EHEST AnAlySiS of 2000 – 2005 EuropEAn HElicopTEr AccidEnTS
EHEST AnAlySiS of 2000 – 2005 EuropEAn HElicopTEr AccidEnTS
EHEST AnAlySiS of 2000 – 2005 EuropEAn HElicopTEr AccidEnTS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>EHEST</strong><br />
<strong>AnAlySiS</strong><br />
<strong>of</strong> <strong>2000</strong> <strong>–</strong> <strong>2005</strong><br />
<strong>EuropEAn</strong><br />
<strong>HElicopTEr</strong><br />
<strong>AccidEnTS</strong><br />
final rEport 2010
2 >> Final Report
ABSCHLUSSBERICHT<br />
<strong>EHEST</strong>-Analyse Hubschrauberunfälle in Europa <strong>2000</strong> <strong>–</strong> <strong>2005</strong><br />
Inhalt<br />
Zusammenfassung<br />
1.0 Europäisches Team für Hubschraubersicherheit<br />
1.1 Überblick: ESSI und IHST<br />
1.2 Beschreibung des Verfahrens<br />
1.3 European Helicopter Safety Analysis Team (Europäisches Team für<br />
Hubschraubersicherheitsanalyse)<br />
1.4 European Helicopter Safety Implementation Team (Umsetzungsteam von <strong>EHEST</strong>)<br />
2.0 Hintergrunddaten für Europa<br />
3.0 Analysemethodik<br />
3.1 Einleitung<br />
3.2 Standard-Problemaussagen<br />
3.3 HFACS<br />
3.4 Interventionsempfehlungen<br />
4.0 Analyseergebnisse<br />
4.1 Umfang<br />
4.2 Sachverhaltsdaten<br />
4.3 Identifizierung von Faktoren <strong>–</strong> alle Unfälle<br />
4.4 Identifizierung von Faktoren <strong>–</strong> nach Art des Luftverkehrs<br />
4.5 Interventionsempfehlungen<br />
5.0 Aktionspläne und darüber hinaus<br />
5.1 EHSIT-Spezialistenteam für Flugbetrieb und Sicherheitsmanagementsysteme<br />
5.2 EHSIT-Spezialistenteam für Ausbildung<br />
5.3 EHSIT-Spezialistenteam für Vorschriften<br />
5.4 <strong>EHEST</strong>-Untergruppe Kommunikation<br />
5.5 IHST-Toolkits<br />
6.0 Abschließende Bemerkungen und Ausblick<br />
Anhang 1: Referenzdokumente<br />
Anhang 2: Akronyme<br />
Anhang 3: Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Zusammenfassung<br />
Die Europäische Strategische Sicherheitsinitiative (European Strategic<br />
Safety Initiative, ESSI) ist ein 2006 begonnenes, auf zehn Jahre<br />
angelegtes Programm zur Verbesserung der Flugsicherheit in Europa und<br />
für die Bürger Europas in aller Welt. ESSI ist eine Partnerschaft auf<br />
freiwilliger Basis zwischen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit<br />
(EASA), europäischen einzelstaatlichen Luftfahrtbehörden, Herstellern,<br />
Betreibern, Berufsverbänden, Forschungsorganisationen und der<br />
Allgemeinen Luftfahrt. Bis heute haben sich über 150 Organisationen<br />
beteiligt.<br />
Das Grundprinzip besteht darin, die Flugsicherheit zu verbessern, indem aufsichtsbehördliche<br />
Maßnahmen durch die Förderung kostengünstiger Sicherheitsverbesserungen und die Verpflichtung<br />
dazu auf freiwilliger Basis ergänzt werden. Die Analyse von Unfalldaten, die Koordination mit<br />
anderen sicherheitsrelevanten Aktivitäten und die Umsetzung kostengünstiger Aktionspläne dienen<br />
dazu, spezifische Sicherheitsziele zu erreichen.<br />
ESSI besteht aus drei Komponenten: dem Europäischen Sicherheitsteam der gewerblichen Luftfahrt<br />
(European Commercial Aviation Safety Team, ECAST) <strong>–</strong> (das europäische Gegenstück zum<br />
US-amerikanischen CAST), dem Europäischen Sicherheitsteam der Allgemeinen Luftfahrt<br />
(European General Aviation Safety Team, EGAST) und dem Europäischen<br />
Hubschraubersicherheitsteam (European Helicopter Safety Team, <strong>EHEST</strong>).<br />
<strong>EHEST</strong> ist zudem die europäische Komponente des Internationalen Teams für<br />
Hubschraubersicherheit (International Helicopter Safety Team, IHST). Das IHST entstand als<br />
wichtige Initiative zur Verbesserung der Hubschraubersicherheit weltweit. Damit soll in einer<br />
gemeinsamen Anstrengung von Regierungen und Industrie die Unfallhäufigkeit bei zivilen<br />
Hubschraubern in den nächsten 10 Jahren bis 2016 um 80 Prozent gesenkt werden. <strong>EHEST</strong> hat sich<br />
dieser IHST-Zielsetzung für Europa angenommen.
Zur Erreichung dieses Ziels hat das IHST einen ursprünglich vom United States Commercial Aviation<br />
Safety Team (US CAST) erarbeiteten Prozess in angepasster Form übernommen. Die<br />
CAST-Strategie zielt auf eine entscheidende Verbesserung der öffentlichen Sicherheit durch<br />
Anwendung einer integrierten, datengesteuerten Methodik zur Senkung des Risikos tödlicher<br />
Unfälle im gewerblichen Luftverkehr mit Flugzeugen. Dieser Prozess beinhaltet die Erarbeitung von<br />
Sicherheitsverbesserungen und Aktionsplänen auf der Grundlage einer Überprüfung von<br />
Unfalldaten. Wesentliche Verbesserungen der Sicherheit wurden bereits durch die Anwendung<br />
dieses Prozesses im Luftverkehr mit Flugzeugen erreicht.<br />
Innerhalb der IHST/<strong>EHEST</strong>-Struktur wurden zwei Hauptarbeitsgruppen geschaffen, die sich mit den<br />
verschiedenen Prozessschritten befassen: ein Analyseteam (für Europa EHSAT) und ein<br />
Umsetzungsteam (für Europa EHSIT).<br />
Das Europäische Team für Hubschraubersicherheitsanalyse (European Helicopter Safety Analysis<br />
Team, EHSAT) analysiert Unfalluntersuchungsberichte und erarbeitet anhand dieser Analyse<br />
Vorschläge für die Verbesserung der Sicherheit. Regionale EHSAT-Teams wurden in Deutschland,<br />
Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Spanien, Schweden, der<br />
Schweiz und im Vereinigten Königreich gebildet. Auf diese Länder entfallen schätzungsweise über<br />
90 % der in Europa registrierten Hubschrauber. Die Analyseergebnisse der verschiedenen<br />
regionalen Teams werden auf europäischer Ebene konsolidiert. Dies ist eine einzigartige Initiative<br />
zur Erstellung einer europaweiten Analyse von Hubschrauberunfällen.<br />
Die EHSAT-Analyse konsolidiert Analysen von europaweiten Hubschrauber-Unfalldaten. Die<br />
Analysemethodik wird in Kapitel 3 beschrieben. In Kapitel 4 werden die bisher analysierten<br />
Ergebnisse auf der Grundlage der 311 Hubschrauberunfälle im Zeitraum zwischen <strong>2000</strong> und <strong>2005</strong><br />
dargestellt. Die Daten umfassen Unfälle 1 die sich innerhalb eines EASA-Mitgliedstaats ereignet<br />
haben und deren endgültige Untersuchungsergebnisse von der Unfalluntersuchungsstelle (Accident<br />
Investigation Board, AIB) herausgegeben wurden.<br />
Von den analysierten Unfällen betrafen: 140 die allgemeine Luftfahrt, 103 die Arbeitsluftfahrt,<br />
59 die gewerbsmäßige Beförderung und 9 staatliche Flüge. Die meisten der von EHSAT analysierten<br />
Unfälle ereigneten sich während der Streckenflugphase.<br />
Ziel der Unfallanalyse ist die Identifizierung aller ursächlichen und mitursächlichen Faktoren, die bei<br />
dem Unfall eine Rolle spielten. Für die Codierung der Faktoren werden zwei Taxonomien<br />
herangezogen: Standard-Problemaussagen (Standard Problem Statements, SPS) und das Analyse-<br />
und Klassifikationssystem für menschliche Faktoren (Human Factors Analysis and Classification<br />
System, HFACS).<br />
Die drei häufigsten Standard-Problemaussagen betrafen:<br />
• Urteile und Maßnahmen des Piloten<br />
• Sicherheitskultur/-management<br />
• Aufgaben am Boden<br />
Die Anwendung der HFACS-Taxonomie durch EHSAT lieferte eine ergänzende Sichtweise auf<br />
menschliche Faktoren. Bei 78 % der Unfälle wurde mindestens ein HFACS-Faktor festgestellt. Bei<br />
den meisten Unfällen wurden unsichere Handlungen oder Voraussetzungen für unsichere<br />
1 Im Sinne von ICAO Anhang 13, Untersuchung von Unfällen und Zwischenfällen mit Luftfahrzeugen.
Handlungen festgestellt. In einer geringeren Anzahl von Unfallberichten wurden Einflüsse durch<br />
Aufsichtsbehörden und andere Organisationen festgestellt. Inwieweit solche Faktoren identifiziert<br />
werden können, hängt sehr stark von der Gründlichkeit der Unfalluntersuchung und den<br />
verfügbaren Unfalldaten ab.<br />
In der SPS- wie in der HFACS-Taxonomie wurden für den gewerblichen Luftverkehr, die<br />
Arbeitsluftfahrt und die allgemeine Luftfahrt jeweils unterschiedliche Muster festgestellt.<br />
Abschnitt 4.4 enthält einen Überblick über die Faktoren für die verschiedenen Arten des<br />
Flugbetriebs, die auf der untersten Ebene der Taxonomie identifiziert wurden.<br />
Die meisten Interventionsempfehlungen (Intervention Recommendations, IR) wurden in<br />
den folgenden drei Bereichen festgestellt:<br />
• Flugbetrieb und Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
• Ausbildung/Unterricht<br />
• Aufsichtsbehörden/Standards/Richtlinien<br />
Das Umsetzungsteam von <strong>EHEST</strong> (European Helicopter Safety Implementation Team, EHSIT) nahm<br />
im Februar 2009 die Arbeit auf. Dieses Team entwickelt anhand der Unfallanalyse und der<br />
Interventionsempfehlungen von EHSAT Strategien und Aktionspläne für die Verbesserung der<br />
Sicherheit.<br />
2009 hat EHSIT einen Prozess für die Aggregierung, Konsolidierung und Priorisierung der von<br />
EHSAT erstellten Interventionsempfehlungen sowie Sicherheitsstrategien und -aktionspläne<br />
definiert. Zur Bearbeitung der wichtigsten von EHSAT identifizierten Interventionsempfehlungen<br />
hat EHSIT drei Spezialistenteams für Flugbetrieb und Sicherheitsmanagementsysteme, Ausbildung<br />
und Regelgebung eingerichtet. Diese EHSIT-Teams erarbeiten derzeit detaillierte Aktionspläne zur<br />
Bereitstellung von Anleitungen und Toolkits, mit denen die Unfallhäufigkeit in Europa gesenkt<br />
werden kann.<br />
EHSAT wird die Analyse von Unfällen fortsetzen, um mögliche Veränderungen bei den<br />
Unfallszenarien feststellen zu können. Dieses Team wird zudem an der Messung von Ergebnissen<br />
und der Wirksamkeit von Sicherheitsverbesserungen beteiligt sein.
