Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02

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Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist. ■ Landesarbeitsgericht Köln vom 10. Juli 2003, 10 Sa 1216/02 158. Klauselverbot § 309 Nr 13 BGB, zweistufige Ausschlussfrist; Hemmung, Geltendmachung durch widerruflichen Vergleich 1. Das Klauselverbot des § 309 Nr 13 BGB 2002 steht einer zweistufigen Ausschlussfrist in einem arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht entgegen. 2. Durch Aufnahme in einen Widerrufsvergleich wird eine Forderung des Arbeitnehmers einem tarifvertraglichen Schriftformerfordernis entsprechend geltend gemacht (§§ 126 Abs. 4, 127 a BGB). Diese Geltendmachung wird durch einen späteren Widerruf nicht berührt. 3. Die Einstellung einer Forderung in einen später widerrufenen Prozessvergleich stellt keine gerichtliche Geltendmachung zur Wahrung einer zweistufigen Ausschlussfrist dar. 4. Es spricht viel dafür, dass der Lauf einer Klagefrist bis zum Widerruf eines den Anspruch mitregelnden Prozessvergleichs analog § 205 BGB 2002 gehemmt wird und dass diese Hemmung analog § 206 BGB 2002 andauert, wenn dem Arbeitnehmer trotz erfolgten Widerrufs eine vollstreckbare Ausfertigung des Prozessvergleichs erteilt worden ist, bis ihm der Widerruf mitgeteilt wird. ■ Landesarbeitsgericht Berlin vom 10. Oktober 2003, 6 Sa 1058/03 159. Lohnsteuer, Abführungspflicht des Arbeitgebers, Erstattungsanspruch des Arbeitgebers Zahlt der Arbeitgeber aufgrund der Haftungsklausel des § 42 d EStG die Lohnsteuer für Dienstwagen, die der Arbeitnehmer gemäß §§ 6 Abs. 1 Nr 4, 8 Abs. 2 S. 3 u. 4 EStG zu tragen hat, hat er gegen den Arbeitnehmer einen Rückerstattungsanspruch gemäß § 670 BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 362 BGB. ■ Landesarbeitsgericht Berlin vom 5. September 2003, 13 Sa 1094/03 160. Nachweisgesetz, Verletzung, Folgen Gelingt dem Arbeitnehmer der Beweis seiner Behauptung des Abschlusses einer bestimmten Entgeltvereinbarung nicht, ist das Gericht aber auch nicht davon überzeugt, dass die Behauptung des Arbeitnehmers unwahr ist, so geht in dieser Situation des non-liquet die Unmöglichkeit der Tatsachenaufklärung zu Lasten des Arbeitgebers, wenn dieser entgegen § 2 NachwG dem Arbeitnehmer keinen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen erteilt hat. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 21. Februar 2003, 10 Sa 1683/02 110 02/04 161. Sittenwidrigkeit einer Sicherungsabtretung, §§ 134, 138, 398, 488 BGB, 829, 835, 836, 850, 850 c, 850 d ZPO Ein Arbeitnehmer, der mit seiner Bank zur Sicherung von Darlehen eine Sicherungsabtretung seines Entgeltes vereinbart, handelt gegenüber der Pfändungsgläubigerin in einer gegen die Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO verstoßenden Weise, wenn ihm gleichzeitig die Bank vereinbarungsgemäß die volle Verfügung über seine Konten auch in Höhe des abgetretenen Betrages einräumt. Der Zweck der Vorschriften über den Pfändungsschutz von Arbeitseinkommen nach dem § 850 ff. ZPO liegt nicht nur darin, einem Arbeitnehmer oder sonstigem Dienstverpflichteten soviel zu belassen, dass er mit dem unpfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, sondern auch darin, den Gläubigern des Arbeitnehmers den Zugriff auf das Arbeitseinkommen insoweit zu gestatten, als es in der vom Gesetz festgelegten Höhe nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes des Arbeitnehmers oder Dienstverpflichteten erforderlich ist. Dieser Gesetzeszweck wird dadurch umgangen, dass der Kläger als eigentlicher Schuldner auf Grund der Ermächtigung der Bank in die Lage versetzt wird, auch den Betrag, der über den pfändungsfreien Betrag hinausgeht, im eigenen Namen von der Beklagten einzufordern und diesen auch für eigene Zwecke zu verwenden, ohne dass der Gläubigerin eine Zugriffsmöglichkeit gestattet werden soll. Dieses verletzt berechtigte Interessen der damaligen Ehefrau des Klägers. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in das Vermögen vollstrecken zu können. Zwar muss sie es grundsätzlich hinnehmen, dass vorrangige Gläubiger vor ihr Zugriff auf das Vermögen des Klägers erhalten. Soweit diese Sicherungsabtretung aber in der Form stattfindet, dass der Kläger im eigenen Namen die Gelder auf sein Konto zur freien Verfügung einziehen kann, sind grundlegende Vorschriften des Pfändungsschutzes verletzt (vgl. Urteil des BAG vom 24.10.1979, Az. 4 AZR 805/ 77, in AP Nr. 6 zu § 829 ZPO). ■ Landesarbeitsgericht Niedersachen vom 14. Februar 2003, 16 Sa 1221/02 162. Klage auf Zustimmung zur Teilzeitbeschäftigung, insbesondere betriebliche Gründe und unverhältnismäßige Kosten für Arbeitgeber, § 8 TzBfG 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, darunter auch die der Verringerung der Arbeitszeit gemäß §§ 8 Abs. 4 S. 1, 2 TzBfG entgegenstehenden betrieblichen Gründe, kommt es nach allgemeinen Grundsätzen auf die letzte mündliche Verhandlung an (ArbG Mönchengladbach, Urt. v. 30.5.2001–5 Ca 1157/01 – NZA 2001, 970; Diller, NZA 2001, 589; Grobys / Bram, NZA 2001, 1175; Rolfs, RdA 2001, 129; ErfK / Preis, TzBfG Rn 43; Schmidt, AuR 202, 245; Straub, NZA 2001, 925; differenzierend: Meinel / Heyn / Herms, § 8 Rn 123; Hanau, NZA 2001, 1168; a.A. LAG Baden-Württemberg,

