie gegeben ist, wird dies<br />
hypothetisch zum Durchschnittskurs des folgenden Handelskurses durchgeführt. Dieses<br />
selektive Absicherungsvorgehen hat <strong>für</strong> den 10-Jahreszeitraum ein ähnlich unvorteilhaftes<br />
Ergebnis wie die „Bandbreiten“-Kontrakte ergeben. So ist der insgesamt erzielte<br />
Durchschnittserlös am geringsten gegenüber den anderen Herangehensweisen <strong>und</strong> die<br />
Standardabweichung ist nur beim Verkauf zu Kassamarktpreisen höher.<br />
Die Schwankungsbreite der Erlöse ist beim Schweineverkauf zum aktuellen Marktpreis am<br />
höchsten, sodass die niedrigsten <strong>und</strong> höchsten Vermarktungspreise <strong>für</strong> dieses Vorgehen<br />
ermittelt werden. 176 Im Betrachtungszeitraum sind letztlich nur mit den „Kosten-Plus“-<br />
Kontrakten kaum Aufstallungsperioden mit Verlusten zu verzeichnen, sofern die<br />
Produktionskosten eines Betriebes den angenommen Standardkostensätzen entsprechen. Die<br />
Anzahl der verlustreichen Perioden ist bei keinerlei Absicherung, der selektiven<br />
Hedgingstrategie <strong>und</strong> den „Bandbreiten“-Kontrakten nahezu gleich. Nicht einbezogen bei der<br />
selektiven Absicherung sind Kosten <strong>für</strong> Marktbeobachtung <strong>und</strong> Entscheidungsfindung.<br />
Letztlich erzielt die selektive Hedgingstrategie den geringsten durchschnittlichen Erlöspreis<br />
174 (Schroeder & Hayenga, 1988), S. 148, 149<br />
175 (Lawrence & Wang, 1997), keine Seitenangabe, „Materials and Methods“<br />
176 (Lawrence & Wang, 1997), keine Seitenangabe, „Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion“<br />
41
5 Selektives Hedging<br />
<strong>und</strong> die Standardabweichung der Erlöse ist nur bei keinerlei Absicherung etwas höher, sodass<br />
laut LAWRENCE <strong>und</strong> WANG keine Vorteilhaftigkeit festgestellt werden konnte. 177<br />
Bei Betrachtung möglicher <strong>Hedgingstrategien</strong> eines Rindermästers aus dem Mittleren Westen<br />
in den USA ziehen NOUSSINOV <strong>und</strong> LEUTHOLD wöchentliche Kassa- <strong>und</strong> Futuresmarktpreise<br />
aus den Jahren 1983 bis 1995 heran. Dabei zeigen die betrachten <strong>Hedgingstrategien</strong> stets eine<br />
reduzierte Varianz um mindestens 50% gegenüber keinerlei Absicherung. Allerdings handelt<br />
es sich bei den selektiven Strategien um ein Hedging der Input- (Mastrindern, Mais <strong>und</strong><br />
Sojabohnenmehl) <strong>und</strong> Outputfaktoren (Lebendvieh). 178 Die optimalen Hedge Ratios werden<br />
zunächst <strong>für</strong> einen Mulitproduktansatz <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Produkte unabhängig voneinander<br />
(traditioneller Einzelproduktansatz) bestimmt <strong>und</strong> danach mit vollkommener Absicherung<br />
aller Produkte (Hedge Ratio = 1) sowie keinerlei Absicherung verglichen. Die Hedge Ratios<br />
der verschiedenen Produkte sind dabei beim Multiproduktansatz meist geringer (z.B.<br />
Lebendvieh 66%) gegenüber der unabhängigen Absicherung dieser Güter (Absicherungsrate<br />
nahe 1). Beim weniger wichtigen Beschaffungsprodukt des Sojamehls liegt der optimale<br />
Absicherungsgrad bei der Multiproduktstrategie hingegen bei über 2, allerdings nicht<br />
signifikant, was die Annahme zulässt, dass das Preisrisiko dieses Rohstoffs von den anderen<br />
Absicherungen getragen wird. 179 Zudem ist eine Absicherung von über 200% des eigenen<br />
Bedarfs nur bedingt Bestandteil einer Hedgingstrategie, sondern vielmehr Spekulation. Die<br />
Veränderungen der Hedge Ratio beim Multiproduktansatz über einen Berechnungszeitraum<br />
von sieben Jahren (1988 bis 1995) sind dabei – bis auf eine Ausnahme bei Mais – im<br />
Vergleich zur Einzelbetrachtung der Produkte stets geringer.<br />
NOUSSINOV <strong>und</strong> LEUTHOLD resümieren, dass ein gleicher Absicherungsgrad bei allen<br />
betrachteten Gütern unvorteilhaft gegenüber unterschiedlichen Hedge Ratios ist. 180 Es zeigt<br />
sich, dass keinerlei Absicherung gegenüber den anderen betrachteten <strong>Hedgingstrategien</strong> <strong>für</strong><br />
den Zeitraum 1989 bis 1994 insgesamt die durchschnittlich höchste Gewinnmarge bei<br />
gleichzeitig höchstem Standardfehler bringt. Von den einzelnen <strong>Hedgingstrategien</strong> ist die<br />
optimale Multiproduktstrategie je nach Betrachtungszeitraum (2, 4 oder 6 Jahre) mit der<br />
vergleichsweise höchsten Durchschnittsmarge <strong>und</strong> den zum Teil geringsten Standardfehler,<br />
besser. 181 Mit knapp 58% Varianzreduktion am wenigsten riskant ist die vollkommene<br />
Absicherung gefolgt von dem Einzel-Produktansatz, dem optimalen Multi-Produktansatz <strong>und</strong><br />
177 (Lawrence & Wang, 1997), keine Seitenangabe, „Tabelle 2“<br />
178 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 15<br />
179 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 18 -20<br />
180 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 20-22<br />
181 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 23, 24<br />
42
5 Selektives Hedging<br />
am riskantesten ist keinerlei Absicherung. Alle genannten Absicherungsstrategien sind im<br />
Mittelwert-Varianz-Framework effizient, in dem neben Erwartungs- <strong>und</strong> Varianz-Operatoren<br />
auch die Risikoeinstellung des Marktakteurs <strong>und</strong> eine Erlösfunktion eingeb<strong>und</strong>en sind, wobei<br />
keine der Strategien als deutlich vorteilhafter heraussticht. 182 Demnach bleibt die<br />
Risikoeinstellung des Hedgers entscheidend bei der Auswahl der optimalen Hedgingstrategie.<br />
Einschränkend zu den Ergebnissen ist zu erwähnen, dass bei den Modellen der<br />
Entscheidungsträger auch dann abgesichert hat, wenn er negative Deckungsbeiträge aufgr<strong>und</strong><br />
des aktuellen Futurepreises erwartet, was eher unrealistisch ist <strong>und</strong> zudem durften die<br />
Absicherungsgrade innerhalb einer Hedgingperiode nicht angepasst werden. 183<br />
Nach Aussage von CULP <strong>und</strong> MILLER im Jahr 1995 sind die Unternehmen mit der besten<br />
Wertentwicklung diejenigen, die keinerlei Hedging betreiben. 184 In der gleichen Studie stellen<br />
sie fest, das über ein Drittel der befragten Unternehmen nicht nur offene Positionen über<br />
Derivate absichert, sondern entsprechend ihrer Markteinschätzung gleichzeitig auch aktiv<br />
Positionen über den eigenen Bedarf/Absatz hinaus an den Märkten eingehen. 185 In einer<br />
späteren Ausführung geht CULP davon aus, dass es gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>Möglichkeiten</strong> gibt, mittels<br />
derer ein Unternehmen zusätzliche Erträge beim Management seiner Risiken erwirtschaften<br />
könnte. Dies sind insbesondere große Unstimmigkeiten auf den Kapitalmärkten, die nach dem<br />
Mogligiani-Miller-Theorem gegeben sind, wenn beispielsweise Steuern erhoben werden.<br />
Weitere Ursachen solcher Unstimmigkeiten sind Insolvenzkosten sowie unvollkommene<br />
Märkte, ungleiche Marktzutrittsbedingungen <strong>und</strong> eine asymmetrische<br />
Informationsverteilung. 186 Somit kann die selektives Hedging nur <strong>für</strong> Unternehmen mit<br />
speziellem Branchenwissen vorteilhaft sein, wie dies bereits NOUSSINOV <strong>und</strong> LEUTHOLD<br />
konstatieren. CULP <strong>und</strong> MILLER kommen zu diesem Ergebnis, indem sie die<br />
Wertentwicklungen bei Unternehmen mit ihrer jeweiligen Risikoabsicherungsstrategie<br />
vergleichen.<br />
HAIGH <strong>und</strong> HOLT betrachten das Preisrisiko eines in den USA ansässigen<br />
Handelsunternehmen <strong>für</strong> Getreide, welches neben volatilen Getreidepreisen auch volatilen<br />
Frachtraten ausgesetzt ist. Dabei werden verschiedene Methoden von 1985 bis 1996<br />
verglichen, mit denen der optimale Absicherungsgrad <strong>für</strong> Frachtraten, Weizen <strong>und</strong> Soja<br />
182 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 7, 25<br />
183 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 26, 27<br />
184 (Culp & Miller, 1995), S. 122<br />
185 Wharton-Case-Study 1995 siehe Stulz (1996), S. 9<br />
186 (Culp, 2001), S. 94, 95<br />
43
5 Selektives Hedging<br />
ermittelt werden kann. 187 Für jede der nachfolgend erläuterten ökonometrischen Modelle wird<br />
der Absicherungsgrad der folgenden Woche vorausgesagt, indem die benötigten Varianzen,<br />
Kovarianzen <strong>und</strong> Preisvorhersagen berechnet werden. Dieser Vorgang wiederholt sich <strong>für</strong><br />
jede Woche mit den jeweils neuen Daten <strong>für</strong> die verschiedenen Methoden, sodass letztlich 73<br />
Vorhersagen <strong>für</strong> jedes der Modelle generiert werden. 188 Die Ordinary Least Square Technique<br />
(OLS) dient dazu, die unbekannten Variablen einer linearen Regression zu bestimmen, indem<br />
die in einer Datenreihe beobachteten Werte möglichst nah an die prognostizierte lineare<br />
Schätzung herangeführt werden. Dies wird mathematisch über die Minimierung der Summe<br />
der quadrierten vertikalen Entfernungen durchgeführt. Nachteilig an dieser Vorgehensweise<br />
ist jedoch, dass über die Zeit variierende Verteilungen, serielle Korrelationen,<br />
Heteroskedastizität <strong>und</strong> Kointegration nicht bedacht werden; zudem sind die Residuen<br />
autokorreliert. 189 Gegenüber keiner Absicherung führt diese Methode bei Weizen- <strong>und</strong><br />
Frachtratenabsicherung zu einem Nutzenwachstum (Nutzen = sicheres Äquivalenzein-<br />
kommen) um ca. 25% (in-sample) sowie 31% (out-of-sample). Bei der in-sample-Prognose<br />
wird die unbekannte Größe mittels Interpolation, also dem Finden einer stetigen Funktion, die<br />
die jeweiligen Werte abbildet, ermittelt <strong>und</strong> bei der Out-of-sample-Methode geschieht dies<br />
mittels Extrapolation, also einer Hochrechnung. Wenn nur die offene Weizenposition<br />
abgesichert wird, liegt der durchschnittliche Nutzenzuwachs hingegen nur bei ca. 21% (In-<br />
sample) <strong>und</strong> ca. 18% (Out-of-sample). 190 Dazu verglichen wird die Seemingly Unrelated<br />
Regression (SUR), welches als lineares Regressionsmodell aus einzelnen<br />
Regressionsgleichungen besteht, die scheinbar ohne Beziehung zueinander sind. Die den<br />
jeweiligen Gleichungen innewohnenden Variablen sind abhängig voneinander <strong>und</strong> potenziell<br />
unterschiedliche Zusammensetzungen von exogenen, erklärenden Variablen. Die<br />
Kovariabilität zwischen Zeitreihen von Spot- sowie Terminpreisen wird mit berücksichtigt. 191<br />
Daneben werden die genannten Methoden mit dem multivariaten generalisierten<br />
autoregressiven Heteroskedastizität-Ansatz (MGARCH) verglichen, wo im Gegensatz zum<br />
SUR auch im Zeitablauf unterschiedliche Preisvarianzen <strong>und</strong> Kovarianzen der Kassa- <strong>und</strong><br />
Futuresmarkterlöse in den Schätzprozess einbezogen werden. Insgesamt führt die Schätzung<br />
von im Zeitablauf schwankenden Absicherungsgraden in verwandten Märkten wie denen der<br />
Frachten <strong>und</strong> Rohstoffe zu dem Ergebnis, dass sich Futureskontrakte <strong>für</strong> Frachtraten zur<br />
187 (Haigh & Holt, 2000), S. 885<br />
188 (Haigh & Holt, 2000), S. 890<br />
189 (Srinivasan, 2011), S. 9<br />
190 (Haigh & Holt, 2000), S. 890, 891<br />
191 (Haigh & Holt, 2000), S. 881<br />
44
5 Selektives Hedging<br />
Preisrisikoreduzierung eignen. Mittels MGARCH schwanken die so ermittelten optimalen<br />
Hedge Ratios stärker als mittels SUR als vorteilhaft bestimmt. Die mit MGARCH errechneten<br />
Hedge Ratios sind im Durchschnitt geringer als bei den Schätzmethoden OLS <strong>und</strong> SUR. 192<br />
Der Nutzenzuwachs in Form des sicheren Äquivalenzeinkommens ist <strong>für</strong> die betrachteten<br />
Modelle, unabhängig ob nur Weizen oder Weizen <strong>und</strong> Frachtraten sowie ob es sich um in-<br />
sample <strong>und</strong> out-of-sample handelt, stets mindestens 18% höher als bei Nicht-Einsatz von<br />
Futures. Die MGARCH-Methode generierte sowohl bei Weizen als auch bei Sojabohnen stets<br />
den höchsten Nutzenzuwachs. Da selbst unter Einbeziehung der Transaktionskosten mit der<br />
MGARCH-Methode in der Regel die vorteilhaftesten Ergebnisse erzielt werden, sind<br />
schwankende Hedge Ratios je nach Vorhersage laut HAIGH <strong>und</strong> HOLT eine gute Strategie. 193<br />
Alle drei angewandten Methoden führen zu dem Ergebnis, dass das betrachtete<br />
Agrarhandelsunternehmen möglichst in Kaufposition bei Frachtraten <strong>und</strong> in Verkaufsposition<br />
bei Weizen <strong>und</strong> Soja gehen sollte.<br />
SRINIVASAN ermittelt hingegen den optimalen Absicherungsgrad <strong>für</strong> den indischen<br />
Futuresmarkt <strong>für</strong> Agrarrohstoffe <strong>und</strong> kommt mittels der MGARCH-Methode zu einem<br />
deutlich höheren durchschnittlichem optimalen Absicherungsgrad (29%) gegenüber der OLS-<br />
Methode (14%). 194 Dabei wird die höchste Varianzreduktion <strong>für</strong> den Betrachtungszeitraum<br />
Juni 2005 bis September 2010 mittels des Vector Error Correction Model (VECM;<br />
Fehlerkorrekturmodell) <strong>und</strong> nicht wie bei den anderen untersuchten Märkten (u.a. Energie,<br />
Metalle) mit der zeitvariierenden MGARCH-Methode erzielt. 195<br />
GLAUM stellt in seiner Analyse in den Fokus, welche deutschen Unternehmen ihre<br />
Wechselkursrisiken profitorientiert managen <strong>und</strong> damit eine selektive Hedgingstrategie<br />
verfolgen. Dabei führt die Mehrheit der in einer vorigen Studie des Autors untersuchten 74<br />
Unternehmen auf Vorhersagen beruhende Absicherungsstrategien durch, die zum Teil<br />
spekulativ ausgerichtet sind, sodass die Höhe der Positionen je nach Erwartungen der<br />
Entscheidungsträger schwankt. Eine bedeutende Beteiligung von Banken an Unternehmen<br />
führt in der Regel zu einer profitorientierteren Vorgehensweise. 196 Daneben konstatiert<br />
GLAUM, dass selektives Hedging insbesondere von Unternehmen mit vergleichsweise<br />
geringer Profitabilität angewandt wird. 197 Des Weiteren sind stark fremdfinanzierte<br />
192 (Haigh & Holt, 2000), S. 887-889<br />
193 (Haigh & Holt, 2000), S. 894, 895<br />
194 (Srinivasan, 2011), S. 15<br />
195 (Srinivasan, 2011), S. 11, 23<br />
196 (Glaum, 2001), S. 2, 3<br />
197 (Glaum, 2001), S. 25<br />
45
5 Selektives Hedging<br />
Unternehmen weniger bereit, spekulativ am Währungsmarkt zu agieren sondern favorisieren<br />
Hedging. Insbesondere Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, agieren<br />
über das übliche operative Geschäft hinaus an den Terminbörsen. 198 Es kann festgestellt<br />
werden, dass sich der Absicherungsgrad nach den Markterwartungen richtet. 199 Dies lässt<br />
darauf schließen, dass die Entscheidungsträger ihrer eigenen Markteinschätzung aufgr<strong>und</strong><br />
öffentlich zugänglicher Informationen vertrauen. Die Vorstellung, den „Markt schlagen zu<br />
können“ ohne einen relevanten Informationsvorteil (z.B. weil man auf einem<br />
oligopolistischen Markt ist) zu besitzen, widerspricht zwar dem Konzept der Markteffizienz,<br />
ist in der Praxis aber dennoch weit verbreitet. Insgesamt stellt GLAUM mittels einer<br />
Untersuchung 1997 fest, dass die unter Entscheidungsträgern verbreitete Vorstellung, besser<br />
als der Markt zu sein, nicht zutrifft. Dies ist den Betroffenen meist jedoch nicht bewusst.<br />
Zudem wird resümiert, dass eine hohe Profitabilität negativ mit der Anwendung einer<br />
selektiven Hedgingstrategie korreliert. 200<br />
BELTRATTE, LAURANT <strong>und</strong> ZENIOS führen ein dynamisches Szenariomodell mittels Anleihen-,<br />
Aktien-, Zins- <strong>und</strong> Währungsdaten auf monatlicher Basis <strong>für</strong> den Zeitraum 1985 bis 1998<br />
durch. Dabei ist die absolute Standardabweichung ebenso wie die durchschnittlichen Erlöse<br />
im Fokus der Betrachtung. Es wird ein Vergleich von keinerlei Absicherung <strong>und</strong> einer<br />
kompletten Absicherung mit einer selektiven Hedgingstrategie vorgenommen. 201 Neben dem<br />
Problem, dass nicht alle offenen Positionen abgesichert werden können, zeigt sich, das<br />
selektives Hedging nur marginal bessere Ergebnisse liefert. Ausnahmen bezüglich des<br />
erwarteten Gewinns bei den historischen Daten bilden beispielsweise Aktienportfolios in US-<br />
Dollar, bei denen die Verzinsung bei keinerlei Absicherung <strong>und</strong> <strong>selektiver</strong> Absicherung<br />
deutlich über derer bei vollkommener Absicherung liegt. 202 Ebenfalls differenziert sind die<br />
Ergebnisse bei Währungen, da <strong>für</strong> einen Investor in US-Dollar keinerlei Hedging am<br />
vorteilhaftesten ist, während dies <strong>für</strong> einen Anleger in französischen Franc die komplette<br />
Absicherung ist. 203 Damit ist es <strong>für</strong> einen Investor, der auf Basis einer Währung mit niedrigem<br />
Zinssatz entscheidet, unabhängig von seinem Zeithorizont, den Transaktionskosten <strong>und</strong> dem<br />
Anlagemix, stets vorteilhafter zu hedgen. Allerdings reduzieren Transaktionskosten bei<br />
kurzfristigen Zeithorizonten die möglichen Vorteile einer selektiven Absicherungsstrategie,<br />
198 (Glaum, 2001), S. 26<br />
199 (Glaum, 2001), S. 8<br />
200 (Glaum, 2001), S. 11, 12, 27<br />
201 (Beltratti, Laurent, & Zenios, 2004), S. 957<br />
202 (Beltratti, Laurent, & Zenios, 2004), S. 966, 967<br />
203 (Beltratti, Laurent, & Zenios, 2004), S. 968<br />
46
5 Selektives Hedging<br />
sodass sie bei längeren Betrachtungsräumen teilweise zu vorteilhaften Ergebnissen führt. Die<br />
empirische Studie kommt zu dem Schluss, dass selektives Hedging trotz Einbeziehung der<br />
Transaktionskosten zum Teil zu optimalen/vorteilhafteren Ergebnissen führt, insbesondere<br />
wenn es sich um einen Monatshorizont handelt. 204<br />
CULP bestätigt im Jahr 2001 ebenfalls wie Stulz 1996, dass eine selektive Hedgingstrategie<br />
<strong>für</strong> ein Unternehmen mit speziellem Branchenwissen vorteilhaft sein kann. 205,206 Dies ist<br />
insbesondere in Märkten mit wenigen Anbietern <strong>und</strong>/oder Nachfragern wie zum Beispiel der<br />
Gas-, Öl oder Erzförderungsbranche der Fall, in denen KNILL, MINNICK <strong>und</strong> NEJADMALAYERI<br />
eine Informationsasymetrie der produzierenden/abbauenden Unternehmen gegenüber<br />
Unbeteiligten vermuten. Bei einem preisrelevanten Informationsvorteil haben solche<br />
Unternehmen einen Wissensvorsprung im Vergleich zu den anderen Marktteilnehmern. Bei<br />
einem Agieren aufgr<strong>und</strong> eines angenommenen Informationsvorteils ist es <strong>für</strong> den Erfolg eines<br />
solchen Vorgehens unerlässlich, dass die Folgen dieser Informationen noch nicht in den<br />
derzeitigen Termin- <strong>und</strong> Kassamarktpreisen eingepreist sind. Voraussetzung ist auch, dass die<br />
Informationen einen signifikanten Einfluss auf die zukünftigen Preise haben. Eine Sicherheit<br />
bezüglich des Eintretens der erwarteten Preise gibt es jedoch nicht, da gegenteilige<br />
Informationen <strong>und</strong> Marktvorkommnisse der angenommenen Preisentwicklung entgegen<br />
laufen können. BROWN, CRABB <strong>und</strong> HAUSHALTER untersuchen dies näher, indem sie die<br />
derivativen Absicherungspositionen von 44 Unternehmen der Goldminenindustrie während<br />
des Zeitraums von 1993 bis 1998 betrachten. Zunächst stellen sie fest, dass es keinen Beweis<br />
<strong>für</strong> eine Änderung der Absicherungsgrade infolge veränderter Unternehmenscharakteristika<br />
wie Firmenwert gibt. 207 Allerdings passen die betrachteten Unternehmen den Umfang der<br />
Absicherungsaktivitäten an die eigene Markteinschätzung an. Für die Frage der<br />
Vorteilhaftigkeit des selektiven Hedgings resümieren die Autoren höchstens marginale<br />
Gewinne, da Transaktionskosten, Managementaufwand <strong>und</strong> die Kosten <strong>für</strong> die Abweichung<br />
von der optimalen Hedgingpolitik diese reduzieren.<br />
Wie auch GLAUM können BROWN, CRABB <strong>und</strong> HAUSHALTER bei vielen Entscheidungsträgern<br />
die Vorstellung erkennen, dass sie aufgr<strong>und</strong> eines Informationsvorsprungs besser am Markt<br />
agieren können als andere Marktteilnehmer. Dies wird jedoch nicht in Form einer Steigerung<br />
des Shareholder Value bestätigt. Der durchschnittliche Absicherungsgrad der betrachten<br />
204<br />
(Beltratti, Laurent, & Zenios, 2004), S. 971, 972<br />
205<br />
(Culp, 2001), S. 202<br />
206<br />
(Stulz), 1996<br />
207<br />
(Brown, Crabb, & Haushalter, 2005), S. 2<br />
47
5 Selektives Hedging<br />
Goldminenunternehmen liegt insbesondere bei einem geringen Preisniveau unter dem<br />
Mittelwert von 22%. 208 Die Klassifikation der Unternehmen in aktive <strong>und</strong> nicht aktive<br />
Hedger, bemessen nach dem Absicherungsgrad <strong>und</strong> der Änderung der Positionshöhe, zeigt,<br />
dass die Gewinne in beiden Gruppen vergleichsweise klein sind. Sie liegen bei nicht aktiv<br />
hedgenden Firmen bei unter 0,5% der Verkaufserlöse, bei selektiven Hedgern unter 1,0% der<br />
Verkäufe. Zwar erscheint die Strategie der aktiven Hedging trotz des geringen Niveaus<br />
vorteilhafter, doch gibt es auch Unternehmen, die nur mittels Selektive Hedging mehr als 2,2<br />
Mio. US-Dollar Verlust pro Quartal erwirtschaften. 209 Zudem ist die Schwankungsbreite der<br />
Erlöse im Durchschnitt höher. Damit ist keine eindeutige Vorteilhaftigkeit solcher Strategien<br />
festzustellen. Die Autoren können in ihrer Studie zudem einen schwachen statistischen<br />
Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße, dem eventuellen Informationsvorsprung <strong>und</strong><br />
dem Erfolg der selektiven Absicherung erkennen. 210<br />
ZIEGELBÄCK untersucht 2007, ob selektive <strong>Hedgingstrategien</strong> einen Vorteil gegenüber dem<br />