1. Europäisches Team für<br />
Hubschraubersicherheit<br />
1.1 Überblick: ESSI und IHST<br />
Die Europäische Strategische Sicherheitsinitiative (European Strategic Safety Initiative,<br />
ESSI) ist ein 2006 angelaufenes und auf zehn Jahre angelegtes Programm zur<br />
Verbesserung der Flugsicherheit für die Bürger Europas. ESSI ist eine Partnerschaft<br />
zwischen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), europäischen<br />
einzelstaatlichen Luftfahrtbehörden, Herstellern, Betreibern, Berufsverbänden,<br />
Forschungsorganisationen, militärischen Betreibern und der Allgemeinen Luftfahrt.<br />
Derzeit nehmen über 150 Organisationen teil.<br />
Das Grundprinzip besteht darin, die Flugsicherheit zu verbessern, indem<br />
aufsichtsbehördliche Maßnahmen durch die Förderung kostengünstiger<br />
Sicherheitsverbesserungen und die Verpflichtung dazu auf freiwilliger Basis ergänzt<br />
werden. Die Analyse von Unfalldaten, die Koordination mit anderen sicherheitsrelevanten<br />
Aktivitäten und die Umsetzung kostengünstiger Aktionspläne dienen dazu, spezifische<br />
Sicherheitsziele zu erreichen.<br />
ESSI besteht aus drei Komponenten: dem Europäischen Sicherheitsteam der<br />
gewerblichen Luftfahrt (European Commercial Aviation Safety Team, ECAST) (das<br />
europäische Gegenstück zum US-amerikanischen CAST), dem Europäischen<br />
Sicherheitsteam der Allgemeinen Luftfahrt (European General Aviation Safety Team,<br />
EGAST) und dem Europäischen Hubschraubersicherheitsteam (European Helicopter<br />
Safety Team, <strong>EHEST</strong>).<br />
<strong>EHEST</strong> bringt eine Reihe von zivilen Beteiligten und einige militärische Betreiber aus ganz<br />
Europa zusammen [Ref. 1-5]. <strong>EHEST</strong> umfasst über 75 mitwirkende Organisationen. Ein<br />
Verzeichnis der Teilnehmer findet sich auf der ESSI/<strong>EHEST</strong>-Website 2 . Das Team befasst<br />
sich mit dem gesamten Spektrum des zivilen Hubschrauberbetriebs in ganz Europa, vom<br />
gewerblichen Luftverkehr bis zur Allgemeinen Luftfahrt.<br />
<strong>EHEST</strong> ist zudem die europäische Komponente des Internationalen Teams für<br />
Hubschraubersicherheit (International Helicopter Safety Team, IHST) 3 . Das IHST entstand<br />
als wichtige Initiative zur Verbesserung der Hubschraubersicherheit weltweit. Damit soll in<br />
einer gemeinsamen Anstrengung von Regierungen und Industrie die Unfallhäufigkeit bei<br />
Hubschraubern bis 2016 um 80 Prozent gesenkt werden. <strong>EHEST</strong> setzt sich für die<br />
IHST-Zielsetzungen ein, wobei der Schwerpunkt auf der Sicherheit in Europa liegt.<br />
Das IHST besitzt einen Vorstand, der sich aus Vertretern der amerikanischen<br />
Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA), der Helicopter Association<br />
2 http://www.easa.europa.eu/essi/<strong>EHEST</strong> EN.html<br />
3 http://www.IHST.org/
International (HAI), der American Helicopter Society International (AHS), der Transport<br />
Canada (TCCA), der Helicopter Association <strong>of</strong> Canada (HAC), der Europäischen Agentur für<br />
Flugsicherheit (EASA), der neuen European Helicopter Association (neue EHA) und<br />
mehreren Industriepartnern zusammensetzt.<br />
Regionale Teams wurden bisher in den Vereinigten Staaten, in Europa, Kanada, Indien,<br />
Brasilien, den Staaten des Golf-Kooperationsrates (Gulf Cooperation Council, GCC) und<br />
Australien eingerichtet. Zugleich versucht das IHST, auf der internationalen Ebene weiter<br />
zu expandieren.<br />
1.2 Beschreibung des Verfahrens<br />
Um das Ziel einer Senkung der Unfallhäufigkeit bei zivilen Hubschraubern um 80 % zu erreichen,<br />
hat das IHST einen ursprünglich vom United States Commercial Aviation Safety Team (US CAST)<br />
erarbeiteten Prozess in angepasster Form übernommen. Die CAST-Strategie zielt auf eine<br />
entscheidende Verbesserung der öffentlichen Sicherheit durch Anwendung einer integrierten,<br />
datengesteuerten Methodik zur Senkung des Risikos tödlicher Unfälle im gewerblichen Luftverkehr<br />
mit Flugzeugen.<br />
Das Verfahren beinhaltet eine datengesteuerte Methodik, wobei auf der Grundlage der Überprüfung<br />
von Unfalldaten Sicherheitsverbesserungen und Aktionspläne erarbeitet werden (siehe Abbildung<br />
1). Diese Verbesserungen können sowohl Aufsichtsbehörden als auch die Industrie betreffen und<br />
sollten von den beteiligten Organisationen umgesetzt werden. Sowohl der Umfang der tatsächlichen<br />
Umsetzung als auch die Auswirkungen müssen gemessen werden, um sicherzustellen, dass<br />
wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen wurden.<br />
Innerhalb der IHST/<strong>EHEST</strong>-Struktur wurden zwei Hauptarbeitsgruppen geschaffen, die sich mit den<br />
verschiedenen Prozessschritten befassen: ein Analyseteam (für Europa EHSAT) und ein<br />
Umsetzungsteam (für Europa EHSIT).<br />
1.3 Das Europäische Team für<br />
Hubschraubersicherheitsanalyse<br />
Das Europäische Team für Hubschraubersicherheitsanalyse (European Helicopter<br />
Safety Analysis Team, EHSAT) analysiert Unfalluntersuchungsberichte und erarbeitet anhand<br />
dieser Analyse Vorschläge für die Verbesserung der Sicherheit. Um die verschiedenen in den<br />
Unfallberichten verwendeten Sprachen zu bewältigen und regionalen Unterschieden Rechnung zu<br />
tragen, hat das EHSAT in Deutschland, Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, den<br />
Niederlanden, Norwegen, Spanien, Schweden, der Schweiz und im Vereinigten Königreich<br />
regionale Teams geschaffen. Das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union hat einen<br />
vorläufigen EHSAT-Bericht zur Hubschrauber-Unfallanalyse veröffentlicht. Grundlage dieses<br />
Berichts waren Daten, die erstmals auf einer im Oktober 2008 in Portugal abgehaltenen<br />
<strong>EHEST</strong>-Konferenz vorgestellt wurden. [Ref. 6]<br />
Auf diese Länder entfallen schätzungsweise über 90 % der in Europa registrierten Hubschrauber.<br />
Die Analysen der verschiedenen regionalen Teams werden vom EHSAT-Kernteam, das sich aus<br />
den regionalen Teamleitern und der EASA zusammensetzt, auf europäischer Ebene konsolidiert.
Dies ist eine einzigartige Initiative zur Erstellung einer europaweiten Analyse von<br />
Hubschrauberunfällen. EHSAT wird letztlich auch mit der Messung von Ergebnissen und der<br />
Wirksamkeit von Sicherheitsverbesserungen befasst sein, die im Rahmen der Initiative erarbeitet<br />
werden.<br />
Einzelheiten zu den Analyseergebnissen von EHSAT finden sich in Kapitel 4.<br />
Einige staatliche Organisationen, wie z. B. das Militär, wirkten in einigen der regionalen<br />
EHSAT-Teams mit oder führen eine eigene Analyse anhand der EHSAT-Methodik durch. Die<br />
Beteiligung dieser Organisationen an <strong>EHEST</strong> ist sehr willkommen, da die Probleme im<br />
Zusammenhang mit der Flugsicherheit von Hubschraubern in gewissem Umfang ähnlich sein<br />
können.<br />
1.4 Das Umsetzungsteam von <strong>EHEST</strong><br />
Das Umsetzungsteam von <strong>EHEST</strong> (European Helicopter Safety Implementation Team, EHSIT)<br />
nahm im Februar 2009 die Arbeit auf. Dieses Team entwickelt anhand der Unfallanalysen und der<br />
Interventionsempfehlungen von EHSAT Strategien und Aktionspläne für die Verbesserung der<br />
Sicherheit. Neben der Zusammenstellung von Spezialistenteams für wichtige Themen nutzt EHSIT<br />
auch dieselbe regionale Organisation wie EHSAT, und zwar aus den folgenden Gründen: Es<br />
bestehen gewachsene Beziehungen zwischen den Partnern, die Teams sind mit den örtlichen<br />
Gegebenheiten vertraut und Aktionspläne werden letztlich auf der lokalen Ebene umgesetzt, da<br />
sprachliche und sonstige Unterschiede berücksichtigt werden müssen. Die EHSIT-Tätigkeiten sind<br />
in Kapitel 5 ausführlicher dargestellt.<br />
ABBILDUNG 1 DATENGESTEUERTER PROZESS (IN GEÄNDERTER FORM ÜBERNOMMEN VON US-CAST).<br />
Überprüfung<br />
von<br />
Ereignissen Erarbeitung von<br />
Sicherheitsmaßnahmenplänen Umsetzung von<br />
Sicherheitsmaßnahmenplänen<br />
Überwachung<br />
Abbildung 1 ‐ Datengesteuerter Prozess (in geänderter Form übernommen von<br />
US‐CAST).
