Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02
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Rechtsprechung<br />
Sonstiges<br />
2. Spricht der Arbeitgeber unter fehlerhafter Anhörung des<br />
Betriebsrates dennoch eine Änderungskündigung aus, ist die<br />
Klage hinsichtlich der Änderungskündigung sowohl mutwillig<br />
als auch die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung<br />
ohne hinreichende Erfolgsaussicht.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />
vom 22. Dezember 2003, 11Ta 563/03<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Rolf Schaefer, Ludwig-Barnay-<br />
Straße 1, 30175 Hannover, Tel: 0511/69 49 21, Fax: –51,<br />
email: www.rs-ra.de; r.schaefer@rs-ra.de<br />
Anmerkung:<br />
Die Entscheidung ist falsch, denn der Klage war stattzugeben.<br />
Auch die Änderungskündigung unterliegt dem ultima-ratio-<br />
Prinzip. Da der Arbeitgeber sein Ziel ohne Kündigung erreichen<br />
konnte, war das Prinzip verletzt, d.h. der Arbeitnehmer<br />
wurde durch die Kündigung unnötig belastet. Es bestand ein<br />
Feststellungsinteresse. Damit war die Klage auch nicht mutwillig.<br />
231. Prozesskostenhilfe, Kündigungsabfindung ist einzusetzendes<br />
Vermögen nach § 115 II ZPO, zur Zumutbarkeit<br />
der Anrechnung, § 115 Abs. 2 ZPO<br />
1. Eine auf Grund eines Prozessvergleichs gezahlte Kündigungsabfindung,<br />
die über dem sogenannten Schonvermögen<br />
nach §§ 88 Abs. 2 und 4 BSHG liegt, zählt grundsätzlich zu<br />
dem nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzenden Vermögen.<br />
2. Der Antragsteller bzw. Prozesskostenhilfeempfänger hat<br />
die Kosten der Prozessführung zu tragen, wenn die Anrechnung<br />
unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des<br />
Einzelfalls zumutbar ist.<br />
Die Heranziehung des Abfindungsbetrags bedeutet auch<br />
keine besondere Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG.<br />
Von einer Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG könnte nur<br />
dann besprochen werden, wenn der Beschwerdeführer die<br />
gezahlte Kündigungsabfindung in voller Höhe oder doch<br />
überwiegend dazu verwenden müsste, um die Kosten für die<br />
Prozessführung aufzubringen (ebenso LAG Nürnberg Beschl.<br />
v. 27.01.2000–3 Sa140/99– a.a.O.; LAG Köln vom 07.06.1988,<br />
LAGE § 115 ZPO Nr. 30; LAG Hamburg vom 13.08.1997–1 Ta<br />
3/97 – LAGE § 115 ZPO Nr. 52 und LAG Berlin vom 11.<strong>02</strong>.1983,<br />
EzA § 115 ZPO Nr. 6).<br />
Nur dann, wenn das Gericht den Zeitpunkt der Prozesskostenhilfegewährung<br />
in Kenntnis einer vereinbarten Abfindung<br />
(ratenlose) Prozesskostenhilfe bewilligt, könnte gegebenenfalls<br />
ein Vertrauenstatbestand dahingehend bestehen, dass<br />
der Antragsteller diese Abfindung nicht einzusetzen hat (so<br />
LAG Niedersachsen Beschl. v. 26.07.1998 a.a.O.).<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />
vom 28. März 2003, 17 Ta 86/03, Rechtsbeschwerde zugelassen<br />
134 <strong>02</strong>/04<br />
232. Prozesskostenhilfebeschluss, Unterzeichnung der<br />
Rechtsmittelbelehrung, sofortige Beschwerde, Rechtsmittelfrist<br />
Enthält ein mit der sofortigen Beschwerde anfechtbarer Beschluss<br />
des Rechtspflegers, mit dem die bewilligte Prozesskostenhilfe<br />
nach § 124 Nr 2 ZPO aufgehoben wird, vor der<br />
Unterschrift des Rechtspflegers keine Rechtsmittelbelehrung,<br />
sondern befindet sich dieselbe auf einer folgenden, nicht vom<br />
Rechtspfleger unterzeichneten Seite, fehlt eine ordnungsgemäße<br />
Rechtsmittelbelehrung. Die Frist für die Einlegung der<br />
sofortigen Beschwerde beginnt in diesem Fall nicht zu laufen<br />
( § 9 Abs. 5 S. 3 ArbGG).<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 2. Oktober 20<strong>02</strong>, 16 Ta 470/<strong>02</strong><br />
233. Prozessvergleich, Einstellung der Zwangsvollstreckung<br />
1. Bei Streit um die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs wegen<br />
dessen Anfechtung findet § 707 ZPO und nicht § 769 ZPO<br />
entsprechende Anwendung. Die entsprechende Anwendung<br />
von § 707 ZPO führt zum grundsätzlichen Ausschluss der die<br />
Anfechtungsmöglichkeit bejahenden oder verneinenden Einstellungsentscheidung<br />
(§ 707 Abs. 2 S. 2 ZPO).<br />
2. Ein Fall der ausnahmsweisen Anfechtbarkeit der Entscheidung<br />
nach § 707 ZPO wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit<br />
liegt nicht deshalb vor, weil das Arbeitsgericht die Einstellung<br />
der Zwangsvollstreckung aus einem Prozessvergleich wegen<br />
dessen Anfechtung von der Voraussetzung des § 62 Abs. 1<br />
S. 3 ArbGG (Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden<br />
Nachteils) abhängig macht. Ob in diesem Zusammenhang<br />
auch die Erfolgsaussichten der Anfechtung zu prüfen sind,<br />
bleibt unentschieden.<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 5. August 20<strong>02</strong>, 16 Ta 339/<strong>02</strong><br />
234. Rechtsweg, Berufung, Weisungsrecht, Arbeitnehmerstatus,<br />
Direktionsrecht<br />
Die Qualifizierung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis<br />
setzt die Weisungsgebundenheit des Vertragspartners,<br />
die Eingliederung in die Arbeitsorganisation und das Vorhandensein<br />
eines arbeitgeberseitigen Direktionsrechts voraus. Erbringt<br />
ein Berater im Auftrag seines Vertragspartners Beratungsleistungen<br />
gegenüber einem Dritten, so folgt die Notwendigkeit<br />
der zeitlichen Abstimmung mit dem Dritten aus<br />
der Beratungsaufgabe und nicht aus einem arbeitgeberseitigen<br />
Weisungsrecht. Auch die Kontrolle der erbrachten Leistungen<br />
und die Aufforderung die Leistungen innerhalb vorgegebener<br />
Frist gegenüber dem Vertragspartner zu dokumentieren,<br />
folgen aus der Natur der Beratungsleistung. Verbleibt<br />
es innerhalb der Rahmenbedingungen bei freier Arbeitzeit<br />
und freiem Arbeitsort und dient die Weisungsbefugnis ledig-