Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2004-02
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Allgemeines Vertragsrecht<br />
129. Abmahnung bei Vorwürfen gegenüber Vorgesetzten<br />
durch Vorlage einer „Eidesstattlichen Versicherung“ beim<br />
Personalrat<br />
1. Wendet sich ein Arbeitnehmer mit einer sogenannten „Eidesstattlichen<br />
Versicherung“, in der er eine Vorgesetzte eines<br />
Fehlverhaltens bezichtigt, an den Personalrat, so will er regelmäßig<br />
sein Beschwerderecht gegenüber der Personalvertretung<br />
ausüben.<br />
2. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Vorwürfe des Arbeitnehmers<br />
kann in diesem Verhalten regelmäßig weder eine<br />
Vertragspflichtverletzung noch eine Störung des Betriebsfriedens<br />
gesehen werden. Eine Abmahnung kommt deswegen<br />
nicht in Betracht.<br />
3. Es bleibt offen, ob hiervon eine Ausnahme im Falle schwerer,<br />
völlig haltloser Anschuldigungen gegen den Arbeitgeber<br />
oder Vorgesetzte zu machen ist.<br />
■ Arbeitsgericht Berlin<br />
vom 16. September 2003, 86 Ca 14.804/03, Berufung eingelegt<br />
130. Altersteilzeitarbeitsverhältnis, Vergütung, Aufstockungsbetrag,<br />
Tod des Arbeitnehmers in der aktiven<br />
Phase eines Blockmodells<br />
1. Am 10.8.1998 schlossen die Beklagte und der Erblasser<br />
eine Vereinbarung über Altersteilzeit ab. Das Altersteilzeitverhältnis<br />
sollte am 1.10.1998 beginnen und am 30.9.2003<br />
gemeinsam mit dem Arbeitsverhältnis enden. Das Altersteilzeitverhältnis<br />
sollte als so genanntes Blockmodell abgewickelt<br />
werden.<br />
Die Arbeitsvergütung sollte kontinuierlich für die gesamte<br />
Zeit der Altersteilzeit – aktive und passive Phase – 50 %<br />
des monatlichen Bruttoentgeltes von 1.970,25 Euro betragen.<br />
Zusätzlich sollte ein Aufstockungsbetrag gezahlt werden, so<br />
dass der Arbeitnehmer 85 % des bisherigen Nettoentgeltes<br />
erzielt.<br />
Am 22.12.1999 verstarb der Erblasser. Der Altersteilzeittarifvertrag<br />
sieht in § 8 Ziff. 2 (Fassung vom 1.2.1977; jetzt § 10 der<br />
Fassung 2000) vor, dass im Todesfall die Ansprüche aufgrund<br />
geleisteter aber noch nicht vergüteter Arbeit auf die Erben<br />
übergehen.<br />
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung der<br />
vom Erblasser in der aktiven Phase zu 100 % erbrachten aber<br />
erst zu 50 % vergüteten Arbeitsleistung unter Berücksichtigung<br />
der steuerfreien Zuschläge.<br />
Bei der Berechnung der noch zu vergütenden Stunden dürfe<br />
der von der Beklagten geleistete Aufstockungsbetrag nicht<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die Beklagte hat vorgetragen, bei der Abrechnung der ge-<br />
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Rechtsprechung<br />
Allgemeines Vertragsrecht<br />
schuldeten Vergütungsansprüche müsse der Aufstockungsbetrag<br />
mit berücksichtigt werden. Bei einer vorzeitigen Beendigung<br />
des Altersteilzeitverhältnisses dürfe der Arbeitnehmer<br />
nicht mehr erhalten, als er ohne die Vereinbarung für seine<br />
Arbeit bekommen hätte.<br />
Das Altersteilzeitgesetz hat die Regelung der Fragen, die auftreten,<br />
wenn bei einem Altersteilzeitverhältnis eine Störung<br />
im Sinne einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses<br />
– insbesondere durch Tod – auftritt, nicht geregelt.<br />
Damit besteht die Notwendigkeit, in außerhalb des Gesetzes<br />
zu schaffenden Bestimmungen Rückabwicklungsregelungen<br />
zu treffen. Dies geschieht durch Tarifverträge, Betriebsvereinbarung<br />
oder vertragliche Regelungen.<br />
Der zur Anwendung kommende Altersteilzeittarifvertrag PPS<br />
regelt in seinem § 8.1 die vorzeitige Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses<br />
für den Fall der Altersteilzeit im Blockmodell.<br />
Scheidet der Beschäftigte aus dem Altersteilzeitvertrag<br />
vorzeitig aus, hat er das Recht auf eine Verkürzung des Altersteilzeitvertrages,<br />
ohne dass dem Beschäftigten Entgelt für<br />
geleistete Arbeit entgeht.<br />
Im Blockmodell besteht die Besonderheit, dass bei 100 %iger<br />
Arbeitsleistung in der aktiven Phase lediglich 50 % der bis<br />
dahin erarbeiteten Vergütungsansprüche ausgezahlt wurden<br />
und die übrigen 50 % zu einem späteren Zeitpunkt – in der<br />
passiven Phase – ratierlich zur Auszahlung kommen. Die Regelung<br />
dieser Vergütungsabwicklung entspricht der einer Stundungsregelung.<br />
Da bei einer Beendigung des Altersteilzeitverhältnisses<br />
durch den Tod des Arbeitnehmers in der Arbeitsphase<br />
das Arbeitsverhältnis endet und bisher lediglich 50 %<br />
der geleisteten Arbeit vergütet sind, besteht ein Anspruch<br />
nach dieser tariflichen Regelung auf die Bezahlung der noch<br />
nicht vergüteten Arbeit.<br />
2. In § 5 des Tarifvertrages heißt es:<br />
„Die Leistungen des Unternehmens werden dem Mitarbeiter<br />
über den gesamten Zeitraum gleichmäßig gewährt, unabhängig<br />
von der zeitlichen Verteilung der Arbeitsleistung des<br />
Teilzeitmitarbeiters. Unternehmensleistungen sind Teilzeitarbeitsentgelt,<br />
Aufstockungen des Arbeitsentgelts sowie Rentenbeiträge.<br />
Damit wird nochmals klarstellend gesagt, dass der Arbeitnehmer<br />
einen Anspruch auf das Teilzeitarbeitsentgelt und zusätzlich<br />
auf die Aufstockungen des Arbeitsentgeltes besitzt.<br />
Im Tarifvertrag findet sich keinerlei Anhaltspunkt dafür , dass<br />
der Aufstockungsbetrag im Fall der Störung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses<br />
und seiner Restabwicklung zu berücksichtigen<br />
ist. Es wird nach dem eindeutigen Wortlaut von noch<br />
nicht vergüteter Arbeit gesprochen.<br />
Würde der Aufstockungsbetrag als Lohn- und Gehaltsanteil<br />
für die bereits geleistete Arbeit verstanden, hätte der Arbeit-<br />
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