2. Hintergrunddaten für Europa<br />
In Europa 4 werden Hubschrauber in einer breiten Palette von Flugbetriebsarten und<br />
Regionen eingesetzt <strong>–</strong> vom Offshore-Flugbetrieb über der Nordsee bis zu Gebirgsflügen, vom<br />
medizinischen Notdienst bis zur Brandbekämpfung und von Schulungsflügen bis zu<br />
Rundflügen.<br />
2008 waren in Europa schätzungsweise 6 800 Hubschrauber für die zivile Nutzung registriert 5 .<br />
Es sind keine zuverlässigen Flugstundendaten für alle in Europa registrierten Hubschrauber<br />
verfügbar. Jedoch wurden im Jahr 2008 Schätzungen zufolge 1,7 Mio. Flugstunden und<br />
4,7 Mio. Landungen von in Europa registrierten zivil genutzten Hubschraubern mit<br />
Turbinenantrieb 6 absolviert.<br />
Die für den Jahressicherheitsbericht der EASA [Ref. 7] gesammelten Daten geben eine<br />
Vorstellung von der Anzahl der Hubschrauberunfälle innerhalb Europas. Abbildung 2 zeigt die<br />
Anzahl der tödlichen Unfälle mit schweren Hubschraubern in aller Welt im gewerblichen<br />
Luftverkehr für Hubschrauber, die von Betreibern aus EASA-Mitgliedstaaten und aus<br />
Drittstaaten betrieben wurden. Daten für Unfälle mit leichten Hubschraubern sind in Tabelle 1<br />
und 2 enthalten.<br />
ABBILDUNG 2 TÖDLICHE UNFÄLLE IM GEWERBLICHEN LUFTVERKEHR WELTWEIT <strong>–</strong> VON EASA-MS UND<br />
DRITTSTAATEN BETRIEBENE HUBSCHRAUBER MIT EINER HÖCHSTZULÄSSIGEN STARTMASSE<br />
VON 2 250 KG<br />
Fatal accidents EASA MS operators Tödliche Unfälle Betreiber aus EASA-MS<br />
Fatal accidents third country operators Tödliche Unfälle Betreiber aus Drittstaaten<br />
4 In diesem Bericht werden unter „Europa“ (im Folgenden: die EASA-Mitgliedstaaten) die 27<br />
Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz zusammengefasst.<br />
5 Quelle: HeliCAS- und EASA-Datenarchiv.<br />
6 Quelle: NLR- und EASA-Datenarchiv.
Third country operators 3-years average Dreijahresdurchschnitt Betreiber aus<br />
Drittstaaten<br />
EASA LS operators 3-year average Dreijahresdurchschnitt Betreiber aus EASA-MS<br />
NUMBER OF FATAL ACCIDENTS ANZAHL TÖDLICHER UNFÄLLE
3. Analysemethodik<br />
EHSAT ist daran gelegen, dass die in Europa durchgeführte Analyse mit den Arbeiten kompatibel ist,<br />
die von anderen Analyseteams in aller Welt durchgeführt werden, damit die auf diese Weise<br />
gewonnen Ergebnisse auf weltweiter Ebene vergleichbar sind. Daher wurde die Methodik<br />
weitgehend vom Joint Helicopter Safety Analysis Team in den Vereinigten Staaten (US JHSAT)<br />
übernommen [Ref. 8], die selbst wiederum die ursprünglich Ende der 1990er-Jahre von US CAST<br />
für die Analyse von Unfällen mit Flugzeugen im gewerblichen Luftverkehr entwickelte Methodik zur<br />
Anwendung auf Hubschrauber angepasst hatte.<br />
3.1 Einleitung<br />
Die von den regionalen EHSAT-Teams durchgeführte Unfallanalyse basiert auf einer<br />
standardisierten Methode, bei der definierte Taxonomien und das Urteil von Fachleuten<br />
herangezogen werden. Ziel der Unfallanalyse war die Identifizierung aller ursächlichen und<br />
mitursächlichen Faktoren, die bei dem Unfall eine Rolle spielten.<br />
Um laufende Unfalluntersuchungen nicht zu beeinträchtigen und um sicherzustellen, dass die<br />
analysierten Daten demselben Standard von ICAO Anhang 13 entsprechen, wurden nur solche<br />
Unfälle analysiert, für die die AIB einen Abschlussbericht erstellt haben.<br />
Die Analyse sämtlicher Aspekte eines Unfalls erfordert vielfältige und ausgewogene Kompetenzen.<br />
Es wurde daher vereinbart, dass jedes EHSAT-Analyseteam aus Mitgliedern mit ausgewogenen<br />
Kompetenzen und Vertretern mit jeweils unterschiedlichem Hintergrund zusammengesetzt sein<br />
sollte.<br />
Der erste Schritt einer EHSAT-Analyse ist das Zusammentragen von Sachinformationen über den<br />
Unfall, wie z. B. Unfalldatum, Staat, in dem sich der Unfall ereignete,<br />
Luftfahrzeug-Eintragungszeichen, Hubschrauber-Bauart und -Modell, Betriebsart, Schäden am<br />
Luftfahrzeug, Unfallgruppe, Flugphase, Wetterbedingungen und Flugerfahrung der Flugbesatzung.<br />
EHSAT hat für die Sammlung dieser Informationen zu Standardisierungszwecken und um einen<br />
Informationsaustausch mit dem ECCAIRS 7 -System zu ermöglichen, die ICAO ADREP<br />
<strong>2000</strong>-Taxonomie eingeführt.<br />
Als Nächstes identifiziert das Analyseteam alle Faktoren, die bei dem Unfall eine Rolle spielten. Bei<br />
diesem Prozess geht es um eine Identifizierung aller Faktoren, nicht nur der primären Ursache.<br />
Dazu gehören auch Faktoren, die Stunden, Tage oder sogar Wochen vor dem Unfall auftraten. Diese<br />
Faktoren werden dann anhand standardisierter Taxonomien codiert. Die Verwendung<br />
standardisierter Codes erleichtert die Aggregierung von Unfalldaten und statistische Analysen. Es<br />
7 ECCAIRS steht für European Coordination Centre for Accident and Incident Reporting<br />
Systems (Zentralstelle für die Koordinierung der Unfall- und Störfallprotokollierungssysteme). Das<br />
ECCAIRS-Meldesystem besteht aus verschiedenen Anwendungen, die insgesamt ein<br />
Anwendungspaket bilden, mit dessen Hilfe Organisationen ein Datenarchiv mit Berichten über<br />
Unfälle und Zwischenfälle erstellen können. ECCAIRS wird von vielen NAA und AIB in Europa und<br />
anderswo genutzt.
wurden zwei komplementäre Taxonomien verwendet: Standard-Problemaussagen und das<br />
HFACS-Modell, die beide im Folgenden beschrieben werden.<br />
3.2 Standard-Problemaussagen<br />
Die Taxonomie der Standard-Problemaussagen (Standard Problem Statements, SPS), die von<br />
IHST/US JHSAT übernommen wurde, enthält über 400 Codes in 14 verschiedenen Bereichen. Die<br />
Struktur umfasst drei Ebenen. Die erste Ebene stellt den Hauptbereich der SPS dar. Kategorien der<br />
Ebene 1 sind: Aufgaben am Boden, Sicherheitsmanagement, Wartung, Infrastruktur, Urteile und<br />
Handlungen der Piloten, Kommunikation, Situationsbewusstsein der Piloten, Ausfall von<br />
Teilen/Systemen, Einsatzrisiko, Überleben nach einem Absturz, Datenprobleme, Bodenpersonal,<br />
Aufsichtsbehörden und Konstruktion des Luftfahrzeugs. Die zweite und dritte Ebene führen weiter<br />
ins Detail. Abbildung 3 zeigt ein Beispiel, wie die Analyse in einen SPS-Code mit drei Ebenen<br />
umgesetzt wird. Ein einzelner bei einem Unfall identifizierter Faktor kann gegebenenfalls mit<br />
mehreren SPS codiert werden.<br />
ABBILDUNG 3: BEISPIEL FÜR EINE STANDARD-PROBLEMAUSSAGE<br />
Analyse/Whg/mitursächliche Faktoren SPS-Nr. Ebene 1 Ebene 2 Ebene 3<br />
Der verantwortliche Pilot geriet<br />
versehentlich in<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen und<br />
verlor wahrscheinlich die räumliche<br />
Orientierung<br />
3.3 HFACS<br />
701005 Situationsbewusstsein<br />
des Piloten<br />
Sicht/Wetter Versehentlicher<br />
Eintritt<br />
in<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen<br />
Um sich mit menschlichen Faktoren in einer strukturierten Weise auseinandersetzen zu können, hat<br />
EHSAT eine weitere Taxonomie und ein weiteres Klassifikationssystem eingeführt: das Analyse- und<br />
Klassifikationssystem für menschliche Faktoren (Human Factors Analysis and Classification System,<br />
HFACS). HFACS wurde anhand Reasons Konzeption latenter und aktiver Fehler erarbeitet<br />
[Ref. 9-10]. Das HFACS-Modell beschreibt menschliches Versagen auf vier Ebenen:<br />
organisatorische Einflüsse, unsichere Aufsicht, Voraussetzungen für unsichere Handlungen und die<br />
unsicheren Handlungen von Personal (z. B. Flugbesatzung, Wartungspersonal, Fluglotsen usw.),<br />
siehe Abbildung 4. Das Klassifikationssystem enthält über 170 Codes in diesen vier<br />
Hauptbereichen. Es liefert nicht nur mehr Details über menschliche Faktoren, sondern trägt auch<br />
dazu bei, dass in der Analyse nicht nur menschliches Versagen auf der personellen Ebene<br />
identifiziert wird, sondern auch nach zugrunde liegenden Management- und organisatorischen<br />
Faktoren gesucht wird. Ein Beispiel für eine HFACS-Codierung zeigt Abbildung 5.<br />
Zudem wurde die HFACS Maintenance Extension (HFACS ME) eingeführt, um mit der Wartung<br />
zusammenhängende menschliche Faktoren zu codieren. HFACS ME ist ein vom US Naval Safety<br />
Center entwickeltes und an die Wartung angepasstes HFACS-Codierungssystem. Das System<br />
umfasst die folgenden Hauptkategorien (von nah bis fern): Handlungen des Wartungspersonals,<br />
Verfassung des Wartungspersonals, Arbeitsbedingungen und Managementbedingungen.
3.4 Interventionsempfehlungen<br />
Der letzte Analyseschritt besteht in Interventionsempfehlungen (Intervention Recommendations,<br />
IR) für alle Faktoren (SPS und HFACS), die bei den vorangegangenen Schritten identifiziert wurden.<br />
Interventionsempfehlungen sollen verhindern, dass diese Faktoren, die direkt oder indirekt beteiligt<br />
sind, erneut auftreten. Es können eine oder mehrere Interventionsempfehlungen für jeden SPS-<br />
oder HFACS-Faktor angegeben werden.<br />
Interventionsempfehlungen werden frei erzeugt und als Freitext formatiert, wobei die<br />
unterschiedlichen Kompetenzen im Analyseteam genutzt werden und Kreativität erwünscht ist. Es<br />
wurde eine spezielle Begleittabelle erarbeitet, die die Analyseteams ermuntert, alle Flugphasen<br />
durchzugehen und sich verschiedenen Aspekten innerhalb der Interventionsempfehlungen<br />
zuzuwenden, wie z. B. Vorschriften, Konstruktion und sonstige technische Faktoren (z. B. Gewicht<br />
und Schwerpunktlage), Zertifizierung, Flugbetrieb, Verfahren, Personalbestand, Qualifikation,<br />
Lizenzierung und Ausbildung, Wetter, Wind, Turbulenzen und sonstige Umweltfaktoren, Faktoren<br />
der Arbeitsumgebung, Arbeitspensum, Müdigkeit, Fluglagen, nationale, regionale, Unternehmens-<br />
und Berufskultur und sonstige menschliche Faktoren, Produktion, kommerzielle und Marktfaktoren,<br />
Management, Sicherheitsmanagementsysteme (SMS) und Sicherheitskultur und Aspekte der<br />
Unfalluntersuchung.<br />
ABBILDUNG 4 HFACS-MODELLSTRUKTUR<br />
ORGANISATIONAL INFLUENCES ORGANISATORISCHE EINFLÜSSE<br />
UNSAFE SUPERVISION UNSICHERE AUFSICHT<br />
PRECONDITIONS FOR UNSAFE ACTS VORAUSSETZUNGEN FÜR UNSICHERE HANDLUNGEN<br />
UNSAFE ACTS UNSICHERE HANDLUNGEN
ABBILDUNG 5: BEISPIEL FÜR DIE ANWENDUNG VON HFACS-CODE<br />
Analyse/Whg/mitursächliche<br />
Faktoren<br />
Der verantwortliche Pilot geriet<br />
versehentlich in<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen<br />
und verlor<br />
wahrscheinlich die räumliche<br />
Orientierung<br />
HFACS-Nr. Ebene 1 Ebene 2 Ebene 3<br />
5305100 Voraussetzungen<br />
<strong>–</strong><br />
Verfassung<br />
von Menschen<br />
5001040 Unsichere<br />
Handlungen <strong>–</strong><br />
Fehler<br />
Wahrnehmungsfaktoren <br />
Befähigungsbedingte<br />
Fehler<br />
5501030 Aufsicht Unzulängliche<br />
Aufsicht<br />
5603020 OrganisatoOrganisatorische Einflüsse<br />
rischer Prozess<br />
Räumliche<br />
Desorientierung 3<br />
Ausfall<br />
Überbedienung/Unterbedienung<br />
Probleme lokaler<br />
Ausbildung/Programme<br />
Risikoabschätzung zu<br />
Programm und<br />
Verfahrensweisen<br />
Schließlich sind die Interventionsempfehlungen so kategorisiert, dass eine Konsolidierung der<br />
Ergebnisse möglich ist. Abbildung 6 zeigt ein Beispiel für eine Interventionsempfehlung.<br />
Um das Umsetzungsteam und letztlich die Industrie und die Behörden bei der Ermittlung der besten<br />
Vorgehensweise zu unterstützen, erhalten alle codierten Faktoren (SPS und HFACS) eine<br />
Gewichtung hinsichtlich der Gültigkeit und Bedeutung und die Interventionsempfehlungen<br />
hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Verwendung. Die Gültigkeit hängt von der Menge, der<br />
Qualität und der Zuverlässigkeit der in der Ereignismeldung enthaltenen Daten und Informationen<br />
ab. Faktoren aus hypothetischen Ereignissen, für die die Unfallberichte keine sicheren Belege<br />
liefern, erhalten eine niedrige Gewichtung. Bedeutung ist das Maß für die Bedeutung des<br />
identifizierten Faktors in der Kette der kausalen Faktoren des Ereignisses. Leistungsfähigkeit ist das<br />
Maß dafür, wie gut eine Interventionsempfehlung das Problem oder einen mitursächlichen Faktor<br />
eines Ereignisses eindämmen kann, wobei angenommen wird, dass ihre Wirkung genau wie<br />
beabsichtigt ist. Verwendung ist das Maß dafür, wie zuversichtlich man ist, dass diese Intervention<br />
genutzt werden wird und dass ihre Wirkung hinsichtlich dieses speziellen Unfall-Szenarios wie<br />
erwartet sein wird.
