Fleischkonsum – Eine Betrachtung aus umweltpolitischer und ...
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29. Juni 2011<br />
Karl-Heinz Funke, ehem. deutscher B<strong>und</strong>esminister für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong><br />
Forsten<br />
<strong>Fleischkonsum</strong> <strong>–</strong> <strong>Eine</strong> <strong>Betrachtung</strong> <strong>aus</strong><br />
<strong>umweltpolitischer</strong> <strong>und</strong> gesellschaftlicher Sicht<br />
Über Fleisch wurde <strong>und</strong> wird immer diskutiert<br />
Das Thema Fleisch hat in der Geschichte der Menschheit immer eine große Rolle gespielt.<br />
Die, die es hatten (in höchsten Kreisen), machten sich dann, wenn sie wohl versorgt waren,<br />
Gedanken darüber, ob der Konsum eigentlich in Ordnung sei.<br />
In den gesellschaftlichen Schichten, in denen man kein Fleisch hatte, wurde darüber disku-<br />
tiert, wie man an Fleisch herankommt. Man nahm große Mühen <strong>und</strong> Strapazen auf sich, um<br />
Fleisch zu konsumieren. Das heißt, die ganze Geschichte der Menschheit ist mit dem Thema<br />
Fleisch verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur wenn man im Überfluss lebte, gab es eine Diskussion darüber,<br />
ob man nun Fleisch essen soll oder nicht.<br />
Was ist die Ursache für den hohen Stellenwert von Fleisch in der Ernährung?<br />
Es ist das Verlangen des Körpers nach tierischem Eiweiß. Ich gehöre zu denen, obwohl es<br />
wissenschaftlich umstritten ist, die sagen, die Entwicklung des Menschen von Anfang an<br />
auch zu einer Persönlichkeit, zu einer höheren Form des Seins, hängt mit dem Genuss von<br />
tierischem Eiweiß zusammen.<br />
Bei Überfluss beginnt die Diskussion des Verzichts<br />
Zum ersten Mal in der Geschichte leben wir im Überfluss (zumindest in den hochzivilisierten<br />
Staaten in Zentraleuropa, Amerika usw.) Wir sind in der Situation, dass wir nicht nur satt<br />
<strong>Fleischkonsum</strong> - Fleischgenuss<br />
Unterlage Karl-Heinz Funke <strong>–</strong> Pressekonferenz am 29. Juni 2011<br />
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sind, praktisch alles verfügbar haben, sondern auch von der Sorge enthoben sind uns Ge-<br />
danken darüber zu machen, ob wir in Zukunft noch satt werden. Diese Sorge hat die<br />
Menschheit ständig begleitet. Man wusste nicht vor der Ernte, ob man soviel erntet, dass<br />
man im Winter satt wird. Diese Sorgen haben wir alle nicht mehr.<br />
Dar<strong>aus</strong> erwächst eine Diskussion des Verzichts <strong>und</strong> wird zur Ideologie erhoben.<br />
Mit Arbeitsteilung ging die Beziehung zur Herstellung von Lebensmitteln verloren<br />
Dazu kommt die Arbeitsteilung. Viele Menschen haben keinen Bezug mehr zur Herstellung<br />
von Lebens- <strong>und</strong> Nahrungsmitteln: Wie viel Mühe noch immer darauf verwendet wird, ist völ-<br />
lig <strong>aus</strong> dem Blickwinkel vieler Menschen verschw<strong>und</strong>en. Die Behauptung, der Fleischkon-<br />
sum würde nicht umweltverträglich sein (das geht ja hin bis zum Methan<strong>aus</strong>stoß), ist eine<br />
willkürliche Behauptung <strong>und</strong> wissenschaftlich kaum belegt. Ganz im Gegenteil, was geschä-<br />
he eigentlich mit dem so wertvollen Grünland, wenn es keine Rinder gäbe? Dann würden wir<br />
Gras ernten <strong>und</strong> in die Biogasanlage packen.<br />
Wer für die Erhaltung von Grünland ist, muss auch dafür sein, dass es Rinder gibt<br />
Es gibt ja nirgendwo einen Beleg dafür, dass Menschen, die auf Fleisch verzichten, mora-<br />
lisch höherwertiger sind. In allen Philosophien, die Maßstab für ethisch-moralische Dinge<br />
sind, ist der <strong>Fleischkonsum</strong> <strong>aus</strong>drücklich erlaubt. Die Fastenzeit mit dem Verbot des<br />
<strong>Fleischkonsum</strong>s wurde auch eingeschränkt, da die Menschen damit nicht zurecht kamen.<br />
Unterscheidung Nutztier <strong>–</strong> H<strong>aus</strong>tier ist wichtig<br />
