Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02
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Rechtsprechung<br />
Tarifrecht<br />
211. Jahressonderzahlung Bemessung nach Einkommensminderung,<br />
Auslegung eines Tarifvertrags<br />
Die im Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte in<br />
§ 2 Abs. 1 vorgesehene Regelung, nach der die Zuwendung<br />
dem Betrag entspricht, den der Angestellte als Urlaubsvergütung<br />
erhalten hätte, wenn er während des ganzen Monats<br />
September Erholungsurlaub gehabt hätte, ist auch dann anzuwenden,<br />
wenn der Angestellte ab September eine bleibende<br />
Einkommensminderung dadurch erfährt, dass er wegen geminderter<br />
Erwerbsfähigkeit teilverrentet wird.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 29. November 20<strong>02</strong>, 11 Sa 719/<strong>02</strong><br />
212. (Keine) Dienstanrechnung von Sonderurlaub als<br />
Dienst- und Jubiläumszeit, §§ 19, 20, 50 BAT<br />
Während eines Sonderurlaubs nach § 50 BAT liegt ein ruhendes<br />
Arbeitsverhältnis vor (vgl. Urteil des BAG vom 08.11.1978<br />
in AP Nr. 10 zu § 50 BAT). Ein ruhendes Arbeitsverhältnis ist<br />
keine Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber und kann<br />
deshalb als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT nicht gewertet<br />
werden. Sie gelten aber auch nicht als Dienstzeit nach<br />
§ 20 BAT, denn sie sind keine nach den Absätzen 2 bis 6 des<br />
§ 20 BAT anrechenbare Zeiten früherer Beschäftigung, wie sie<br />
in Abs. 1 aufgeführt sind (vgl. Böhm / Spiertz / Sporne / Steinherr,<br />
BAT, § 50 Rn 70; Clemens / Scheuring / Steingen / Wiese, BAT,§ 50<br />
Nr. 3). Insoweit entspricht der Absatz 3 des 50 BAT dem früheren<br />
Absatz 2, der ausdrücklich klarstellt, dass ausnahmsweise<br />
eine Anrechnung des Sonderurlaubs als Beschäftigungszeit in<br />
Fällen des Absatz 1 nicht möglich ist, wenn ein dienstliches<br />
oder betriebliches Interesse durch den Arbeitgeber vor Antritt<br />
des Sonderurlaubs nicht schriftlich anerkannt wird. Dies<br />
entspricht dem geltenden Recht, weil ein dienstliches oder<br />
betriebliches Interesse an einem Sonderurlaub aus familiären<br />
Gründen nicht denkbar ist.<br />
Auch hinsichtlich der Jubiläumszeit findet eine Anrechnung<br />
von Sonderurlaub aus nichtdienstlichen Gründen nicht statt.<br />
Voraussetzung für die Zahlung der Jubiläumszuwendung in<br />
Niedersachen ist der DZTV. Er stellt in § 1 Abs. 1 auf die Dienstzeit<br />
ab, die in § 20 BAT geregelt ist. § 1 Abs. 1 BZTV regelt lediglich<br />
Sonderfälle, in denen der Arbeitgeber nach § 50 Abs. 2<br />
vor Antritt des Sonderurlaubs ein dienstliches oder betriebliches<br />
Interesse an der Beurlaubung schriftlich anerkannt und<br />
geregelt hat. In diesen Fällen ist dem Angestellten bei Wiederaufnahme<br />
der Arbeit die Jubiläumszuwendung für die zuletzt<br />
vollendete Dienstzeit zu gewähren. Dies ist bei der Klägerin<br />
unstreitig nicht der Fall, denn sie hat den Sonderurlaub aus<br />
familiären Gründen genommen. Ein dienstliches oder betriebliches<br />
Interesse für den Sonderurlaub liegt unstreitig nicht vor.<br />
Beschäftigungs- und Dienstzeit ist deshalb um die Zeit des<br />
nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 BAT gewährten Sonderurlaubs<br />
hinauszuschieben (vgl. Böhm / Spiertz / Sporne / Steinherr<br />
a.a.O.).<br />
128 <strong>02</strong>/04<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />
vom 21. Oktober 20<strong>02</strong>, 11 Sa 1039, Revision zugelassen<br />
213. Nachwirkung Tarifvertrag, § 4 Abs. 5 TVG<br />
Die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG beschränkt sich darauf,<br />
bis zum Abschluss einer anderen Abmachung den materiellrechtlichen<br />
Zustand für das Arbeitsverhältnis beizubehalten,<br />
der beim Eintritt der Nachwirkung bestanden hat. Das gilt<br />
auch dann, wenn die nachwirkende Tarifnorm auf eine fremde<br />
Tarifnorm verweist, die während der Zeit der Nachwirkung inhaltlich<br />
geändert wird. An künftigen Änderungen der in Bezug<br />
genommenen Regelung nimmt die nur noch nachwirkende<br />
Tarifbestimmung nicht mehr teil. Dabei macht es keinen Unterschied,<br />
ob der nachwirkende Tarifvertrag quasi als Blankettverweisung<br />
auf einen anderen Tarifvertrag verweist, der<br />
später geändert wird, oder ob nur einzelne Bestandteile eines<br />
Tarifvertrages – z.B. die Höhe des Tarifentgelts – in Bezug<br />
genommen werden.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />
vom 24. Januar 2003, 3 Sa 1263/<strong>02</strong> + 3 Sa 1264/<strong>02</strong> (Parallelverfahren),<br />
Revision zugelassen<br />
214. Neuausrichtung der Bundeswehr, Vorhandwerkerzulage,<br />
Einkommenssicherung, Tarifvertrag über sozialverträgliche<br />
Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der<br />
Umgestaltung der Bundeswehr; Tarifvertrag Rationalisierungsschutz<br />
Die Anwendung des am 01.06.2001 in Kraft getretenen Tarifvertrages<br />
über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen bei der<br />
Umgestaltung der Bundeswehr setzt nach § 1 Abs. 1 voraus,<br />
dass der Arbeitsplatz „auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr“<br />
weggefallen ist. Darunter fallen auch Organisationsentscheidungen,<br />
die vor dem 01.06.2001 getroffen wurden,<br />
und die auf dem Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000 beruhen<br />
(Auslegung der Protokollnotiz Nr. 1).<br />
Für zuvor beschlossene Rationalisierungsmaßnahmen erfolgt<br />
eine Lohnsicherung nach Maßgabe des Tarifvertrages Rationalisierungsschutz,<br />
wenn im Zuge der Neuausrichtung der<br />
Bundeswehr langfristig eine Standortschließung erfolgen soll,<br />
sofern die Rationalisierungsmaßnahme davon unabhängig<br />
realisiert wird.<br />
Entfällt der Arbeitsplatz eines Vorhandwerkers infolge der<br />
am 09.10.1999 dem Grunde nach beschlossenen Optimierung<br />
der technischen Betriebsdienste erst im Oktober 2000, findet<br />
eine Sicherung der Vorhandwerkerzulage nach Maßgabe des<br />
Tarifvertrages Rationalisierungsschutz statt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />
vom 10. März 2003, 5 Sa 1626/<strong>02</strong>, Revision zugelassen<br />
215. (nur) vorübergehende Übertragung höherwertiger<br />
Tätigkeit, Zulässigkeitsvoraussetzung<br />
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen<br />
Tätigkeit mit Hilfe von Haushaltsmitteln, welche durch die