Die von den regionalen Teams vorgelegten Unfallanalysen werden anschließend konsolidiert, um ein<br />
europaweites Bild vorlegen zu können. Schließlich werden die Analyseergebnisse an das<br />
Umsetzungsteam (EHSIT) weitergegeben. Wirtschaftliche und sonstige Überlegungen fließen in den<br />
EHSIT-Prozess ein, um die beste Vorgehensweise ermitteln und geeignete und wirksame<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit erarbeiten zu können.<br />
ABBILDUNG 6: BEISPIEL FÜR INTERVENTIONSEMPFEHLUNGEN<br />
Interventionsempfehlung<br />
[Freitext]<br />
Bei allen regelmäßig vom Betreiber<br />
durchgeführten Basis-Flugprüfungen muss auch<br />
die Fähigkeit des Piloten geprüft werden,<br />
ausschließlich nach Instrumenten zu fliegen.<br />
In den Vorschriften müssen auch die Risiken<br />
eines Flugs bei schlechten Sichtverhältnissen<br />
(Degraded Visual Environment, DVE) behandelt<br />
werden<br />
Interventionsempfehlung<br />
[auf Kategorieebene codiert]<br />
Ausbildung/Unterricht<br />
Aufsichtsbehörden
4. Analyseergebnisse<br />
In diesem Kapitel werden die Analyseergebnisse von EHSAT vorgestellt.<br />
4.1 Umfang<br />
Der Umfang der EHSAT-Analyse war anfänglich auf Folgendes beschränkt:<br />
Unfälle (Definition gemäß ICAO Anhang 13), die von Unfalluntersuchungsstellen (Accident<br />
Investigation Boards, AIB) gemeldet wurden und bei denen ein Abschlussbericht vorliegt;<br />
Eintritt des Unfallereignisses zwischen dem 1. Januar <strong>2000</strong> und dem 31. Dezember <strong>2005</strong>;<br />
der Staat, in dem das Ereignis eintrat, liegt in Europa.<br />
Die letztlich von EHSAT analysierten Daten umfassen 311 Unfälle mit 312 Hubschraubern (Stand<br />
31. März 2010).<br />
Einige Staaten haben weitere Unfälle analysiert, die außerhalb des Zeitrahmens zwischen <strong>2000</strong> und<br />
<strong>2005</strong> liegen. Diese Daten sind zwar in der in Abschnitt 4.2 bis 4.4 vorgestellten Analyse nicht<br />
enthalten, wurden aber bei den von den Spezialistenteams durchgeführten und in Abschnitt 4.5<br />
vorgestellten Übungen zur Konsolidierung von Interventionsempfehlungen berücksichtigt.<br />
4.2 Sachverhaltsdaten<br />
Die größte Kategorie innerhalb der Unfalldaten bildeten Unfälle in der Allgemeinen Luftfahrt (siehe<br />
Abbildung 7). Es wurde ein relativ großer Anteil an tödlichen Unfällen analysiert (siehe<br />
Abbildung 8). Dies ist sehr wahrscheinlich ein Ergebnis der guten Verfügbarkeit von Unfallberichten<br />
für tödliche Unfälle. Da nur wenige staatliche Flüge analysiert wurden, werden diese im<br />
vorliegenden Bericht nicht gesondert behandelt.
ABBILDUNG 7 VERTEILUNG DER ART DES LUFTVERKEHRS INNERHALB DER UNFALLDATEN<br />
State Flights Commercial Staatliche Flüge, gewerblich<br />
Air Transport Lufttransport<br />
Aerial Work Arbeitsluftfahrt<br />
General Aviation Allgemeine Luftfahrt<br />
ABBILDUNG 8 VERTEILUNG DER UNFALLGRUPPE INNERHALB DER UNFALLDATEN<br />
Serious Ernsthaft<br />
Minor Geringfügig<br />
Fatal Tödlich<br />
None Keine<br />
Die meisten Unfälle (28 %) ereigneten sich während der Streckenflugphase (siehe<br />
Abbildung 9). Von den tödlichen Unfällen ereigneten sich 67 % während der<br />
Streckenflugphase. Grundsätzlich ist während der Streckenflugphase die Geschwindigkeit<br />
die meiste Zeit höher und entsprechend die vorhandene Energie größer.<br />
4.3 Identifizierung von Faktoren <strong>–</strong> alle Unfälle<br />
Ziel der Unfallanalyse ist die Identifizierung aller ursächlichen und mitursächlichen<br />
Faktoren, die bei dem Unfall eine Rolle spielten. Die Faktoren werden anhand der beiden<br />
in Abschnitt 3.2 und 3.3 beschriebenen Taxonomien codiert: Standard-Problemaussagen<br />
(Standard Problem Statements, SPS) und das Analyse- und Klassifikationssystem für<br />
menschliche Faktoren (Human Factors Analysis and Classification System, HFACS).<br />
4.3.1 Standard-Problemaussagen<br />
Bei den in den Daten erfassten Unfällen wurden insgesamt<br />
1836 Standard-Problemaussagen erfasst.<br />
Die Rangfolge der SPS-Kategorien korreliert insgesamt gesehen auch mit der Anzahl der<br />
Todesopfer (in der Abbildung nicht gezeigt).
Der Bereich, der bei fast 70 % der Unfälle identifiziert wurde, ist „Urteile und Maßnahmen<br />
des Piloten“ (siehe Abbildung 10). Dies umfasst Faktoren im Zusammenhang mit<br />
Entscheidungen des Piloten, unsicherem Flugpr<strong>of</strong>il, Landeverfahren, Verfahrensumsetzung,<br />
effektivem Arbeiten als Besatzung und menschlichen Faktoren wie z. B.<br />
Ablenkung und Wahrnehmungstäuschungen. Der am zweithäufigsten identifizierte<br />
Bereich (52 % der Unfälle) ist Sicherheitskultur/-management. Dies umfasst Probleme,<br />
die im Zusammenhang mit (Schwächen bei oder Fehlen von) Sicherheitsmanagementsystemen,<br />
Ausbildung in Flugverfahren, Ignorieren bekannter Sicherheitsrisiken und<br />
selbstverursachter Druck, Pilotenerfahrung und Ausbildungsprogrammmanagement<br />
identifiziert wurden. Der Bereich Aufgaben am Boden, der bei 40 % der Unfälle identifiziert<br />
wurde, umfasst Faktoren wie (schlechte oder unvollständige) Einsatzplanung und<br />
Aufgaben vor und nach dem Flug.<br />
Der Bereich Datenprobleme ist ein spezifischer Bereich für die Codierung von Faktoren im<br />
Zusammenhang mit fehlenden Informationen im Unfallbericht. Die Teams haben<br />
festgestellt, dass in fast 40 % der analysierten Unfallberichte die Informationen nicht<br />
ausreichten, um den Unfall vollständig analysieren und verstehen zu können. Einer der<br />
Gründe dafür, warum nur unzureichende Informationen verfügbar sind, ist das Fehlen von<br />
Aufzeichnungsmöglichkeiten für Flugdaten in vielen Hubschraubern. Außerdem reichte in<br />
einigen Unfallberichten die Detailtiefe nicht aus, um anschließend eine wirklich<br />
umfassende EHSAT-Analyse durchführen zu können.