Die Abstraktion von der Wirklichkeit führt dazu, dass die Menschen nicht mehr sauber zwi-<br />
schen Nutztier <strong>und</strong> H<strong>aus</strong>tier unterscheiden. Auch die zivilisatorisch-kulturell bedingte Unter-<br />
scheidung zählt dazu: Ein H<strong>und</strong> in China hat eine andere Bedeutung, als bei uns. Deshalb<br />
werden H<strong>und</strong>e dort auch gegessen. Man kann das gar nicht für verwerflich halten, das ist<br />
einfach eine andere kulturelle Tradition. Deswegen sage ich:<br />
Die Bestimmung des Schweines ist das Kotelett<br />
Wir würden Schweine gar nicht züchten, wenn wir nicht das Fleisch konsumieren wollten.<br />
H<strong>aus</strong>tiere (Jagdh<strong>und</strong>, Wachh<strong>und</strong>) hält man <strong>aus</strong> Gründen der Zweckmäßigkeit, während das<br />
Nutztier eigentlich von Anfang an eine ganz andere Bestimmung hat. <strong>Eine</strong> saubere Trennung<br />
von H<strong>aus</strong>- <strong>und</strong> Nutztier ist erforderlich.<br />
<strong>Fleischkonsum</strong> - Fleischgenuss<br />
Unterlage Karl-Heinz Funke <strong>–</strong> Pressekonferenz am 29. Juni 2011<br />
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Es gibt keine ges<strong>und</strong>en <strong>und</strong> unges<strong>und</strong>en Lebensmittel, es gibt nur ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> un-<br />
ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />
Die Lebens- <strong>und</strong> Nahrungsmittel, die bei uns auf dem Markt sind, sind alle im Gr<strong>und</strong>e ge-<br />
s<strong>und</strong>. Es sei denn, sie sind verdorben oder jemand manipuliert sie mit kriminellem Vorsatz.<br />
Jetzt kommt es natürlich darauf an, dass wir uns <strong>aus</strong> den ges<strong>und</strong>en Lebensmitteln <strong>aus</strong>ge-<br />
wogen ernähren - von allem etwas. Man sollte das essen, was einem schmeckt, weil das<br />
auch zuträglich ist. Wenn es einem nicht schmeckt, kann man das allenfalls <strong>aus</strong> Gründen<br />
der Medizin nehmen, aber nicht, um sich zu ernähren.<br />
Massentierhaltung ist ein unsinniger Begriff<br />
Kein Mensch kann an der Anzahl der Tiere festmachen, ob sie artgerecht <strong>und</strong> tiergerecht<br />
gehalten werden. Ich kann einen einzigen großen H<strong>und</strong> in einer kleinen Wohnung tiergerecht<br />
halten. Ich kann aber eine große Anzahl an Tieren bei entsprechender technischer Überwa-<br />
chung, die wir heute haben, viel tiergerechter halten als zu früheren Zeiten. Kühe in einem<br />
Laufstall leben tiergerechter als Kühe in Anbindehaltung. Ein großer Geflügelstall mit Klima-<br />
anlage, per Computer überwacht, ist ebenso tiergerecht. Hier<strong>aus</strong> zu schließen, Massentier-<br />
haltung sei nicht tiergerecht, ist eigentlich unsinnig.<br />
Ist unsere „Gier nach Fleisch“ für den Welthunger mitverantwortlich?<br />
Da wir Selbstversorger sind, spielt das alles überhaupt keine Rolle, im Gegenteil: Wenn wir<br />
Soja oder anderes importieren, steigt das Bruttoinlandsprodukt in Exportländern.<br />
Wenn ich den Hunger der Welt besiegen will, geht das überhaupt nicht durch Verzicht in den<br />
Industrieländern auf Fleisch oder Ähnliches, sondern nur durch den Ausbau der Landwirt-<br />
schaft <strong>und</strong> die Forcierung der wirtschaftlichen Entwicklung in Entwicklungsländern. Kein<br />
Mensch wird zusätzlich satt auf der Welt, wenn ich weniger Fleisch esse.<br />
Kontakt zum Thema:<br />
Mag. Helmut Eiselsberg; Auf der Gugl 3, 4021 Linz<br />
Tel. +43/050/6902-1259, E-Mail: Helmut.Eiselsberg@lk-ooe.at<br />
Kontakt Pressestelle:<br />
Mag. Elisabeth Frei-Ollmann, Auf der Gugl 3, 4021 Linz<br />
Tel: +43/050/6902-1591, E-Mail: Elisabeth.Frei-Ollmann@lk-ooe.at<br />
<strong>Fleischkonsum</strong> - Fleischgenuss<br />
Unterlage Karl-Heinz Funke <strong>–</strong> Pressekonferenz am 29. Juni 2011<br />
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