Urt. v. 20.7.2000–3 Sa60/99 – n.v.; ArbG Arnsberg, Urt. v. 22.1.2002–1 Ca 804/01 – NZA 2002, 563; Beckschulze, DB 2000, 2606). Denn es handelt sich bei dem Anspruch auf Vertragsänderung nicht um ein einseitiges Gestaltungsrecht, dessen Wirksamkeit zu beurteilen ist. Nicht die Wirksamkeit der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers wird überprüft, sondern die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch zusteht. Ob die Ablehnung durch den Arbeitgeber zu dem vorgenommenen Zeitpunkt berechtigt war oder nicht, ist erst für die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG relevant (ErfK / Preis, a.a.O.). 2. Die Verletzung der dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 3 TzBfG obliegenden Verhandlungspflicht führt nicht zu Unwirksamkeit der Ablehnung. 3. Der Gesetzgeber wollte die inhaltlichen Anforderungen, unter denen ein Anspruch auf Teilzeitarbeit ausgeschlossen ist, also „betriebliche Gründe“ im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG, herabsetzen. Ausreichend sollen rationale und nachvollziehbare Gründe sein (vgl. BAG Urt. v. 18.2.2003– 9 AZR 164/02). Solche Gründe können im Fehlen einer geeigneten Ersatzkraft und/oder unverhältnismäßigen Kosten gesehen werden. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 26. Juni .2003, 4 Sa 1306/02 163. Teilzeitanspruch, Pflicht des Arbeitgebers anderen Arbeitnehmer zu finden, Zumutbarkeit einer Umorganisation, § 8 TzBfG 1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor Ablehnung eines Antrags auf Verringerung der Arbeitzeit zu versuchen, eine geeignete zusätzliche Arbeitskraft zu finden. Erforderlichenfalls ist auch eine zumutbare Umorganisation vorzunehmen, um eine geeignete Ersatzkraft einstellen zu können. 2. Die Einhaltung der Dreimonatsfrist gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, die zur vollständigen Unwirksamkeit des Antrags führt. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachen vom 12.09.2003, 16 Sa 138/03, Revision zugelassen 164. Teilzeitregelung, Erstattung von Rentenschaden Die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze über Voraussetzungen und Umfang von Hinweis- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit evtl. Rentennachteilen aufgrund eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers (vgl. hierzu BAG, Urt. Vom 17.10.2000–3 AZR 605/99 – AP 116 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht) gelten auch für den Umfang der Fürsorgepflicht im Zusammenhang mit etwaigen Rentennachteilen aufgrund der Vereinbarung geänderter Vertragsbedingungen, z.B. einer Teilzeitregelung. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachen vom 8. November 2002, 3 Sa 1477/01 B 02/04 Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht 165. Vergütung, Verjährung, Hemmung, höhere Gewalt, Verzicht auf die Einrede der Verjährung, keine Zinsen auf übergegangene Vergütungsteile 1. Nach der ständigen und auch gegen Kritik (hierzu weitere Nachweise KRSpilger, 6. Aufl., § 11 KSchG, Rn 22a) verteidigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelte es sich bei der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG oder einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gemäß § 256 ZPO nicht um eine die Verjährung der sich aus § 615 Abs. 1 BGB ergebenden Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers unterbrechende Befriedigungs- oder Feststellungsklage i.S. des § 209 Abs. 1 BGB a.F. (BAG, Urt. v. 7.11.1991, 2 AZR 159/91, AP Nr. 6 zu § 209 BGB, zu B. der Gründe). Dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Kammer bei gleichgelagerten Sachen in der Vergangenheit aus Respekt vor der Einheitlichkeit der Rechtsordnung schon deshalb gefolgt, weil spätestens in der Entscheidung vom 7.11.1991 sämtliche gegen die Rechtsprechung erhobenen Einwendungen erörtert und verworfen wurden sowie neue dagegen streitende Argumente nicht ersichtlich waren. In Sonderheit mache es keinen Unterschied, dass die Verjährung z. T. während des Verlaufs eines Verfassungsbeschwerde- Verfahrens vollendet wurde. Daran ist nach der grundlegenden Umgestaltung des Verjährungsrechts festzuhalten. Denn der Gesetzgeber hat die Unterbrechensregelung in § 209 Abs. 1 BGB a.F. in Kenntnis des geschilderten Problems in § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F., die Regelung über die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung, übernommen. 2. Nach § 203 Abs. 2 BGB a.F. war die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte durch „höhere Gewalt“ innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung verhindert war. Höhere Gewalt i.S.d. § 203 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Verhinderung auf Ereignissen beruht, die auch durch äußerste, vernünftigerweise noch zu erwartende Sorgfalt nicht hätte verhindert werden können. Schon das geringste Verschulden schließt höhere Gewalt aus (BAG, Urt. v. 29.11.1990– 2 AZR 312/90 –, APNr2zu§ 203 BGB m. N., zu II. 2. b der Gründe). Anerkannt ist allerdings, dass auch Fehler amtlicher Stellen sich als höhere Gewalt gegenüber einer rechtzeitigen Rechtsverfolgung darstellen können (BAG, Urt. v. 29.11.1990, a.a.O., zu II. 2. b aa der Gründe, m.w.N.). In der Entscheidung ist – im Zusammenhang mit einer amtlich bestätigten Undurchsetzbarkeit – ausgeführt, es hätte von dem Kläger des dortigen Ausgangsverfahrens nicht verlangt werden können, eine wirtschaftlich unsinnige Klage zu erheben. Jeder Anwalt hätte in Wahrung des Sprichworts, dass man „schlechtem Geld nicht noch gutes hinterherwerfen“ solle, von einem solchen Prozess abgeraten. Schlussend- 111