ABBILDUNG 9 VERTEILUNG DER TÖDLICHEN UNFÄLLE ÜBER DIE FLUGPHASEN<br />
Nicht-tödlich<br />
Tödlich<br />
ANZAHL DER UNFÄLLE<br />
Stehend Rollen Start Strecke Manövrieren Landeanflug<br />
und Landung<br />
ABBILDUNG 10 ANTEIL DER FLÜGE IN DEN DATEN, BEI DENEN DIE SPS-KATEGORIE (EBENE 1, HÖCHSTE<br />
EBENE) MINDESTENS EINMAL FESTGESTELLT WURDE<br />
Urteile und Maßnahmen des<br />
Piloten<br />
Situationsbewusstsein des<br />
Piloten<br />
Sicherheitskultur/-management Aufgaben am Boden Datenprobleme<br />
Einsatzrisiko Aufsichtsbehörden Ausfall von Teilen/Systemen
Überleben nach einem<br />
Absturz<br />
Luftfahrzeugkonstruktion Wartung Infrastruktur<br />
Kommunikation Bodenpersonal Nicht-tödliche Unfälle Tödliche Unfälle<br />
Der Bereich Situationsbewusstsein des Piloten, der bei 35 % der Unfälle festgestellt wurde,<br />
umfasst Faktoren während des Flugs wie z. B. Wahrnehmung der äußeren Umgebung und Probleme<br />
im Zusammenhang mit Sicht und Wetter.<br />
Technische Probleme sind über die verschiedenen Kategorien der SPS-Ebene 1 verteilt und<br />
umfassen Ausfall von Teilen/Systemen, Konstruktion und Wartung des Flugzeugs (ein einfaches<br />
Zusammenzählen der drei SPS-Kategorien ist jedoch nicht möglich, weil für denselben Unfall<br />
mehrere Codes benutzt worden sein können). Hubschrauber sind naturgemäß komplexe Systeme<br />
mit viel maßgeschneiderter Technik, woraus zahlreiche Herausforderungen für die Lufttüchtigkeit<br />
resultieren. Die Herausforderungen müssen zusätzlich und im Zusammenhang mit betrieblichen<br />
Problemen gemeistert werden. Bestimmte Lufttüchtigkeitsprobleme sind hubschraubermuster- und<br />
-modelltypisch und werden daher im Rahmen der bestehenden Prozesse für die Erstzertifizierung<br />
und Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit behandelt. Die EHSIT-Spezialistenteams (siehe<br />
Abschnitt 5) befassen sich mit generischen Konstruktions-/Lufttüchtigkeitsinterventionen in ihrem<br />
Bereich und prüfen technische und systemspezifische Lösungen für eventuelle Interventionen.<br />
Die oberste Ebene der Standard-Problemaussagen, Ebene 1, liefert nur allgemeine Informationen.<br />
Um besser verstehen zu können, welche Faktoren eine Rolle in den Unfalldaten spielten, muss eine<br />
tiefere Ebene der Taxonomie betrachtet werden. Bei den Standard-Problemaussagen der Ebene 2<br />
sind Entscheidungsfindung des Piloten (35 %), Einsatzplanung (33 %) und Wahrnehmung der<br />
äußeren Umgebung (23 %) die drei am häufigsten in den Unfalldaten identifizierten Faktoren (siehe<br />
Abbildung 11).<br />
ABBILDUNG 11 ANTEIL DER UNFÄLLE IN DEN DATEN, BEI DENEN DIE SPS-KATEGORIE (EBENE 2)<br />
MINDESTENS EINMAL IDENTIFIZIERT WURDE (10 HÄUFIGSTE, OHNE FAKTOREN IM<br />
ZUSAMMENHANG MIT DATENPROBLEMEN)
FIGURE 11<br />
PERCENTAGE OF ACCIDENTS IN DATASET IN<br />
WHICH SPS CATEGORY (LEVEL 2)WAS<br />
IDENTIFIED AT LEAST ONCE (TOP 10, EXCLUDING<br />
FACTORS RELATED TO DATA ISSUES)<br />
ABBILDUNG 11<br />
ANTEIL DER UNFÄLLE IN DEN DATEN, BEI DENEN<br />
DIE SPS-KATEGORIE (EBENE 2) MINDESTENS<br />
EINMAL IDENTIFIZIERT WURDE (10 HÄUFIGSTE,<br />
OHNE FAKTOREN IM ZUSAMMENHANG MIT<br />
DATENPROBLEMEN)<br />
Human Factors <strong>–</strong> Pilot’s Decision Menschliche Faktoren <strong>–</strong> Entscheidungen des Piloten<br />
Mission Planning Einsatzplanung<br />
External Environment Awareness Wahrnehmung der äußeren Umgebung<br />
Inadequate Pilot Experience Mangelnde Erfahrung des Piloten<br />
Flight Pr<strong>of</strong>ile Flugpr<strong>of</strong>il<br />
Terrain/Obstacles Gelände/Hindernisse<br />
Landing Procedures Landeverfahren<br />
Visibility/Weather Sicht/ Wetter<br />
Procedure Implemantation Umsetzung von Verfahren<br />
Part/system failure <strong>–</strong> Aircraft Ausfall von Teilen/Systemen <strong>–</strong> Luftfahrzeug<br />
Percentage Anteil
ABBILDUNG 12 ANTEIL DER UNFÄLLE, BEI DENEN DIE HFACS-EBENE MINDESTENS EINMAL IDENTIFIZIERT<br />
WURDE<br />
Organisatorische<br />
Einflüsse<br />
Unsichere Überwachung<br />
18 %<br />
Voraussetzungen für<br />
unsichere Handlungen<br />
59 %<br />
Unsichere Handlungen<br />
56 %<br />
Abbildung 12 - Anteil der Unfälle, bei denen die<br />
HFACS-Ebene mindestens einmal identifiziert wurde<br />
4.3.2 Das Human Factors Analysis and Classification System (HFACS)<br />
Eine Auseinandersetzung mit menschlichen Faktoren (Human Factors, HF) ist unverzichtbar, wenn<br />
das IHST-Ziel, die Hubschrauber-Unfallzahlen bis 2016 um 80 % zu reduzieren, erreicht werden<br />
soll. HFACS behandelt HF in einer detaillierten und strukturierten Art und Weise. Das System ist gut<br />
dokumentiert und wurde bereits erfolgreich bei anderen Untersuchungen angewandt. Es beruht auf<br />
einem allgemein bekannten theoretischen Rahmen [Ref. 10, 12-14], und die Analyseanweisungen<br />
sind klar und relativ einfach anzuwenden. Siehe auch die Einführung zu HFACS in Kapitel 3.<br />
Bei den in den Daten erfassten Unfällen wurden insgesamt 754-mal HFACS-Faktoren ermittelt. Bei<br />
78 % der Unfälle wurde mindestens ein HFACS-Faktor festgestellt. Bei den meisten Unfällen wurden<br />
unsichere Handlungen oder Voraussetzungen für unsichere Handlungen festgestellt (siehe<br />
Abbildung 12). Bei einer geringeren Anzahl von Unfällen waren Probleme im Zusammenhang mit<br />
der Aufsicht oder organisatorische Einflüsse im Spiel.<br />
Inwieweit jedoch solche Faktoren identifiziert werden können, hängt sehr stark von der<br />
Gründlichkeit der Unfalluntersuchung ab: Wenn der Sachverständige keine Management- oder<br />
organisatorischen Aspekte im Zusammenhang mit dem Unfall untersucht hat oder wenn der Bericht<br />
keine Informationen über menschliche Faktoren enthält, konnte das EHSAT-Analyseteam auch<br />
keine Faktoren in diesen Bereichen zuweisen.
Unsichere Handlungen<br />
Auf der niedrigsten Ebene im Modell wurden unsichere Handlungen in 50 % der<br />
unfallverursachenden Fehler festgestellt: Handlungen, bei denen das gewünschte Ergebnis nicht<br />
erreicht wurde. Bei den meisten Fehlern handelte es sich um Urteils- und Entscheidungsfindungsfehler<br />
wie z. B. schlecht ausgeführte Verfahren, unangemessene Entscheidungen oder<br />
Fehlinterpretation von Informationen. Diese Fehler entspringen einem bewussten und<br />
zielgerichteten Verhalten. Befähigungsbedingte Fehler dagegen sind Fehler, die unbewusst<br />
auftreten, wie z. B. ein unbeabsichtigtes Betätigen von Schaltern und übersehene Punkte in einer<br />
Checkliste. Wahrnehmungsfehler schließlich hängen mit beeinträchtigten Sinneseindrücken<br />
zusammen. Regelverstöße, vorsätzliche Missachtung von Regeln und Vorschriften, wurden bei<br />
13 % der Unfälle festgestellt.<br />
Voraussetzungen für unsichere Handlungen<br />
Die bloße Fokussierung auf unsichere Handlungen gleicht aber einer „Fokussierung auf die<br />
Symptome eines Patienten, ohne die Grundkrankheit zu verstehen, die die Symptome verursachte“<br />
[Ref. 10]. Man muss sich also genauer mit den grundlegenden Bedingungen auseinandersetzen, um<br />
herauszufinden, wie es zu den unsicheren Handlungen kommen konnte. Bei 46 % der Unfälle<br />
konnten Bedingungen festgestellt werden, die mit der Verfassung des Betreffenden<br />
zusammenhingen. Zu diesen Bedingungen zählen Selbstüberschätzung, verengte Wahrnehmung,<br />
„Press-on-itis“, Unaufmerksamkeit, Ablenkung, falsche Wahrnehmung von Betriebszuständen und<br />
Übermotiviertheit. Persönliche Faktoren (21 % der Unfälle) betrafen meist Einsatzplanung und<br />
Einweisung. Auch die Leistung hinsichtlich der mehrfachen Überwachung (Cross-Monitoring) und<br />
die Einsatzbesprechung wurden als Ursachen festgestellt. Bei den Umweltfaktoren (15 % der<br />
Unfälle) wurden Faktoren wie z. B. eingeschränkte Sicht aufgrund der Wetterbedingungen,<br />
Windböen und Brownout/Whiteout festgestellt.<br />
Unsichere Aufsicht<br />
In 18 % der Unfälle wurden latente Fehler auf der mittleren Führungsebene identifiziert. Im Bereich<br />
geplantes unangemessenes Arbeiten (Planned Inappropriate Operations) wurden die Faktoren<br />
beschränkte Erfahrung und unzulängliche formelle Risikoabschätzung, falls ein Vorgesetzter die<br />
Einsatzrisiken oder Risikoabschätzungsprogramme nicht angemessen bewertet, festgestellt.<br />
Darüber hinaus wurden im Bereich unzureichende Aufsicht (Inadequate Supervision) Fälle im<br />
Zusammenhang mit unzureichender Führung/Überwachung oder Aufsicht und fehlende Richtlinien<br />
oder Anleitungen identifiziert.<br />
Organisatorische Einflüsse<br />
Bei 12 % der Unfälle wurden latente Fehler auf der oberen Führungsebene oder der<br />
Organisationsebene festgestellt. Zu den Punkten, die beim organisatorischen Prozess festgestellt<br />
wurden, gehörten Probleme im Zusammenhang mit verfahrenstechnischen Richtlinien und<br />
Veröffentlichungen sowie der Doktrin. Im Bereich betriebliches Klima wurden organisatorische<br />
Werte/Unternehmenskultur und die Organisationsstruktur identifiziert.<br />
Allgemeine Bemerkungen<br />
HFACS und SPS ergänzen einander sehr gut: Die SPS-Codes sind technisch besser an den<br />
Hubschrauberbetrieb angepasst, während HFACS ein wertvolles, theoriegesteuertes Analysesystem<br />
für menschliche Faktoren beiträgt. Der eigentliche Nutzen entsteht durch die gemeinsame<br />
Betrachtung der SPS- und HFACS-Ergebnisse in einem Gesamtzusammenhang. Kombiniert liefern<br />
HFACS und SPS eine Basis für eingehendere Analysen und Empfehlungen.