reinen Kassamarktgeschäft erzielen. Er bezieht Absicherungen bei Preisniveau mit<br />
überdurchschnittlichen Gewinnspannen, bei fallenden Preistendenzen sowie bei<br />
Arbitragemöglichkeiten in seine Betrachtung ein. Der dabei ermittelte Gesamterlös mittels<br />
Futures auf Schlachtschweinen an der RMX im Zeitraum von 1999 bis 2006 ist insgesamt<br />
kaum abweichend von dem Ergebnis bei keinerlei Absicherung. Dabei werden<br />
Transaktionskosten stets als erlösmindern einbezogen.<br />
Um die selektive Strategie aufgr<strong>und</strong> überdurchschnittlicher Gewinnspannen anzuwenden,<br />
wird ein saisonaler Preisindex mit dem Mittelwert der Futurespreise hochgerechnet <strong>und</strong> bei<br />
überdurchschnittlichen Erlöserwartungen in Form von mehr als 10% eine Absicherung mittels<br />
Futures vorgenommen. So ist die Differenz der Erlöse kaum anders als im Vergleich zu reinen<br />
Kassamarktgeschäften. Anzumerken ist, das die zusätzlichen Erlöse meist aus der<br />
Basisänderung resultieren, während die Erlöse aus Kursänderungen einen Einfluss zwischen -<br />
0,54% <strong>und</strong> +0,33% auf die Veränderung der Gesamterlöse haben. Unter Einbeziehung der<br />
Transaktionskosten kommt ZIEGELBÄCK zu dem Ergebnis, das diese Strategie je nach<br />
Futureslaufzeit (1- 4 Monate) einen Mindererlös von 0,55% (4 Monate) bis zu einem<br />
Mehrerlös von 0,71% (2 Monate) generiert. 211<br />
208 (Brown, Crabb, & Haushalter, 2005), S. 5, 9<br />
209 (Brown, Crabb, & Haushalter, 2005), S. 16.<br />
210 (Brown, Crabb, & Haushalter, 2005), S. 19, 20<br />
211 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 92<br />
48
5 Selektives Hedging<br />
Bei der selektiven Hedgingstrategie aufgr<strong>und</strong> fallender Preistendenzen ist das Ergebnis<br />
unvorteilhafter, da je nach Kontraktlaufzeit zwischen -1,42% <strong>und</strong> -0,6% geringere<br />
Gesamterlöse als bei keinerlei Absicherung erzielt werden. Es wird dabei nur dann eine<br />
Absicherung vorgenommen, wenn der Trendindikator ein Verkaufssignal generiert. Dies ist<br />
der Fall, wenn die Steigung des gleitenden 20-Tages-Durchschnitts geringer als 0,005 ist. 212<br />
Für die Vorgehensweise aufgr<strong>und</strong> von Arbitragemöglichkeiten sind die Werte hingegen<br />
positiv, sodass die Erlöse zwischen 1,36% <strong>und</strong> 2,58% über dem Ergebnis bei reinen<br />
Kassamarktgeschäften differierten. Eine Varianzreduktion kann mit den angeführten<br />
Strategien nur zum Teil erreicht werden. Obwohl die genannten Berechnungen eine intensive<br />
Marktbeobachtung <strong>und</strong> Antizipation der Märkte voraussetzen <strong>und</strong> die Abweichungen<br />
gegenüber dem Unterlassen von Hedging eher gering waren, wird resümiert, das selektives<br />
Hedging gr<strong>und</strong>sätzlich die Möglichkeit höherer Erlöse <strong>und</strong> Risikoreduktion bietet. 213<br />
Weitere Ergebnisse zu selektiven Absicherungsstrategien bei Agrarrohstoffen liefert STEFFIN,<br />
der verschiedene Vorgehensweisen <strong>für</strong> Raps- <strong>und</strong> Schweineerzeuger miteinander vergleicht.<br />
In Betracht gezogen werden kein Hedging, ein Routine-Hedge sowie die selektiven<br />
Absicherungsstrategien Marginstrategie, Limitstrategie <strong>und</strong> Stufenstrategie. Bei der<br />
Marginstrategie wird das Ziel verfolgt, trotz Absicherung hohe Nachzahlungen auf das<br />
Börsenkonto zu vermeiden, indem beim Übersteigen der Marginzahlungen eines bestimmten<br />
Niveaus, z.B. 20 € pro kontraktierter Tonne, die Kontrakte glattgestellt werden. Damit kann<br />
an eventuellen Preissteigerungen partizipiert werden, jedoch besteht bei vorzeitiger<br />
Glattstellung auch keine Absicherung gegenüber fallenden Preisen. Bei der Limit-Strategie<br />
werden erst ab einem bestimmten Auslösepreis Futureskontrakte verkauft <strong>und</strong> bei der<br />
Stufenstrategie (auch als Splittingstrategie bezeichnet) erfolgen Kontraktverkäufe zu drei<br />
festgelegten Zeitpunkten (Aussaat, nach Winter, kurz vor der Ernte) unabhängig vom<br />
Futureskurs. 214 Beim Vergleich bezüglich Raps ist die Risikominderung bei einem Routine-<br />
Hedge (58,4% gegenüber keinerlei Hedging) am höchsten, bei der Marginstrategie (18,3%<br />
gegenüber keinerlei Absicherung) hingegen am geringsten. Die Standardabweichung der<br />
Erlöse ist bei der Limitstrategie im Vergleich zur Splittingstrategie etwas geringer. Betrachtet<br />
man die insgesamt erzielten Durchschnittserlöse <strong>für</strong> Raps von 1995 bis 2007, so werden bei<br />
keinerlei Absicherung die höchsten Erlöse erzielt, gefolgt von der Margin- <strong>und</strong> der<br />
212 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 94<br />
213 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 91-99; S. 103<br />
214 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 107, 108<br />
49
5 Selektives Hedging<br />
Limitstrategie. Mittels der vollkommenen Absicherung <strong>und</strong> der Splittingstrategie werden<br />
nahezu gleiche Durchschnittspreise auf niedrigstem Niveau generiert. 215<br />
Für den Schweinemarkt vergleicht STEFFIN keine Absicherung, Routine-Hedge, Limitstrategie<br />
<strong>und</strong> gestufter Absicherung bei Schweinemästern. Bei der letztgenannten Vorgehensweise<br />
werden Teile der Produktion je nach erwarteter Deckungsbeitragshöhe abgesichert, sodass<br />
letztlich nur Preise mit positive Deckungsbeiträgen fixiert werden. Je nach Erreichen der<br />
festgelegten Kursniveaus differiert der Absicherungsgrad damit zwischen Null <strong>und</strong> Eins. Von<br />
2003 bis 2008 ermittelt der Autor die geringste Standardabweichung der Erlöse bei einer<br />
vollkommenen Absicherung. Bei selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> ist die Risikominderung<br />
gegenüber keiner Absicherung ähnlich bei um die 25% ggü. Nichtabsicherung. Die höchsten<br />
Durchschnittserlöse werden mit der Limitstrategie sowie der gestuften Absicherung erzielt.<br />
Die Erlöse abzüglich Kosten sind um durchschnittlich 3% über denen ohne Hedging. 216<br />
Zusammengefasst kommt STEFFIN zu dem Ergebnis, dass selektive Absicherungsstrategien<br />
gegenüber keinerlei Absicherung stets zu einer verringerten Schwankungsbreite der Erlöse<br />
gegenüber gar keiner Preisabsicherung führte. Bezüglich der durchschnittlichen Erlöshöhe<br />
gibt es hingegen keine (Raps) oder nur geringe Vorteile (Mastschweine) im Vergleich zu<br />
keinerlei Absicherung, wohl aber stets gegenüber einem Routine-Hedge.<br />
Die erläuterten Ergebnisse verschiedener Autoren sind in Tabelle 4 zusammengefasst.<br />
Tabelle 4: Übersicht der empirischen Quellen zum selektiven Hedging<br />
AUTOREN Untersuchungsgegenstand<br />
Fazit<br />
(QUELLENJAHR) (Zeitraum der herangezogenen Daten) selektives Hedging (SH)<br />
HAYENGA ET AL <strong>Möglichkeiten</strong> der Gewinnerzielung <strong>für</strong> z.T. gut bei Schweinemarkt; kaum bei<br />
(1984)<br />
Rindermast (1972-1981) <strong>und</strong><br />
Rindermarkt; Problem der Liquidität<br />
Schweinemäster (1974-1981) mittels Futures am Futuresmarkt<br />
KENYON,<br />
Untersuchung zum selektiven,<br />
In knapp 94% der Perioden ist die<br />
CLAY (1987) profitorientierten Hedging bei Schweinen <strong>für</strong> untersuchte Strategie vorteilhafter als<br />
Beschaffungs- <strong>und</strong> Verkaufsseite (1975-<br />
1982)<br />
nur Kassamarkt<br />
SCHROEDER, Selektive Absicherungs- <strong>und</strong><br />
Optionsstrategie bei volatilen Preisen<br />
HAYENGA Optionsstrategien gegenüber<br />
negativ; selektive Marginstrategien<br />
(1988)<br />
Kassamarktgeschäften <strong>und</strong> Routine-Hedge führten teilweise zu höherem Ø-Erlös<br />
bei Rindern <strong>für</strong> Kauf- <strong>und</strong> Verkaufsseite<br />
(1978-1985)<br />
<strong>und</strong> geringerer Erlösvariabilität<br />
LAWRENCE, Schweinevermarktung, Vergleich „Kosten- SH erzielen den geringsten Ø-Erlös<br />
WANG (1997) Plus“- <strong>und</strong> „Bandbreiten“-Kontrakte mit <strong>und</strong> geringere Standardabweichung der<br />
keinerlei Absicherung (1987-1996)<br />
Erlöse (ohne Kosten)<br />
NOUSSINOV, Vergleich von vollkommener Absicherung, Höchste Varianzreduktion bei Routine-<br />
LEUTHOLD Einzelprodukt-Ansatz. Multiproduktansatz Hedge; höchstes Risiko & Erlöse bei<br />
(1998)<br />
<strong>und</strong> keinerlei Absicherung (1989-1994 bzw. keinerlei Absicherung; keine der<br />
1989 bis 1994)<br />
Strategien signifikant vorteilhafter<br />
215 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 109<br />
216 (Steffin, So schützen sich Mäster vor Preisschwankungen, 2008), S. 97, 100<br />
50
5 Selektives Hedging<br />
CULP,<br />
MILLER<br />
(1995)<br />
CULP<br />
(2001)<br />
HAIGH,<br />
HOLT<br />
(2000)<br />
GLAUM<br />
(2001)<br />
BELTRATTI,<br />
LAURANT,<br />
ZENIOS (2004)<br />
BROWN, CRABB,<br />
HAUSHALTER<br />
(2005)<br />
ZIEGELBÄCK<br />
(2007)<br />
Vergleich der Wertentwicklung von<br />
Unternehmen (keine Finanz- <strong>und</strong><br />
Agrarunternehmen), die Hedging betreiben<br />
<strong>und</strong> solchen, die dies nicht tun<br />
Ausführungen, wann mittels selektivem<br />
Hedging theoretisch zusätzliche Erträge<br />
möglich sind; Betonung der Relevanz<br />
unternehmensinterner Faktoren wie<br />
Manager, Organisation <strong>und</strong><br />
Entscheidungsbefugnisse<br />
Vorhersage des optimalen<br />
Absicherungsgrades mittels verschiedener<br />
Techniken <strong>für</strong> das Weizen- <strong>und</strong><br />
Frachtratenpreisrisiko eines<br />
Handelsunternehmens; (1985-1996)<br />
Wechselkursrisikomanagement 74 deutscher<br />
Unternehmen: Merkmale <strong>und</strong> Gründe der<br />
bezüglich selektives Hedging (1997)<br />
Dynamisches Szenariomodell mit Anleihen-,<br />
Aktien-, Zins- <strong>und</strong> Währungsdaten zum<br />
Vergleich von SH, Routine-Hedge <strong>und</strong><br />
keinerlei Absicherung (1985-1998)<br />
Motivation <strong>für</strong> selektives Hedging bei 44<br />
Goldminenunternehmen <strong>und</strong> daraus<br />
resultierende Erlöse (1993-1998)<br />
Vergleich folgender Strategien bei<br />
Schlachtschweinekontrakten an der RMX:<br />
keine Absicherung, SH aufgr<strong>und</strong><br />
überdurchschnittlicher Gewinnspannen,<br />
fallender Preistendenzen oder<br />
Arbitragemöglichkeiten. Einbeziehung von<br />
Transaktionskosten; hohe Relevanz der<br />
Basis (1999-2006)<br />
STEFFIN (2008) Vergleich von keinerlei Absicherung,<br />
Routine-Hedge, Marginstrategie,<br />
Limitstrategie <strong>und</strong> Stufenstrategie bei Raps<br />
(1995-2007)<br />
STEFFIN (2008) Vergleich von keinerlei Absicherung,<br />
Routine-Hedge, Limitstrategie <strong>und</strong> gestufter<br />
Absicherung bei Schweinen (2003-2008)<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der genannten empirischen Quellen<br />
51<br />
Wertentwicklung bei Unternehmen mit<br />
keinerlei Hedging am besten; bei<br />
Hedge Ratio >1 im Schnitt kein<br />
besseres Ergebnis<br />
Bei folgenden Marktbedingungen kann<br />
es vorteilhaft sein: asymmetrische<br />
Informationsverteilung,<br />
Insolvenzkosten, unvollkommene<br />
Märkte, ungleiche<br />
Marktzutrittsbedingungen<br />
Hedging mit unterschiedlichem Hedge<br />
Ratios bei Weizen <strong>und</strong> Soja <strong>für</strong><br />
Verkaufspositionen, bei Frachtraten <strong>für</strong><br />
Kaufpositionen optimal<br />
Negative Korrelation von SH zur<br />
Profitabilität; Tatsächlicher<br />
Informationsvorsprung meist nicht<br />
gegeben<br />
Besonders bei kurzfristigen Strategien<br />
(inkl. Transaktionskosten) nachteilige<br />
Resultate; je nach Währung, etc.<br />
unterschiedliche Ergebnisse<br />
Wegen Transaktionskosten,<br />
Organisationsaufwand <strong>und</strong><br />
Abweichungskosten von der optimalen<br />
Hedgingpolitik höchstens marginale<br />
Erlösvorteile<br />
Geringe Gesamterlösunterschiede ggü.<br />
keiner Absicherung: bei SH aufgr<strong>und</strong><br />
überdurchschnittlicher Gewinnspannen<br />
-0,55% bis +0,71%; bei SH aufgr<strong>und</strong><br />
fallender Preistendenzen -1,42% bis -<br />
0,6% <strong>und</strong> bei SH aufgr<strong>und</strong> von<br />
Arbitragemöglichkeiten +1,36 bis<br />
+2,58%<br />
Höchste Erlöse bei keiner Absicherung,<br />
gefolgt von Margin- <strong>und</strong><br />
Limitstrategie; Risikominderung<br />
unterschiedlich: Routine-Hedge 58,4%,<br />
Limitstrategie, Stufenstrategie;<br />
Marginstrategie 18,3%<br />
Risikominderung bei Routine-Hedge<br />
am höchsten; sonst ca. 25%; Erlöse bei<br />
Limitstrategie <strong>und</strong> gestufter<br />
Absicherung ca. 3% > ggü. keiner<br />
Absicherung<br />
Aus den vorgestellten empirischen Ergebnissen kann resümiert werden, dass es keine<br />
eindeutige Antwort auf die Frage gibt, ob selektive Absicherung nun vorteilhaft ist oder nicht.<br />
Insbesondere der stark differierende Zeithorizont sowie die Heterogenität der betrachteten<br />
Märkte erschweren einen Vergleich. Einigkeit besteht lediglich darüber – wenn auch nicht<br />
von allen Autoren genannt – dass ein signifikanter Informationsvorsprung den Erfolg einer<br />
solchen Strategie wahrscheinlicher macht. Daneben kann festgestellt werden, dass die
5 Selektives Hedging<br />
Erlösschwankungen gegenüber keinerlei Absicherung meist geringer waren, ausgenommen<br />
bestimmte Optionsstrategien. Insgesamt konnten nur einzelne selektive Strategien<br />
überzeugen. Problematisch sind zum Teil die Einflussfaktoren auf die Anwendung <strong>selektiver</strong><br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> zu sehen.<br />
Laut STULZ ist das größte Risiko beim selektiven Hedging, dass die Informationen des<br />
einzelnen Unternehmens nicht umfangreicher <strong>und</strong> genauer als die der übrigen<br />
Marktteilnehmer sind <strong>und</strong> entsprechend der Markteffizienztheorie keine überdurchschnittliche<br />
Gewinnerzielung möglich ist, da verfügbare Informationen bereits eingepreist sind. 217<br />
Demnach hätte ein normaler Landwirtschaftsbetrieb voraussichtlich keinen Vorteil von dieser<br />
Risikoabsicherungsstrategie, denn signifikant mehr Informationen als andere Marktteilnehmer<br />
sind wahrscheinlich nicht vorhanden, oder? Inwieweit ein Schleswig-Holsteinischer Landwirt<br />
– rückwirkend betrachtet – von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> profitiert hätte, wird daher im<br />
nachfolgenden Kapitel angeführt.<br />
217 (Stulz, 1996), S. 15<br />
52
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
6 ANWENDUNG SELEKTIVES HEDGING BEI WEIZEN<br />
Um die Auswirkungen der Anwendung einer selektiven Hedgingstrategie zu<br />
veranschaulichen, werden im folgenden Abschnitt Vorgehensweisen anhand historischer<br />
Weizenkontraktpreise der Matif (Mahlweizen) <strong>und</strong> LIFFE (Futterweizen) überprüft. Dabei<br />
wird vereinfachend ein schleswig-holsteinischer Betrieb mit Weizenanbau auf 250 ha <strong>und</strong><br />
einer Produktionsmenge, die den Durchschnittserträgen in Schleswig-Holstein entspricht,<br />
angenommen. Die Winterweizenerträge in Schleswig-Holstein lagen in den vergangenen<br />
sieben Jahren im Schnitt bei 87,8 dt/ha <strong>und</strong> sind in Tabelle 5 dargestellt. Die bei 250 ha<br />
Weizenanbaufläche resultierenden Produktionsmengen sind ebenfalls angeführt.<br />
Tabelle 5: Weizenerträge in Schleswig-Holstein von 2005 bis 2011 pro ha<br />
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011<br />
Weizenertrag je ha in dt (100 KG) 92,0 87,4 75,8 95,6 95,8 88,9 80,3<br />
Produktionsmenge bei 250 ha in t 2.300 2.185 1.895 2.390 2.395 2.223 2.008<br />
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Ministerium <strong>für</strong> Landwirtschaft, Umwelt <strong>und</strong> Ländliche Räume<br />
Zwar liegt die angenommene Betriebsgröße bei etwa dem Dreifachen der Durchschnittsgröße<br />
eines schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsbetriebes im Haupterwerb (ca. 2/3 der<br />
Einzelunternehmen, >85% der Fläche) von 85 ha (Statistik Nord, 2010), doch sind<br />
insbesondere überdurchschnittlich große Betriebe am Warenterminmarkt aktiv (vgl. Kapitel<br />
3.2). 218 Für die folgenden Berechnungen wird nicht praxisnah eine jährlich gleichbleibende<br />
Anbaufläche von Winterweizen ohne Fruchtfolge-Management angenommen. Die zur<br />
Verfügung stehenden Preisdaten der Matif <strong>und</strong> der LIFFE beziehen sich auf die Jahre 2005<br />
bis 2011. Bei den verwendeten Kassamarktpreisen handelt es sich um wöchentliche<br />
Notierungen Schleswig-Holsteins von Futter- <strong>und</strong> Brotweizen von Januar 2005 bis Mai 2011.<br />
Um die Transaktionskosten einzubeziehen, werden die Gebühren der NYSE Euronext<br />
herangezogen, die mit Stand Januar 2012 wie folgt ausfallen, vgl. Tabelle 6:<br />
Tabelle 6: Gebühren der NYSE Euronext<br />
Gebühren der Warenterminbörsen bei Futterweizen:<br />
Brotweizen:<br />
Futureskontrakten<br />
LIFFE London<br />
Matif Paris<br />
Handeln £0,50 0,25 €<br />
Clearing £0,03 0,75 €<br />
Quelle: Darstellung in Anlehnung an „Subscriptions, Fees and Charges“ der NYSE Euronext 219<br />
218 (Ministerium <strong>für</strong> Landwirtschaft, Umwelt <strong>und</strong> Ländliche Räume Schleswig-Holstein, 2011)<br />
219 (NYSE euronext, 2012), (LCH.Clearnet Ltd, 2012)<br />
53
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Sofern es sich bei den Kosten um Beträge in Britischem Pf<strong>und</strong> handelt, werden diese zum<br />
jeweiligen Wechselkurs in Euro umgerechnet. Der Fall der Lieferung wird in den folgenden<br />
Berechnungen nicht einbezogen, da von einem Kassamarktverkauf der physischen Ware in<br />
Schleswig-Holstein ausgegangen wird.<br />
Die abzusichernde Menge ergibt sich aufgr<strong>und</strong> der historischen Betrachtung des<br />
Durchschnittserlöses pro ha in Schleswig-Holstein (siehe Tabelle 5) <strong>und</strong> es wird<br />
angenommen, dass der Landwirt diesen Ertrag im Vorwege der Absicherung kennt. Die sich<br />
bei einer Fläche von 250 ha ergebenden Produktionsmengen werden durch die Kontraktgröße<br />
(Brotweizen 50t <strong>und</strong> Futterweizen 100t) dividiert <strong>und</strong> die Anzahl der Kontrakte<br />
gegebenenfalls abger<strong>und</strong>et.<br />
Der Absicherungszeitpunkt ist nach Aussaat des Winterweizens, sodass jeweils die Kurse des<br />
15. Oktobers oder – wenn dies kein Handelstag ist – des darauffolgenden Handelstages<br />
herangezogen werden. Die Glattstellung der Kontrakte erfolgt entsprechend der<br />
Kontraktspezifikationen zum 10. Kalendertag des Liefermonats <strong>und</strong> wenn dies ein Feiertag ist<br />
entsprechend am nächsten Geschäftstag (siehe Anhang 1). Da über den betrachteten Zeitraum<br />
nicht durchgängig der gleiche Liefermonat in den angebotenen Kontrakten angeboten wird,<br />
werden bei Brotweizen in den Jahren 2005 bis 2007 Kontrakte mit dem Liefermonat<br />
September verkauft, danach Liefermonat August. Für Futterweizen wird der Kontrakt mit<br />
Liefermonat Juli verkauft. Der Kassamarktverkauf erfolgt stets im September nach<br />
Ernteabschluss.<br />
Bei der Anwendung der Strategien <strong>für</strong> Futterweizen sind aufgr<strong>und</strong> des<br />
Warenterminbörsenstandortes in London Wechselkurse von Britischem Pf<strong>und</strong> in Euro von<br />
Nöten. Die Umrechnung der Futureskurse <strong>und</strong> Gebühren erfolgt zum taggleichen<br />
Durchschnittswechselkurs der B<strong>und</strong>esbank, der ebenfalls tagesgenau <strong>für</strong> die Initial Margin<br />
von £ 1.125 zur Umrechnung verwendet wird. Die Initial Margin kann sich im Zeitablauf je<br />
nach Volatilität des Kurses zwar ändern, allerdings wird zur Vereinfachung von einer<br />
konstanten Initial Margin ausgegangen, sodass diese entsprechend umgerechnet wird, ebenso<br />
bei der Maintenance Margin in Höhe von £ 900. 220<br />
Die Transaktionskosten werden entsprechend dem bereits aufgeführten Gebührenkatalog der<br />
NYSE euronext <strong>für</strong> die Standorte Paris <strong>und</strong> London einbezogen, wobei von einer<br />
Glattstellung zum Laufzeitende des Futures ausgegangen wird. Daneben werden<br />
Brokerkosten einkalkuliert. Die Höhe der Brokerkosten ergibt sich auf Gr<strong>und</strong>lage des<br />
220 (LYNX Weltweit Anlegen, 2012)<br />
54
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Durchschnittswertes einer Stichprobe verschiedener Broker, die ein Ergebnis von 4,82 € pro<br />
einzelnem Kontraktkauf /-verkauf ergibt 221<br />
Zudem werden Zinskosten <strong>für</strong> die reguläre Initial Margin auf Basis des 12-Monats-<br />
EURIBORs (Euro Interbank Offered Rate) zuzüglich des bereits erläuterten Risikoaufschlags<br />
von 2,5% <strong>für</strong> jeweils volle Monate des Zeitraumes berücksichtigt, die die Kontrakte gehalten<br />
werden. Es wird der stichtagsbezogene 12-Monats-EURIBOR-Zinssatz verwandt. Die Höhe<br />
der Initial Margin beträgt an der Matif 1.000 € pro Kontrakt <strong>und</strong> konnte der Webseite des <strong>für</strong><br />
die NYSE euronext zuständigen Clearingunternehmens LCH Clearnet entnommen werden. 222<br />
Als Maintenance Margin fallen an der Matif 800 € an. 223 Aufgr<strong>und</strong> der<br />
Nachschussverpflichtungen, die sich bei Futureskursen über denen zum<br />
Absicherungszeitpunkt ergeben, entsteht zum Teil weiterer Liquiditätsbedarf. Um<br />
kalkulatorische Zinskosten <strong>für</strong> die Haben-Konto-Führung des Margin-Kontos zu<br />
berücksichtigen, werden tagesgenaue Zinsen <strong>für</strong> den Bestand an gezahlten Nachschüssen zum<br />
jeweiligen EONIA-Satz zuzüglich eines Risikoaufschlags von 2,5% ermittelt. 224 Einmal<br />
kreditfinanzierte Margin Calls verbleiben bei erneuter Kurssenkung auf diesem Konto <strong>und</strong><br />
