Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02
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Eine Entscheidung über die anstehende Rechtsfrage wäre<br />
auch in diesem Fall möglich gewesen.<br />
Dass in einem solchen Fall bei einer Entscheidung nach § 91 a<br />
ZPO die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen wären, lässt<br />
sich gerade unter diesen Gesichtspunkten § 91 a ZPO nicht<br />
entnehmen.<br />
■ Sächsisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 5. Februar <strong>2004</strong>, 5 Sa 575/03<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Roland Gross, Christianstraße<br />
27, 04105 Leipzig, Tel.: 0341/984 62–0, Fax: –24,<br />
email: leipzig@advo-gross.de; www.advo-gross.de<br />
229. Ordnungsgeld, Anordnung des persönlichen Erscheinens,<br />
Rechtzeitigkeit der Entschuldigung, Vertretung<br />
durch Rechtsanwalt<br />
1. Die Pflicht zum persönlichen Erscheinen geht grundsätzlich<br />
beruflichen (und auch privaten) Verpflichtungen vor, es<br />
sei denn, es stehen unzumutbare oder schwerwiegende Nachteile<br />
in Frage. Dass die persönliche Teilnahme des Beklagten<br />
an der Beendigung eines Bauabschnittes derartige Nachteile<br />
zur Folge gehabt hätte, liegt nicht auf der Hand und insoweit<br />
hat der Beklagte auch nichts weiter vorgebracht. Es ist auch<br />
nicht ohne weiteres einsichtig, weshalb dieser berufliche Termin<br />
nicht hätte verschoben werden können.<br />
2. Jedenfalls hätte der Beklagte dem Gericht rechtzeitig<br />
vor dem Gütetermin mitteilen müssen, dass er wegen<br />
eines unaufschiebbaren beruflichen Termins möglicherweise<br />
nicht an dem Gütetermin würde teilnehmen können. Mit<br />
unerwarteter längerer Dauer eines beruflichen Termins sowie<br />
verkehrsbedingten Verzögerungen bei Terminswahrnehmung<br />
an einem anderen Ort muss immer gerechnet werden. Dafür,<br />
dass dies bei dem vom Beklagten wahrgenommenen beruflichen<br />
Termin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />
ausgeschlossen erscheinen musste, ist nichts ersichtlich. Dass<br />
sich der berufliche Termin an sich erst so kurzfristig ergeben<br />
hätte, dass das Arbeitsgericht von der möglichen Verhinderung<br />
nicht rechtzeitig vor dem Termin hätte benachrichtigt<br />
werden können, macht der Beklagte selbst nicht geltend. –<br />
Schon das Unterlassen der möglichen rechtzeitigen Mitteilung<br />
einer Verhinderung oder möglicherweise zu erwartenden Verhinderung<br />
rechtzeitig vor dem Termin trägt die Verhängung<br />
von Ordnungsgeld.<br />
Durch rechtzeitigen entsprechenden Hinweis wird nämlich<br />
dem Gericht Gelegenheit gegeben, über eine eventuelle Terminsverlegung<br />
zu befinden, um eine Terminsteilnahme der<br />
persönlich geladenen Partei an einem anderen Termin zu ermöglichen.<br />
– Zudem stellt das Unterlassen der rechtzeitigen<br />
Mitteilung eines Hinderungsgrundes ebenso wie das unentschuldigte<br />
Fernbleiben selbst vom Termin eine Missachtung<br />
des Gerichts dar. Und auch das rechtfertig die Verhängung<br />
von Ordnungsgeld.<br />
<strong>02</strong>/04<br />
Rechtsprechung<br />
Sonstiges<br />
3. Der für den Beklagten im Termin aufgetretenen Rechtsanwalt<br />
kann nicht als Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2<br />
ZPO gesehen werden.<br />
3.1. Eine anstelle der persönlich geladenen Partei entsandte<br />
Person ist dann als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 ZPO<br />
anzuerkennen, wenn sie eigene Kenntnis des Streitstoffes so<br />
hat, wie sie die Partei selbst aufgrund Befassung mit dem<br />
dem Streitstoff zugrundeliegenden Sachverhalt und seinen<br />
Begleitumständen, in der Regel gewonnen durch unmittelbare<br />
Anschauung, hat. Das ist bei Prozessbevollmächtigten<br />
regelmäßig nicht der Fall. weil er nur in dieser Funktion mit<br />
dem Sachverhalt in Berührung kommt und von der Partei<br />
informiert wird. Im Laufe der Erörterung in der mündlichen<br />
Verhandlung können sich nämlich vorher nicht abzusehende<br />
(durchaus streitstoffbezogene) Fragen ergeben oder aufgeworfen<br />
werden, zu deren Klärung (selbst aufgrund einer umfassenden)<br />
bloßen Vorabinformation auch der Prozessbevollmächtigte<br />
nichts Substantielles beitragen kann.<br />
3.2. Ob tatsächlich die Förderung des Verfahrens – sei es<br />
durch Abschluss eines streitbeendenden Vergleiches, sei es<br />
durch Auflagen im Hinblick auf eine gebotene weitere Sachaufklärung<br />
– wegen des Fernbleibens der persönlich geladenen<br />
Partei gehindert wurde, kommt es nicht an. Die Rechtfertigung<br />
für die Sanktionsmaßnahme – Verhängung von Ordnungsgeld<br />
– ist nicht allein darin zu sehen, dass eine Förderung<br />
des Verfahrens wegen des Ausbleibens der persönlich<br />
geladenen Partei nicht erfolgen konnte, erschwert wurde. Weder<br />
Wortlaut noch Zweck des Gesetzes (§ 151 ArbGG, § 141<br />
ZPO) ist zu entnehmen, dass die Ordnungsmaßnahme grundsätzlich<br />
zu unterbleiben hätte, wenn das Ausbleiben der Partei<br />
eine Verzögerung des Verfahrens und seine Erledigung nicht<br />
bewirkt (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 98, 893, 894). –<br />
Hieraus folgt im Übrigen auch, dass die spätere Beilegung<br />
des Rechtsstreits durch Vergleich für sich kein ausreichender<br />
Anlass ist, oder gar die Pflicht begründet, von einer in der Sache<br />
angebrachten Verhängung von Ordnungsgeld abzusehen<br />
oder einen ergangenen Beschluss aufzuheben.<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 24. September 2003, 4 Ta 213/03<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Werner Mansholt, Rheinstraße<br />
30, 64283 Darmstadt, Tel.: 06151/262 64, Fax: 254 61<br />
230. Prozesskostenhilfe, Mutwilligkeit, Abwehr einer unnötigen<br />
Änderungskündigung, Direktionsrecht bei Sekretärin<br />
1. Ist eine Arbeitnehmerin nach dem Arbeitsvertrag als<br />
Schreibkraft in der Anzeigenannahme eingestellt und hat<br />
sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vorbehalten, der<br />
Arbeitnehmerin im Rahmen des Zumutbaren auch andere<br />
Arbeiten zuzuweisen, und will er sie zukünftig als Schreibkraft<br />
im sogenannten Akquisitionsbüro beschäftigen, dann bedarf<br />
es keiner Änderungskündigung<br />
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