HFACS hat den Blick der Analyseteams auf die psychologische Verfassung der Besatzung gelenkt<br />
wie z. B. Selbstüberschätzung. HFACS fördert nicht nur die Identifizierung der zugrunde liegenden<br />
Management- und organisatorischen Faktoren, die Einfluss auf das Verhalten haben. HFACS<br />
unterscheidet auch zwischen Fehlern und Regelverstößen, d. h. zwischen unabsichtlichen und<br />
absichtlichen Abweichungen. Vorbeugung und Management von Fehlern und Regelverstößen<br />
erfordern jeweils unterschiedliche Interventionen.<br />
Maßnahmen hinsichtlich menschlicher Faktoren sind nur möglich, wenn diese im<br />
Untersuchungsbericht erscheinen. Dies gilt insbesondere für Führungs- und betriebliche Probleme.<br />
Wir ermuntern daher diejenigen, die Unfalluntersuchungen durchführen, in ihren Unfallberichten<br />
auch Faktoren einzubeziehen, die räumlich und zeitlich weiter vom Unfallgeschehen entfernt sind.<br />
Empfehlungen, die auch entferntere Ebenen berücksichtigen, können dazu beitragen, ein erneutes<br />
Auftreten nicht nur des untersuchten Unfalls, sondern auch eine ganze Reihe anderer Unfälle, bei<br />
denen diese Faktoren eine Rolle spielen können, zu verhindern.<br />
4.4 Identifizierung von Faktoren <strong>–</strong> nach Art des<br />
Luftverkehrs<br />
Die bisher vorgestellten Ergebnisse wurden für alle Flugbetriebsarten konsolidiert. Auf der<br />
Detailebene sind Unterschiede zwischen den verschiedenen Betriebsarten festzustellen. Tabelle 3<br />
bis 5 zeigen beispielhafte Ergebnisse der häufigsten Probleme, die bei gewerblichem Luftverkehr,<br />
Arbeitsluftfahrt und Allgemeiner Luftfahrt identifiziert wurden. Die Probleme werden auf der<br />
niedrigsten Ebene der angewandten Taxonomien dargestellt 8<br />
. Die Daten in den Tabellen<br />
ermöglichen das Verständnis eines „typischen“ Unfallszenarios für die verschiedenen Betriebsarten.<br />
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen diesen drei sind aus den nachfolgenden Tabellen<br />
ersichtlich.<br />
4.4.1. Gewerblicher Luftverkehr<br />
Die ICAO definiert gewerblichen Luftverkehr als den „Betrieb von Luftfahrzeugen, der der<br />
Beförderung von Fluggästen, von Fracht oder Post gegen Entgelt oder Miete dient“.<br />
Der Bereich der gewerbsmäßigen Beförderung mit Hubschraubern umfasst den Passagiertransport<br />
an Land und zu Offshore-Anlagen, Überführungs- und Positionierungsflüge, medizinischen<br />
Notdienst und vom Betreiber durchgeführte Ausbildung. Insgesamt 59 Hubschrauberunfälle in den<br />
Daten (an denen 60 Hubschrauber beteiligt waren) betrafen den gewerblichen Luftverkehr.<br />
Ein typisches Szenario eines Unfalls im gewerblichen Luftverkehr ist folgendes: „Nachdem der<br />
Patient an Bord gebracht war, hob der Hubschrauber trotz schlechten Wetters ab, weil ein<br />
Rettungstransporter darauf wartete, den Patient ins Krankenhaus zu bringen. Der Hubschrauber<br />
berührte mit der rechten Kufe den Boden (schneebedeckte Oberfläche) und überschlug sich<br />
unmittelbar nach dem Start bei schlechter Sicht wegen Schneefalls und Schneetreibens.“
Die wichtigsten in diesem Szenario zu identifizierenden Faktoren sind Verlust von Sichtmerkmalen,<br />
unzulängliche Entscheidungen während des Flugs und die Tatsache, dass sich der Pilot unter Druck<br />
fühlte, zu starten und den Patienten zu befördern.<br />
Sieht man sich alle Unfalldaten an, sind die drei häufigsten Probleme auf Ebene 2, die bei den<br />
meisten Unfällen im gewerblichen Luftverkehr identifiziert werden:<br />
• Menschliche Faktoren <strong>–</strong> Entscheidungen des Piloten<br />
• Einsatzplanung<br />
• Wahrnehmung der äußeren Umgebung<br />
Sieht man sich die auf der niedrigsten Ebene der Taxonomie (Ebene 3) vorgestellten Faktoren<br />
an, gelangt man zu einem Verständnis eines „typischen“ Unfallszenarios (siehe Tabelle 3).<br />
8<br />
Die obersten 25 % von SPS- und die obersten 50 % von HFACS-Faktoren werden in den<br />
Tabellen präsentiert<br />
Tabelle 3 Die häufigsten Probleme im gewerblichen Luftverkehr mit Hubschraubern (ohne Faktoren<br />
im Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Häufigste Probleme Standard-Problemaussagen Häufigste Probleme HFACS<br />
Entscheidungen des Piloten Unaufmerksamkeit<br />
Selbstinduzierter Druck des verantwortlichen<br />
Piloten<br />
Entscheidungsfindung während des Betriebs<br />
Unzureichende Aufsicht durch die<br />
Aufsichtsbehörde<br />
Verengte Wahrnehmung<br />
Nichteinhaltung von Verfahren Brownout/Whiteout<br />
Auswahl eines ungeeigneten Landeplatzes Risikoabschätzung <strong>–</strong> während des Betriebs<br />
Verminderte Sicht <strong>–</strong> Whiteout, Brownout Überbedienung/Unterbedienung<br />
Flugpr<strong>of</strong>il des Piloten für die Bedingungen<br />
unsicher<br />
Verfahrenstechnische Richtlinien/Veröffentlichungen<br />
Unzureichende behördliche/industrielle Kommunikation kritischer Informationen<br />
Normen und Vorschriften Einsatzvorbereitung<br />
Missachtung von Hinweisen, die zu einem<br />
Abbruch der aktuellen Vorgehensweise oder des<br />
Manövers hätten führen müssen<br />
Fehler aufgrund falscher Wahrnehmung<br />
Fachwissen/Kenntnis von Verfahren<br />
Position und Gefährdungen des Luftfahrzeugs Eile<br />
Pilot unerfahren hinsichtlich Gegend und/oder<br />
Einsatz<br />
Kognitive Aufgabenübersättigung<br />
Einsatz umfasst Flugbetrieb in Höhen hoher<br />
Dichte<br />
Falsche Wahrnehmung des Betriebszustands<br />
Missachtung eines bekannten Sicherheitsrisikos<br />
durch Führungspersonal<br />
Ablenkung<br />
Unzureichende Berücksichtigung von<br />
Hindernissen<br />
Übermäßige Motivation, erfolgreich zu sein
Tabelle 4 Die häufigsten Probleme in der Arbeitsluftfahrt mit Hubschraubern (ohne Faktoren im<br />
Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Einsatz erfordert Flug in der Nähe von Gefahren<br />
(Hindernisse, Drahtseile)<br />
Risikoabschätzung <strong>–</strong> während des Betriebs<br />
Einsatz erfordert tiefen/langsamen Flug Einsatzplanung<br />
Entscheidungen des Piloten Verengte Wahrnehmung<br />
Unzureichende Berücksichtigung von Hindernissen Unaufmerksamkeit<br />
Ablenkung Verfahrensfehler<br />
Auswahl eines ungeeigneten Landeplatzes Falsche Wahrnehmung des Betriebszustands<br />
Niedriger Flug in der Nähe von Kabeln Entscheidungsfindung während des Betriebs<br />
Pilot unerfahren hinsichtlich Gegend und/oder Einsatz Fehler aufgrund falscher Wahrnehmung<br />
Hubschrauber für den Einsatz unzureichend<br />
ausgerüstet<br />
Selbstüberschätzung<br />
Druck seitens Kunde/Unternehmen Übermüdung <strong>–</strong> physiologisch/geistig<br />
Unzureichende Ausbildung für Zustand nach<br />
Wirbelringzustand (Stabilisierung mit<br />
Triebwerksleistung) oder in Vermeidung, Erkennung<br />
und Beendigung von LTE<br />
Regelverstöße <strong>–</strong> routinemäßige/verbreitete<br />
Überbedienung/Unterbedienung<br />
Beschränkte allgemeine Erfahrung<br />
4.4.2 Arbeitsluftfahrt<br />
Gemäß Definition der ICAO ist „Arbeitsluftfahrt“ der „Betrieb eines Luftfahrzeugs, das für<br />
Sonderdienste wie z. B. Landwirtschaft, Bauwesen, Fotografie, Überwachung, Beobachtung,<br />
Patrouille, Suche und Rettung und Luftwerbung usw. eingesetzt wird.“ Der Einsatz eines<br />
Hubschraubers für solche Zwecke kann einen Hubschrauber und einen Piloten an die Grenzen ihrer<br />
Leistungsfähigkeit bringen. Außerdem bedeutet Arbeitsluftfahrt <strong>of</strong>t einen Einsatz nahe am Gelände<br />
oder an Hindernissen.<br />
Insgesamt 103 der analysierten Unfälle ereigneten sich bei Arbeitsluftfahrteinsätzen. Ein typisches<br />
Szenario für einen Arbeitsluftfahrtunfall: „Bei einem senkrechten Start mit einer Außenlast in<br />
einem beengten Landebereich im Wald begann sich der Hubschrauber nach links zu drehen,<br />
nachdem er über die Baumgipfel hinausgelangt war. Der Hubschrauber verlor Höhe, berührte die<br />
umliegende Bäume und stürzte ab.“<br />
Die Hauptfaktoren in diesem Szenario sind, dass der Hubschrauber in der Nähe der<br />
höchstzulässigen Startmasse betrieben wurde, dass er nahe an Hindernissen fliegen musste, dass<br />
die Aufgabe dem Piloten viel abverlangte und dass Rückenwind anlag. Dies alles führte zum Verlust<br />
der Heckrotoreffektivität (LTE), und der Pilot warf die Last nicht ab (siehe Tabelle 4).<br />
Die drei häufigsten Probleme der Ebene 2, die bei den meisten Unfällen in der Arbeitsluftfahrt<br />
festgestellt wurden, sind:<br />
• Einsatzrisiko <strong>–</strong> Gelände/Hindernisse<br />
• Einsatzplanung<br />
• Menschliche Faktoren <strong>–</strong> Entscheidungen des Piloten
4.4.3 Allgemeine Luftfahrt<br />
Laut Definition der ICAO ist Allgemeine Luftfahrt „ein Betrieb von Luftfahrzeugen, bei dem es sich<br />
weder um gewerblichen Luftverkehr noch um Arbeitsluftfahrt handelt“. Dies umfasst unter anderem<br />
Privatflüge, Flug-Grundschulung usw.<br />
Insgesamt 140 Unfälle aus den Daten betrafen Hubschrauber, die im Rahmen der Allgemeinen<br />
Luftfahrt betrieben wurden. Dies entspricht <strong>–</strong> wie oben aus Abbildung 7 ersichtlich <strong>–</strong> rund 45 % aller<br />
von EHSAT analysierten Unfälle. Daher muss sich die IHST/<strong>EHEST</strong>-Initiative der Allgemeinen<br />
Luftfahrt in besonderer Weise annehmen.<br />
Tabelle 5 Die häufigsten Probleme bei Hubschraubern in der Allgemeinen Luftfahrt (ohne Faktoren<br />
im Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Häufigste Probleme Standard-Problemaussagen Häufigste Probleme HFACS<br />
Entscheidungen des Piloten Risikoabschätzung <strong>–</strong> während des Betriebs<br />
Einsatzplanung Selbstüberschätzung<br />
Pilot schätzte eigene Grenzen/Fähigkeiten falsch ein Einsatzplanung<br />
Pilot unerfahren Überbedienung/Unterbedienung<br />
Mangelnde Berücksichtigung von Wetter/Wind Regelverstoß <strong>–</strong> mangelnde Disziplin<br />
Nichteinhaltung von Verfahren Verfahrensfehler<br />
Kontroll-/Handling-Fehler des Piloten Entscheidungsfindung während des Betriebs<br />
Nichterkennung von Anzeichen, die zu einem Abbruch<br />
der Vorgehensweise oder des Manövers hätten führen<br />
müssen<br />
Eingeschränkte Sicht aufgrund der Wetterbedingungen<br />
Bewusste Missachtung von Vorschriften und SOP<br />
Versehentlicher Eintritt in<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen<br />
Ein typisches Unfallszenario in der Allgemeinen Luftfahrt könnte wie folgt aussehen: „Der<br />
Hubschrauber flog nach Sichtflugregeln. Auf der Strecke geriet er in einen Bereich mit<br />
ansteigendem Gelände und niedriger unterer Wolkenuntergrenze. Die Radaraufzeichnungen<br />
ergeben, dass der Hubschrauber langsamer wurde und dann eine scharfe Kurve flog, bevor er vom<br />
Bildschirm verschwand. Der Hubschrauber kollidierte dann unmittelbar, nachdem die<br />
Radarverbindung abgebrochen war, mit dem Gelände.“<br />
Die Hauptfaktoren sind in diesem Fall, dass der Pilot unerfahren war, keine Wettervorhersage<br />
eingeholt hatte, keinen Kontakt mit der Flugverkehrskontrollstelle herstellte und versehentlich<br />
in Instrumentenflugwetterbedingungen (IMC) geriet (siehe Tabelle 5).