werden weiterhin fremdfinanziert. Dies hat zum einen den Vorteil, dass bei erneuten<br />
Kurssteigerungen zunächst nicht gleich wieder Variation Margins anfallen <strong>und</strong> daher häufige<br />
kleine Kreditaufnahmen vermieden werden, zum anderen ist es eher realitätsfern, dass ein<br />
Landwirt täglich sein Margin-Konto abgleicht <strong>und</strong> entsprechende Umbuchungen vornimmt.<br />
Der Kontostand des Margin-Kontos kann sowohl aufgr<strong>und</strong> der Kursentwicklung als auch<br />
aufgr<strong>und</strong> einer Kurserholung nach Zahlung zusätzlicher Margins über der Höhe der Initial<br />
Margin liegen. Somit wird unterstellt, dass der Landwirtschaftsbetrieb die benötigten Gelder<br />
fremdfinanzieren muss. Da <strong>für</strong> die Fremdfinanzierung je nach Bonität <strong>und</strong> Kalkulation der<br />
Banken unterschiedliche Zinsen fällig werden, wird hier ein Durchschnittswert angenommen.<br />
Bei einer unterdurchschnittlichen (überdurchschnittlichen) Zahlungsfähigkeit sind die zu<br />
zahlenden Zinsen entsprechend höher (niedriger), sodass letztlich höhere (niedrigere) Kosten<br />
entstehen. Je nach Liquidität <strong>und</strong> Bonität kann sich die einzelne Strategie <strong>für</strong> einen Betrieb<br />
daher negativer oder positiver darstellen. Um auch die Zinsen <strong>für</strong> die Nicht-Handelstage zu<br />
berücksichtigen, werden die ermittelten Zinskosten <strong>und</strong> –erträge um den Faktor 1+2/7<br />
(entspricht ca. 1,2857) erweitert.<br />
221 (Broker-Test.de, 2012)<br />
222 (NYSE euronext, 2012)<br />
223 (LYNX Weltweit Anlegen, 2012)<br />
224 (Sprung, 2012), (B<strong>und</strong>esbank Statistik, 2012)<br />
55
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Die mögliche tägliche Margin wird anhand des Tagesgewinns oder Tagesverlustes wie folgt<br />
ermittelt:<br />
a) (Vortagskurs – Tageskurs) * 50 Tonnen pro Kontrakt * Anzahl Kontrakt<br />
Dieser tägliche Wert wird dem kumulierten Gewinn oder Verlust hinzugerechnet, welcher<br />
mittels des Vortagsbestands den täglichen Bestand auf dem Marginkonto angibt. Sofern dieser<br />
Bestand geringer als die Maintenance Margin <strong>für</strong> alle gehaltenen Kontrakte ist, ergibt sich ein<br />
Margin Call mittels folgender Rechnung in Excel:<br />
b) WENN(„Bestand Marginkonto“
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Der Operator Q beschreibt die Menge, die am Kassamarkt verkauft wird (QK) bzw. die<br />
Weizenmenge, die mittels Futures abgesichert wird (QF). PK entspricht dem am Kassamarkt<br />
erzielten Erzeugerpreis pro Tonne <strong>und</strong> Fo dem Futureskurs bei Verkauf einer bestimmten<br />
Anzahl an Kontrakten, also zum Zeitpunkt 0. Der Kurs der Kontrakte bei Glattstellung <strong>und</strong><br />
damit in den folgenden Berechnungen zum Ende der Kontraktlaufzeit wird mit Ft<br />
beschrieben. Die aufgr<strong>und</strong> der Futuresgeschäfte anfallenden Kosten (KF) umfassen neben den<br />
direkten Kosten der Börse in Form von Handelsgebühren auch Brokerentgelte sowie<br />
Zinsansätze zur Finanzierung der Initial Margin sowie der je nach Kursverlauf anfallenden<br />
Margin Calls. Die Höhe der Durchschnittserlöse ergibt sich letztlich aus dem Mittelwert der<br />
Höhe der Erlöse aus den einzelnen Ernteperioden von 2005 bis 2011.<br />
6.1.2 Varianz<br />
Die Varianz gibt die Streuung der ermittelten Werte um den Mittelwert an <strong>und</strong> ist somit ein<br />
Maß, die die Verteilung von Werten kennzeichnet. Zur Berechnung der Varianzschätzung der<br />
Erlöse entsprechen die verwendeten Werte einer Stichprobe aus der Gr<strong>und</strong>gesamtheit. Die<br />
Varianz ausgehend von einer Stichprobe wird wie folgt errechnet: 226<br />
∑ ̅<br />
57<br />
Formel 5: Varianz<br />
Dieses Streuungsmaß hat den Nachteil, dass das Ergebnis aufgr<strong>und</strong> der Quadrierung eine<br />
andere Einheit besitzt, als die zur Berechnung hinzugezogenen Messwerte.<br />
Um die Hedgingeffektivität zu evaluieren, wird die Varianzreduktion von der selektiven<br />
Hedgingstrategie auch mit der Varianz ohne eine Absicherung verglichen. Mittels der<br />
folgenden Formel, eingeführt von FACKLER <strong>und</strong> MCNEW, werden daher die Varianzen<br />
unterschiedlicher Vorgehensweisen wie folgt verglichen: 227<br />
α =<br />
Formel 6: Varianzreduktion<br />
Wenn α = 1 ist bedeutet dies eine 100%ige Reduzierung der Varianz <strong>und</strong> α = 0 sagt aus, das<br />
die angewendete Strategie zu keiner Reduzierung des Risikos geführt hat. Positiv an der<br />
angeführten Berechnung ist deren Einfachheit in der Ermittlung <strong>und</strong> anschließenden<br />
Interpretation. Problematisch ist hingegen, dass sowohl positive als auch negative<br />
Abweichungen nicht gewichtet werden. So fehlt aufgr<strong>und</strong> der Betrachtung beider möglicher<br />
226 (Papula, 2003), S. 376<br />
227 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 14
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Ausprägungen der Formel die Möglichkeit, Verlustrisiken von Gewinnmöglichkeiten zu<br />
unterscheiden. 228 Für einen Hedger ist eine solche Unterscheidung jedoch elementar.<br />
Da die Varianz sowohl positive als auch negative Abweichungen vom Mittelwert einbezieht,<br />
wird zusätzlich die Semivarianz ermittelt. Diese misst ausschließlich die Variabilität der<br />
Erlöse nach unten, was insofern passend ist, da negative Abweichungen vom Erwartungswert<br />
<strong>für</strong> einen risikoaversen Betriebsleiter von großer Bedeutung sind. Die Semivarianz wird<br />
mittels folgender Formel ermittelt: 229<br />
∑<br />
[ ] Formel 7: Semivarianz<br />
Bei dieser Formel ist n die Anzahl der Differenzen, h die Differenz (lag) zwischen den<br />
Werten, sα die Position oder Stelle, z(sα) der Wert an der Stelle sα <strong>und</strong> die Semivarianz<br />
<strong>für</strong> einen bestimmten lag h. Die negativen Abweichungen werden <strong>für</strong> die einzelnen Strategien<br />
in Abhängigkeit der Erlöse bei keinerlei Absicherung ermittelt. Sofern mittels einer Strategie<br />
in einer Periode ein geringerer Erlös aus Kassamarkt- <strong>und</strong> Futuresgeschäften erzielt wird,<br />
dient dieser Wert der Berechnung der Semivarianz. Zur Normierung wird anschließend die<br />
Wurzel der Semivarianz gezogen. Da <strong>für</strong> die Berechnung der Semivarianz nur sechs<br />
Ernteperioden zur Verfügung stehen, konnte <strong>für</strong> einen Teil der Strategien aufgr<strong>und</strong> zu<br />
geringer Anzahl negativer Abweichungen keine Semivarianz ermittelt werden. Zur näheren<br />
Betrachtung wird daher auch die Semivarianz <strong>für</strong> die täglichen Verluste aller Strategien<br />
ermittelt. Die Anzahl der Werte liegt je nach Anzahl der Handelstage, in denen Kontrakte<br />
gehalten werden, zwischen 367 <strong>und</strong> 1.555 <strong>und</strong> ist damit ausreichend groß <strong>für</strong> die Berechnung<br />
der Semivarianz.<br />
6.1.3 Standardabweichung<br />
Die Standardabweichung ist ebenfalls ein Streuungsmaß <strong>und</strong> entspricht der Quadratwurzel der<br />
Varianz. Vorteil der Standardabweichung ist, dass sie stets die gleiche Maßeinheit wie die<br />
zugr<strong>und</strong>eliegenden Werte besitzt. Die Formel zur Berechnung lautet wie folgt: 230<br />
∑ ̅<br />
√<br />
√ Formel 8: Standardabweichung<br />
228 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 51<br />
229 (Ruppert, 2010), S. 13<br />
230 (Papula, 2003), S. 402<br />
58
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Zur Überprüfung der Vorgehensweisen verwenden auch BELTRATTI, LAURANT <strong>und</strong> ZENIOS<br />
jeweils die absolute Standardabweichung im Hinblick auf die erwarteten Erlöse. Die absolute<br />
Standardabweichung hat den Vorteil, dass eine solche Risikodefinition nicht mit Annahmen<br />
von normalverteilten Erlösen verknüpft ist. Die absolute Abweichung vom Mittelwert hat die<br />
Eigenschaft, dass sowohl Preisrückgänge als auch steigende Preise betrachtet werden können,<br />
ohne das Annahmen über die Symmetrie der Verteilung getroffen werden müssen. Ein<br />
Nachteil dieses Maßes ist, dass negative Abweichungen, also Erlösrückgänge in Folge<br />
sinkender Weizenpreise, nicht von positiven Abweichungen differenziert werden können. 231<br />
6.1.4 Value at Risk<br />
Eine Methode zur Messung negativer Abweichungen ist der Value at Risk (VaR), mit dem<br />
angegeben wird, mit welchem Konfidenzintervall eine bestimmte Schadenshöhe nicht<br />
überschritten wird. Es dient der Messung potenzieller Verluste einer Normalverteilung. Der<br />
Value at Risk ist hingegen nicht geeignet, um extreme Marktbewegungen einzubeziehen. Alle<br />
Preisdaten werden dabei zu einer einzelnen Zahl aggregiert, die in der Einheit der Werte<br />
angegeben wird. 232 Die spätere Ermittlung beim Vergleich der <strong>Hedgingstrategien</strong> erfolgt auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage der täglichen Kursentwicklungen <strong>und</strong> der kumulierten Kursentwicklungen pro<br />
Periode bezogen auf die jeweils abgesicherte Menge. Dabei sind die zugr<strong>und</strong>eliegenden Kurse<br />
der Matif <strong>und</strong> LIFFE <strong>für</strong> die einzelnen Strategien zwar gleich, doch führen unterschiedliche<br />
Verkaufszeitpunkte der Futures (<strong>und</strong> deren Anzahl) <strong>und</strong> Hedge Ratio zu einem differierenden<br />
VaR der Hedgingpositionen. Es werden nur Werte aus Zeiträumen, in denen Kontrakte<br />
gehalten werden, einbezogen. Die Formel zur Berechnung des VaR lautet wie folgt: 233<br />
59<br />
Formel 9: Value at Risk<br />
Dabei entspricht σ der Standardabweichung <strong>und</strong> N -1 der Normalverteilung. x gibt das<br />
Konfidenzniveau an, welches in den folgenden Berechnungen mit 99%, also einer<br />
Irrtumswahrscheinlichkeit von 1% angenommen wird. Problematisch an dem Konzept des<br />
VaR ist unter anderem, dass davon ausgegangen wird, dass Märkte sich wie in der<br />
Vergangenheit verhalten. Dies ist in der Realität hingegen nicht der Fall. Zudem gibt der<br />
Ansatz keine Auskunft über die mögliche Schadenshöhe bei Überschreiten des Value at Risk.<br />
Bei längeren Betrachtungszeiträumen wie über mehrjährige Ernteperioden in diesem Fall ist<br />
231 (Beltratti, Laurent, & Zenios, 1999), S. 960<br />
232 (Linsmeier & Pearson, 2000), S. 48<br />
233 (Stulz, 1996), S. 20, 21
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
zudem auch bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit die Möglichkeit von Verlusten über den VaR<br />
hinaus sehr wahrscheinlich. 234 Dennoch wird als Indikation zur Messung des Downside-<br />
Risikos <strong>und</strong> Vergleich der Strategien dieses Risikomaß angewandt.<br />
Bei der Überprüfung der Vorteilhaftigkeit einer selektiven Absicherungsstrategie werden<br />
einzelne Strategien zunächst allgemein erläutert <strong>und</strong> gegebenenfalls Bewertungen anderer<br />
Autoren mit den genannten Vorgehensweisen kurz ausgeführt. Anschließend werden jeweils<br />
die Ergebnisse der eigenen Berechnungen gezeigt <strong>und</strong> zuletzt die Gesamtübersicht angeführt.<br />
Die betrachteten Strategien sind:<br />
1. Keinerlei Absicherung am Warenterminmarkt<br />
2. Vollständige Absicherung am Warenterminmarkt direkt nach der Aussaat in Höhe von<br />
100% bzw. 80% der Produktionsmenge<br />
3. Selektives Hedging 1: Limitstrategie<br />
4. Selektives Hedging 2: Splittingstrategie<br />
5. Selektives Hedging 3: Margenstrategie<br />
6. Selektives Hedging 4: 200% der Produktionsmenge „absichern“<br />
6.2 Anwendung ausgewählter Strategien<br />
6.2.1 Keine Absicherung am Warenterminmarkt<br />
Bei keinerlei Absicherung ist der Landwirt dem kompletten Preisrisiko ausgesetzt <strong>und</strong><br />
verkauft den Weizen Anfang September jeweils zum aktuellen Kassamarktpreis. Eine solche<br />
Strategie eignet sich vor allem <strong>für</strong> Betriebe mit starker Diversifizierung, sodass ein einzelner<br />
Betriebszweig keinen überproportional großen Anteil am Betriebsergebnis hat. 235 Des<br />
Weiteren ist sie geeignet <strong>für</strong> risikofreudige Betriebsleiter, die stark schwankende<br />
Deckungsbeiträge in Folge geringer Vermarktungspreise verkraften können <strong>und</strong> u.a. kaum<br />
abhängig von externen Kapitalgebern sind.<br />
Bei dieser Vorgehensweise <strong>für</strong> das Agrarprodukt Raps liegen die Erlöspreise von 1995 bis<br />
2007 im Vergleich zu den anderen Vorgehensweisen (keine Absicherung, Splittingstrategie,<br />
Limitstrategie <strong>und</strong> Marginstrategie) im Durchschnitt am höchsten, weisen jedoch mit knapp<br />
51 €/t die höchste empirische Standardabweichung auf. 236 Bei einer Vergleichsrechnung <strong>für</strong><br />
einen geringen Zeitraum bei Mastschweinen zeigt sich ein ähnliches Bild bezüglich der<br />
234 (Stulz, 1996), S. 21<br />
235 (Steffin, So schützen sich Mäster vor Preisschwankungen, 2008), S. 97;<br />
(Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 107<br />
236 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 109<br />
60
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
durchschnittlichen Abweichungen, die im Vergleich zu anderen Strategien am höchsten ist.<br />
Der durchschnittliche Deckungsbeitrag ist hingegen etwas geringer im Vergleich zur<br />
gestuften Absicherung oder der Limitstrategie. 237<br />
Für den Beispielbetrieb zeigt sich über den siebenjährigen Betrachtungszeitraum ein<br />
gemischtes Bild. Während bei Brotweizenproduktion entsprechend dem Schleswig-<br />
Holsteinischen Durchschnittsertrag im Jahr 2007 Erlöse von 485.120 € erzielt werden, sind es<br />
zwei Jahre später lediglich 237.105 €. Der herangezogene Kassamarktpreis ist ein<br />
wöchentlicher Durchschnittspreis der HGCA. Bei dem Preis <strong>für</strong> 2011 handelt es sich um den<br />
wöchentlichen Schwerpunktpreis der Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftskammer. Der<br />
Mittelwert der erzielten Erlöse liegt <strong>für</strong> Brotweizen bei 385.509 € <strong>und</strong> bei Futterweizen<br />
aufgr<strong>und</strong> der Qualitätsunterschiede mit 342.957 € etwas darunter. Die Standardabweichung<br />
der Erlöse ist bei Brotweizen mit 92.417 € etwas höher als bei Futterweizen mit 80.184 €.<br />
Die Ergebnisse beim Verkauf des Weizens Mitte September sind in Tabelle 7 angeführt.<br />
Tabelle 7: Ergebnisübersicht bei keiner Absicherung<br />
Wöchentlicher Ø-Preis Produktion Erlöse des Beispielbetriebs bei<br />
Kassamarkt SH Beispielbetrieb Verkauf in SH zum Ø-Preis<br />
Verkaufsdatum Brotweizen Futterweizen In t Brotweizen Futterweizen<br />
15.09.2006 128 € 124 € 2.185 279.680 € 269.848 €<br />
14.09.2007 256 € 244 € 1.895 485.120 € 462.380 €<br />
12.09.2008 168 € 148 € 2.390 400.325 € 353.720 €<br />
11.09.2009 112 € 99 € 2.395 268.240 € 237.105 €<br />
14.09.2010 211 € 167 € 2.223 469.053 € 371.241 €<br />
11.09.2011 205 € 181 € 2.008 410.636 € 363.448 €<br />
Mittelwert 154 € 138 € 1.871 385.509 € 342.957 €<br />
Standardabweich. 54 € 50 € 201 92.417 € 80.184 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGC; Landwirtschaftskammer SH (Preis 2011)<br />
6.2.2 Vollständige Absicherung am Warenterminmarkt<br />
Beim Routine-.Hedge sichert der Landwirt einen Großteil seiner erwarteten Erntemenge<br />
direkt nach der Aussaat zum gegebenen Preisniveau am Futuresmarkt ab. Damit kann der<br />
Landwirt relativ genau planen, welchen Preis er im September erlösen wird, allerdings ist eine<br />
Preisfixierung zu einem nicht kostendeckenden Preisniveau möglich <strong>und</strong> die genannten<br />
Risiken eines Warentermingeschäfts sind gegeben. Geeignet ist die vollständige Absicherung<br />
insbesondere <strong>für</strong> risikoaverse Betriebsleiter, die aufgr<strong>und</strong> des großen Erlösanteils einer<br />
einzelnen Marktfrucht, angespannter Liquiditätssituation <strong>und</strong>/oder regelmäßigen<br />
237 (Steffin, So schützen sich Mäster vor Preisschwankungen, 2008), S. 97<br />
61
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Zahlungsverpflichtungen geringere Preisniveaus als das zur Aussaat abgesicherte nicht<br />
verkraften können. Bezüglich einer angespannten Liquiditätssituation ist jedoch das bereits<br />
erläuterte Marginrisiko zu bedenken.<br />
Am Beispiel Raps stellt STEFFIN über einen Zeitraum von 13 Jahren <strong>und</strong> einer<br />
Routineabsicherung von zwei Dritteln der erwarteten Ernte fest, dass zwar die<br />
Standardabweichung der Erlöse um fast 60% reduziert wird, die durchschnittlichen Erlöse<br />
jedoch am niedrigsten sind. 238 Bei einem Absicherungsgrad von 100% bei Mastschweinen<br />
von 2003 bis 2008 hat ein solches Vorgehen eine Risikominderung um 68% <strong>und</strong> den<br />
niedrigsten Deckungsbeitrag zur Folge. 239<br />
Um das Mengen- <strong>und</strong> Qualitätsrisiko zu reduzieren, ist auch ein Absicherungsgrad unter<br />
100% im Sinne eines Routine-Hedge möglich. Daher wird bei dieser Strategie 100% bzw.<br />
80% der voraussichtlichen Weizenmenge bei Weizenaussaat mittels Verkaufskontrakten<br />
abgesichert. Somit ist – abgesehen vom Basisrisiko <strong>und</strong> möglichen Marginkosten – der<br />
vollständige Erlös bei Kontraktverkauf bekannt. Aufgr<strong>und</strong> der standardisierten Mengen der<br />
Kontrakte kann sich eine leicht abweichende Hedge Ratio nahe 100% bzw. 80% ergeben.<br />
Wenn Brotweizen unter diesen Voraussetzungen zu nahezu 100% mittels Futures der Matif<br />
abgesichert wird, ergeben sich Erlöse aus dem Futures- <strong>und</strong> Kassamarktgeschäft zwischen<br />
206.807 € (2006/2007) <strong>und</strong> 407.723 € (2007/2008). Von den betrachteten Erntejahren ist die<br />
Absicherung mittels eines Routine-Hedges in zwei von sechs Perioden vorteilhaft. Die größte<br />
negative Abweichung gegenüber keinerlei Absicherung ergibt sich in der Ernteperiode<br />
2006/2007. In dieser Periode wird mittels Futuresverkauf ein Preisniveau von 134 €/t fixiert,<br />
der Kassamarktpreis steigt bis zum physischen Verkauf im September 2007 jedoch auf über<br />
281 €/t. Von dieser Weizenpreissteigerung profitiert der vermarktende Beispielbetrieb somit<br />
nicht. Der jeweils vorliegende Absicherungsgrad variiert zwischen 97,6% <strong>und</strong> 99,6%, was an<br />
der vorgegebenen Menge eines Kontrakts von 50t begründet liegt. Der Mittelwert der<br />
anfallenden Kosten liegt bei knapp 4.297 € pro Periode. Den größten Anteil an den Kosten<br />
haben die kalkulierten Zinsen <strong>für</strong> die Initial Margin, da diese im Schnitt 43.000 € betragen<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen angenommen Zinskosten sich im Durchschnitt auf 2.106 €<br />
belaufen. Dies entspricht inklusive des Risikoaufschlags einem durchschnittlichen Zinssatz<br />
von 5,66%. Als Zinsansatz <strong>für</strong> die Variation Margin fallen durchschnittlich 1.722 € an.<br />
238 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 107, 109<br />
239 (Steffin, So schützen sich Mäster vor Preisschwankungen, 2008), S. 97<br />
62
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Die in Tabelle 8 ersichtlichen Marginberechnungen entsprechen dem Stand bei<br />
Futuresverkauf <strong>und</strong> bei Glattstellung (je nach Kontraktlaufzeit August oder September).<br />
Daneben sind die Minimal- <strong>und</strong> Maximalwerte angegeben, die sich auf die taggenaue<br />
Ermittlung beziehen <strong>und</strong> aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht komplett angezeigt werden<br />
können.<br />
Tabelle 8: Marginkosten bei einer 100%-Absicherung von Brotweizen (Matif)<br />
Datum Tagesgewinn/<br />
-verlust<br />
Stichtag<br />
Kumulierter<br />
Gewinn /<br />
Verlust<br />
Stichtag<br />
Bestand<br />
Margin-<br />
Konto<br />
Stichtag<br />
63<br />
Summe<br />
Margin<br />
Calls je<br />
Periode<br />
Zinssatz<br />
EONIA<br />
+ 2,5%<br />
Zinskosten<br />
pro<br />
Periode<br />
Futures-<br />
Kurs<br />
17.10.05 0,00 € 0,00 € 43.000 € 4,58% 111,50 €<br />
11.09.06 6.450 € -50.525 € 52.675 € 60.200 € 5,56% 406 € 135,00 €<br />
16.10.06 0 € 0 € 37.000 € 0 € 5,82% 133,50 €<br />
10.09.07 -11.563 € -273.338 € 38.388 € 274.725 € 6,04% 2.436 € 281,25 €<br />
15.10.07 0 € 0 € 47.000 € 0 € 6,49% 195,75 €<br />
11.08.08 0 € 24.088 € 186.825 € 115.738 € 6,80% 3.977 € 189,50 €<br />
15.10.08 0 € 0 € 47.000 € 0 € 6,20% 145,00 €<br />
10.08.09 0 € 51.700 € 124.550 € 25.850 € 2,83% 566 € 123,00 €<br />
15.10.09 0 € 0 € 44.000 € 0 € 2,84% 141,00 €<br />
10.08.10 0 € -161.150 € 66.550 € 183.700 € 3,27% 440 € 211,00 €<br />
15.10.10 0 € 0 € 40.000 € 0 € 3,25% 183,25 €<br />
10.08.11 -10.500 € -33.500 € 142.000 € 135.500 € 6,00% 2.510 € 200,00 €<br />
Maximum: 31.500 € 57.200 € 198.575,00 € 274.725 € 7,10% 3.977 € 251,00 €<br />
Minimum: -43.000 € -276.575 € 38.388 € 25.850 € 2,80% 406 € 109,50 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Als weitere – zum Teil kalkulatorische – Kostenfaktoren schlagen Brokergebühren in Höhe<br />
von durchschnittlich 415 €/Jahr <strong>und</strong> Börsenentgelte mit durchschnittlich 54 € pro<br />
Ernteperiode zu Buche. Für die Variation Margin werden bis zu 3.977 € Zinskosten je<br />
Ernteperiode veranschlagt. Die Spalte „Kosten“ bezieht also Börsenentgelte, Brokergebühren<br />
<strong>und</strong> Zinsansätze <strong>für</strong> die Initial Margin sowie <strong>für</strong> die Variation Margin mit ein. Die<br />
Standardabweichung der Kosten liegt bei 1.770 €, was unter Beachtung der hohen<br />
Kontraktwerte als moderat eingeschätzt werden kann. Der erzielte Durchschnittserlös liegt <strong>für</strong><br />
eine nahezu 100%-igen Brotweizen-Hedge bei 307.050 €. Die Schwankungsbreite der Erlöse<br />
ist 78.914 € <strong>und</strong> damit deutlich unter derer ohne Hedging. Die genannten Ergebnisse sind in<br />
Tabelle 9 angeführt.
