Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02
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nicht erforderlich, insbesondere dann nicht, wenn er bei seiner<br />
ersten Anhörung bereits jede Tatbeteiligung abgestritten<br />
hat. Ob eine Verbindung zwischen Verdacht der Straftat und<br />
Behinderung besteht, ist vom Integrationsamt zu würdigen.<br />
Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens hat der Arbeitgeber<br />
ausreichend Gelegenheit, sich darüber klar zu werden, ob er<br />
die Kündigungsmöglichkeit, die durch das Zustimmungsverfahren<br />
eröffnet wird, nutzen möchte. Das Verstreichen der<br />
Frist des § 91 Abs. 2 SGB IX ist von den Arbeitsgerichten zu<br />
prüfen und wird nicht durch eine Entscheidung des Integrationsamtes<br />
präjudiziert.<br />
■ Landesarbeitsgericht Köln<br />
vom 4. August 2003, 2 Sa 400/03<br />
185. Verhaltensbedingte fristlose Kündigung, sexuelle Belästigung,<br />
§ 626 BGB<br />
Sexuelle Übergriffe eines Vorgesetzten (tätliche Belästigungen)<br />
während der Arbeitszeit gegenüber weiblichen Mitarbeiterinnen<br />
rechtfertigen regelmäßig eine fristlose Kündigung<br />
auch ohne Abmahnung, wenn es sich um äußerst massive<br />
tätliche Belästigung handelt.<br />
■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />
vom 21. Januar 2003, 12 Sa 1418/<strong>02</strong>, Revision eingelegt unter<br />
2 AZR 341/03<br />
186. Verhaltensbedingte Kündigung, Verzicht auf den Einwand<br />
der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist, Mitnahme<br />
von Akten durch angestellten Rechtsanwalt, Einzelfallentscheidung<br />
1. Erwidert der Arbeitgeber auf die irrig zu kurz bemessene<br />
Frist der Kündigung des Arbeitnehmers mit keinem Wort die<br />
Nichteinhaltung der Kündigungsfrist, sondern lediglich eine<br />
Vereinbarung über die zu erfolgende Abrechnung und über<br />
das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses, so konnte der<br />
Kläger dieser entnehmen, dass die Beklagte jedenfalls mit<br />
einer rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum<br />
genannten Termin einverstanden war.<br />
2. Soweit die Beklagte dem Kläger die Entfernung der Akten,<br />
der Aktenhüllen und der Ordner aus der Kanzlei vorwerfe,<br />
ist dieser Vorwurf grundsätzlich berechtigt. Auch wenn<br />
der Kläger die lnsolvenzakten als Insolvenzverwalter selbst<br />
führte, hatte er seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter jedoch<br />
im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten grundsätzlich<br />
in den Kanzleiräumen gegen Vergütung auszuführen. Er<br />
hatte daher keine uneingeschränkte Verfügungsmacht über,<br />
die Akten, die Beklagten mussten ihm lediglich den uneingeschränkten<br />
Zugang zu den Akten zur Ausführung seiner<br />
Tätigkeit als lnsolvenzverwalter ermöglichen. Hinsichtlich der<br />
Prozessakten war die Beklagte mandatiert, so dass ihnen die<br />
Verfügungsmacht über die Akten zustand. Der Kläger als Partei<br />
und unter Umständen als sachbearbeitender Rechtsan-<br />
<strong>02</strong>/04<br />
Rechtsprechung<br />
Kündigungsschutz<br />
walt der Rechtsstreitigkeiten hatte kein alleiniges Dispositionsrecht.<br />
Wenn das Verhalten des Klägers auch grundsätzlich den Ausspruch<br />
einer fristlosen Kündigung rechtfertigen kann, hält die<br />
Berufungskammer diese Reaktion der Beklagten dennoch für<br />
unverhältnismäßig.<br />
Die Beklagte hat in Kenntnis des Kündigungsschreibens des<br />
Klägers (Zugang 9.1.20<strong>02</strong>) und in Kenntnis von der Entfernung<br />
der Akten, Aktendeckel und Ordner das Schreiben vom<br />
11. Januar 20<strong>02</strong> an den Kläger gerichtet, in dem sie ihre Vorstellungen<br />
über noch zu klärende Punkte der bei der Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses äußerte.<br />
Wenn ihr soviel an den Akten, Aktendeckeln und Ordnern<br />
gelegen war, wie sie es nunmehr darstellt, hätte sie ohne<br />
Weiteres im Schreiben vom 11. Januar 20<strong>02</strong> den Kläger unter<br />
Fristsetzung zum sofortigen Zurückbringen der entfernten<br />
Sachen auffordern können und auch müssen, um in ihm<br />
nicht den Eindruck zu erwecken, der Beklagten läge an diesen<br />
Dingen nichts, jedenfalls nicht vordringlich.<br />
■ Landesarbeitsgericht Berlin<br />
vom 22. Januar <strong>2004</strong>, 14 Sa 2156/03<br />
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Rolf Zeißig, Reinhardtstraße<br />
29, 10117 Berlin, Tel.: 030/24 75 74–0, Fax: 24 24 555,<br />
email: berlin@zenk.com; www.zenk.com<br />
187. Verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung,<br />
Diebstahl, Nachweis durch unglaubwürdige Einlassung<br />
Wenn in der Wohnung des Mitarbeiters eines Automobilwerkes<br />
große Mengen von Kfz-Ersatzteilen gefunden werden,<br />
ohne Belege über deren Kauf, dann ist die Behauptung des<br />
Klägers widersprüchlich, er habe einerseits aus bloßem uneigennützigen<br />
Interesse Ersatzteile gesammelt, andererseits<br />
aber Teile zum Verbringen in die Türkei zusammengestellt.<br />
Diese Einlassung des Klägers spricht nämlich dafür, dass er<br />
mit den Ersatzteilen gehandelt hat, weshalb er schon steuerrechtlich<br />
zu einer Buchhaltung verpflichtet gewesen wäre<br />
und eben nicht darauf vertrauen konnte, es würden von ihm<br />
keine Belege für den Erwerb der Teile erwartet. Gänzlich unglaubwürdig<br />
ist aber die Einlassung, der Kläger habe einer<br />
Gitterbox Teile entnommen, um demonstrieren zu können,<br />
dass Kollegen nicht ordnungsgemäß arbeiten, nämlich die<br />
Gitterbox nicht leer zur Reinigung an den Arbeitsplatz des<br />
Klägers verbringen. Das Berufungsgericht hält diese Einlassung<br />
des Klägers für eine Schutzbehauptung. Sie ist absolut<br />
unlogisch, wobei der Kläger nicht den Eindruck erweckte, zu<br />
folgerichtigem Denken nicht befähigt zu sein bzw. sonst wie<br />
zu sinnwidrigem Verhalten zu neigen.<br />
Unter Würdigung des gesamten Tatsachenstoffs gem. § 286<br />
ZPO hält das Berufungsgericht daher für bewiesen, dass der<br />
Kläger bewegliche Sachen, die im Eigentum der Beklagten<br />
stehen, entwendet hat bzw. versucht hat, zu entwenden.<br />
■ Hessisches Landesarbeitsgericht<br />
vom 29. Oktober 2003, 6 Sa 1113/<strong>02</strong><br />
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