Die drei häufigsten Probleme auf Ebene 2 sind<br />
• Menschliche Faktoren <strong>–</strong> Entscheidungen des Piloten<br />
• Einsatzplanung<br />
• Mangelnde Erfahrung des Piloten
4.5 Interventionsempfehlungen<br />
Die regionalen EHSAT-Teams wurden auch gebeten, Interventionsempfehlungen (Intervention<br />
Recommendations, IR) zu erarbeiten, die ein erneutes Auftreten solcher Unfallfaktoren verhindern<br />
können. Diese Interventionsempfehlungen sind Freitext und wurden einer von 11 Kategorien<br />
zugeordnet. Abbildung 13 zeigt, dass die meisten Empfehlungen unter die folgenden Kategorien<br />
fallen:<br />
Flugbetrieb und Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
Ausbildung/Unterricht,<br />
Aufsichtsbehörden/Standards/Richtlinien.<br />
Um eine weitergehende Verarbeitung durch EHSIT zu ermöglichen, wurden die Freitext-<br />
Interventionsempfehlungen in Gruppen zusammengefasst. Tabelle 6 bis 8 zeigen eine Übersicht<br />
über die sechs häufigsten dieser konsolidierten Interventionsempfehlungen für die Kategorien<br />
Flugbetrieb und Sicherheitsmanagementsysteme/Sicherheitskultur, Ausbildung/Unterricht und<br />
Vorschriften.<br />
ABBILDUNG 13 VERTEILUNG DER KATEGORIEN VON INTERVENTIONSEMPFEHLUNGEN FÜR ALLE<br />
ANALYSIERTEN UNFÄLLE<br />
Ops & Safety Management/Culture Flugbetriebs- und Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
Training/ Instructional Ausbildung/Unterricht<br />
Regulatory/Standards/Guidelines Aufsichtsbehörden/Standards/Richtlinien<br />
Data or Information Issues Daten- und Informationsprobleme<br />
Maintenance Wartung<br />
Aircraft System/ Equipment Design Luftfahrzeugsystem/ Entwurf der Ausrüstung<br />
Research Forschung<br />
Manufacturing Fertigung<br />
Infrastructure Infrastruktur<br />
COUNT OF IR LEVEL 1 CATEGORIES ANZAHL KATEGORIEN INTERVENTIONSEMPFEHLUNGEN<br />
EBENE 1
Tabelle 6 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie Flugbetrieb<br />
und Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
Flugbetriebs und Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
Standardverfahren<br />
Die Betreiber sollten ermuntert werden, effektive Standardverfahren (Standard Operating<br />
Procedures, SOP) für alle Tätigkeiten zu schaffen und anzuwenden, die sie durchführen<br />
(Kraftst<strong>of</strong>fmanagement am Boden und während des Fluges, Definition der Rolle der Besatzung und<br />
des Personals während des Fluges usw.).<br />
Sicherheitskultur<br />
Erarbeitung eines Einsatz-/Kommunikationsplans (mit verschiedenen passiven, aktiven und<br />
proaktiven Maßnahmen wie z. B. Videos, Besprechungen, Untersuchungen, Internet usw.) für alle<br />
Ebenen der Luftfahrt, um die Entwicklung einer Sicherheitskultur und die Anwendung guter<br />
Sicherheitsgrundsätze (z. B. grundlegendes Verhalten als Luftfahrer), eine Risikoabschätzung und<br />
die Einhaltung von Vorschriften zu fördern.<br />
Sicherheitsmanagementsysteme<br />
Förderung der Umsetzung wirksamer Sicherheitsmanagementsysteme (Safety Management<br />
Systems, SMS) einschließlich Risikomanagement, Gewährleistung der Sicherheit, Noteinsatzplan<br />
und Verhaltensregeln. Weiterentwicklung der Verfahren auf der Grundlage einer Risikoabschätzung<br />
und der Erfahrungen im Luftfahrtbetrieb. Schärfung des Bewusstseins des Personals für die Gefahr<br />
der Unaufmerksamkeit bei sich wiederholenden oder ungewöhnlichen Aufgaben. Sicherstellung,<br />
dass die Sicherheitsmanagementsysteme beachtet werden.<br />
Einsatzvorbereitung und -durchführung<br />
Erstellung von Anleitungen und Checklisten für die Einsatzvorbereitung und -durchführung<br />
(einschließlich Masse und Schwerpunktlage). Angebot wiederkehrender Schulungen mit<br />
theoretischer und praktischer Prüfung des Verhaltens als Luftfahrer. Sicherstellung, dass Fluggäste<br />
und Besatzungsmitglieder vor dem und während des Fluges umfassende Informationen erhalten.<br />
Prüfung von Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass die erstellten Anleitungen gelesen und<br />
eingehalten werden.<br />
Risikobewertung - Durchführung<br />
Einführung des Grundsatzes der Risikoabschätzung (mit Kontrollmaßnahmen) in die<br />
Vorflug-Vorbereitung. Besonderer Verweis auf die Wichtigkeit bei Flugbetrieb über unbekanntem<br />
Gelände oder bei ungewöhnlichen Einsätzen. Außerdem hat die Erfahrung der Besatzung Einfluss<br />
auf das entsprechende Risiko, und die Notwendigkeit einer Risikoabschätzung für unerfahrene<br />
Besatzungen sollte besonders betont werden.<br />
Risikoabschätzung - Verbreitung<br />
Verbesserung des allgemeinen Bewusstseins für die Grundsätze und Vorzüge von<br />
Risikobewertungen (insbesondere bei kleineren Betreibern), Durchführung von Schulungen und<br />
Bereitstellung von Standardvorlagen, um den Prozess verständlich und benutzerfreundlich zu<br />
machen.
Tabelle 7 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie<br />
Ausbildung/Unterricht<br />
Ausbildung/Unterricht<br />
Lehrpläne für Piloten ohne<br />
Vorkenntnisse<br />
Im Lehrplan für die Flugausbildung für Hubschrauberpiloten ohne Vorkenntnisse sollte<br />
mehr Zeit eingeräumt werden für:<br />
A) Einsatzplanung<br />
B) Vorführung des Wirbelringzustands und des Verlusts der Heckrotoreffektivität (Loss<br />
<strong>of</strong> Tail Rotor Effectiveness, LTE)<br />
C) Flug in sich verschlechternde Wetterbedingungen<br />
D) Static & Dynamic Rollover (statisches und dynamisches seitliches Wegkippen)<br />
E) Quickstopp<br />
F) Schnelle Leistungsänderung<br />
G) Management niedriger Rotordrehzahlen<br />
H) Bewusstsein für Höhen-/Geschwindigkeitsdiagramm<br />
Wiederkehrende Schulung Vertiefung der wiederkehrenden Schulung für unerfahrene PPL-Piloten und erfahrene<br />
Berufspiloten um Folgendes:<br />
A) Beenden ungewöhnlicher Fluglagen/eines Fluggeschwindigkeitsverlusts<br />
ausschließlich nach Instrumenten<br />
B) Wirbelringzustand<br />
C) Verlust der Heckrotoreffektivität (Loss <strong>of</strong> Tail Rotor Effectiveness, LTE)<br />
D) Durchführung risikoreicher Einsätze (Gebirgsflüge, HEMS usw.).<br />
E) Autorotation; optimale Nutzung von Flugsimulationsübungsgeräten.<br />
CRM - Lehrpläne Die Erarbeitung und Einführung von Mindeststandards für Lehrpläne sollte erwogen<br />
werden. Es ist sicherzustellen, dass diese Mindeststandards alle Probleme umfassen,<br />
die im Rahmen der EHSAT-Unfallanalyse überprüft wurden, insbesondere CRM. Die<br />
CRM-Schulung (Crew Resource Management <strong>–</strong> effektives Arbeiten als Besatzung)<br />
sollte auf alle Betriebsarten auf allen Luftfahrzeugmustern ausgedehnt werden.<br />
Wahrnehmung der äußeren<br />
Umgebung<br />
Den Piloten muss deutlich gemacht werden, wie wichtig es ist, sich sowohl mit dem<br />
Bereich vertraut zu machen, in dem sie fliegen wollen (Gelände, Hindernisse, Gefahren<br />
usw.), als auch mit lokalen meteorologischen Phänomenen, die auftreten können,<br />
einschließlich Whiteout.<br />
Fliegerische Fähigkeiten Bei der Ausbildung für und dem Nachweis der fliegerischen Fähigkeiten muss betont<br />
werden, dass der Pilot sowohl unter normalen als auch unter Notfallbedingungen für die<br />
Sicherheit des Luftfahrzeugs verantwortlich ist und dass er sich seiner Verantwortung<br />
bewusst sein muss, diese Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Es ist zu erwägen, objektive<br />
Kriterien für Flug- und Luftfahrzeug-Managementfähigkeiten für Personen ohne<br />
Vorkenntnisse und für wiederkehrende Schulungen/Befähigungsüberprüfungen zu<br />
erarbeiten und einzuführen.<br />
Einhaltung der Beschränkungen Bei der Ausbildung muss der Einhaltung der Verfahren und Beschränkungen gemäß<br />
Drehflügler-Flughandbuch besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, wozu auch<br />
spezifische Prüfungen über bekannte Problembereiche gehören.<br />
Checklisten und Einweisung Durch Bewusstseinskampagnen muss Besatzungen die Notwendigkeit nahegebracht<br />
werden, Checklisten/das Flughandbuch zu verwenden, und sichergestellt werden, dass<br />
Fluggäste/Besatzungsmitglieder vor und während des Fluges eine ausführliche<br />
Einweisung erhalten.<br />
Versehentlicher Eintritt in<br />
IMC/DVE<br />
Es muss sichergestellt werden, dass in Lehrplan und Tests die S<strong>of</strong>ortmaßnahmen zum<br />
Beenden ungewöhnlicher Fluglagen und eines versehentlichen Eintritts in<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen behandelt werden.