Urt. v. 20.7.2000–3 Sa60/99 – n.v.; ArbG Arnsberg, Urt.<br />

v. 22.1.20<strong>02</strong>–1 Ca 804/01 – NZA 20<strong>02</strong>, 563; Beckschulze, DB<br />

2000, 2606). Denn es handelt sich bei dem Anspruch auf<br />

Vertragsänderung nicht um ein einseitiges Gestaltungsrecht,<br />

dessen Wirksamkeit zu beurteilen ist. Nicht die Wirksamkeit<br />

der Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers wird überprüft,<br />

sondern die Frage, ob dem Arbeitnehmer ein Anspruch<br />

zusteht. Ob die Ablehnung durch den Arbeitgeber zu dem<br />

vorgenommenen Zeitpunkt berechtigt war oder nicht, ist erst<br />

für die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG relevant (ErfK / Preis,<br />

a.a.O.).<br />

2. Die Verletzung der dem Arbeitgeber nach § 8 Abs. 3 TzBfG<br />

obliegenden Verhandlungspflicht führt nicht zu Unwirksamkeit<br />

der Ablehnung.<br />

3. Der Gesetzgeber wollte die inhaltlichen Anforderungen,<br />

unter denen ein Anspruch auf Teilzeitarbeit ausgeschlossen<br />

ist, also „betriebliche Gründe“ im Sinne von § 8 Abs. 4<br />

S. 1 TzBfG, herabsetzen. Ausreichend sollen rationale und<br />

nachvollziehbare Gründe sein (vgl. BAG Urt. v. 18.2.2003–<br />

9 AZR 164/<strong>02</strong>). Solche Gründe können im Fehlen einer geeigneten<br />

Ersatzkraft und/oder unverhältnismäßigen Kosten<br />

gesehen werden.<br />

■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />

vom 26. Juni .2003, 4 Sa 1306/<strong>02</strong><br />

163. Teilzeitanspruch, Pflicht des Arbeitgebers anderen<br />

Arbeitnehmer zu finden, Zumutbarkeit einer Umorganisation,<br />

§ 8 TzBfG<br />

1. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor Ablehnung eines Antrags<br />

auf Verringerung der Arbeitzeit zu versuchen, eine geeignete<br />

zusätzliche Arbeitskraft zu finden.<br />

Erforderlichenfalls ist auch eine zumutbare Umorganisation<br />

vorzunehmen, um eine geeignete Ersatzkraft einstellen zu<br />

können.<br />

2. Die Einhaltung der Dreimonatsfrist gemäß § 8 Abs. 2<br />

TzBfG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, die zur vollständigen<br />

Unwirksamkeit des Antrags führt.<br />

■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />

vom 12.09.2003, 16 Sa 138/03, Revision zugelassen<br />

164. Teilzeitregelung, Erstattung von Rentenschaden<br />

Die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

entwickelten Grundsätze über Voraussetzungen und Umfang<br />

von Hinweis- und Aufklärungspflichten des Arbeitgebers im<br />

Zusammenhang mit evtl. Rentennachteilen aufgrund eines<br />

vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers (vgl. hierzu BAG,<br />