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Tabelle 9: Ergebnisübersicht bei einer 100%-Absicherung von Brotweizen (Matif)<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
gehedgte<br />
Menge<br />
in t<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.kurs<br />
Glatstell.<br />
64<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassamar<br />
kt SH<br />
Ergebnis<br />
Routine<br />
100%<br />
17.10.05 112 € 2.150 98,40% 135 € -50.525 € 2.809 € 279.680 € 226.346 €<br />
16.10.06 134 € 1.850 97,63% 281 € -273.338 € 4.975 € 485.120 € 206.807 €<br />
15.10.07 196 € 2.350 98,33% 190 € 14.688 € 7.289 € 400.325 € 407.723 €<br />
15.10.08 145 € 2.350 98,12% 123 € 51.700 € 4.137 € 268.240 € 315.803 €<br />
15.10.09 141 € 2.200 98,97% 211 € -154.000 € 2.294 € 469.053 € 312.759 €<br />
15.10.10 183 € 2.000 99,60% 200 € -33.500 € 4.275 € 410.636 € 372.861 €<br />
Ø 152 € 2.150 98,51% 190 € -74.163 € 4.297 € 385.509 € 307.050 €<br />
Standardabweich.<br />
32 € 197 € 0 € 57 € 119.994 € 1.770 € 92.417 € 78.914 €<br />
Quell: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Bei einem Absicherungsgrad von 80% bei Brotweizen ergeben sich ebenfalls zwei<br />
vorteilhaftere Ernteperioden mittels Routine-Hedge gegenüber keinerlei Absicherung. Der<br />
Mittelwert aus Warenterminbörsen- <strong>und</strong> Kassamarktgeschäft liegt bei 322.519 €, was einem<br />
ca. 14 T€ besseren Wert als bei der 100%-igen Absicherung entspricht. Bezüglich der<br />
Standardabweichung ist diese Strategie ebenfalls vorteilhaft gegenüber der zuvor betrachteten<br />
Vorgehensweise der 100%-igen Absicherung, da die Streuung der Erlöse mit einer<br />
Standardabweichung von 66.812 € geringer ist. Für die angenommene Hedge Ratio von 80%<br />
werden durchschnittlich 35 Kontrakte verkauft <strong>und</strong> der im Durchschnitt ermittelte<br />
Absicherungsgrad liegt bei 79%. Aufgr<strong>und</strong> der geringen Kontraktanzahl sind die<br />
Börsenentgelte mit durchschnittlich 43,13 € pro Ernteperiode etwas geringer als bei einem<br />
Hedge Ratio von knapp 100%. Die insgesamt anfallenden Kosten liegen zwischen 1.824 €<br />
<strong>und</strong> 5.893 €, was insgesamt einem Mittelwert von 3.456 € entspricht. Der durchschnittliche<br />
Futureskurs bei Glattstellung im September bzw. August liegt mit 190 € etwas über dem<br />
Mittelwert des physischen Verkaufs von 180 € im September. Vergleicht man die<br />
Kassamarktpreise SH hingegen mit dem Futureskurs bei Abschluss des<br />
Warentermingeschäfts, so liegt der Durchschnittspreis mit 152 €/t jeweils im Oktober deutlich<br />
darunter. Die Vorteilhaftigkeit dieser Strategie aufgr<strong>und</strong> des geringeren Absicherungsgrades<br />
wäre voraussichtlich insbesondere dann gegeben, wenn ein Ertragsrisiko <strong>und</strong> damit unsichere<br />
Produktionsmengen angenommen werden würden.<br />
Bei Futterweizen, der an LIFFE in London in der Währung des Britischen Pf<strong>und</strong>s abgesichert<br />
werden kann, ergibt sich <strong>für</strong> die Anwendung eines Routine Hedge bei einer Hedge Ratio von<br />
100% ebenfalls ein indifferentes Bild bezüglich der Vorteilhaftigkeit solch einer Absicherung<br />
gegenüber keinerlei Absicherung. Die Kosten <strong>für</strong> im Durchschnitt 21 verkaufte <strong>und</strong>
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
glattgestellte Kontrakte liegen bei 2.196 € pro Ernteperiode. Der höchste Margin Call von<br />
einem Handelstag auf den anderen liegt bei 43.000 €, die während der sechs Ernteperioden zu<br />
leistenden Margin-Nachzahlungen summieren sich auf 977.299 €. Die kalkulierten Zinskosten<br />
<strong>für</strong> Variation Margins sind <strong>für</strong> die Futterweizenabsicherung mit insgesamt 3.811 € <strong>für</strong> alle<br />
sechs Absicherungsperioden geringer als bei der Absicherung an der Matif. Dies liegt<br />
insbesondere in der kürzeren Haltedauer der Kontrakte <strong>für</strong> Futterweizen begründet, die<br />
jeweils bereits im Juli glattgestellt werden müssen, während dies bei Brotweizen erst im<br />
August oder September geschieht. Durch die getroffene Annahme, dass einmal gezahlte<br />
Margins auf dem Marginkonto verbleiben <strong>und</strong> somit täglich verzinst werden, spiegelt sich die<br />
kürzere Finanzierungsdauer in den Kosten derselben wieder. Eine Übersicht zur Ermittlung<br />
der Marginkosten beim Routine-Hedge mit 100%iger Absicherung an der LIFFE ist im<br />
Anhang 5 zu finden.<br />
Für Futterweizen beträgt das durchschnittliche Ergebnis aus Futures- <strong>und</strong><br />
Warentermingeschäften 370.572 € pro Betrachtungszeitraum, wobei über drei von sechs<br />
Perioden ein höherer Erlös als ohne Absicherung erzielt werden konnte. Die im Mittel<br />
erzielten Erlöse aus den Futuresgeschäften <strong>und</strong> dem physischen Verkauf liegen um knapp 28<br />
T€ über denen ohne Absicherung. Die Glattstellung erfolgt jeweils zur letzten Kursnotierung,<br />
sodass der Kauf der zuvor verkauften Kontrakte Anfang Juli erfolgt. Die genannten<br />
Ergebnisse <strong>für</strong> eine 100%-ige Futterweizenabsicherung sind aus Tabelle 10 ersichtlich.<br />
Tabelle 10: Ergebnisübersicht bei einer 100%-Absicherung von Futterweizen (LIFFE)<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
Abges.<br />
Menge<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
65<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Future<br />
Ergebnis<br />
Kassam.<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Routine-<br />
Hedge<br />
17.10.05 108€ 2.100 96,11% 112€ -7.854€ 1.866 € 269.848€ 260.128 €<br />
16.10.06 158€ 1.800 94,99% 182€ -42.912€ 1.685 € 462.380€ 417.783 €<br />
15.10.07 249€ 2.300 96,23% 187€ 142.186€ 2.879 € 353.720€ 493.027 €<br />
15.10.08 143€ 2.300 96,03% 113€ 68.149€ 2.353 € 237.105€ 302.901 €<br />
15.10.09 121€ 2.200 98,97% 130€ -18.502€ 1.303 € 371.241€ 351.436 €<br />
15.10.10 213€ 2.000 99,60% 194€ 37.800€ 3.088 € 363.448€ 398.160 €<br />
Ø 165€ 2.117 96,99% 153€ 29.811€ 2.196 € 342.957€ 370.572 €<br />
Standard-<br />
55 € 194 € 0 € 39 € 68.122 € 701 € 80.184 € 83.820 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011); Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank<br />
Bei einem etwas geringeren Hedge Ratio von durchschnittlich knapp 79% <strong>und</strong> einem Verkauf<br />
von 15 bis 19 Kontrakten je nach Erwartung der Produktionsmenge (je nach<br />
Durchschnittsertrag Schleswig-Holsteins in der Ernteperiode) ergibt sich ein geringerer
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Vorteil des Routine-Hedges gegenüber keinerlei Absicherung. Wie bei der 100%-igen<br />
Routineabsicherung zeigt sich auch hier <strong>für</strong> die Hälfte der Ernteperioden eine relative<br />
Vorteilhaftigkeit gegenüber keinerlei Absicherung. Das beste Ergebnis wird im Erntejahr<br />
2007/2008 erzielt, da das vergleichsweise hohe Preisniveau von 249 €/t <strong>für</strong> Futterweizen<br />
fixiert wird <strong>und</strong> der Kurs bis zur Glattstellung im Juli 2008 wieder deutlich sinkt auf 182 €/t.<br />
Die Unvorteilhaftigkeit gegenüber keinerlei Absicherung zeigt sich am stärksten im Jahr<br />
2008, in dem die Preissteigerungen im Jahr 2007 aufgr<strong>und</strong> der vorigen „Kursfixierung“<br />
mittels Absicherung bei 158 €/t <strong>für</strong> einen Großteil der Ernte nicht erlöst werden können. Die<br />
geringsten Kosten in der Ernteperiode 2009/2010 gehen insbesondere auf das geringe<br />
Zinsniveau zurück, sodass <strong>für</strong> die Finanzierung der Initial Margin <strong>und</strong> der in der Periode<br />
ohnehin geringen Margin Calls relativ geringe Kosten anfallen. Die durchschnittlichen Erlöse<br />
dieser Vorgehensweise betragen knapp 366 T€ <strong>und</strong> die Standardabweichung liegt mit<br />
78.980 € geringfügig unter der bei keiner Absicherung <strong>und</strong> knapp 5 T€ unter der bei einer fast<br />
h<strong>und</strong>ertprozentigem Hedging von Futterweizen. Die genannten Ergebnisse sind tabellarisch<br />
im Anhang 6 aufgeführt.<br />
Für die Strategie des Routine Hedge kann vorerst geschlussfolgert werden, dass bei<br />
Brotweizen keine höheren Durchschnittserlöse erzielt werden können gegenüber keiner<br />
Absicherung, bei Futterweizen hingegen schon. Bei einer knapp 80%-igen Absicherung<br />
beider Qualitätseinstufungen von Weizen ist die Standardabweichung jeweils geringer als am<br />
Kassamarkt <strong>und</strong> bei einem Routine-Hedge mit einer Hedge Ratio von knapp 100%.<br />
6.2.3 Selektives Hedging 1: Limitstrategie<br />
Bei der Limitstrategie überlegt der Landwirt sich im Vorwege, zu welchen <strong>für</strong> ihn<br />
vertretbaren Preisniveaus er absichert. Dies kann sich zum Beispiel an einem<br />
Durchschnittswert der vergangenen Jahre oder den Vollkosten orientieren. Somit werden<br />
beispielsweise nur durchschnittliche Preise zuzüglich einer selbst gewählten Spanne<br />
abgesichert, allerdings erfolgt bei Nichterreichung des Auslösepreises während des Zeitraums<br />
bis zur Ernte kein Verkauf von Futureskontrakten. Eine Limitstrategie ist daher nur <strong>für</strong><br />
Betriebe geeignet, die finanzielle Reserven besitzen, um zu geringen Kassamarktpreisen im<br />
September verkaufen zu können <strong>und</strong> damit Verluste zu verkraften. Vorteilhaft bei dieser<br />
Strategie ist der geringere Aufwand zur Marktbeobachtung, da beim Broker eine Limit-Order<br />
aufgegeben werden kann, die die gewünschte Menge zum vorgegebenen Kurs absichert.<br />
Bei Rapserlösen in den Zeiträumen 1995 bis 2007 erzielt dieses Vorgehen mittels<br />
Vollkostendeckung eine Risikominderung gegenüber Nichtabsicherung von circa 50% <strong>und</strong><br />
66
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
einen Durchschnittserlös, der um circa 8 €/t über dem bei Routine- oder Splittingabsicherung<br />
liegt. 240 In der vorliegenden Vergleichsrechnung werden drei Mal keinerlei Futureskontrakte<br />
verkauft, da die Warenterminpreise zu gering sind.<br />
Um die vorliegende Limitstrategie durchzuführen, wird eine Absicherung auf Basis des<br />
Durchschnittskurses der vergangenen drei Jahre (jeweils Nearby-Futureskurse) zuzüglich<br />
einer Spanne von 5% angenommen. Um somit die Auslösepreise zum möglichen Verkauf<br />
eines Futures zu bestimmen wird zunächst <strong>für</strong> jede der Ernteperioden der Durchschnittskurs<br />
der vergangenen drei Jahre anhand der historischen monatlichen Warenterminbörsenkurse<br />
ermittelt <strong>und</strong> eine Spanne von 5% addiert. Die so ermittelten Preise je Tonne Weizen liegen<br />
bei 126,29 € (2005), 125,58 € (2006), 128,03 € (2007), 172,92 € (2008), 187,75 € (2009) <strong>und</strong><br />
180,83 € (2010). Gekauft werden wie bei dem Routine Hedge der dem Kassamarktgeschäft<br />
naheliegende Kontrakt mit Laufzeitende September/August (Matif) bzw. Juli (LIFFE). Sofern<br />
die auslösenden Kursniveaus erreicht werden, wird wie beim Routine Hedge mit der<br />
100%-igen Absicherung möglichst die gesamte, im Voraus feststehende, Produktionsmenge<br />
abgesichert. Eine vorzeitige Glattstellung vor Ende der Kontraktlaufzeit ist nicht vorgesehen,<br />
sodass die Kontrakte unabhängig von der Kursentwicklung bis zum Laufzeitende gehalten<br />
werden. Der Verkauf der Futures kann zwischen dem 15. Oktober bis zum Ende der<br />
Kontraktlaufzeit oder gar nicht erfolgen. Die jeweiligen Zinsen <strong>und</strong> Margins werden wie<br />
bereits im vorangegangen Unterkapitel ermittelt, wobei beispielsweise die kalkulatorischen<br />
Zinskosten <strong>für</strong> die Initial Margin entsprechend dem möglichen Verkaufstermin der Kontrakte<br />
angepasst wird. Die Finanzierung der Initial Margin erfolgt auf Monatsbasis, sodass die<br />
Zinskosten bei Kontrakthaltedauern je angefangenen Monat berechnet werden.<br />
Wird die Limitstrategie bei Brotweizen mittels Absicherung an der Matif angewendet, so wird<br />
in der Ernteperiode 2008/2009 keinerlei Absicherung vornehmen. Da der Futureskurs in den<br />
Perioden 2006/2007 sowie 2010/2011 bereits Mitte Oktober über dem gewählten Limitpreis<br />
liegt, wird entsprechend der gesamte Zeitraum bis zum Kontraktlaufzeitende zu nahezu 100%<br />
des Getreides mittels Futures abgesichert. In den Perioden 2005/2006 <strong>und</strong> 2009/2010 wird der<br />
gewählte Auslösepreis auf Basis der Vorjahresdurchschnitte zuzüglich Spanne hingegen erst<br />
kurz vor Laufzeitende erreicht <strong>und</strong> dann entsprechend Futures verkauft. Der<br />
Absicherungsgrad über die sechs Perioden hinweg beträgt zum möglichen<br />
Glattstellungszeitpunkt 82%, (Standardabweichung von ca. 37%). Der Anteil der Monate, zu<br />
dem zwischen möglichem Verkauf im Oktober <strong>und</strong> Glattstellung im September/August<br />
240 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 109<br />
67
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Futures gehalten werden, beträgt 54%. Die anfallenden Kosten liegen aufgr<strong>und</strong> der teilweise<br />
geringeren Haltedauern der Kontrakte <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen geringeren kalkulatorischen<br />
Zinskosten unter denen bei einer h<strong>und</strong>ertprozentigen Absicherung, trotz konstanter Kosten <strong>für</strong><br />
Broker <strong>und</strong> Clearing.<br />
Die Limitstrategie führt nur in der Ernteperiode 2007/2008 zu einem leicht besseren Ergebnis<br />
aus Futures- <strong>und</strong> Kassamarktgeschäft als bei keinem Hedging. In den übrigen Perioden sind<br />
die Erlöse aus der Anwendung dieser selektiven Absicherungsstrategie negativ. Die<br />
Durchschnittserlöse <strong>für</strong> Weizen abzüglich Kosten liegen bei 326.467 €/Jahr <strong>und</strong> damit<br />
59.042 € unter denen ohne jegliches Hedging. Zudem liegt die Standardabweichung mit<br />
93.467 € leicht über der ohne Absicherung. Die Ergebnisse werden in Tabelle 14 dargestellt.<br />
Tabelle 11: Ergebnisübersicht bei Anwendung der Limitstrategie bei Brotweizen (Matif)<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
Kurslimit<br />
Periode<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.kurs<br />
Glattst<br />
68<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassam.<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Limitstrategie<br />
16.08.06 127 € 126 € 98,40% 135 € -16.663 € 744 € 279.680 € 262.273 €<br />
16.10.06 134 € 126 € 97,63% 281 € -273.338 € 4.976 € 485.120 € 206.807 €<br />
15.10.07 196 € 128 € 98,33% 190 € 14.688 € 7.285 € 400.325 € 407.727 €<br />
173 € 0,00%<br />
0 € 0 € 268.240 € 268.240 €<br />
02.08.10 199 € 188 € 98,97% 211 € -27.500 € 651 € 469.053 € 440.902 €<br />
15.10.10 183 € 181 € 99,60% 200 € -33.500 € 4.275 € 410.636 € 372.861 €<br />
Ø 140 € 154 € 82,15% 169 € -56.052 € 2.990 € 385.509 € 326.467 €<br />
Standard-<br />
35 € 30 € 0 € 52 € 107.921 € 2.949 € 92.417 € 93.467 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Bei Anwendung der erläuterten Limitstrategie <strong>für</strong> Futterweizen, der an der LIFFE abgesichert<br />
wird, sind die Ergebnisse hingegen anders. Die Anwendung dieser Vorgehensweise ist<br />
historisch <strong>für</strong> drei der Ernteperioden vorteilhafter als keine Warenterminbörsengeschäfte<br />
durchzuführen. In den zwei Ernteperioden von 2008 bis 2010 wird der Limitpreis nicht<br />
erreicht, sodass keine Futures verkauft werden <strong>und</strong> die Gesamterlöse beider Strategien gleich<br />
sind. Ausschließlich in der Ernteperiode 2006/2007 erzielt der angenommene Beispielbetrieb<br />
mit keiner Absicherung ein um ca. 45 T€ höheren Umsatz mit Weizen, wobei mit den reinen<br />
Futuresgeschäften in diesem Zeitraum ein negatives Ergebnis in Höhe von knapp 43 T €<br />
zuzüglich der anfallenden Kosten generiert wird. Die durchschnittlich erzielten Erlöse sind<br />
bei Anwendung der Limitstrategie bei Futterweizen mit 358.906 € höher als bei dem reinen<br />
Kassamarktgeschäft mit 342.957 €. Betrachtet man hingegen die Standardabweichung der<br />
Erlöse, so ist die selektive Hedgingstrategie mit einer höheren Schwankungsbreite von 92.878
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
€ ungünstiger. Der Absicherungsgrad zum Glattstellungszeitpunkt liegt mit 64,49% deutlich<br />
unter dem bei der Brotweizenabsicherung an der Matif <strong>und</strong> bei genauerer Betrachtung der<br />
jeweils abgesicherten Monate liegt die Hedge Ratio bei 54%. Da die Durchschnittspreise<br />
zuzüglich der 5%-Spanne jeweils zum Juli eines Jahres ermittelt werden, wird zur<br />
Umrechnung der Auslösepreise von britischem Pf<strong>und</strong> in Euro jeweils der Wechselkurs zum<br />
Stichtag des 1. Juli verwandt. Die umgerechneten Auslösepreise steigen konstant an <strong>und</strong><br />
liegen zwischen 115,10€ (2005) <strong>und</strong> 159,39€ (2010) pro t. Die Ergebnisübersicht <strong>für</strong><br />
Anwendung der Limitstrategie bei Futterweizen ist unter Anhang 7 zu finden.<br />
Für die Limitstrategie kann unter den genannten Annahmen geschlussfolgert werden, dass bei<br />
Brotweizen bezüglich der Höhe der durchschnittlichen Erlöse keine Vorteilhaftigkeit<br />
festzustellen ist. Bei Hedging von Futterweizen werden zwar höhere Erlösergebnisse aus<br />
Kassamarkt- <strong>und</strong> Terminmarktgeschäften gegenüber keiner Absicherung erzielt, aber die<br />
Schwankungsbreite der Erlöse ist höher.<br />
6.2.4 Selektives Hedging 2: Splittingstrategie<br />
Bei einer Splittingstrategie wird im Vorwege einer Absicherung der Verkauf einer<br />
bestimmten Anzahl an Kontrakten zu fixen Verkaufszeitpunkten festgelegt. In diesem Fall<br />
wird eine Teilung der abzusichernden Mengen in drei gleich große Teile angenommen. Die<br />
Absicherungszeitpunkte sind zur Aussaat, nach überstandenem Winter sowie kurz vor der<br />
Ernte, wenn die gesamte Erntemenge ungefähr feststeht. Da die Verkaufszeiträume <strong>für</strong> die<br />
Futureskontrakte fixiert sind, kann ein nicht kostendeckendes Preisniveau abgesichert werden.<br />
In einem früheren Vergleich <strong>für</strong> Raps, bei dem die Aussaat im Herbst, die Zeit nach dem<br />
Winter <strong>und</strong> die Zeit kurz vor der Ernte als Verkaufszeitpunkte Futuresverkaufszeitpunkte<br />
festgelegt sind, ergibt sich ein eher geringer durchschnittlicher Erlös bei einer Reduzierung<br />
der Erlösschwankungen um 57%. 241<br />
Für die folgenden Beispielberechnungen erfolgt die Absicherung jeweils zu einem Drittel der<br />
angenommenen Produktionsmenge zum 15.Oktober, zum 15. Februar sowie zum 15. Juni. Es<br />
werden knapp 100% der Weizenmenge zum Erntezeitpunkt am Warenterminmarkt<br />
kontraktiert sein. Die Kosten sind geringer als die <strong>für</strong> einen Routine-Hedge, da beispielsweise<br />
die Initial Margin, die zu den drei Verkaufszeitpunkten von Futures aufgebracht werden muss,<br />
zu zwei Dritteln über eine kürzere Laufzeit finanziert wird. Zudem sind auch kalkulatorische<br />
Zinskosten <strong>für</strong> die Variation Margin der Kontrakte geringer.<br />
241 (Steffin, Die richtigen Strategien <strong>für</strong> Marktfruchtbetriebe, 2008), S. 109<br />
69
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Die Ergebnisse der Splittingstrategie mittels Verkauf von Futures in drei Teilen an der Matif<br />
sind unvorteilhafter im Vergleich zu keinerlei Absicherung, da der Mittelwert der Erlöse unter<br />
Einbeziehung kalkulatorischer Transaktionskosten mit 319.491 €/Jahr deutlich unter denen<br />
bei keinerlei Absicherung (385.509 €) liegt. Ein stark negatives Ergebnis aus den<br />
Futuresverkäufen <strong>und</strong> anschließender Glattstellung wird insbesondere in der Periode<br />
2006/2007 erzielt, in der vergleichsweise geringe Kurse fixiert werden <strong>und</strong> die enorme<br />
Preissteigerung kurz vor Ende der Kontraktlaufzeit einen Saldo von -241.650 € der Futures<br />
generiert. Betrachtet man die Schwankungsbreite der Erlöse, so zeigt die Splittingstrategie mit<br />
84.022 T€ eine geringere Standardabweichung als bei keinem Hedging. Die <strong>für</strong> eine gesamte<br />
Ernteperiode angegebene Hedge Ratio bezieht sich jeweils auf den Bestand an Futures zum<br />
Zeitpunkt der Glattstellung in Relation zur Produktionsmenge <strong>und</strong> liegt im Durchschnitt bei<br />
95,13%. Über die gesamten Absicherungsperioden hinweg liegt der Mittelwert des<br />
Absicherungsgrades hingegen bei 63,42%, was auf die Dreiteilung der Futuresverkäufe<br />
zurückzuführen ist. Die Ergebnisse sind im Anhang 8 angeführt.<br />
Wird die Splittingstrategie bei Futterweizen angewendet, so ergibt sich ein abweichendes<br />
Bild. Die Durchschnittserlöse aus den Börsen- <strong>und</strong> Kassamarktgeschäften sind mit ca. 361 T€<br />
über denen des reinen Kassamarktgeschäfts (knapp 343 T€). Die Standardabweichung ist<br />
auch bei Anwendung der Splittingstrategie bei Futterweizen etwas geringer, vgl. Tabelle 12.<br />
70
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Tabelle 12: Ergebnisübersicht einer Splittingstrategie bei Futterweizen (LIFFE)<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Futures<br />
abgesicherte<br />
Menge<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.-kurs<br />
Glattstellung<br />
71<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
17.10.05 108 € 700 32% 112 € -2.618 € 475 €<br />
15.02.06 110 € 700 64% 112 € -1.729 € 413 €<br />
15.06.06 114 € 700 96% 112 € 973 € 190 €<br />
Gesamt<br />
2005/2006<br />
111 € 2.100 96% 112 € -3.374 € 1.078 €<br />
16.10.06 158 € 600 32% 182 € -14.304 € 488 €<br />
15.02.07 143 € 600 63% 182 € -23.514 € 320 €<br />
15.06.07 158 € 600 95% 182 € -14.136 € 218 €<br />
Gesamt<br />
2006/2007<br />
153 € 1.800 95% 182 € -51.954 € 1.026 €<br />
15.10.07 249 € 700 29% 187 € 43.274 € 678 €<br />
15.02.08 250 € 700 59% 187 € 44.065 € 722 €<br />
16.06.08 198 € 700 88% 187 € 7.273 € 212 €<br />
Gesamt<br />
2007/2008<br />
232 € 2.100 88% 187 € 94.612 € 1.612 €<br />
15.10.08 143 € 700 29% 113 € 20.741 € 564 €<br />
16.02.09 133 € 700 58% 113 € 13.902 € 293 €<br />
16.06.09 126 € 700 88% 113 € 8.995 € 132 €<br />
Gesamt<br />
2008/2009<br />
134 € 2.100 88% 113 € 43.638 € 989 €<br />
15.10.09 121 € 700 31% 130 € -5.887 € 328 €<br />
16.02.10 114 € 700 63% 130 € -11.242 € 259 €<br />
15.06.10 120 € 700 94% 130 € -6.741 € 121 €<br />
Gesamt<br />
2009/2010<br />
118 € 2.100 94% 130 € -23.870 € 709 €<br />
15.10.10 213 € 600 30% 194 € 11.340 € 472 €<br />
15.02.11 253 € 600 60% 194 € 35.526 € 539 €<br />
15.06.11 202 € 600 90% 194 € 5.052 € 167 €<br />
Gesamt<br />
2010/2011<br />
223 € 1.800 90% 194 € 51.918 € 1.178 €<br />
Kosten Ergebnis<br />
Kassamarkt<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Splitting-<br />
Strategie<br />
269.848 € 265.396 €<br />
462.380 € 409.400 €<br />
353.720 € 446.720 €<br />
237.105 € 279.754 €<br />
371.241 € 346.662 €<br />
363.448 € 415.366 €<br />
Ø 162 € 2.000 61% 153 € 18.495 € 1.099 € 342.957 € 360.550 €<br />
Standardabweich.<br />
52 € 49 € 0 € 37 € 19.882 € 191 € 80.184 € 84.022 €<br />
Quelle: Berechnungen; Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse B<strong>und</strong>esbank<br />
Insgesamt wird mittels der Splittingstrategie bei Brotweizen ein unvorteilhaftes Ergebnis<br />
bezüglich der Durchschnittserlöse erzielt <strong>und</strong> die Standardabweichung ist ähnlich derer ohne<br />
Hedging. Für Futterweizen ist die Schwankungsbreite im Schnitt höher, aber es werden im<br />
Durchschnitt höhere Erlöse erreicht, insbesondere in 2007/2008.
