09.10.2013 Aufrufe

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Rechtsprechung<br />

Kündigungsschutz<br />

Abs. 3 Satz 1 WRV (BVerfG, a.a.O.; BAG, Urteil v. 21.2.2001,<br />

a.a.O.).<br />

2.2. Nach Abwägung der Einzelfallinteressen und der besonderen<br />

Umstände des vorliegenden Falls kann das Berufungsgericht<br />

nicht feststellen, dass das Interesse der Beklagten an<br />

einem sofortigen Ende des Arbeitsverhältnisses die Interessen<br />

des Klägers, zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist noch<br />

beschäftigt zu bleiben, überwiegen.<br />

Zugunsten der Beklagten und ihrem Interessen an einer sofortigen<br />

Lösung des Arbeitsverhältnisses spricht die Schwere<br />

und Eindeutigkeit der klägerischen Vertragsverletzung. Die<br />

Eignung des Klägers zur weiteren Arbeitsleistung bei der Beklagten<br />

entfällt auf Dauer. Indessen betrifft die Störung vornehmlich<br />

das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien mit<br />

der für die Beklagte wichtigen Außenwirkung. Für die Zeit<br />

der Kündigungsfrist bleibt der Kläger gleichwohl zur Erfüllung<br />

seiner tatsächlichen Arbeit in der Lage. Obwohl der Kläger<br />

bereits 20<strong>02</strong> aus der Kirche ausgetreten ist, hat er – allerdings<br />

ohne Wissen der Beklagten vom Kirchenaustritt – bis Anfang<br />

2003 weitergearbeitet. Der Kläger hat die Beklagte weder sofort<br />

noch später von seinem Kirchenaustritt informiert. Sie<br />

hat davon erst durch die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte<br />

des Klägers Kenntnis erhalten. Dies lässt erkennen, dass der<br />

Kläger nicht einmal gegenüber der Beklagten, geschweige<br />

denn gegenüber den anderen Mitarbeitern oder der weiteren<br />

Öffentlichkeit seine durch den Kirchenaustritt dokumentierte<br />

Abwendung von den kirchlichen Grundsätzen herausstellt.<br />

Dieses Verhalten mindert zwar nicht die Bedeutung<br />

seines Vertragsverstoßes, wohl aber das Interesse der Beklagten<br />

an einer sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses. Über<br />

den bloßen Austrittsakt hinausgehend hat der Kläger weder<br />

die Gemeinschaft der bei der Beklagten Beschäftigten noch<br />

das Auftreten der Beklagten als Einrichtung des Diakonischen<br />

Werkes nach außen gestört oder beeinträchtigt.<br />

Zwar umfasst die Kündigungsfrist gem. § 30 Abs. 1 AVR sechs<br />

Monate, ist mithin relativ lang; jedoch sind die bereits oben<br />

erwähnten sozialen Erschwernisse des Klägers aufgrund der<br />

Kündigung der Beklagten demgegenüber stärker zu berücksichtigen.<br />

■ Landesarbeitsgericht Brandenburg<br />

vom 13. November 2003, 2 Sa 410/03<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas Baumgarten, Budapester<br />

Straße 40, 10787 Berlin, Tel.: 030/254 591–60, Fax: –66,<br />

email: www.advocati.de; th.baumgarten@advocati.de<br />

181. Kündigung, Schwerbehinderte, Insolvenz, §§ 129,<br />

130, 133 InsO, 85 SGB IX<br />

§ 85 SGB IX gilt auch bei einer Kündigung im Insolvenzverfahren.<br />

Eine Insolvenzanfechtung des Antrages auf Feststellung<br />

des Grades der Behinderung nach den §§ 130, 133 InsO<br />

kommt nicht in Betracht.<br />

■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />

vom 4. April 2003, 16 Sa 1646/<strong>02</strong><br />

118 <strong>02</strong>/04<br />

182. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung,<br />

gesundheitliche Verhinderung<br />

Nach § 5 KSchG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist – auf Antrag<br />

– eine verspätete Kündigungsschutzklage nur dann nachträglich<br />

zuzulassen, wenn der betroffene Arbeitnehmer nach<br />

erfolgter Kündigung „trotz Anwendung aller ihm nach Lage<br />

der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert“ war, die<br />

Klage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung<br />

zu erheben. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.<br />

Insbesondere rechtfertigt die Krankheit des Klägers allein<br />

noch nicht die nachträgliche Zulassung. Etwas anderes wäre<br />

nur dann der Fall, wenn der Kläger durch die Krankheit an<br />

der Erhebung der Klage verhindert war, d.h. die Krankheit<br />

so beschaffen war, dass er aus medizinischen Gründen<br />

die Wohnung nicht verlassen konnte und deshalb weder<br />

die Klage selbst noch durch beauftragte dritte Personen<br />

einreichen noch sich Rechtsrat einholen konnte (ErfK/Ascheid<br />

§ 5 KSchG Rn 14). Nach dem Vortrag des Klägers hatte dieser<br />

sich Rechtsrat eingeholt und wurde von seiner Ehefrau zu den<br />

verschiedenen Terminen gefahren. Vor diesem Hintergrund<br />

wäre es ihm möglich gewesen, selber die Klage zu erheben.<br />

Selbst wenn man dem Attest der behandelnden Ärztin folgen<br />

wollte, wonach der Kläger während des Zeitraums 24.08. bis<br />

30.08. nicht in der Lage war, Behördengänge zu erledigen,<br />

gibt es keine Anhaltspunkte dafür, warum der Kläger –<br />

nachdem er Rechtsrat eingeholt hatte – die Klage nicht durch<br />

seine Ehegattin einreichen konnte.<br />

■ Arbeitsgericht Rostock<br />

vom 17. Dezember 20<strong>02</strong>, 1 Ca 2853/<strong>02</strong><br />

eingereicht von Rechtsanwalt Wolfram Müller-Wichards,<br />

Breite Straße 7, 23552 Lübeck, Tel.: 0451/50 11 88, Fax:<br />

5<strong>02</strong> 11 59,<br />

email: RA.Mueller-Wichards@t-online.de<br />

183. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdachtskündigung,<br />

Vorteilsannahme, Interessenabwägung<br />

Der dringende Verdacht, unter Ausnutzung seiner arbeitsvertraglichen<br />

Stellung von einem Zulieferunternehmen des Arbeitgebers<br />

Zahlungen zum eigenen Vorteil in einer Größenordnung<br />

von mehreren tausend DM verlangt zu haben, ist<br />

geeignet, die außerordentliche Kündigung auch eines bereits<br />

sehr langfristig bestehenden Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.<br />

■ Landesarbeitsgericht Köln<br />

vom 21. Mai 2003, 7 Sa 819/<strong>02</strong><br />

184. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdachtskündigung,<br />

Anhörung, Integrationsamt, Fristversäumung<br />

Ist ein Arbeitnehmer vor Kenntnis von dessen Schwerbehinderung<br />

bereits zum Verdacht (hier: des Betrugs) angehört<br />

worden, beginnt die Frist zur Antragstellung nach § 91 Abs. 2<br />

SGB IX mit Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung.<br />

Eine erneute Stellungnahme des Arbeitnehmers ist

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!