Urt. Vom 17.10.2000–3 AZR 605/99 – AP 116 zu § 611 BGB<br />

Fürsorgepflicht) gelten auch für den Umfang der Fürsorgepflicht<br />

im Zusammenhang mit etwaigen Rentennachteilen<br />

aufgrund der Vereinbarung geänderter Vertragsbedingungen,<br />

z.B. einer Teilzeitregelung.<br />

■ Landesarbeitsgericht Niedersachen<br />

vom 8. November 20<strong>02</strong>, 3 Sa 1477/01 B<br />

<strong>02</strong>/04<br />

Rechtsprechung<br />

Allgemeines Vertragsrecht<br />

165. Vergütung, Verjährung, Hemmung, höhere Gewalt,<br />

Verzicht auf die Einrede der Verjährung, keine Zinsen auf<br />

übergegangene Vergütungsteile<br />

1. Nach der ständigen und auch gegen Kritik (hierzu weitere<br />

Nachweise KRSpilger, 6. Aufl., § 11 KSchG, Rn 22a) verteidigten<br />

Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelte es sich<br />

bei der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG oder einer<br />

Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses<br />

gemäß § 256 ZPO nicht um eine die Verjährung der sich<br />

aus § 615 Abs. 1 BGB ergebenden Zahlungsansprüche des<br />

Arbeitnehmers unterbrechende Befriedigungs- oder Feststellungsklage<br />

i.S. des § 209 Abs. 1 BGB a.F. (BAG, Urt. v. 7.11.1991,<br />

2 AZR 159/91, AP Nr. 6 zu § 209 BGB, zu B. der Gründe).<br />

Dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die<br />

Kammer bei gleichgelagerten Sachen in der Vergangenheit<br />

aus Respekt vor der Einheitlichkeit der Rechtsordnung schon<br />

deshalb gefolgt, weil spätestens in der Entscheidung vom<br />

7.11.1991 sämtliche gegen die Rechtsprechung erhobenen<br />

Einwendungen erörtert und verworfen wurden sowie neue<br />

dagegen streitende Argumente nicht ersichtlich waren. In<br />

Sonderheit mache es keinen Unterschied, dass die Verjährung<br />

z. T. während des Verlaufs eines Verfassungsbeschwerde-<br />

Verfahrens vollendet wurde.<br />

Daran ist nach der grundlegenden Umgestaltung des Verjährungsrechts<br />

festzuhalten. Denn der Gesetzgeber hat die<br />

Unterbrechensregelung in § 209 Abs. 1 BGB a.F. in Kenntnis<br />

des geschilderten Problems in § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F., die<br />

Regelung über die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung,<br />

übernommen.<br />

2. Nach § 203 Abs. 2 BGB a.F. war die Verjährung gehemmt,<br />

solange der Berechtigte durch „höhere Gewalt“ innerhalb der<br />

letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung<br />

verhindert war.<br />

Höhere Gewalt i.S.d. § 203 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Verhinderung<br />

auf Ereignissen beruht, die auch durch äußerste,<br />

vernünftigerweise noch zu erwartende Sorgfalt nicht hätte<br />

verhindert werden können. Schon das geringste Verschulden<br />

schließt höhere Gewalt aus (BAG, Urt. v. 29.11.1990–<br />

2 AZR 312/90 –, APNr2zu§ 203 BGB m. N., zu II. 2. b der<br />

Gründe). Anerkannt ist allerdings, dass auch Fehler amtlicher<br />

Stellen sich als höhere Gewalt gegenüber einer rechtzeitigen<br />

Rechtsverfolgung darstellen können (BAG, Urt. v. 29.11.1990,<br />

a.a.O., zu II. 2. b aa der Gründe, m.w.N.).<br />

In der Entscheidung ist – im Zusammenhang mit einer amtlich<br />

bestätigten Undurchsetzbarkeit – ausgeführt, es hätte<br />

von dem Kläger des dortigen Ausgangsverfahrens nicht verlangt<br />

werden können, eine wirtschaftlich unsinnige Klage zu<br />

erheben. Jeder Anwalt hätte in Wahrung des Sprichworts,<br />

dass man „schlechtem Geld nicht noch gutes hinterherwerfen“<br />

solle, von einem solchen Prozess abgeraten. Schlussend-<br />

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