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
6.2.5 Selektives Hedging 3: Margenstrategie<br />
Da <strong>für</strong> einen Landwirtschaftsbetrieb die Deckung der Kosten existenziell ist, beruht diese<br />
Strategie auf dem Ansatz, bei Erreichen von kostendeckenden Futureskursen eine<br />
Absicherung vorzunehmen. So werden nur dann Futureskontrakte verkauft, wenn die im<br />
Vorwege festgelegte Schwelle erreicht wird. Dies ist unabhängig vom Zeitpunkt, sodass eine<br />
Transaktion während des gesamten Zeitraumes zwischen Aussaat <strong>und</strong><br />
Kassamarktvermarktung stattfinden kann. Wenn das fixierte Kursniveau – anhand einer Limit<br />
Order beim Broker angegeben – hingegen nicht erreicht wird, erfolgt auch keinerlei<br />
Absicherung <strong>und</strong> die Ware wird im September zum Kassamarktpreis verkauft. Die festgelegte<br />
Schwelle ergibt sich demnach wie folgt:<br />
Futureskurs – Break-Even-Preis + Marge<br />
Wie bei den empirischen Ergebnissen erläutert, hatten SCHROEDER <strong>und</strong> HAYENGA bereits<br />
1988 die Margenstrategie bei Rindermästern simuliert <strong>und</strong> kommen zu dem Ergebnis, dass je<br />
nach Wahl der Marge die höchsten durchschnittlichen Erlöse bei gleichzeitig reduzierter<br />
Schwankungsbreite der Erlöse erzielt werden. 242 Großen Einfluss auf die Ergebnisse hatte<br />
dabei die Wahl der Margenhöhe, weshalb in diesem Berechnungsbeispiel zwei<br />
unterschiedliche Margenniveaus (10 <strong>und</strong> 20 €/t) herangezogen werden. Ziegelbäck ermittelt<br />
2007 einen Unterschied bei den Gesamterlösen zwischen -0,55% bis +0,71 beim Verkauf von<br />
Futures <strong>für</strong> Schweine unter Annahme einer überdurchschnittlichen Marge von 10%. 243<br />
Um den Break-Even-Preis <strong>für</strong> die nachfolgenden Berechnungen möglichst realistisch<br />
abzubilden, werden die durchschnittlichen Vollkosten eines Marktfruchtbetriebes der<br />
jeweiligen Jahre herangezogen. Die vom Landwirt frei wählbare Marge wird mit 10 <strong>und</strong> 20<br />
€/t angenommen. Die Durchschnittskosten <strong>für</strong> die Pflanzenproduktion in Schleswig-Holstein<br />
werden anhand der Daten des landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes verwendet. Zur<br />
Ermittlung des Break-Even-Preises dienen jeweils die Kosten der Vorjahresernteperiode <strong>für</strong><br />
Getreide, da speziell <strong>für</strong> Weizen weder das Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holsteins<br />
noch die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein oder auch der Landwirtschaftliche<br />
Buchführungsverband genauer nach Getreidearten differenzieren.. Neben den<br />
„Spezialaufwendungen“, die Saatgut, Pflanzenschutz <strong>und</strong> Dünger umfassen, werden auch<br />
„Aufwand <strong>für</strong> die Arbeitserledigung“ (Löhne, Treibstoffe, Unterhaltung <strong>und</strong> Abschreibung<br />
242 (Schroeder & Hayenga, 1988), S. 148, 149<br />
243 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 92<br />
72
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
von Maschinen), allgemeiner Aufwand der Landwirtschaft sowie Aufwand <strong>für</strong> Pachten,<br />
Mieten <strong>und</strong> Zinsen hinzugezählt. 244 Da die <strong>für</strong> die Kostenaufstellung einbezogenen Betriebe<br />
neben dem Ackerbau auch andere Betriebszweige wie z.B. Tierhaltung in geringen Umfang<br />
betreiben, werden nicht die gesamten Allgemeinkosten <strong>für</strong> die Berechnung herangezogen,<br />
sondern jeweils ein bestimmter Kostenanteil. Es wird davon ausgegangen, dass der<br />
Kostenanteil dem Ertragsanteil des Getreides an allen Erträgen entspricht, sodass<br />
Marktfruchterträge dividiert durch die gesamten landwirtschaftlichen Erträge dem Faktor zur<br />
Kostenermittlung nur <strong>für</strong> Getreide entsprechen. Die Kosten pro t je Jahr werden anhand der<br />
Kostensumme je ha dividiert durch den jeweiligen Durchschnittsertrag SH ermittelt.<br />
Zuzüglich der Marge von 10 bzw. 20 €/t ergibt sich ein durchschnittlicher Auslösepreis von<br />
138 bzw. 148 €/t <strong>für</strong> den Futuresverkauf. Da die Veröffentlichungen des<br />
Buchführungsverbandes nicht die Ernteperiode 2005/2006 umfassen, wird der Mittelwert der<br />
Kosten von 2006 bis 2011 angenommen, vgl. Tabelle 13.<br />
Tabelle 13: Kosten der Getreideproduktion zur Ermittlung der Auslösepreise<br />
Jahr Spezial-<br />
Kosten<br />
Pflanzenbau<br />
Kosten<br />
Arbeits-<br />
erled.<br />
Kosten<br />
Landwirt<br />
schaft<br />
Allgem.<br />
Kosten<br />
Pachten,<br />
Mieten<br />
<strong>und</strong><br />
Zinsen<br />
Faktor<br />
(Marktfruchterträge<br />
/<br />
Gesamterträge<br />
Landwirt.)<br />
73<br />
Kosten<br />
je ha<br />
Weizenanbau<br />
Kosten<br />
pro t<br />
10 €<br />
Marge<br />
20 €<br />
Marge<br />
10/11 514 € 543 € 187 € 204 € 0,715059055 1.182 € 147 € 157 € 167 €<br />
09/10 448 € 499 € 174 € 203 € 0,667648792 1.033 € 116 € 126 € 136 €<br />
08/09 543 € 527 € 186 € 194 € 0,701973001 1.180 € 123 € 133 € 143 €<br />
07/08 524 € 583 € 246 € 183 € 0,663270032 1.195 € 125 € 135 € 145 €<br />
06/07 434 € 541 € 226 € 182 € 0,595398429 999 € 132 € 142 € 152 €<br />
05/06 493 € 539 € 204 € 193 € 0,668669962 1.118 € 122 € 132 € 142 €<br />
Ø 493 € 539 € 204 € 193 € 0,668669862 1.118 € 128 € 138 € 148 €<br />
Quelle: Landwirtschaftlicher Buchführungsverband 2007-2011<br />
Bei der Margenstrategie werden die ermittelten Auslösepreise mit den Futureskursen der<br />
Matif verglichen <strong>und</strong> bei Erreichen oder Übertreffen dieses Preises erfolgt der<br />
Kontraktverkauf. Da der definierte Auslösepreis in jeder Periode erreicht wird, besteht bis zur<br />
Glattstellung ein durchschnittlicher Absicherungsgrad von knapp 99%. In den Perioden 2007<br />
bis 2010 ist der Futureskurs bereits zum frühestens möglichen Absicherungszeitpunkt Mitte<br />
Oktober erreicht. Die Durchschnittskosten sind aufgr<strong>und</strong> der zweimalig später durchgeführten<br />
Absicherung <strong>und</strong> dementsprechend niedrigeren kalkulatorischen Zinskosten mit 3.606 € pro<br />
Jahr im Mittel geringer als bei einem Routine Hedge <strong>für</strong> Brotweizen. Die Margenstrategie <strong>für</strong><br />
Brotweizen ist unvorteilhafter gegenüber keinerlei Absicherung. Insbesondere im Zeitraum<br />
244 (Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, 2007-2011)
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
2006/2007 sind die Erlöse <strong>für</strong> die Weizenproduktionsmenge von 1.895 t mit 230.463 € um<br />
mehr als 250 T€ geringer als wenn nur das Kassamarktgeschäft durchgeführt wird. Die<br />
erzielten Durchschnittserlöse belaufen sich auf 319.568 €, was im Vergleich zu reinen<br />
Kassamarktgeschäften 66 T€ geringer ist. Positiv ist hingegen die geringe<br />
Standardabweichung der Erlöse von 64 T€. Der abgesicherte Futureskurs liegt zwischen 134 €<br />
<strong>und</strong> 196 €/t, siehe Tabelle 14.<br />
Tabelle 14: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (10 € Marge) bei Brotweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
Kurslimit<br />
der<br />
Periode<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
74<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassamarkt<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Marge<br />
10€<br />
24.08.06 134 € 132 € 135 € -2.688 € 714 € 279.680 € 276.279 €<br />
25.04.07 146 € 142 € 281 € -250.213 € 4.444 € 485.120 € 230.463 €<br />
15.10.07 196 € 135 € 190 € 14.688 € 7.289 € 400.325 € 407.723 €<br />
15.10.08 145 € 133 € 123 € 51.700 € 3.853 € 268.240 € 316.087 €<br />
15.10.09 141 € 126 € 211 € -154.000 € 1.057 € 469.053 € 313.996 €<br />
15.10.10 183 € 157 € 200 € -33.500 € 4.279 € 410.636 € 372.857 €<br />
Ø 157 € 138 € 190 € -62.335 € 3.606 € 385.509 € 319.568 €<br />
Standard-<br />
25 € 11 € 57 € 115.781 € 2.435 € 92.417 € 63.981 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Wendet man die Margenstrategie <strong>für</strong> Brotweizen mittels eines Auslösepreises der ermittelten<br />
Kosten zuzüglich 20 €/t an, so ergeben sich leicht vorteilhaftere Werte bezüglich der<br />
Erlöshöhe. Das Ergebnis liegt im Durchschnitt bei 322.249 € pro Periode. Somit führt die<br />
Margenerhöhung zu einem um 2.681 € höheren Durchschnittserlös. In 2005/2006 wird der<br />
Auslösepreis, der im Schnitt bei 148 €/t liegt, aus den angenommenen Kosten der Vorperiode<br />
zuzüglich 20 € Marge pro t nicht erreicht. Danach wird das Kurslimit von 152 €/t Mitte Mai<br />
erreicht. Die Kosten <strong>für</strong> Futuresverkäufe liegen zwischen 1.057 € <strong>und</strong> 7.289 €, was<br />
Durchschnittskosten von 3.223 € pro Jahr entspricht. Das Ergebnis ist im Jahr 2006/2007 mit<br />
einem Verlust von 239.113 € sehr negativ im Vergleich zu keinerlei Absicherung. Die<br />
Schwankungsbreite der Ergebnisse der Futuresgeschäfte ohne Kostenberücksichtigung liegt<br />
bei durchschnittlich 112.494 € pro Jahr. Die Standardabweichung der Erlöse liegen bei dieser<br />
Strategie bei vorteilhaften 60.070 € (siehe Anhang 9).<br />
Um die Margenstrategie anhand der Kurse der LIFFE zu überprüfen, werden ebenfalls die<br />
Kosten zuzüglich der Margen von 10 <strong>und</strong> 20 €/t als Auslösepreis herangezogen.<br />
Bei einer Marge von 10 €/t erzielt die Margenstrategie ein vorteilhaftes Erlösergebnis<br />
gegenüber keiner Absicherung. Bis auf die Ernteperiode 2005/2006 werden stets Futures
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
verkauft <strong>und</strong> somit in fünf von sechs Ernteperioden bis zur Glattstellung der Kontrakte ein<br />
Hedge Ratio von nahezu 100% erreicht. Der Durchschnittserlös liegt mit knapp 371 T € über<br />
dem von keinerlei Absicherung (342.957 €). Insbesondere im Erntejahr 2007/2008 wird mit<br />
den Warentermingeschäften ein deutlich positives Ergebnis erzielt. In zwei der Perioden<br />
erweist sich die Margenstrategie bei Futterweizen hingegen als unvorteilhaft. Die<br />
Standardabweichung der Erlöse ist bei dieser Vorgehensweise mit 84.844€ etwas stärker<br />
ausgeprägter. Die genannten Ergebnisse sind in Anhang 10 tabellarisch dargestellt.<br />
Wird die Margenstrategie mit Auslösepreisen aus den Durchschnittskosten zuzüglich einer<br />
Marge von 20 €/t angewendet, so kann ebenfalls eine Vorteilhaftigkeit gegenüber dem reinen<br />
Kassamarktgeschäft konstatiert werden. Die höchsten mit dieser Vorgehensweise erzielten<br />
Erlöse werden in dem Erntezyklus 2007/2008 mit 493 T € erzielt. In diesem Jahr liegt der<br />
Verkaufskurs der Futures im Oktober 2007 bei 249 € pro t <strong>und</strong> sinkt bis zum letzten<br />
Handelstag des Augustkontrakts auf 187 €/t. Der Kassamarkt liegt bei Verkauf des Weizens<br />
in Schleswig-Holstein bei 148 €/t, sodass sich der Vorteil der selektiven Strategie –ohne<br />
Berücksichtigung der Kosten <strong>für</strong> Futures – auf 101 €/t beläuft. Insgesamt wird in drei der<br />
sechs historischen Perioden der Auslösepreis erreicht <strong>und</strong> somit keine Warentermingeschäfte<br />
durchgeführt. Die Standardabweichung dieser Strategie liegt mit knapp 96 T€ zwar über der<br />
bei keinem Hedging, aber es handelt sich um positive Abweichungen der Erlöse, was vor<br />
allem durch den hohen Ausreißerwert in der Periode 2007/2008 verursacht wird. Die<br />
Ergebnisse bei Anwendung der Margenstrategie <strong>für</strong> Futterweizen sind aus Tabelle 15<br />
ersichtlich.<br />
Tabelle 15: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (20 € Marge) bei Futterweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
Kurslimit<br />
der<br />
Periode<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
142 € 0,00%<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
75<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassamar<br />
kt SH<br />
Ergebnis<br />
Marge<br />
20€<br />
0 € 0 € 269.848 € 269.848 €<br />
16.10.06 158 € 152 € 94,99% 182 € -42.912 € 1.684 € 462.380 € 417.784 €<br />
15.10.07 249 € 145 € 96,23% 187 € 142.186€ 2.873 € 353.720 € 493.033 €<br />
143 € 0,00%<br />
136 € 0,00%<br />
0 € 0 € 237.105 € 237.105 €<br />
0 € 0 € 371.241 € 371.241 €<br />
15.10.10 213 € 167 € 99,60% 194 € 37.800 € 3.091 € 363.448 € 398.157 €<br />
Ø 207 € 148 € 48,47% 188 € 45.691 € 1.275 € 342.957 € 364.528 €<br />
Standardabweich.<br />
46 € 11 € 53% 6 € 63.805 € 1.476 € 80.184 € 95.631 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011); Wechselkurse der B<strong>und</strong>esbank
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Es kann resümiert werden, dass die Margenstrategie bei Brotweizen gegenüber keinerlei<br />
Absicherung negative Ergebnisse bezüglich der Erlöse gebracht hat. Beim Hedging von<br />
Futterweizen kann die Margenstrategie hingegen überzeugen. Der Unterschied bei<br />
Anwendung unterschiedlicher Aufschläge beschränkt sich auf wenige tausend Euro<br />
Unterschied bei den durchschnittlich erzielten Erlösen.<br />
6.2.6 Selektives Hedging 4: 200% der Produktionsmenge „absichern“<br />
Einige Wissenschaftlicher bezeichnen selbst das Eingehen neuer offener Positionen über den<br />
eigenen Absicherungsbedarf hinaus als möglichen Bestandteil einer selektiven Strategie. Die<br />
hier genannte Vorgehensweise kann zwar nicht mehr als „klassische“ Hedgingstrategie<br />
bezeichnet werden, da - je nach Preisniveau - mehr als die eigene voraussichtliche<br />
Produktionsmenge an der Warenterminbörse verkauft wird. Bei dieser Strategie ist daher<br />
sowohl ein absicherndes als auch ein spekulatives Element enthalten.<br />
Ein spektakulärer Fall der Vergangenheit, in dem ein Unternehmen mehr Mengen mittels<br />
Kontrakten am Warenterminmarkt verkauft hat als tatsächlich abzusichern waren, ist die<br />
Tochtergesellschaft der Metallgesellschaft, bei der die tatsächlich produzierte Menge an Öl<br />
nur ca. 55% der über kurzzeitige Kontrakte abgeschlossenen Menge ausmacht (entspricht<br />
einem Absicherungsgrad von 179%). Da die Ölpreise entgegen den Erwartungen der<br />
Metallgesellschaft fielen, mussten die Kontrakte auch aufgr<strong>und</strong> der mangelnden<br />
Übereinstimmung mit den Lieferzeitpunkten mit hohen Verlusten glattgestellt werden.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass der risikofreudige Landwirt bei einem Preisniveau von<br />
200 €/t nahezu 200% der voraussichtlichen Erntemenge über Kontrakte verkauft, da er von<br />
zukünftig sinkenden Preisen ausgeht. Da der betreffende Entscheidungsträger an die<br />
Saisonalität der Preisentwicklungen glaubt bzw. dies sich seiner Ansicht nach in der<br />
Vergangenheit so dargestellt hat, hat er sich daher vorgenommen, bei einem <strong>für</strong> ihn (zu)<br />
hohen Preisniveau vor der Ernte Kontraktmengen über das eigene Produktionsniveau hinaus<br />
zu verkaufen. Liegt das Preisniveau in einem Zeitraum bis Juni also bei über 200 €, geht der<br />
Landwirt von einer Senkung bis zur Ernte aus <strong>und</strong> möchte diese Preisentwicklung <strong>für</strong> sich<br />
nutzen, sodass dann ein Verkauf der doppelten Produktionsmenge über Futures erfolgt. Die<br />
zeitliche Begrenzung bis zum Juni wird deshalb angenommen, da die Kosten je Ro<strong>und</strong> Turn<br />
Absicherung bei einer zu geringen Restlaufzeit der Kontrakte weniger wahrscheinlich mittels<br />
Kursrückgängen übertroffen werden können. In den nachfolgenden Berechnungen geht es<br />
darum zu zeigen, ob die Spekulation mit Weizenfutures vorteilhaft sein kann.<br />
76
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Zunächst sind nachfolgend die Ergebnisse dieser Vorgehensweise <strong>für</strong> Brotweizen <strong>und</strong> somit<br />
Warentermingeschäften an der Matif aufgezeigt.<br />
Tabelle 16: Ergebnisse Futuresverkauf ab 200 €/to von 200% der Brotweizenmenge<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Kurs<br />
Future<br />
Menge<br />
in t<br />
Futures<br />
verkauft<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
0 0%<br />
0 0%<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
77<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassam.<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Limit<br />
200%<br />
0 € 0 € 279.680 € 279.680 €<br />
0 € 0 € 485.120 € 485.120 €<br />
28.11.07 200 € 4.750 199% 190 € 49.875 € 21.465 € 400.325 € 428.735 €<br />
0 0%<br />
0 0%<br />
0 € 0 € 268.240 € 268.240 €<br />
0 € 0 € 469.053 € 469.053 €<br />
09.11.10 202 € 4.000 199% 200 € 8.000 € 13.472 € 410.636 € 405.164 €<br />
Ø 201 € 4.375 199% 195 € 28.938 € 5.823 € 385.509 € 389.332 €<br />
Standard-<br />
1 € 2.272 € 103% 7 € 19.966 € 9.368 € 92.417 € 93.831 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Tabelle 16 zeigt, dass in zwei der sechs Ernteperioden Futuresverkäufe vorgenommen<br />
werden, die jeweils nahezu 200% der Durchschnittsproduktionsmenge des Beispielbetriebs<br />
entsprechen. Der Futureskurs, zu dem 95 bzw. 80 Kontrakte verkauft werden, liegt bei 200 €<br />
bzw. 202 €/t. Die Ergebnisse aus den beiden Perioden, in denen Warentermingeschäfte<br />
durchgeführt werden, sind jeweils positiv. Der erwirtschaftete zusätzliche Erlös liegt bei<br />
durchschnittlich 28.938 €, weshalb der Durchschnittserlös über die gesamten sechs Perioden<br />
im Mittel 3.823 € über denen bei reinen Kassamarktgeschäften ist. Die Standardabweichung<br />
der Erlöse ist zwar etwas höher, doch handelt es sich hierbei ausschließlich um positive<br />
Abweichungen der Erlöse. Für Brotweizen ist dies die einzige Vorgehensweise, bei der ein<br />
relativer Vorteil bezüglich der Erlöshöhe im Vergleich zu keiner Absicherung erzielt wird.<br />
Wendet man die erläuterte Vorgehensweise bei Futterweizen an, ist das Erlösergebnis<br />
ebenfalls positiv gegenüber keinerlei Absicherung. Im Erntejahr 2007/2008 ist der zusätzliche<br />
Erlös aus den Warentermingeschäften mit 290.554 € hoch, sodass sich der durchschnittliche<br />
Erlös über die sechs Perioden bei dieser Strategie auf 394.644 € pro Jahr beläuft. Wie bei<br />
Brotweizen wird der angenommene Auslösepreis in zwei der sechs Perioden erreicht.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der höheren Kontraktanzahl sind die Kosten im Durchschnitt höher als bei den<br />
übrigen Strategien. Die Standardabweichung der Erlöse entspricht mit knapp 144 T€ dem<br />
höchsten Streuungswert aller Strategien. Es handelt sich um positive Abweichungen, die<br />
durch die hohen Erlöse von 637.229 € in der Ernteperiode 2007/2008 erreicht werden, vgl.<br />
Tabelle 17.
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Tabelle 17: Ergebnisse Futuresverkauf ab 200 €/to von 200% der Futterweizenmenge<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Futu<br />
reskurs<br />
Menge in t<br />
Futures<br />
verkauft<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
0 0,00%<br />
0 0,00%<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
78<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Future<br />
Ergebnis<br />
Kassam.<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Limit<br />
200%<br />
0 € 0 € 269.848 € 269.848 €<br />
0 € 0 € 462.380 € 462.380 €<br />
15.10.07 249 € 4.700 197% 187,12 € 290.554 € 7.045 € 353.720 € 637.229 €<br />
0,00%<br />
0 0,00%<br />
0 € 0 € 237.105 € 237.105 €<br />
0 € 0 € 371.241 € 371.241 €<br />
28.10.10 203 € 4.000 199% 193,92 € 36.320 € 9.704 € 363.448 € 390.064 €<br />
Ø 226 € 4.350 € 66% 191 € 163.437 € 2.791 € 342.957 € 394.644 €<br />
Standard-<br />
32 € 2.395 € 102% 5 € 116.562 € 4.406 € 80.184 € 144.497 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Bei dieser Limitstrategie, die auf einem fiktiven Auslösepreis von 200 €/t Weizen beruht <strong>und</strong><br />
zudem aufgr<strong>und</strong> der höheren Kontraktverkaufsmenge ein spekulatives Element enthält, wird<br />
sowohl an der Matif als auch an der LIFFE ein positiveres Ergebnis als ohne Termingeschäfte<br />
erreicht. Die erzielten Durchschnittserlöse sind die höchsten, die unter den gegebenen<br />
Annahmen erreicht werden, sowohl bei Brotweizen als auch bei Futterweizen.<br />
6.3 Vergleich der Ergebnisse von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong><br />
Im folgenden Abschnitt werden die bereits vorgestellten Ergebnisse einzelner Strategien<br />
aufgeführt <strong>und</strong> miteinander verglichen.<br />
Bei Brotweizen ergibt sich bezüglich der Höhe der Durchschnittserlöse – von der<br />
spekulativen Strategie mit Absicherung der doppelten Produktionsmenge sowie ab einem<br />
Limit von 200 € abgesehen – ein eindeutiges Fazit. Die durchschnittlichen Erlöse liegen bei<br />
der Limitstrategie, der Splittingstrategie sowie den zwei Marginstrategien stets unter dem<br />
Mittelwert der Erlöse, der ohne jegliche Absicherung erzielt werden kann. Dieser liegt <strong>für</strong> die<br />
vier genannten selektiven Strategien bei 321.944 €, was ca. 65 T€ unter denen ohne Hedging<br />
ist. Eine relative Vorteilhaftigkeit dieser vier Strategien ist gegenüber dem Routine-Hedge mit<br />
Futuresverkäufen über knapp 100% der Produktionsmenge direkt nach der Aussaat jedoch<br />
gegeben. Mittels dieser Routine-Absicherung wird das geringste Erlösergebnis erzielt. Die<br />
Absicherung von 80% der erwarteten Weizenmenge liefert ein vergleichbares Erlösergebnis<br />
wie die vier genannten selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> <strong>und</strong> hat eine vergleichsweise geringere<br />
Streuung die Erlöse. So liegt die Standardabweichung, ermittelt aus der Stichprobe der Erlöse<br />
je Ernteperiode, in diesem Fall bei 67 T€. Nur die Marginstrategie kann mit 60 T€ <strong>und</strong> 64 T€
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
eine geringere Standardabweichung aufweisen. Eine Ausnahme bildet die Limitstrategie mit<br />
einem Auslösepreis von 200 €/t über den eigenen Bedarf hinaus Futures verkauft werden.<br />
Allerdings ist die Streuung der Erlöse vergleichsweise hoch. Von der reinen Erlösbetrachtung<br />
her ist <strong>für</strong> Brotweizen keine der untersuchten Strategien vorteilhafter als der reine Verkauf am<br />
Kassamarkt im September. Die Differenz der Erlöse bei den einzelnen Vorgehensweisen im<br />
Vergleich zu den reinen Kassamarkterlösen ist in Abbildung 5 grafisch veranschaulicht.<br />
Dabei sticht der Gesamterlös aus physischem <strong>und</strong> Terminmarktgeschäft bei der<br />
Splittingstrategie in 2008/2009 positiv heraus. Dahingegen ist die Limitstrategie mit<br />
spekulativem Element diejenige Strategie, die in vier von sechs Perioden keine Differenzen zu<br />
keinerlei Absicherung aufweist, da in diesen Perioden der Auslösepreis von 200 €/t<br />
Brotweizen nicht erreicht wird.<br />
-300.000 € -250.000 € -200.000 € -150.000 € -100.000 € -50.000 € 0 € 50.000 € 100.000 € 150.000 €<br />
Abbildung 5: Vergleich Terminmarktstrategien an der Matif ggü. keinerlei Absicherung<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Der durchschnittliche Absicherungsgrad differiert je nach untersuchter Vorgehensweise<br />
zwischen 0% (kein Hedging) <strong>und</strong> knapp 99%. In einzelnen Perioden wird bei der zuletzt<br />
aufgeführten Limitstrategie sogar ein Absicherungsgrad von 200% erreicht. Der Mittelwert<br />
der Hedge Ratios der fünf vorgestellten selektiven Strategien liegt bei 78,5%. Da dies einen<br />
relativ hohen Wert darstellt, kann hinterfragt werden, ob die Wahl der einzelnen<br />
Vorgehensweisen <strong>und</strong> Auslösepreise optimal ist. So hätte z.B. die Wahl einer höheren Marge<br />
79<br />
Limit 200% 2010/2011<br />
Marge 20€<br />
Marge 10€<br />
Splitting<br />
Limit<br />
Routine 80%<br />
Routine 100%<br />
2009/2010<br />
2008/2009<br />
2007/2008<br />
2006/2007<br />
2005/2006
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
bei der Limitstrategie, deren Auslösepreise sich aus dem Durchschnittspreis der vergangenen<br />
Jahre zuzüglich einer Marge von 5% ergeben, zu einer geringeren Hedge Ratio geführt.<br />
Bezüglich der Varianz der Erlöse ist keine eindeutige Dominanz der selektiven Strategien<br />
gegenüber dem Routine-Hedge oder keinerlei Absicherung festzustellen. Positiv fallen die<br />
beiden Marginstrategien auf, da die Standardabweichung der Erlöse am geringsten ist <strong>und</strong><br />
somit die Varianzreduktion gegenüber keinerlei Absicherung am höchsten. Bezüglich dieser<br />
Kennzahl nach FACKLER <strong>und</strong> MCNEW generieren beide Ausprägungen der Limitstrategie die<br />
jeweils unvorteilhaftesten Ergebnisse, da sie gegenüber keinen Warenterminmarktgeschäften<br />
sogar eine leichte Verschlechterung der Varianz hervorbringen. 245 Ein überdurchschnittliches<br />
Ergebnis erzielt erneut der Routine-Hedge mit einem Absicherungsgrad von knapp 80%.<br />
Die Anzahl der Ernteperioden, in denen Futures zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen<br />
Oktober <strong>und</strong> Juli/August/September der jeweiligen Ernteperiode verkauft wurden, liegt<br />
insgesamt bei durchschnittlich fünf, mit Null am geringsten bei keinerlei Hedging. Der<br />
Mittelwert bei den fünf selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> liegt bei 4,8. Für alle <strong>Hedgingstrategien</strong><br />
enden jeweils zwei Ernteperioden mit einem positiven Ergebnis aus Futuresgeschäften<br />
entspricht.<br />
Um das Basisrisiko kurz aufzuzeigen, wird die durchschnittliche Basis in Euro pro t<br />
angegeben. Sie liegt bei durchschnittlich -10 €. Da es sich bei dem Preis vom Kassamarkt SH<br />
um einen Durchschnittspreis der Landwirtschaftskammer SH handelt, kann in der Realität<br />
aufgr<strong>und</strong> von abweichenden tatsächlichen Erzeugerpreisen eine andere Basis gegeben sein.<br />
Eine Differenz zwischen dem Routine-Strategien <strong>und</strong> den selektiven Strategien ergibt sich<br />
dabei ausschließlich aus der Höhe der mittels Kontrakten abgesicherten Produktionsmengen.<br />
Die Semivarianz, die die Erlösabweichungen gegenüber keinerlei Absicherung aufzeigt,<br />
schwankt mitunter stark <strong>und</strong> ist insbesondere bei der Limitstrategie ausgeprägt. Die geringste<br />
Semivarianz weist die Marginstrategie mit einem Auslösepreise aus Durchschnittskosten<br />
zuzüglich 20 € Marge pro t auf. Dies liegt darin begründet, dass erst ab einem vergleichsweise<br />
hohen Preisniveau Futures verkauft werden <strong>und</strong> somit bei eher geringen Kursen keine<br />
Termingeschäfte durchgeführt werden, sondern es beim reinen Kassamarktgeschäft bleibt.<br />
Anhand der Ergebnisübersicht in Tabelle 18 kann festgehalten werden, dass die Durchführung<br />
der genannten selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> bei Brotweizen anhand der vorliegenden<br />
Bewertungskriterien bezüglich der Erlöshöhe in der Regel keinen relevanten Vorteil erbracht<br />
hätte. Bei der Streuung der Erlöse können höchstens die zwei Marginstrategien gegenüber<br />
245 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 14<br />
80
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
keinerlei Absicherung <strong>und</strong> dem Routine-Hedge mit h<strong>und</strong>ertprozentiger Absicherung<br />
überzeugen.<br />
Tabelle 18: Gesamtübersicht aller Strategien bei Brotweizen<br />
Brotweizen<br />
2005-2011<br />
kein<br />
Hedge<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
- 80%<br />
Limit Splittin<br />
g<br />
81<br />
Margin<br />
10€<br />
Margin<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Ø Erlöspreis 386 T€ 307 T€ 323 T€ 326 T€ 319 T€ 320 T€ 322 T€ 389 T€ 330 T€<br />
Summe<br />
Verkaufserlöse<br />
2.313T€ 1.842T€ 1.935T€ 1.959T€ 1.917T€ 1.917T€ 1.933T€ 2.336T€ 1.977T€<br />
Ø Hedge Ratio 0,00% 98,51% 79,03% 82,15% 63,42% 98,51% 82,11% 66,32% 81%<br />
Varianz Erlöse<br />
(Stichprobe)<br />
Standardabw.<br />
Erlöse (Stich.)<br />
Varianzreduktion<br />
Perioden mit<br />
Futuresverkauf<br />
6,4 Mio. 6,2 Mio. 4,5 Mio. 8,7 Mio. 6,8 Mio. 4,1 Mio. 3,6 Mio. 8,8 Mio. 6,1 Mio.<br />
84 T€ 79 T€ 67 T€ 93 T€ 82 T€ 64 T€ 60 T€ 94 T€ 79 T€<br />
0% 27% 48% -2% 21% 52% 58% -3% 29%<br />
0 6 6 5 6 6 5 2 5<br />
Anzahl Trades<br />
positiv<br />
0 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
Ø Basis 0,0 € -10,1 € -10,1 € -10,0 € -10,1 € -10,1 € -9,0 € -8,8 € -10 €<br />
Kostensumme<br />
Futures<br />
0 € 26 T€ 24 T€ 18 T€ 15 T€ 22 T€ 19 T€ 35 T€ 23 T€<br />
Semivarianz<br />
13.258 8.799 21.791 8.314 14.467 5.327<br />
11.993<br />
k. A.<br />
der Erlöse<br />
Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio.<br />
Mio.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer Schleswig-<br />
Holstein (Preis 2011)<br />
Für Futterweizen, der gegebenenfalls an der LIFFE in London abgesichert wird, ergibt sich<br />
eine andere Bewertung. So erzielen sowohl die Routine-Absicherungen als auch die<br />
selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> einen Durchschnittserlös, der über dem ohne Hedging liegt. Der<br />
höchste Durchschnittserlös wird dabei erneut mittels der Limitstrategie erzielt, bei der über<br />
die eigene Produktion hinaus abgesichert wird. Der mit den selektiven Vorgehensweise im<br />
Mittel erbrachte Verkaufserlös aus Kassa- <strong>und</strong> Futuresmarktgeschäft liegt bei knapp 370 T€,<br />
was ähnlich den Ergebnissen der zwei Routine-Hedges entspricht. Damit sind alle<br />
angewandten Strategien vorteilhaft bezüglich der Erlöse als keinerlei Absicherung. Die<br />
positiven Abweichungen beim Durchschnittserlös während der sechs Betrachtungsjahre<br />
liegen zwischen 16 T€ <strong>und</strong> 52 T€. In Summe wirkt sich dies so aus, das mit während der<br />
sechs Ernteperioden bei allen Vorgehensweisen mehr als 2 Mio. € an Erlösen aus den<br />
Getreideverkäufen <strong>und</strong> Futuresgeschäften erlöst wird. Verw<strong>und</strong>erlich ist dies im Vergleich zu<br />
Brotweizen, wo die Erlöshöhe aufgr<strong>und</strong> des höheren Qualitätsniveaus intuitiv ein höheres<br />
Preisniveau aufweisen müsste, in der Regel jedoch unter 2 Mio. während der sechs Ernten<br />
liegt.<br />
Ø
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Die Hedge Ratio der Terminmarktstrategien insgesamt liegt bei 71%. Bei den selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> ist der Mittelwert des Absicherungsgrades mit 64% etwas geringer.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Wahl der gleichen Höhe an Auslösepreisen bei der Marginstrategie <strong>und</strong> dem in<br />
der Regel geringen Futureskursniveau bei Futterweizen ist die Hedge Ratio somit im<br />
Durchschnitt geringer als bei Absicherung von Brotweizen an der Matif.<br />
Bezüglich der Varianzreduktion kann bei dem Hedging von Futterweizen nur der Routine<br />
Hedge mit 80%igem Absicherungsgrad sowie die Splittingstrategie mit der Aufteilung von<br />
Futuresverkäufen zu drei fixen Zeitpunkten einen Vorteil gegenüber keinerlei Hedging<br />
erlangen. Die Vorteile der Varianzreduktion sind bei der genannten „klassischen“<br />
Absicherung mit 3% kaum relevant <strong>und</strong> bei der Splittingstrategie mit 11,5% etwas deutlicher.<br />
Bezüglich der Varianzreduktion kann die Absicherung von Futterweizen an der LIFFE – im<br />
Gegensatz zum Hedging von Brotweizen an der Matif – somit kaum überzeugen. Daher sind<br />
die Standardabweichungen, die die Erlöswerte als Stichproben auffasst, auch bei allen<br />
Vorgehensweisen außer dem Routine Hedge mit Hedge Ratio 80% <strong>und</strong> der Splittingstrategie<br />
höher als bei keiner Absicherung. Die durchschnittliche Standardabweichung ist mit 94 T€ <strong>für</strong><br />
alle Terminmarktstrategien höher als beim reinen Kassamarktgeschäft <strong>und</strong> zudem auch höher<br />
als beim Hedging von Brotweizen. Die durchschnittliche Standardabweichung der selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> liegt bei 99 T€. Die Limitstrategie hat mit einer durchschnittlichen<br />
Standardabweichung der Erlöse von 144.497 € die höchsten Schwankungen. Für alle<br />
Vorgehensweisen mit Verkäufen am Warenterminmarkt liegt dieser Wert bei 93.729 €.<br />
Während der sechs Betrachtungsperioden werden bei den selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> im<br />
Durchschnitt in vier Perioden Futures gehalten, was etwas weniger Perioden mit Futures ggü.<br />
der Brotweizenabsicherung sind. Unter Einbeziehung der Routine-Hedges, bei denen direkt<br />
im Oktober Futures verkauft werden, liegt dieser Wert bei 4,6. Von den Perioden mit<br />
Futuresgeschäften sind durchschnittlich 2,57 positiv <strong>für</strong> den Hedger verlaufen, was einem<br />
Anteil von mehr als 50% entspricht. Während bei der Limitstrategie mit einem Auslösepreis<br />
von 200€ alle Trades mit einem zusätzlichem Erlös abschließen, ist dies beispielsweise bei<br />
der Splittingstrategie nur in drei von sechs Absicherungsperioden der Fall.<br />
Die durchschnittliche Basis aller Strategien ist mit 1€/t zwar deutlicher geringer als bei<br />
Brotweizen (Ø 10 €/t), allerdings ergibt sich dieser Wert insbesondere aus der mit -26 € pro t<br />
hohen durchschnittlichen Preisdifferenz der Limitstrategie mit 200%. Dieser Wert beruht auf<br />
der hohen Basis im Jahr 2007/2008 in Höhe von -39 €/t. Im Jahr 2006/2007 ist der<br />
Kassamarktpreis bei Verkauf im September um 62 €/t über dem Glattstellungskurs <strong>und</strong> damit<br />
82
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
sehr hoch. Diese hohen Schwankungen der Basis liegen auch darin begründet, dass die<br />
Kontrakte bereits im Juli glattgestellt werden <strong>und</strong> somit die Zeitspanne bis zum physischen<br />
Verkauf mit über zwei Monaten länger als bei der Brotweizenabsicherung mit späterem<br />
Glattstellungszeitpunkt ist.<br />
Im Vergleich zum Hedging von Brotweizen ist die Kostensumme <strong>für</strong> die einzelnen<br />
Vorgehensweisen bei Futterweizen mit durchschnittlich 10.482 € deutlich geringer, was an<br />
den weniger häufigen Verkäufen von Futures sowie der kürzeren Kontrakthaltedauer mit<br />
damit verb<strong>und</strong>enen geringeren Zinsansätzen <strong>für</strong> Margins begründet liegt.<br />
Betrachtet man die Ausprägung der Streuung der negativen Abweichungen im Vergleich zu<br />
keinerlei Absicherung, so ist der Routine Hedge mit einem Absicherungsgrad 80% am<br />
vorteilhaftesten. Bei Gegenüberstellung der Werte <strong>für</strong> die Semivarianz mit denen der Varianz<br />
liefert dieser Routine Hedge ebenfalls die besten Ergebnisse. Bei der Splittingstrategie sind<br />
hingegen die positiven <strong>und</strong> negativen Streuungen um den Erwartungswert gering, allerdings<br />
sind die negativen Erlösabweichungen von den Kassamarkterlösen im Vergleich höher. Für<br />
die Marginstrategie <strong>und</strong> die Limitstrategie kann aufgr<strong>und</strong> der geringen Anzahl an Perioden<br />
mit Futuresverkäufen kein zuverlässiger Wert ermittelt werden.<br />
Die Gesamtübersicht der Ergebnisse <strong>für</strong> Futterweizen ist aus Tabelle 19 ersichtlich.<br />
Tabelle 19: Gesamtübersicht aller Strategien bei Futterweizen<br />
Futterweizen<br />
2005-2011<br />
kein<br />
Hedge<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
80%<br />
Limit Splittin<br />
g<br />
83<br />
Margin<br />
10€<br />
Margin<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Ø Erlöspreis<br />
Summe<br />
343 T€ 371 T€ 366 T€ 359 T€ 361 T€ 369 T€ 365 T€ 395 T€ 369 T€<br />
Verkaufserlöse<br />
2.058T€ 2.223T€ 2.195T€ 2.153T€ 2.162T€ 2.225T€ 2.187T€ 2.368T€ 2.216T€<br />
Ø Hedge Ratio 0,00% 96,99% 78,66% 64,49% 61,19% 80,97% 48,47% 65,98% 71%<br />
Varianz Erlöse 6,4 Mio. 7,0 Mio. 6,2 Mio. 8,6 Mio. 5,7 Mio. 7,2 Mio. 9,1 Mio. 20,9 Mio. 9,2 Mio.<br />
Standardabw<br />
Erlöse<br />
80 T€ 84 T€ 79 T€ 93 T€ 75 T€ 85 T€ 96 T€ 144 T€ 94 T€<br />
Varianzreduktion<br />
-9,3% 3,0% -34,2% 11,5% -12,0% -42,2% -224,7% -44%<br />
Perioden mit<br />
Futures<br />
0 6 6 4 6 5 3 2 5<br />
Anzahl Trades<br />
positiv<br />
0 3 3 2 3 3 2 2 2,57<br />
Ø Basis 0,0 € 7,4 € 7,4 € 3,6 € 7,4 € 5,5 € 1,7 € -26,0 € 1 €<br />
Σ Kosten-<br />
Futures<br />
0 € 13 T€ 10 T€ 8 T€ 7 T€ 11 T€ 8 T€ 17 T€ 10 T€<br />
Semivarianz<br />
der Erlöse<br />
0<br />
458<br />
Mio.<br />
333<br />
Mio.<br />
733<br />
Mio.<br />
790<br />
Mio.<br />
691<br />
Mio.<br />
k. A. k. A.<br />
601<br />
Mio.<br />
Quelle: Berechnungen mit Preisdaten der HGCA; der Landwirtschaftskammer SH <strong>und</strong> Wechselkurse von der<br />
B<strong>und</strong>esbank<br />
Um die genannten Ergebnisse zu veranschaulichen, sind die Erlöse aus Kassamarkt- <strong>und</strong><br />
Futuresgeschäften bei Futterweizen <strong>für</strong> die betrachteten Ernteperioden in Abbildung 6<br />
Ø
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
dargestellt. Bei den durchgehenden Linien handelt es sich um selektive <strong>Hedgingstrategien</strong>.<br />
Das Erlösergebnis der Limitstrategie mit Hedge Ratio 200% sticht zum Teil deutlich hervor.<br />
650.000,00 €<br />
600.000,00 €<br />
550.000,00 €<br />
500.000,00 €<br />
450.000,00 €<br />
400.000,00 €<br />
350.000,00 €<br />
300.000,00 €<br />
250.000,00 €<br />
200.000,00 €<br />
2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
Abbildung 6: Erlöse des Futterweizens <strong>für</strong> alle Vorgehensweisen<br />
Quelle: Darstellung mittels Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse B<strong>und</strong>esbank<br />
Ein Gesamtvergleich der Durchschnittserlöse zeigt unterschiedliche Ergebnisse der beiden<br />
Weizenqualitätsstufen. Die Futterweizenerlöse sind – außer wenn kein Hedging erfolgt – im<br />
Durchschnitt höher als die <strong>für</strong> Brotweizen (Ausnahme Limitstrategie). Auf mögliche<br />
Ursachen <strong>für</strong> diese Erlösdifferenzen (siehe Abbildung 7) wird im nachfolgend eingegangen.<br />
410.000 €<br />
390.000 €<br />
370.000 €<br />
350.000 €<br />
330.000 €<br />
310.000 €<br />
290.000 €<br />
Futterweizen<br />
Brotweizen<br />
Abbildung 7: Durchschnittserlöse von Brot- <strong>und</strong> Futterweizen 2005-2011<br />
Quelle: Darstellung mittels Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse B<strong>und</strong>esbank<br />
84<br />
kein Hedging Routine 100%<br />
Routine 80% Limit<br />
Splitting Marge 10€<br />
Marge 20€ Limit 200%<br />
kein HedgingRoutine 100%Routine 80% Limit Splitting Marge 10€ Marge 20€ Limit 200%
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Zum Vergleich der Schadenshöhen, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% nicht<br />
überschritten werden, wird der Value at Risk <strong>für</strong> tägliche <strong>und</strong> je Ernteperiode kumulierte<br />
Kursverluste angegeben. Dabei zeigt sich, dass sich der VaR zwischen den <strong>Hedgingstrategien</strong><br />
durchaus unterscheidet. Während die Splittingstrategie <strong>und</strong> der Routine-Hedge aufgr<strong>und</strong> der<br />
geringeren Menge gehaltener Kontrakte eine unterdurchschnittliche Schadenshöhe zeigen, ist<br />
sie bei der Limitstrategie enorm hoch, was vor allem an der hohen Kontraktanzahl <strong>und</strong> den<br />
sehr volatilen Kursen in den gehegten Perioden begründet liegt. Die täglichen Verluste der<br />
verschiedenen Vorgehensweisen belaufen sich auf durchschnittlich knapp 8 T€. Die während<br />
einer Ernteperiode mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit nicht 1% nicht überschrittene<br />
Schadenshöhe liegt bei den selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> mit 136 T€ deutlich über derer bei<br />
„klassischen“ <strong>Hedgingstrategien</strong> mit 96 T€.<br />
Die genannten Ergebnisse der Value at Risk Berechnungen inklusive Angabe der<br />
Standardabweichungen sind in Tabelle 20 angeführt.<br />
Tabelle 20: Standardabweichung, Value at Risk täglicher <strong>und</strong> kumulierter Verluste<br />
Strategie Standardabweichung<br />
tägliche Verluste<br />
VaR tägliche<br />
Verluste<br />
85<br />
Standard-abweich.<br />
kumulierte<br />
Verluste<br />
VaR kumulierte<br />
Verluste<br />
Routine Brotw. 6.464 € -15.038 € 47.023 € -109.393 €<br />
100% Futterw. 5.197 € -12.091 € 44.072 € -102.527 €<br />
Routine Brotw. 5.199 € -12.095 € 37.849 € -88.049 €<br />
80% Futterw. 4.236 € -9.853 € 35.857 € -83.415 €<br />
Limit<br />
Splitting<br />
Margin<br />
10€<br />
Margin<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Brotw. 6.388 € -14.861 € 45.970 € -106.942 €<br />
Futterw. 6.669 € -15.514 € 58.373 € -135.796 €<br />
Brotw. 4.560 € -10.609 € 35.267 € -82.044 €<br />
Futterw. 2.870 € -6.676 € 21.294 € -49.538 €<br />
Brotw. 7.618 € -17.721 € 50.727 € -118.009 €<br />
Futterw. 5.646 € -13.134 € 48.321 € -112.412 €<br />
Brotw. 7.532 € -17.521 € 45.463 € -105.762 €<br />
Futterw. 9.129 € -21.237 € 63.864 € -148.570 €<br />
Brotw. 18.671 € -43.435 € 73.905 € -171.928 €<br />
Futterw. 16.039 € -37.313 € 139.964 € -325.606 €<br />
Ø 2005-2011 7.587 € -17.650 € 53.425 € -124.285 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH, Stulz S. 19<br />
Um die negativen Schwankungen der täglichen Verluste zu bewerten, kann die Semivarianz<br />
herangezogen werden. Sie liegt zwischen 4 Mio. <strong>und</strong> 166 Mio. <strong>und</strong> weist <strong>für</strong> alle Strategien<br />
einen Mittelwert von 40 Mio. auf. Dabei zeigen sich große Unterschiede. Insbesondere bei<br />
den Limitstrategien mit einem Verkauf von knapp 200% der Produktionsmenge sind die
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Ergebnisse deutlich negativer. Es fällt außerdem auf, dass die Semivarianz bei Brotweizen<br />
innerhalb einer Strategie stets höher als bei Hedging von Futterweizen ausfällt. Beim<br />
Vergleich hinsichtlich der Semivarianz erzielt die Splittingstrategie mit 4 Mio. (Futterweizen)<br />
sowie 11 Mio. (Brotweizen) die vorteilhaftesten Ergebnisse, vgl. Abbildung 8.<br />
35.000.000<br />
30.000.000<br />
25.000.000<br />
20.000.000<br />
15.000.000<br />
10.000.000<br />
5.000.000<br />
0<br />
Semivarianz<br />
Brotw. Futterw. Brotw. Futterw. Brotw. Futterw. Brotw. Futterw. Brotw.<br />
Routine 100% Limit Splitting Margin 10€ Margin<br />
20€<br />
Abbildung 8: Semivarianz anhand der täglichen Verluste <strong>für</strong> alle Strategien<br />
Quelle: Eigene Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH<br />
Beim Vergleich der Erlösergebnisse fällt auf, dass am Kassamarkt <strong>für</strong> Brotweizen im<br />
Durchschnitt mehr erlöst wird als <strong>für</strong> Futterweizen, bei Agieren am Warenterminmarkt ist<br />
dies hingegen nicht der Fall. Während die Anwendung von Routine-Hedges oder selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> bei Futterweizen stets vorteilhaft gegenüber keinerlei Absicherung ist, ist<br />
bei Brotweizen – bis auf die Ausnahme – das Gegenteil zutreffend. Die Erklärung <strong>für</strong> die<br />
stark differierenden Ergebnisse können nicht nur die geringeren Kosten an der LIFFE<br />
aufgr<strong>und</strong> einer geringeren Kontrakthaltedauer sein, weshalb im folgenden Abschnitt mögliche<br />
Ursachen <strong>für</strong> die Erlösunterschiede erläutert werden.<br />
6.4 Mögliche Ursachen der Erlösunterschiede bei Brot- <strong>und</strong> Futterweizen<br />
Um die in Abbildung 7 gezeigten Unterschiede in den Durchschnittserlösen erklären zu<br />
können, werden die Wechselkurse von Britischem Pf<strong>und</strong> (GBP) zu Euro betrachtet. Bei<br />
Vergleich der Futureskurse in Euro <strong>und</strong> GBP ist jedoch eine ähnliche Entwicklung zu sehen.<br />
Allerdings ist die Differenz der Preise aufgr<strong>und</strong> der Futureskurse in den Jahren 2007/2008<br />
vergleichsweise hoch, wobei dies aufgr<strong>und</strong> der extremen Preisvolatilitäten entscheidende<br />
Perioden bezüglich der Erlöse <strong>für</strong> die einzelnen Strategien sind. In dieser Zeitspanne vom<br />
12.10.2007 bis 17.10.2008 kann jedoch aufgr<strong>und</strong> eines Korrelationskoeffizients von 0,9730<br />
eine enge Beziehung beider Kurse unterstellt werden. Der Korrelationskoeffizient der<br />
86
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Futureskurse in GBP zu denen in Euro liegt während der gesamten sechs Jahre bei 0,9405,<br />
was einer hohen Korrelation entspricht. Die Entwicklung der Wechselkurse allein kann daher<br />
nicht die Erklärung <strong>für</strong> die deutlich abweichenden Erlösergebnisse der Strategien bei<br />
Futterweizen ggü. Brotweizen sein. Die Entwicklung beider Kurse ist in Anhang 11<br />
aufgezeigt.<br />
Eine andere Möglichkeit, die Erlösunterschiede der Brotweizen- zur Futterweizenabsicherung<br />
zu erklären sind die Glattstellungszeitpunkte, die bei der Matif ein (2006-2008) bis zwei<br />
Monate (2009-2011) später als bei Futterweizen sind. So zeigen die in Abbildung 9 gezeigten<br />
Durchschnittserlöse mit Glattstellung zum gleichen Zeitpunkt wie an der LIFFE eine<br />
deutliche Steigerung gegenüber den Erlösen bei späterer Glattstellung. Beide Limitstrategien<br />
weisen einen höheren Durchschnittserlös als ohne Hedging auf <strong>und</strong> die selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> generieren mit 378.652 € pro Ernteperiode ein vorteilhafteres Ergebnis als<br />
der Kassamarkt. Im Vergleich zur Futterweizenabsicherung sind die Durchschnittserlöse <strong>für</strong><br />
die selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> nun höher als bei Futterweizen (369.846 €). Es kann<br />
festgestellt werden, dass der Glattstellungszeitraum großen Einfluss auf die Erlösentwicklung<br />
hat <strong>und</strong> ein früherer Glattstellungszeitpunkt bei Brotweizen zu positiveren Ergebnissen führt.<br />
400.000 €<br />
390.000 €<br />
380.000 €<br />
370.000 €<br />
360.000 €<br />
350.000 €<br />
340.000 €<br />
kein<br />
Hedge<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
80%<br />
Abbildung 9: Durchschnittserlöse bei Glattstellung aller Kontrakte im Juli<br />
Quelle: Darstellung mittels Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse B<strong>und</strong>esbank<br />
Zur Angleichung der zeitlichen Horizonte der Geschäfte an der Matif <strong>und</strong> LIFFE ist auch eine<br />
längere Kontrakthaltedauer bei Futterweizen, die der der Brotweizenabsicherung entspricht,<br />
87<br />
Limit<br />
Splittin<br />
g<br />
Futterweizen<br />
Brotweizen<br />
Marge<br />
10€<br />
Marge<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Futterweizen 342.957 € 370.572 € 365.888 € 358.906 € 360.353 € 370.800 € 364.528 € 394.644 €<br />
Brotweizen 385.509 € 364.314 € 368.228 € 387.252 € 374.984 € 369.774 € 372.164 € 389.087 €
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
denkbar. Da<strong>für</strong> wird die Situation betrachtet, dass <strong>für</strong> die Absicherung von Futterweizen der<br />
Novemberkontrakt <strong>und</strong> nicht mehr der Futures mit Glattstellung im Juli herangezogen wird.<br />
Die Glattstellung der Futterweizenkontrakte erfolgt dann am gleichen Handelstag wie bei<br />
Brotweizen. Die Ergebnisse bei Abschluss von Kontrakten mit weiter in der Entfernung<br />
liegendem Laufzeitende sind sehr unvorteilhaft <strong>für</strong> die klassischen <strong>und</strong> selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong>. So liegt der insgesamt erzielte Durchschnittserlös über alle Strategien<br />
hinweg mit 303.336 € pro Jahr deutlich unter den vorigen Ergebnissen bei Futterweizen. Da<br />
die Kurse <strong>für</strong> den Novemberkontrakt zum Teil stark von denen des Juli-Kontrakts abweichen,<br />
werden beispielsweise bei der Limitstrategie mit 200% drei statt vorher zwei der Perioden<br />
abgesichert. Bei allen Strategien wird ein geringerer Durchschnittserlös als bei Verkauf der<br />
Futures im Juli erzielt. Die Standardabweichung ist mit durchschnittlich 90 T€ etwas geringer.<br />
Es kann gefolgert werden, dass der Futuresverkauf mit einer Kontraktlaufzeit bis November<br />
bei Futterweizen <strong>für</strong> deutlich geringere Durchschnittserlöse <strong>und</strong> zum Teil geringere<br />
Standardabweichung sorgt.<br />
Die Ergebnisse mit einem früheren Glattstellungszeitpunkt bei Brotweizen deuten darauf<br />
hinzeigen, dass die Saisonalität der Kurse an der Matif von Bedeutung sein könnten. Während<br />
der sechs Betrachtungszeiträume ist aber kein eindeutiger Saisonverlauf erkennbar, was aus<br />
Abbildung 10 ersichtlich wird.<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
Matif-Kurs in € pro t<br />
100<br />
1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7<br />
Abbildung 10: Saisonaler Verlauf der Kurse <strong>für</strong> Brotweizen an der Matif<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Um die teils großen Differenzen von Futter- zu Brotweizenpreisen zu erklären ist von großer<br />
Bedeutung, inwieweit die Kurse der LIFFE (Futterweizen) zu denen der Matif (Brotweizen)<br />
88<br />
2005/2006 2006/2007 2007/2008<br />
2008/2009 2009/2010 2010/2011
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
korrelieren. Die Korrelation zwischen den zwei Warenterminmarktpreisen ist mit einem<br />
Korrelationskoeffizient von 0,985 äußerst hoch, bei den Kassamarktpreisen ist sie mit 0,986<br />
ebenfalls auf hohem Niveau. Als Begründung <strong>für</strong> die hohen Erlösunterschiede können somit<br />
nicht die unterschiedlichen saisonalen Preisentwicklungen angeführt werden.<br />
Wie beschrieben handelt es sich bei der Ernteperiode 2007/2008 um ein Jahr mit sehr<br />
volatilen Preisen. So liegt die Varianz der Kassamarktpreise <strong>für</strong> diesen Zeitraum bei 904, was<br />
knapp dem dreifachen des Mittelwerts aller Perioden entspricht. Dementsprechend ist die<br />
Standardabweichung der Preise mit 30 €/t überdurchschnittlich (Mittelwert: 16,6 €/t).<br />
Auffällig ist insbesondere das Kursniveau bei Verlauf der Futures <strong>für</strong> die Ernteperiode<br />
2007/2008, da der Futureskurs an der LIFFE, der bei der Futterweizenabsicherung fixiert<br />
wird, bei 249 €/t liegt, während der Kurs <strong>für</strong> Brotweizen am gleichen Handelstag bei 196 €/t<br />
ist. Damit wird <strong>für</strong> Futterweizen ein deutlich höherer Verkaufskurs fixiert, insbesondere unter<br />
Betrachtung des am Kassamarkt überwiegend geringeren Futterweizenpreises ggü.<br />
Brotweizen. Die nächsthöchste Schwankungsbreite der Preise weist das Erntejahr 2010/2011<br />
mit 16,62 €/t auf. Um zu überprüfen, inwieweit die Werte zur Überprüfung der Strategien<br />
durch dieses volatile Jahr 2007/2008 beeinflusst werden, sind in Tabelle 21 die Ergebnisse<br />
ohne Einbeziehung dieser Periode <strong>für</strong> Brotweizen angegeben. Demnach sinken die Erlöse<br />
stets überproportional im Vergleich zu den Kassamarkterlösen. Während die<br />
durchschnittlichen Erlöse im Mittel knapp 15% unter denen ohne Absicherung liegen, ist<br />
dieser Wert bei Aussparen von 2007/2008 bei 19%. Sie liegen bei durchschnittlich 312.138<br />
€/Jahr <strong>für</strong> alle <strong>Hedgingstrategien</strong>. Da die Periode 2007/2008 nicht einbezogen wird, sind die<br />
Varianz <strong>und</strong> damit auch die Standardabweichung der Erlöse <strong>für</strong> alle <strong>Hedgingstrategien</strong> bis auf<br />
die Limitstrategien geringer. Die Erlösvariabilität bei keiner Absicherung oder Anwendung<br />
einer Limitstrategie steigt hingegen. Der Mittelwert der Standardabweichung liegt bei<br />
70.036 €, bei ausschließlicher Betrachtung <strong>selektiver</strong> Strategien mit 72 T€ etwas höher, siehe<br />
Tabelle 21.<br />
Tabelle 21: Ergebnisse Brotweizen ohne 2007/2008<br />
2005-2011 ohne<br />
2007/2008<br />
kein<br />
Hedge<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
80%<br />
89<br />
Limit Splitt. Marge<br />
10€<br />
Marge<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Ø Erlöspreis 382.546€ 286.915€ 305.762€ 310.217€ 293.533€ 301.936€ 305.154€ 381.451€<br />
Standardabw. Erlöse 103.006€ 68.875€ 58.938€ 94.548€ 64.295€ 52.778€ 48.153€ 102.662€<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Wenn ebenfalls das Erntejahr 2010/2011 aus der Vergleichsbetrachtung herausgenommen<br />
wird, summieren sich die pro Jahr im Durchschnitt erzielten Erlöse bei Brotweizen auf knapp<br />
298 T€. Dies entspricht einem überproportionalen Rückgang gegenüber dem Mittelwert aus
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
reinen Kassamarktgeschäften von 375.523 €/Jahr. Während die Standardabweichung der<br />
Erlöse bei ausschließlicher Betrachtung der vier Perioden steigt, sinkt sie <strong>für</strong> die<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> erneut. Die geringste Standardabweichung liegt bei der Margenstrategie<br />
mit 20 €/t (mit =34.377 €) gefolgt von der Margenstrategie mit 10 €t ( =40.228 €).<br />
Wenn die Periode 2007/2008 bei der Anwendung von <strong>Hedgingstrategien</strong> <strong>für</strong> Futterweizen<br />
nicht mit einbezogen wird, sind die Strategien bei der Erlöshöhe im Durchschnitt zwar noch<br />
vorteilhaft, aber nur minimal gegenüber keiner Absicherung. Insbesondere die Limitstrategien<br />
verzeichnen einen überproportionalen Rückgang der jährlichen Durchschnittserlöshöhe auf<br />
332.081 € (Limitstrategie Ø3 Jahre + 5% Spanne) <strong>und</strong> 346.127 € (Limitstrategie 200€;<br />
200%). Während die Standardabweichung der Erlöse <strong>für</strong> den reinen Verkauf am Kassamarkt<br />
um 8 T€ gestiegen ist, sinkt sie bei allen Strategien um mindestens 10 T€. Insgesamt kann<br />
anhand der Berechnungen die Aussage getätigt werden, dass keine Einbeziehung der Periode<br />
2007/2008 <strong>für</strong> überproportional schlechtere Ergebnisse der durchschnittlichen Erlöshöhen bei<br />
den Strategien sorgt, jedoch gleichzeitig zu überproportional sinkenden<br />
Standardabweichungen der Erlöse.<br />
Bei der Erstbetrachtung einzelner Strategien werden stets möglichst die gleichen<br />
Bedingungen <strong>für</strong> Brot- <strong>und</strong> Futterweizen angewandt, wie z.B. die Auslösepreise der<br />
Margenstrategie auf Gr<strong>und</strong>lage von Getreideproduktionskosten. Während des Zeitraum vom<br />
05. August 2005 bis zum 22. Mai 2011 war der Brotweizenpreis am Kassamarkt um 10,60 €/t<br />
höher als <strong>für</strong> Futterweizen. Damit sind die Limits, zu denen gegebenenfalls Futures verkauft<br />
werden, bei Futterweizen relativ zu hoch gewählt. Es wird daher untersucht, wie sich ein<br />
gleiches Verhältnis der Spannen/Kostensätze entsprechend denen bei der<br />
Brotweizenabsicherung <strong>für</strong> das Hedging von Futterweizen auswirken. Für die Limitstrategie,<br />
bei der das Limit bisher bei 200€ lag sowie bei den zwei Margenstrategien werden die<br />
Auslösepreise daher angepasst. Entsprechend der durchschnittlichen Abweichung der<br />
Futterweizenpreise am Kassamarkt SH gegenüber dem Brotweizenpreis von 7,04% (2005-<br />
2011) ergeben sich bei der Margenstrategie mit geringeren Spanne Auslösepreise zwischen<br />
118 € <strong>und</strong> 147 €/t (Marge 10 €/t) sowie 128 € <strong>und</strong> 157 €/t (Marge 20 €/t). Da bei den Routine<br />
Hedges <strong>und</strong> der Splittingstrategie unabhängig vom Futureskurs Kontrakte verkauft werden,<br />
gibt es hier ebenso wie bei der Limitstrategie auf Basis des 3-Jahres-Kursdurchschnitts keine<br />
Änderungen. Die Unterschiede, inwieweit überhaupt oder zu einem anderen Zeitpunkt der<br />
Verkauf von Futterweizenfutures erfolgt, sind eher gering. Bei der Margenstrategie mit einer<br />
Spanne von 10 €/t betrifft die einzige Änderung ein früherer Verkauf von Futures um 6<br />
90
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Kalendertage, wo noch keine Margenkosten anfallen <strong>und</strong> der abgesicherte Kurs nur<br />
geringfügig abweicht. Die geringeren Mindestpreise <strong>für</strong> eine Absicherung führen bei der<br />
Margenstrategie mit 20 € Marge zu eine Erhöhung der Durchschnittserlöse um ca. 7 T€, die<br />
insbesondere auf die erstmalige Absicherung in 2008/2009 zurückzuführen ist. In dieser<br />
Periode wird aufgr<strong>und</strong> eines Kursrückgangs bis zum Ende der Kontraktlaufzeit ein positives<br />
Ergebnis von knapp 50 T€ aus dem Futuresverkauf erzielt. Es kann bei der Margenstrategie<br />
allerdings hinterfragt werden, inwieweit Produktionskosten bei Futterweizen geringer sind<br />
<strong>und</strong> man die Auslösepreise demnach in dem Umfang reduzieren würde, vgl. Tabelle 22.<br />
Tabelle 22: Ergebnisübersicht bei geringeren Auslösepreisen <strong>für</strong> Futterweizen<br />
2005-2011 kein<br />
Hedge<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
80%<br />
Limit Splitting Marge<br />
10€<br />
91<br />
Marge<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Ø Erlöspreis 342.957€ 370.610€ 365.888€ 358.906€ 360.353€ 368.776€ 372.066€ 387.311€<br />
Standardabw.<br />
Erlöse<br />
80.184 € 83.809 € 78.980 € 92.878 € 75.450 € 85.188 € 84.110 € 145.886€<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Bei der Limitstrategie führt ein geringerer Auslösepreis von 185,92 €/t zu einem<br />
unvorteilhafteren Erlösergebnis. Bei dieser Vorgehensweise werden zwar wie in der<br />
Ausgangsrechnung während zwei Ernteperioden Futures verkauft, allerdings in der Periode<br />
2010/2011 zu einem geringeren Kurs, sodass das Ergebnis aus Futuresgeschäft inkl.<br />
Kostenberücksichtigung <strong>für</strong> dieses Jahr bei -17.384 € liegt. Bezüglich der Schwankungsbreite<br />
der Erlöse kann nur die Margenstrategie mit 20 €/t überzeugen (-12%). Der mit den selektiven<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> erzielte Durchschnittserlös über alle Strategien hinweg ändert sich<br />
insgesamt minimal <strong>und</strong> liegt ebenfalls bei 369 T€ (entspricht 40 € Differenz). Geringere<br />
Auslösepreise können sich beiderseitig auf die Durchschnittserlöshöhe <strong>und</strong> die<br />
Standardabweichung <strong>selektiver</strong> <strong>Hedgingstrategien</strong> (hier Ø 92.329 €) auswirken.<br />
Es kann festgehalten werden, dass es bei Anpassung der Bedingungen teils größere<br />
Unterschiede in der Erlöshöhe <strong>und</strong> Schwankungsbreite der Erlöse gibt. Insbesondere der<br />
frühere Glattstellungszeitpunkt bei Brotweizen oder die Verlängerung des<br />
Kontrakthaltezeitpunkts bei Futterweizen führen zu einer Annäherung der Ergebnisse.<br />
Wechselkurse oder die Verringerung der Auslösepreise bei Futterweizen relativ zu denen bei<br />
Brotweizen haben hingegen kaum Einfluss. Bei Herausrechnung der vergleichsweise volatilen<br />
Ernteperiode 2007/2008 sinkt <strong>für</strong> Brot- <strong>und</strong> Futterweizen in der Regel die<br />
Standardabweichung der Erlöse. Gleichzeitig sinkt jedoch die Höhe der mittels selektiven<br />
Strategien erzielten Erlöse überproportional.
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
6.5 Ergebnisse des Vergleichs Strategien unter geänderten Bedingungen<br />
6.5.1 Ergebnisvergleich der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei höheren Zinskosten<br />
Die vorgestellten Berechnungen zu den selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> unterliegen Annahmen,<br />
die je nach Betrieb variieren können <strong>und</strong> einen unterschiedlich hohen Einfluss auf das<br />
Absicherungsergebnis haben. Beispielhaft wird ein kurzer Vergleich der Vorgehensweisen bei<br />
einem höheren Zinssatz, der sich aus dem Interbankensatz zuzüglich eines Risikoaufschlags<br />
von 7% zusammensetzt, angenommen. In den bisherigen Berechnungen wurde auf Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Einschätzung einer guten Bonität des Betriebs eine Marge von 2,5% angenommen. 246 Der<br />
höhere Zinsaufschlag von 7% ist ein beispielhafter Risikoaufschlag <strong>für</strong> einen Betrieb mit<br />
schlechterer Bonität <strong>und</strong> damit höherem Ausfallrisiko. Die somit anfallenden kalkulatorischen<br />
Kosten liegen bei der Finanzierung der Initial Margin zwischen 8,25% <strong>und</strong> 12,44%. Bei der<br />
Finanzierung der Variation Margin liegen die angenommenen Zinssätze somit zwischen<br />
7,30% <strong>und</strong> 11,60%. Die Erlösdifferenzen mit unterschiedlichen Risikoaufschlägen von 2,5%<br />
bis 7% erscheinen vergleichsweise klein. Die Unterschiede liegen im Durchschnitt bei 1.679 €<br />
je Vorgehensweise, was im Vergleich zur Höhe des Mittelwert der Erlöse einer Abweichung<br />
um 0,48% entspricht. Obwohl die Refinanzierungskosten um den Zinssatz 4,5% gestiegen<br />
sind, erhöhen sich die Durchschnittskosten lediglich um 794 € bis 2.809 €.<br />
Tabelle 23: Ergebnisübersicht der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei einem Risikoaufschlag von 7%<br />
Strategie<br />
Routine<br />
100%<br />
Routine<br />
80%<br />
Limit<br />
Splitting<br />
Margin<br />
10€<br />
Margin<br />
20€<br />
Limit<br />
200%<br />
Ø Kosten<br />
Futures<br />
Zins+2,5%<br />
Ø Kosten<br />
Futures<br />
Zins+7%<br />
92<br />
Ø<br />
Kosten<br />
-diff.<br />
Ø-Erlös<br />
Interbankens<br />
atz+2,5%<br />
Ø-Erlös<br />
Interbanke<br />
nsatz+7%<br />
Differ.<br />
der Ø-<br />
Erlöse<br />
Brotw. 4.297 € 7.018 € 2.721 € 307.050 € 304.328 € -2.722 €<br />
Futterw. 2.196 € 4.137 € 1.941 € 370.572 € 368.631 € -1.941 €<br />
Brotw. 3.456 € 6.265 € 2.809 € 321.403 € 318.594 € -2.809 €<br />
Futterw. 1.665 € 3.013 € 1.348 € 365.888 € 364.540 € -1.348 €<br />
Brotw. 2.989 € 5.139 € 2.150 € 326.468 € 324.318 € -2.150 €<br />
Futterw. 1.387 € 2.528 € 1.141 € 358.906 € 357.764 € -1.142 €<br />
Brotw. 2.420 € 3.802 € 1.382 € 319.491 € 318.109 € -1.382 €<br />
Futterw. 1.099 € 1.892 € 793 € 360.353 € 359.559 € -794 €<br />
Brotw. 3.606 € 6.215 € 2.609 € 319.568 € 316.959 € -2.609 €<br />
Futterw. 1.804 € 3.305 € 1.501 € 370.813 € 369.312 € -1.501 €<br />
Brotw. 3.223 € 4.656 € 1.433 € 322.249 € 320.815 € -1.434 €<br />
Futterw. 1.275 € 2.358 € 1.083 € 364.528 € 363.444 € -1.084 €<br />
Brotw. 3.515 € 5.823 € 2.308 € 391.640 € 389.332 € -2.308 €<br />
Futterw. 2.791 € 3.080 € 289 € 394.644 € 394.356 € -288 €<br />
Ø 2005-2011 2.552 € 4.231 € 1.679 € 349.541 € 347.862 € -1.679 €<br />
Quelle: Darstellung mittels Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse B<strong>und</strong>esban<br />
246 (Sprung, 2012)
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Es kann festgestellt werden, dass die Zinssatzhöhe bei Refinanzierung von Initial Margins<br />
<strong>und</strong> Variation Margins einen geringen Einfluss auf den Erfolg einer Hedgingstrategie haben.<br />
Die Veränderungen der Kosten werden in Tabelle 23 gezeigt.<br />
6.5.2 Ergebnisvergleich der <strong>Hedgingstrategien</strong> bei reduzierter Produktionsmenge<br />
Für einen Landwirt ist es zur Durchführung einer passenden Risikoabsicherung substantiell,<br />
die eigene Produktionsmenge im Voraus bestimmen zu können. Allerdings ist dies aufgr<strong>und</strong><br />
von zahlreichen Einflussfaktoren auf den Ertrag nicht ohne weiteres möglich. So ist die Ernte<br />
in 2011 ein gutes Beispiel da<strong>für</strong>, wie aufgr<strong>und</strong> von ungünstigen Wetterverhältnissen zum Teil<br />
bedeutende Einbußen beim Weizenertrag auftraten. Bereits zwischen 1990 <strong>und</strong> 2007 kam es<br />
in Deutschland zu zahlreichen extremen Wetterbedingungen, unter anderem vier<br />
Überschwemmungen <strong>und</strong> Fluten, sieben Dürreperioden, acht Spätfrost- / Kahlfrostjahren <strong>und</strong><br />
einmal zu heftigen Windböen in Norddeutschland, die zu Lager- <strong>und</strong> Druschverlusten<br />
führten. 247 Die zusätzlich auftretenden elf Überschadensjahre bei Hagel sind zwar bei einem<br />
Großteil der Landwirte (60-70% der Ackerflächen) abgesichert, doch wie steht es mit den<br />
anderen Wettergefahren?<br />
Die landwirtschaftliche Produktion ist nicht normalverteilt, sondern tendiert mehr nach links<br />
als nach rechts, da der Output aus Produktivitätsgründen nicht so sehr vergrößert werden wie<br />
er sich verringern kann. 248 Um den Effekt einer deutlich reduzierten Produktionsmenge<br />
entgegen der Erwartungen aufzuzeigen, sind die Daten in den nachfolgenden Berechnungen<br />
beispielhaft dahingehend verändert, dass die tatsächlich am Kassamarkt verkaufte Menge<br />
letztlich nur der Hälfte des Durchschnittsertrages SH entspricht. Der Umfang an Futures, die<br />
ggfs. im Vorwege der Ernte verkauft werden, bleibt hingegen unverändert. Es wird somit<br />
untersucht, wie sich ein stark ausgeprägtes Mengenrisiko auf die Erlöshöhe auswirkt.<br />
Die Ergebnisübersicht in Tabelle 24 zeigt, dass die Rückgänge der Durchschnittserlöse mit im<br />
Mittel 52,15% höher als der Rückgang der Produktionsmenge mit 50% ist. Allerdings zeigen<br />
nicht alle Vorgehensweisen einen gleich hohen Rückgang der Durchschnittserlöse. Während<br />
die Verkaufserlöse beim Routine-Hedge <strong>und</strong> der Splittingstrategie bei Anwendung <strong>für</strong><br />
Brotweizen um über 60% zurückgehen, ist bei der Limitstrategie mit dem Auslösepreis von<br />
200 € <strong>und</strong> der abzusichernden Menge in Höhe von 200% ein weniger starken Rückgang der<br />
Erlöse die Folge. Insgesamt zeigt sich bei dieser Sensitivitätsanalyse, dass eine Absicherung<br />
von Futterweizen im Vorwege der Ernte einen positiven Einfluss auf die Höhe der<br />
247 (Frentrup, Heyder, & Theuvsen, 2012), S. 20<br />
248 (Naef, 1996), S. 15<br />
93
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Durchschnittserlöse hat, während bei Brotweizen eine überproportionale Abweichung von<br />
mehr als 50% zu verzeichnen sind, bzw. bei der spekulativen Limitstrategie von knapp 50%.<br />
Tabelle 24: Ergebnisübersicht bei einer um 50% reduzierten Produktionsmenge<br />
Strategie<br />
Ø-Erlös bei<br />
Ø-Ertrag wie<br />
geplant<br />
Ø-Erlös<br />
Produktionsmenge<br />
50% des Ø-Ertrags<br />
Differenz der Ø-<br />
Erlöse nach<br />
Menge<br />
Abweichung<br />
der Erlöse<br />
in %<br />
Keine Brotw. 385.509 € 192.755 € -192.755 € -50,00%<br />
Absicherung Futterw. 342.957 € 171.478 € -171.478 € -50,00%<br />
Routine Brotw. 307.050 € 114.295 € -192.755 € -62,78%<br />
100% Futterw. 370.572 € 199.094 € -171.478 € -46,27%<br />
Routine Brotw. 321.403 € 128.648 € -192.755 € -59,97%<br />
80% Futterw. 365.888 € 194.410 € -171.478 € -46,87%<br />
Limit<br />
Brotw.<br />
Futterw.<br />
326.468 €<br />
358.906 €<br />
133.714 €<br />
187.427 €<br />
-192.754 €<br />
-171.479 €<br />
-59,04%<br />
-47,78%<br />
Splitting<br />
Brotw.<br />
Futterw.<br />
319.491 €<br />
360.353 €<br />
126.736 €<br />
188.875 €<br />
-192.755 €<br />
-171.478 €<br />
-60,33%<br />
-47,59%<br />
Margin Brotw. 319.568 € 126.813 € -192.755 € -60,32%<br />
10€<br />
Futterw. 370.813 € 199.321 € -171.492 € -46,25%<br />
Margin Brotw. 322.249 € 129.494 € -192.755 € -59,82%<br />
20€<br />
Futterw. 364.528 € 193.049 € -171.479 € -47,04%<br />
Limit 200% Brotw. 391.640 € 196.577 € -195.063 € -49,81%<br />
der Menge Futterw. 394.644 € 223.166 € -171.478 € -43,45%<br />
Ø 2005-2011 349.541 € 167.259 € -182.282 € -52,15%<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH<br />
6.5.3 Ergebnisvergleich bei Qualitätsproblemen<br />
Eine weitere Abweichung von der ursprünglichen Planung, die zum Beispiel im Erntejahr<br />
2010/2011 häufig auftrat, ist das Qualitätsrisiko. Dieses beinhaltet, dass der Landwirt zwar<br />
die Produktion von Qualitätsweizen wie Brotweizen anstrebt, wegen widrigen<br />
Witterungsbedingungen <strong>und</strong>/oder weiteren Umständen dies jedoch nicht gelingt <strong>und</strong> die Ware<br />
daher als Futterweizen verkauft wird. Es wird davon ausgegangen, dass der Beispielbetrieb<br />
die im Vorwege bekannte Produktionsmenge Brotweizen an der Matif entsprechend den<br />
jeweiligen Strategien absichert <strong>und</strong> der physische Verkauf erfolgt auf Basis des<br />
Futterweizenpreises. Da die Preise <strong>für</strong> Futterweizen in den betrachteten Perioden stets<br />
geringer als der Brotweizenpreis sind, ist der Erlös aus den Kassamarktverkäufen um<br />
durchschnittlich 11,04% geringer. Es zeigt sich, dass die durchschnittliche negative<br />
Abweichung der Erlöse stets überproportional hoch im Vergleich zu keinerlei Absicherung<br />
ausfällt. Sie liegt zwischen 11,45% bei der spekulativ ausgerichteten Limitstrategie <strong>und</strong><br />
13,86% beim Routine-Hedge, wenn 100% der Produktionsmenge direkt nach Aussaat über<br />
Futures <strong>für</strong> Brotweizen verkauft werden. Der Mittelwert der negativen Abweichung liegt im<br />
Durchschnitt bei 13% <strong>und</strong> damit ca. 2% über derer ohne Warentermingeschäfte. Die absolute<br />
Höhe der mittleren Erlösabweichung ist hingegen konstant. Einzige Ausnahme bildet die<br />
94
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
spekulativ ausgerichtete Limitstrategie mit einem Auslösepreis von 200€, da dann ein absolut<br />
höherer Betrag aus Futures- <strong>und</strong> Kassamarktgeschäft erlöst wird.<br />
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Durchführung der vorgestellten<br />
<strong>Hedgingstrategien</strong> im Falle eines massiven, unerwarteten Produktionsrückgangs in der Regel<br />
nicht vorteilhaft ist. Da die prozentuale Erlösabweichung meist höher als ohne Absicherung<br />
ausfällt, sind Qualitätsrisiken bei der Anwendung <strong>selektiver</strong> <strong>Hedgingstrategien</strong> stets zu<br />
bedenken. Die genannten Ergebnisse sind in Tabelle 25 angeführt.<br />
Tabelle 25: Ergebnisübersicht bei Brotweizenabsicherung <strong>und</strong> Futterweizenproduktion<br />
Strategie<br />
Ø-Erlös<br />
Produktionsmenge<br />
bei Ø-Ertrag<br />
Ø-Erlös wenn<br />
Futter- statt<br />
Brotweizen<br />
95<br />
Differenz der Ø-<br />
Erlöse nach<br />
Produktionsmenge<br />
Abweichung<br />
der Erlöse in%<br />
Kein Hedge 385.509 € 342.957 € -42.552 € -11,04%<br />
Routine 100% 307.050 € 264.498 € -42.552 € -13,86%<br />
Routine 80% 321.403 € 278.851 € -42.552 € -13,24%<br />
Limit 326.468 € 283.916 € -42.552 € -13,03%<br />
Splitting 319.491 € 276.939 € -42.552 € -13,32%<br />
Margin 10€ 319.568 € 277.015 € -42.553 € -13,32%<br />
Margin 20€ 322.249 € 279.697 € -42.552 € -13,20%<br />
Limitstrategie<br />
200% der Menge<br />
391.640 € 346.786 € -44.854 € -11,45%<br />
Ø 2005-2011 329.696 € 286.815 € -42.881 € -13,01%<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA, Wechselkurse von der B<strong>und</strong>esbank<br />
6.6 Bestimmung der „optimalen“ Hedge Ratio<br />
Um den optimalen Absicherungsgrad <strong>für</strong> einen Hedger zu bestimmen, gibt es verschiedene<br />
Modelle, wobei das Hauptaugenmerk in der Regel auf einer Varianzreduzierung der Erlöse<br />
liegt. Um das Problem der optimalen Hedge Ratio näher zu beleuchten, werden nachfolgend<br />
verschiedene empirische Untersuchungen zu dem Themengebiet erläutert.<br />
Nach Ansicht von GARCIA <strong>und</strong> LEUTHOLD ist der optimale Absicherungsgrad, also der Anteil<br />
von der insgesamt zu kaufenden/verkaufenden Menge an Gütern,.
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Terminmarktteilnahme zu bedenken. Aufgr<strong>und</strong> von Marktspannungen ist der optimale<br />
Absicherungsgrad nach SRINIVASAN
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Varianzen <strong>und</strong> Kovarianzen als eine Funktion von verzögerten abhängigen Varianzen,<br />
Kovarianzen sowie verzögerten Fehlern, quadriert vom arithmetischen Mittel der<br />
abhängigen Regression. 253<br />
Zur Bestimmung des optimalen Absicherungsgrads kann auch der Koeffizient, also der<br />
Steigerungsparameter, herangezogen werden. Der Koeffizient kann ermittelt werden, indem<br />
der Terminmarktpreis zum Erfüllungszeitpunkt auf den Spotpreis zum gleichen Zeitpunkt<br />
regressiert wird. Der Standardfehler der Residuen ist dabei als Basisrisiko, also als<br />
verbleibendes Preisrisiko, zu deuten. 254 Einfluss auf die optimal abzusichernde Menge haben<br />
auch das Basisrisikoausmaß, das Marktliquiditätsrisiko, die im Terminkontrakt vorgegebenen<br />
Standardmengen <strong>und</strong> die individuelle Risikoaffinität des Betriebsleiters. 255<br />
Die optimale Hedge Ratio dient der Festlegung der unter dem Ziel der Kurssicherung<br />
optimalsten Anzahl an abzusichernden Terminkontrakten. Die unterschiedlichen<br />
Preiselastizitäten des Kassamarktes <strong>und</strong> des Futuresmarktes sollen angeglichen werden, wobei<br />
die Preiselastizität das Verhältnis der relativen Veränderungen der Preise angibt. 256 Zur<br />
Bestimmung der Kontraktanzahl, die das Kursrisiko möglichst verringert, wird folgende<br />
Formel verwandt:<br />
Formel 10: Optimale Anzahl Futureskontrakte<br />
Dabei entspricht xk dem Umfang der offenen Kassamarktposition <strong>und</strong> FN der nominalen<br />
Kontraktgröße, die in diesem Fall bei 50t (Matif) bzw. 100t (LIFFE) <strong>für</strong> Weizen liegt. Dieses<br />
Verhältnis wird mit dem „minimum variance hedge ratio“ multipliziert, welches als<br />
Verhältnis der Kassamarktpreisänderungen zu den Preisänderungen des Futuresmarktes<br />
definiert ist. Der varianzminimierende Hedge Ratio Quotient ergibt sich demnach wie folgt: 257<br />
Formel 11: Varianzminimierendes Hedge Ratio<br />
ρKF gibt den Korrelationskoeffizienten des nach der Markteffizienztheorie unsicheren Kassa-<br />
<strong>und</strong> Futurespreises an <strong>und</strong> wird wie in Formel 3 gezeigt ermittelt.<br />
Demnach ergibt sich <strong>für</strong> die Brotweizenabsicherung an der Matif eine optimale Hedge Ratio<br />
zwischen 63,39% in der Periode 2005/2006 <strong>und</strong> 128,34% in 2009/2010. Zur Berechnung <strong>für</strong><br />
253 (Garcia & Leuthold, 2004), S. 238, 239<br />
254 (Loy, Koester, & Wichern, 2000), S. 3<br />
255 (Pennings, 1997), S. 348<br />
256 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 57<br />
257 (DeiFin - die Finanzseite, 2012)<br />
97
6 Anwendung selektives Hedging bei Weizen<br />
Brotweizen werden die wöchentlichen Kassamarktpreise SH <strong>und</strong> die Nearby-Futureskurse der<br />
Matif verwendet. Der optimale Absicherungsgrad von über 1 wird als „Reversed Hedging“<br />
bezeichnet <strong>und</strong> tritt dann auf, wenn die Futurespreise die Kassamarktpreise im Schnitt<br />
übersteigen. Dies ist in den betrachteten Perioden überwiegend der Fall, sodass sich eine<br />
durchschnittliche varianzminimierende Hedge Ratio von 106% an der Matif von 2005 bis<br />
2011 ergibt. Mathematisch ausgedrückt bedeutet dies, dass wenn KFFgilt: xF > xK<br />
Letztlich entscheidend <strong>für</strong> den optimalen Absicherungsgrad ist auch die Risikoeinstellung des<br />
Akteurs, da z.B. die optimale Hedge Ratio <strong>für</strong> einen risikofreudigen Hedger geringer als <strong>für</strong><br />
einen risikoaversen ausfällt. Abhängig vom Grad der Risikoaversität wird ein<br />
Entscheidungsträger versuchen, mögliche Erlöse <strong>und</strong> Risiken zu bewerten <strong>und</strong> daher in<br />
Abhängigkeit zu Preiserwartungen <strong>und</strong> deren Wahrscheinlichkeiten eine Hedge Ratio<br />
wählen. 258<br />
258 (Ziegelbäck, Hedging <strong>und</strong> die Effizienz von selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong>, 2007), S. 74<br />
98
7 Zusammenfassung<br />
7 ZUSAMMENFASSUNG<br />
Die Weizenpreise schwankten in den letzten Jahren erheblich <strong>und</strong> sind entsprechend der<br />
Markteffizienztheorie nicht vorhersehbar, sondern eher zufällig verteilt.<br />
Wenn dennoch am Warenterminmarkt agiert wird, ist zu bedenken, das neben den ohnehin<br />
bestehen Risiken eines landwirtschaftlichen Betriebes weitere hinzukommen.<br />
Obwohl einzelne selektiven <strong>Hedgingstrategien</strong> bei der Überprüfung durch andere Autoren<br />
überzeugen konnten, wird überwiegend die Unvorteilhaftigkeit gezeigt. Insbesondere die<br />
Beweggründe des Verfolgens dieser Strategie widersprechen einem erfolgreichen Gelingen.<br />
Für die dauerhafte Erzielung zusätzlicher Erlöse mittels selektivem Hedging müsste die Frage<br />
bejaht werden, ob ein wettbewerblicher Informationsvorteil gegenüber anderen<br />
Marktteilnehmern besteht, was bei Landwirten in der Regel nicht der Fall ist. 259<br />
Die Ergebnisse der durchgeführten Berechnungen zeigen, dass Absicherung bei Brotweizen in<br />
den letzten Jahren – egal ob „klassisches“ oder selektives Hedging – im Durchschnitt zu<br />
geringeren Erlösen geführt hat <strong>und</strong> eine Varianzreduktion nur teilweise erreicht wird. Bei<br />
Absicherung an der LIFFE konnten die durchschnittlichen Erlöshöhen zunächst überzeugen<br />
<strong>und</strong> die Standardabweichungen der Erlöse waren etwas geringer oder höher als bei keinerlei<br />
Absicherung. Wenn Futterweizen ebenso lang wie Brotweizen abgesichert wird, zeigen sich<br />
deutlich negativere Ergebnisse. Veränderte Annahmen wie Kontraktlaufzeiten hatten zum<br />
Teil großen Einfluss auf die Erlöshöhen <strong>und</strong> die Schwankungsbreite der Erlöse. Bezüglich der<br />
Sensitivitätsanalysen kann resümiert werden, dass höhere Zinskosten zwar geringen Einfluss<br />
auf das Hedgingergebnis haben, bei Mengenrisiken oder Qualitätsproblemen im Vergleich zu<br />
keiner Absicherung jedoch unvorteilhaftere Ergebnisse erzielt werden.<br />
Eine sinnvolle Erweiterung der hier gezeigten selektiven Strategien am Warenterminmarkt<br />
kann die Einbeziehung der Beschaffungsrisiken sein. Ein positiver Einfluss eines simultanen<br />
Hedges der Beschaffungs- <strong>und</strong> Vermarktungsseite auf die Erlöse <strong>und</strong> eine Risikoreduktion<br />
konnte in bestimmten Bereichen wie der Viehmästung bereits nachgewiesen werden. 260<br />
Es ist <strong>für</strong> einen landwirtschaftlichen Betrieb unmöglich, ohne Risiken zu agieren. Aufgr<strong>und</strong><br />
der unterschiedlichen empirischen <strong>und</strong> berechneten Ergebnisse kann keine Vorteilhaftigkeit<br />
selektiven Hedgings festgestellt werden.<br />
259 (Stulz, 1996), S. 15<br />
260 (Noussinov & Leuthold, 1998), S. 3, 4<br />
99
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XIV
Anhang<br />
ANHANG<br />
Anhang 1: Kontraktspezifikationen von Futures der Matif <strong>und</strong> der LIFFE<br />
Kontrakt-<br />
Spezifikationen<br />
Mahlweizen:<br />
NYSE Euronext Paris<br />
Kontraktmenge 50 Tonnen 100 Tonnen<br />
XV<br />
Futterweizen:<br />
NYSE Euronext London<br />
Liefermonate Januar, März, Mai, August, November Januar, März, Mai, Juli, November<br />
Tick 25 Eurocent pro Tonne (€12,50)<br />
5 Pence pro Tonne (£5, ca. 6,11€ zum<br />
21. April 2012)<br />
Notierung Euro pro Tonne Britisches Pf<strong>und</strong> pro Tonne<br />
Letzter Handelstag<br />
18.30 Uhr am 10. Kalendertag des<br />
Liefermonats (wenn kein Handelstag,<br />
dann der folgende Geschäftstag)<br />
12.30 Uhr am 23. des Liefermonats (im<br />
Juli der 7. des Monats); (wenn kein<br />
Handelstag, dass der erste folgende<br />
Geschäftstag)<br />
Handelszeiten 10:45 - 18:30 (Zeit Paris) 9:25 - 17.28 (Zeit London)<br />
Handelsplattform LIFFE CONNECT® LIFFE CONNECT®<br />
Algorithmus<br />
Zentrales Orderbuch wendet einen<br />
Preiszeit-Handelsalgorithmus an;<br />
Priorität hat jeweils die erste Order zum<br />
besten Preis<br />
Zentrales Orderbuch wendet einen Pro-<br />
Rate Handelsalgorithmus an; Priorität<br />
hat die erste Order zum besten Preis,<br />
beansprucht wird minimales<br />
Ordervolumen <strong>und</strong> Begrenzung durch<br />
maximales Orderlimit<br />
Clearing LCH Clearnet SA NYSE LIFFE Clearing<br />
Herkunft Mahlweizen aus der EU EU-Ware<br />
Preisbasis<br />
Qualität<br />
Angebotsfrist<br />
Euro <strong>und</strong> Eurocents pro Tonne, in einem<br />
geprüften öffentlichen Silo in Rouen,<br />
Frankreich<br />
Übliche, durchschnittliche <strong>und</strong><br />
vermarktbare Qualität<br />
Britische Pf<strong>und</strong> pro Tonne<br />
Üblich <strong>und</strong> süß, in gutem Zustand;<br />
< 3% Trocknungsschäden<br />
Hektolitergewicht 76 kg/hl Hektolitergewicht
Anhang<br />
Anhang 2: Basis Brotweizen: Matif-Kurs zu Kassamarktpreisen SH<br />
05.08.05<br />
20,00 €<br />
05.08.06 05.08.07 05.08.08 05.08.09 05.08.10 05.08.11<br />
10,00 €<br />
0,00 €<br />
-10,00 €<br />
-20,00 €<br />
-30,00 €<br />
-40,00 €<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten von HGCA<br />
Anhang 3: Gebühren ausgewählter Broker<br />
Anbieter Preis pro Futuresgeschäft Bemerkungen<br />
ViTrade 3,95 €<br />
sino 4,50 €<br />
OnVista Bank 10,00 €<br />
LYNX Broker 2,00 €<br />
daytradeaustria.com 2,50 €<br />
DAB Bank 3,34 €<br />
Cortal Consors 4,00 € Durchschnitt (2 € - 6 €)<br />
Cap Trader 2,00 €<br />
brokerjet 6,00 €<br />
XVI<br />
3 € zzgl. 14,50 Euro pro Buchung (entspricht<br />
0,34 € bei 43 Kontrakten)<br />
comdirect 9,95 € im ersten halben Jahr 4,95 €<br />
Durchschnitt 4,82 €<br />
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Broker-Test.de262<br />
262 (Broker-Test.de, 2012)<br />
Basis Schleswig-Holstein in Euro
Anhang<br />
Anhang 4: Ergebnisübersicht Routine Hedge 80% bei Brotweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Futureskurs<br />
abgesic<br />
herte<br />
Menge<br />
in t<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.kursGlattstellung<br />
XVII<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Future<br />
s<br />
Ergebnis<br />
Kassamark<br />
t SH<br />
Ergebnis<br />
Routine-<br />
Hedge<br />
80%<br />
17.10.05 111,50 € 1.700 77,80% 135,00 € -39.950 € 2.221 € 279.680 € 237.509 €<br />
16.10.06 133,50 € 1.500 79,16% 281,25 € -221.625 € 4.034 € 485.120 € 259.461 €<br />
15.10.07 195,75 € 1.900 79,50% 189,50 € 11.875 € 5.893 € 400.325 € 406.307 €<br />
15.10.08 145,00 € 1.900 79,33% 123,00 € 41.800 € 3.345 € 268.240 € 306.695 €<br />
15.10.09 141,00 € 1.750 78,72% 211,00 € -122.500 € 1.824 € 469.053 € 344.729 €<br />
15.10.10 183,25 € 1.600 79,68% 200,00 € -26.800 € 3.420 € 410.636 € 380.416 €<br />
Ø 152 € 1.725 79,03% 190 € -59.533 € 3.456 € 385.509 € 322.519 €<br />
Standardabweich.<br />
32 € 160 € 0 € 57 € 97.017 € 1.447 € 92.417 € 66.812 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Anhang 5: Ermittlung Marginkosten <strong>für</strong> Routine Hedge 100% bei Futterweizen<br />
Datum Tagesgewinn<br />
/<br />
Tagesverlust<br />
Stichtag<br />
Kumulierte<br />
r Gewinn /<br />
Verlust<br />
Stichtag<br />
Bestand<br />
Margin-<br />
Konto<br />
Stichtag<br />
Summe<br />
Margin<br />
Calls je<br />
Periode<br />
Zinssatz<br />
: EONIA<br />
+ 2,5%<br />
Zinskosten<br />
pro<br />
Periode<br />
Futures-<br />
Kurs<br />
umgerechnet<br />
in Euro<br />
17.10.05 0 € 0 € 34.509 € 0 € 4,58% 108 €<br />
10.07.06 -802 € -4.682 € 60.398 € 30.571 € 5,31% 361 € 111 €<br />
16.10.06 0 € 0 € 30.103 € 0 € 5,81% 158 €<br />
06.07.07 363 € -42.909 € 24.567 € 37.374 € 6,57% 61 € 182 €<br />
15.10.07 0 € 0 € 37.126 € 0 € 6,45% 249 €<br />
07.07.08 2.993 € 142.201 € 207.162 € 27.835 € 6,77% 830 € 187 €<br />
15.10.08 0 € 0 € 33.338 € 0 € 7,01% 134 €<br />
07.07.09 788 € 47.248 € 96.248 € 15.663 € 2,88% 148 € 113 €<br />
15.10.09 0 € 0 € 27.058 € 0 € 2,84% 121 €<br />
07.07.10 826 € -18.518 € 26.627 € 18.088 € 2,83% 306 € 130 €<br />
15.10.10 0 € 0 € 25.641 € 0 € 2,90% 192 €<br />
07.07.11 -1.192 € -3.234 € 144.814 € 122.407 € 3,81% 2.105 € 194 €<br />
Maximum: 31.529 € 144.841 € 209.803 € 122.407 € 7,10% 2.105 € 263 €<br />
Minimum: -26.673 € -127.289 € 11.634 € 0 € 2,80% 61 € 106 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA; der Landwirtschaftskammer SH <strong>und</strong> Wechselkurse<br />
der B<strong>und</strong>esbank
Anhang<br />
Anhang 6: Ergebnisübersicht Routine Hedge 80% bei Futterweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Future<br />
s-kurs<br />
abgesic<br />
herte<br />
Menge<br />
in t<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
Fut.kurs<br />
Glattst.<br />
XVIII<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten Ergebnis<br />
Kassamar<br />
kt SH<br />
Ergebnis<br />
Routine-<br />
Hedge<br />
80%<br />
17.10.05 108 € 1.700 77,80% 112 € -6.358 € 1.396 € 269.848 € 262.094 €<br />
16.10.06 158 € 1.500 79,16% 182 € -35.760 € 1.272 € 462.380 € 425.348 €<br />
15.10.07 249 € 1.900 79,50% 187 € 117.458 € 2.214 € 353.720 € 468.964 €<br />
15.10.08 143 € 1.900 79,33% 113 € 56.297 € 1.765 € 237.105 € 291.637 €<br />
15.10.09 121 € 1.700 76,47% 130 € -14.297 € 942 € 371.241 € 356.002 €<br />
15.10.10 213 € 1.600 79,68% 194 € 30.240 € 2.402 € 363.448 € 391.286 €<br />
Ø 165 € 1.717 78,66% 153 € 24.597 € 1.665 € 342.957 € 365.888 €<br />
Standard-<br />
55 € 160 € 0 € 39 € 56.167 € 566 € 80.184 € 78.980 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA; der Landwirtschaftskammer SH <strong>und</strong> Wechselkurse<br />
von der B<strong>und</strong>esbank<br />
Anhang 7: Ergebnisübersicht Limitstrategie bei Futterweizen (LIFFE)<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Futureskurs<br />
Verkauf<br />
Kurslimit<br />
Period<br />
e<br />
Hedg<br />
e<br />
Ratio<br />
Fut.kurs<br />
Glattstel<br />
lung<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassamar<br />
kt SH<br />
Ergebnis<br />
Limitstrategie<br />
11.05.06 116 € 115 € 96% 112,20 € 7.959 € 669 € 269.848 € 277.138 €<br />
16.10.06 158 € 116 € 95% 181,86 € -42.912 € 1.685 € 462.380 € 417.783 €<br />
15.10.07 249 € 119 € 96% 187,12 € 142.186 € 2.879 € 353.720 € 493.027 €<br />
145 € 0%<br />
150 € 0%<br />
0 € 0 € 237.105 € 237.105 €<br />
0 € 0 € 371.241 € 371.241 €<br />
15.10.10 192 € 159 € 100% 193,92 € -3.220 € 3.088 € 363.448 € 357.140 €<br />
Ø 119 € 134 € 64% 113 € 17.336 € 1.387 € 342.957 € 358.906 €<br />
Standardabweich.<br />
56 € 20 € 0 € 38 € 63.763 € 1.384 € 80.184 € 92.878 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA; der Landwirtschaftskammer SH <strong>und</strong> Wechselkurse<br />
von der B<strong>und</strong>esbank
Anhang<br />
Anhang 8: Ergebnisübersicht einer Splittingstrategie bei Brotweizen (Matif)<br />
Ergebnis<br />
Splitting-<br />
Strategie<br />
Ergebnis<br />
Kassamarkt<br />
SH<br />
Produktion<br />
Betrieb in<br />
Tonnen<br />
Kassamarktpreis<br />
SH<br />
Kosten VerkaufsdatumKassamarkt<br />
Marginkosten<br />
Brokerkosten<br />
Zinsansatz<br />
Initial<br />
Margin<br />
Initial<br />
Margin<br />
Transaktionskosten<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Fut.-kurs<br />
Glattstellung<br />
Datum<br />
Glattstellung<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
abgesich.<br />
Menge<br />
Anzahl<br />
Futures<br />
Futureskurs<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
279.680 € 230.007 €<br />
15.09.06 128 € 2.185<br />
485.120 € 239.897 €<br />
14.09.07 256 € 1.895<br />
400.325 € 449.281 €<br />
168 € 2.390<br />
12.09.08<br />
17.10.05 112 € 14 700 32,04% 11.9.06 135 € -16.450 € 18 € 14.000 € 630,12 € 135 € 0 € 783 €<br />
15.02.06 112 € 14 700 64,07% 11.9.06 135 € -15.925 € 18 € 14.000 € 440,76 € 135 € 21 € 614 €<br />
15.06.06 113 € 14 700 96,11% 11.9.06 135 € -15.225 € 18 € 14.000 € 204,72 € 135 € 319 € 676 €<br />
Gesamt<br />
112 € 42 2.100 96,11% 11.9.06 135 € -47.600 € 53 € 42.000 € 1.276 € 405 € 340 € 2.073 €<br />
2005/2006<br />
16.10.06 134 € 12 600 31,66% 10.9.07 281 € -88.650 € 15 € 12.000 € 693,00 € 116 € 0 € 824 €<br />
15.02.07 132 € 12 600 63,32% 10.9.07 281 € -89.850 € 15 € 12.000 € 462,07 € 116 € 137 € 730 €<br />
15.06.07 176 € 12 600 94,99% 10.9.07 281 € -63.150 € 15 € 12.000 € 210,57 € 116 € 1.679 € 2.020 €<br />
Gesamt<br />
147 € 36 1.800 94,99% 10.9.07 281 € ######## 45 € 36.000 € 1.366 € 347 € 1.816 € 3.573 €<br />
2006/2007<br />
15.10.07 196 € 15 750 31,38% 11.8.08 190 € 4.688 € 19 € 15.000 € 893,75 € 145 € 204 € 1.262 €<br />
15.02.08 230 € 15 750 62,76% 11.8.08 190 € 30.375 € 19 € 15.000 € 513,53 € 145 € 211 € 888 €<br />
16.06.08 212 € 15 750 94,14% 11.8.08 190 € 16.875 € 19 € 15.000 € 198,40 € 145 € 470 € 831 €<br />
Gesamt<br />
213 € 45 2.250 94,14% 11.8.08 190 € 51.938 € 56 € 45.000 € 1.606 € 434 € 886 € 2.981 €<br />
2007/2008<br />
15.10.08 145 € 15 750 31,32% 10.8.09 123 € 16.500 € 19 € 15.000 € 888,75 € 145 € 63 € 1.115 €<br />
16.02.09 148 € 15 750 62,63% 10.8.09 123 € 18.938 € 19 € 15.000 € 346,35 € 145 € 83 € 592 €<br />
16.06.09 212 € 15 750 93,95% 10.8.09 123 € 66.750 € 19 € 15.000 € 103,45 € 145 € 35 € 302 €<br />
Gesamt<br />
168 € 45 2.250 93,95% 10.8.09 123 € 102.188 € 56 € 45.000 € 1.339 € 434 € 181 € 2.009 €<br />
2008/2009<br />
15.10.09 141 € 14 700 31,49% 10.8.10 211 € -49.000 € 18 € 14.000 € 436,33 € 135 € 24 € 613 €<br />
15.02.10 148 € 14 700 62,98% 10.8.10 211 € -43.925 € 18 € 14.000 € 260,68 € 135 € 32 € 445 €<br />
15.06.10 140 € 14 700 94,47% 10.8.10 211 € -49.700 € 18 € 14.000 € 88,11 € 135 € 276 € 516 €<br />
Gesamt<br />
143 € 42 2.100 94,47% 10.8.10 211 € ######## 53 € 42.000 € 785 € 405 € 331 € 1.574 €<br />
2009/2010<br />
15.10.10 183 € 13 650 32,37% 10.8.11 200 € -10.888 € 16 € 13.000 € 433,33 € 125 € 179 € 754 €<br />
15.02.11 127 € 13 650 64,74% 10.8.11 200 € -47.450 € 16 € 13.000 € 274,30 € 125 € 436 € 852 €<br />
15.06.11 130 € 13 650 97,11% 10.8.11 200 € -45.500 € 16 € 13.000 € 100,56 € 125 € 287 € 529 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA, Landwirtschaftskammer SH<br />
268.240 € 368.418 €<br />
112 € 2.395<br />
11.09.09<br />
XIX<br />
324.854 €<br />
469.053 €<br />
14.09.10 211 € 2.223<br />
410.636 € 304.663 €<br />
11.09.11 205 € 2.008<br />
147 € 39 1.950 97,11% 10.8.11 200 € ######## 49 € 39.000 € 808 € 376 € 903 € 2.136 €<br />
Gesamt<br />
2010/2011<br />
Ø 155 € 42 2.075 63,42% 190 € -63.598 € 52 € 41.500 € 1.196 € 400 € 743 € 2.391 € 180 € 2.183 € 385.509 € 319.520 €<br />
Varianz-<br />
1384 1 3015 0,07104 2891 ######## 2 1205882 62936 112 149250 145.657 2.964 € 40.593 8.540.925.369 6.766.133.648<br />
schätzung<br />
Varianz 1307 1 2847 0,06710 2730 ######## 2 1138889 59440 106 140958 137.565 2.470 € 33.828 7.117.437.807 5.638.444.706<br />
Standard-<br />
38 € 1 57 € 0 € 55 € 42.811 € 1 € 1.131 € 258 € 11 € 394 € 391 € 58 € 224 € 92.417 € 91.919 €<br />
abweich.
Anhang<br />
Anhang 9: Ergebnisübersicht einer Margenstrategie (20 € Marge) bei Brotweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Futu<br />
reskurs <br />
Kurslimit<br />
der<br />
Periode<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
142 € 0,00%<br />
Fut.kursGlattstellung<br />
XX<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Futures<br />
Ergebnis<br />
Kassamar<br />
kt SH<br />
Ergebnis<br />
Margenstrategie<br />
20€<br />
0 € 0 € 279.680 € 279.680 €<br />
16.05.07 152 € 152 € 97,63% 281 € -239.113 € 2.858 € 485.120 € 243.149 €<br />
15.10.07 196 € 145 € 98,33% 190 € 14.688 € 7.289 € 400.325 € 407.723 €<br />
15.10.08 145 € 143 € 98,12% 123 € 51.700 € 3.853 € 268.240 € 316.087 €<br />
15.10.09 141 € 136 € 98,97% 211 € -154.000 € 1.057 € 469.053 € 313.996 €<br />
15.10.10 183 € 167 € 99,60% 200 € -33.500 € 4.279 € 410.636 € 372.857 €<br />
Ø 163 € 148 € 82,11% 201 € -60.038 € 3.223 € 385.509 € 322.249 €<br />
Standardabweich.<br />
25 € 11 € 40% 56 € 112.494 € 2.579 € 92.417 € 60.070 €<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA <strong>und</strong> der Landwirtschaftskammer SH<br />
Anhang 10: Ergebnisübersicht Marginstrategie (10 € Marge) bei Futterweizen<br />
Datum<br />
Verkauf<br />
Futures<br />
Futur<br />
eskurs<br />
Verka<br />
uf<br />
Kurslimit<br />
der<br />
Period<br />
e<br />
Hedge<br />
Ratio<br />
132 € 0,00%<br />
Fut.kurs<br />
Glattstel<br />
lung<br />
Ergebnis<br />
Futuresgeschäft<br />
Kosten<br />
Future<br />
s<br />
Ergebnis<br />
Kassamarkt<br />
SH<br />
Ergebnis<br />
Marginstrategie<br />
10€<br />
0 € 0 € 269.848 € 269.848 €<br />
16.10.06 158 € 142 € 94,99% 181,86 € -42.912 € 1.684 € 462.380 € 417.784 €<br />
15.10.07 249 € 135 € 96,23% 187,12 € 142.186 € 2.873 € 353.720 € 493.033 €<br />
15.10.08 134 € 133 € 96,03% 113,45 € 47.242 € 2.178 € 237.105 € 282.169 €<br />
21.10.09 127 € 126 € 98,97% 129,82 € -6.358 € 1.075 € 371.241 € 363.808 €<br />
15.10.10 213 € 157 € 99,60% 193,92 € 37.800 € 3.091 € 363.448 € 398.157 €<br />
Ø 176 € 138 € 80,97% 134 € 29.660 € 1.817 € 342.957 € 370.800 €<br />
Standard-<br />
53 € 11 € 40% 37 € 64.002 € 1.161 € 80.184 € 84.844 €<br />
abweich.<br />
Quelle: Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA);der Landwirtschaftskammer SH <strong>und</strong> Wechselkurse<br />
der B<strong>und</strong>esbank
Anhang<br />
Anhang 11: Entwicklung der Futureskurse <strong>für</strong> Futterweizen in GBP <strong>und</strong> Euro<br />
300,00<br />
250,00<br />
200,00<br />
150,00<br />
100,00<br />
50,00<br />
14.10.05 14.10.06 14.10.07 14.10.08 14.10.09 14.10.10 14.10.11<br />
Quelle: Darstellung auf Gr<strong>und</strong>lage der Preisdaten HGCA; der Landwirtschaftskammer SH; Wechselkurse von<br />
der B<strong>und</strong>esbank<br />
XXI<br />
LIFFE in GBP<br />
in Euro
Eidesstattliche Erklärung<br />
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG<br />
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig <strong>und</strong> ohne fremde Hilfe<br />
angefertigt <strong>und</strong> keine anderen als die angegebenen Quellen <strong>und</strong> Hilfsmittel verwendet habe.<br />
Die eingereichte schriftliche Fassung der Arbeit entspricht der auf dem elektronischen<br />
Speichermedium.<br />
Weiterhin versichere ich, dass diese Arbeit noch nicht als Abschlussarbeit an anderer Stelle<br />
vorgelegen hat.<br />
Kiel, den 25. Juni 2012<br />
__________________________________<br />
Louisa Alexandra Freiin von Münchhausen<br />
XXII