Tabelle 8 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie Aufsichtsbehörden<br />
Aufsichtsbehörden/Standards/Richtlinien<br />
Aufzeichnung von Daten<br />
Behördliche Aufsicht<br />
Notwasserung,<br />
Markierungen<br />
und Ausstiegsausrüstung<br />
Sicherheitsausrüstung<br />
Anforderungen<br />
Verbesserung der Datenaufzeichnungsfähigkeiten aller Hubschrauber, um<br />
zukünftige Unfalluntersuchungen zu erleichtern.<br />
Aufsicht, Überprüfungen und Inspektionen durch Behörden müssen verbessert<br />
werden. Die Aufsichtsbehörden<br />
müssen mit weiteren Handhaben (Bußgelder, Lizenzentzug usw.) ausgestattet<br />
werden, um gegen Lizenzinhaber und Betreiber vorgehen zu können,<br />
die gegen Vorschriften verstoßen.<br />
In Vorschriften müssen für alle Hubschrauber, für die eine Lizenz für öffentlichen<br />
Verkehr über Gewässern erteilt wurde, die Sicherheitsmerkmale der<br />
Schwimmfähigkeit der Zelle, Notwasserungsausrüstung,<br />
auffällige Lackierungen, Notausstiege, Verstauen/Befestigung von<br />
Rettungsflößen und die Lesbarkeit aller<br />
entsprechenden Markierungen am Tage und bei Nacht benannt und gezeigt<br />
werden.<br />
Die Vorschriften bezüglich der Anforderungen hinsichtlich der Beförderung und<br />
Verwendung von Rettungsmitteln<br />
(Beckengurt, Helm, Rettungsweste usw.) müssen verbessert und entsprechend<br />
durchgesetzt werden.<br />
DVE/versehentlicher Eintritt Es muss sichergestellt werden, dass<br />
Lehrplan und Tests die S<strong>of</strong>ortmaßnahmen zum Beenden ungewöhnlicher<br />
Fluglagen und eines versehentlichen Eintritts in<br />
in IMC<br />
Instrumentenflugwetterbedingungen behandelt werden. Dies kann z. B. durch<br />
Einführung einiger Pflicht-Flugstunden (oder Simulatorstunden)<br />
bei marginalen/schlechten Sichtbedingungen geschehen.<br />
Entwurf von Sitz und<br />
Gurtzeug<br />
Entwurf, Anbringung und statische und dynamische Prüfung von Sitz und<br />
Gurtzeug müssen verbessert werden.
5. Aktionspläne und darüber<br />
hinaus<br />
2009 hat EHSIT einen Prozess für die Aggregierung, Konsolidierung und Priorisierung der von<br />
EHSAT erstellten Interventionsempfehlungen sowie Sicherheitsstrategien und -aktionspläne<br />
definiert. Zur Bearbeitung der wichtigsten von EHSAT identifizierten Kategorien von<br />
Interventionsempfehlungen hat EHSIT drei Spezialistenteams für Flugbetrieb und SMS, Ausbildung<br />
und Regelgebung eingerichtet: Flugbetrieb und Sicherheitsmanagementsysteme, Ausbildung und<br />
Regelgebung.<br />
5.1 EHSIT-Spezialistenteam für Flugbetrieb und<br />
Sicherheitsmanagementsysteme<br />
Dieses Spezialistenteam ist mit der Bearbeitung der von EHSAT erstellten<br />
Interventionsempfehlungen im Zusammenhang mit Flugbetrieb, Sicherheitsmanagementsystemen<br />
und Sicherheitskultur betraut. Im Laufe des Jahres 2009 wurden eine<br />
Aufgabenbeschreibung für das Team erarbeitet und genehmigt, die Mitgliedschaft konsolidiert und<br />
eine globale Strategie und ein globaler Arbeitsplan initiiert.<br />
Im Zeitraum 2010 bis 2012 wird das Team die Konsolidierung der Interventionsempfehlungen von<br />
EHSAT abschließen, seine Strategie konsolidieren und detaillierte Aktionspläne für Industrie,<br />
Behörden und Betreiber einschließlich Privatpersonen in der Allgemeinen Luftfahrt erarbeiten.<br />
Das Team wird sich insbesondere auf die drei wichtigsten Ebenen konzentrieren (gemäß<br />
Interventionsempfehlungen): Risikomanagement, Sicherheitsmanagementsystem (SMS) und<br />
Standardverfahren (Standard Operating Procedures, SOPs).
ABBILDUNG 14 FLOTTENGRÖßE WEST- UND OSTEUROPÄISCHE BETREIBER (QUELLE: NEUE EHA)<br />
Fleet > 50 helicopters Flotte > 50 Hubschrauber<br />
Fleet from 21 to 50 Helicopters Flotte zwischen 21 und 50 Hubschraubern<br />
Fleet from 11 to 20 Helicopters Flotte zwischen 11 und 20 Hubschraubern<br />
Fleet from 6 to 10 Helicopters Flotte zwischen 6 und 10 Hubschraubern<br />
Fleet from 3 to 5 Helicopters Flotte zwischen 3 und 5 Hubschraubern<br />
Fleet <strong>of</strong> 2 Helicopters Flotte von 2 Hubschraubern<br />
Fleet <strong>of</strong> 1 Helicopters Flotte von 1 Hubschrauber<br />
Das Team nutzt die von anderen Gruppen wie z. B. JHSIT und ECAST erstellten Materialien und<br />
Aktionspläne in bestmöglicher Weise und stimmt sich mit europäischen und internationalen<br />
Partnern ab.<br />
Das Betriebs- und SMS-Spezialistenteam wird auch neue Hilfsmittel wie z. B. Checklisten für die<br />
Vorflugkontrolle und Musterlisten für Gefahren pro Flugbetrieb erarbeiten, die für die<br />
Risikoabschätzung im Zusammenhang mit Sicherheitsmanagementsystemen verwendet werden<br />
können.<br />
<strong>EHEST</strong> hat vor kurzem beschlossen, in Europa die Verwendung des vom International Business<br />
Aviation Council (IBAC) erarbeiteten International Standard for Business Aviation (IS-BAO), der im<br />
August 2009 im Rahmen einer europäischen CEN Workshop-Vereinbarung die europäische<br />
Anerkennung erhielt, zusätzlich zum bestehenden IHST SMS-Toolkit zu fördern. IS-BAO umfasst<br />
mehr als nur SMS und enthält einen Zeitplan für die Akkreditierung. Um besser auf die Bedürfnisse<br />
des breiten Spektrums der Hubschrauberbetreiber einzugehen, wird 2010 mit Unterstützung der<br />
neuen EHA, BHA und HAI eine Hubschrauber-Ausgabe des IS-BAO erarbeitet werden.<br />
Es wird ein Bereich auf der <strong>EHEST</strong>-Website erstellt, der eine Auswahl von Links, Produkten und<br />
Referenzdokumenten enthält, die das Verständnis von SMS, Sicherheitskultur, Risikoabschätzung<br />
und Flugbetrieb und deren Umsetzung verbessern. Dieser Abschnitt wird hauptsächlich für kleine<br />
Betreiber erarbeitet, die die große Mehrzahl der Betreiber in Europa stellen (siehe Abbildung 14).<br />
Über 90 % der europäischen Betreiber haben eine Flotte von 5 oder weniger Hubschraubern.<br />
5.2 EHSIT-Spezialistenteam für Ausbildung<br />
Dieses Spezialistenteam wird die von EHSAT erstellten Interventionsempfehlungen für die<br />
Ausbildung verarbeiten.<br />
2009 wurde eine Aufgabenbeschreibung verabschiedet, eine Ausbildungsstrategie entworfen und<br />
das Team gebildet. Die Strategie besteht in einer Festlegung der Hauptziele und geeigneter<br />
Maßnahmen entsprechend den bestehenden Zwängen und einer bestmöglichen Vorwegnahme der<br />
Entwicklungen in der Hubschrauberwelt bis 2016 und danach. Im Rahmen der Strategie wurde eine<br />
Verfahrensweise vorgeschlagen.<br />
2010 bis 2012 wird das Team einen detaillierten Aktionsplan für die hauptsächlichen Beteiligten in<br />
Europa erarbeiten: Hubschrauberhersteller und -lieferanten, Flugausbildungsorganisationen (TRTO<br />
und FTO), Hersteller von Flugsimulationsübungsgeräten (STD), Behörden (ICAO, EASA und<br />
einzelstaatliche Luftfahrtbehörden), Hubschrauber- und Ausbilderverbände und Betreiber und<br />
Privatpersonen in der Allgemeinen Luftfahrt.
Das Team erstellt Sicherheitsbroschüren und Videos zu Themen wie z. B. Wirbelringzustand, Verlust<br />
der Heckrotoreffektivität (Loss <strong>of</strong> Tail Rotor Effectiveness, LTE), statisches und dynamisches<br />
seitliches Wegkippen, Verlust von Sichtmerkmalen, Rotordrehzahl-Management, Verhalten als<br />
Luftfahrer und Einsatzvorbereitung sowie modernes Hubschrauber-Cockpit und Ausbildung.<br />
Längerfristig wird das Spezialistenteam für Ausbildung in Zusammenarbeit mit der Wissenschaft<br />
auch ein Hubschrauber-Ausbildungshandbuch auf dem neuesten Stand erstellen.<br />
5.3 EHSIT-Spezialistenteam für Vorschriften<br />
Ein drittes Spezialistenteam nahm Ende 2009 die Arbeit auf. Dieses Team wird potenzielle<br />
Vorschriftenbereiche identifizieren. Das Team wird sich nicht mit Hubschrauberverordnungen im<br />
Allgemeinen befassen, sondern diejenigen sich aus der EHSAT-Analyse ergebenden<br />
Interventionsempfehlungen bearbeiten, die regulatorischer Art sind. Aus der Tätigkeit dieses<br />
Spezialistenteams könnten Regelsetzungsvorschläge hervorgehen, die den zuständigen<br />
Aufsichtsbehörden (ICAO, EASA oder einzelstaatliche Luftfahrtbehörden) mittels standardmäßiger<br />
Regelsetzungsprozesse vorgelegt werden.<br />
Das Team hat die von EHSAT erarbeiteten Interventionsempfehlungen zusammengefasst und<br />
konsolidiert; es wurde eine Aufgabenbeschreibung entworfen und ein Arbeitsprogramm<br />
festgelegt. 2010 wurde das Spezialistenteam für Vorschriften von <strong>EHEST</strong> zudem beauftragt,<br />
Kommentare zum Entwurf der EASA-Stellungnahme zu einer Verordnung der Kommission zur<br />
Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Lizenzierung von Piloten (Teil FCL) zu<br />
verfassen.<br />
5.4 <strong>EHEST</strong>-Untergruppe Kommunikation<br />
Nach Durchführung der Analyse und sobald ein klares Bild der Probleme vorliegt, die bei Unfällen<br />
eine Rolle gespielt haben, kommt es darauf an, diese Informationen an diejenigen weiterzugeben,<br />
die sie kennen müssen und an einer Senkung der Unfallhäufigkeit mitwirken können.<br />
Zu diesem Zweck wurde eine Untergruppe Kommunikation geschaffen, um sicherzustellen, dass das<br />
europäische Team Verbindung mit seinen IHST-Gegenstücken in aller Welt hat, und um darüber<br />
hinaus ein Kommunikationsnetzwerk zu schaffen, das möglichst viele Mitglieder der europäischen<br />
Hubschrauber-Gemeinschaft erreichen kann.<br />
Es erscheinen regelmäßige Pressemitteilungen, um das Thema wo immer möglich in den<br />
Schlagzeilen zu halten. Insbesondere nutzt das Kommunikationsnetzwerk soweit möglich<br />
vorhandene Verbreitungsmöglichkeiten, um die Bekanntheit und die große Reichweite von<br />
Hubschrauber-Websites, Zeitschriften und Verbandsmitteilungen, einzelstaatlichen<br />
Luftfahrtbehörden, SKYbrary, Konferenzen, Foren usw. vollauf auszuschöpfen und für sich in<br />
Anspruch zu nehmen.<br />
Die <strong>EHEST</strong>-Untergruppe Kommunikation hat auch einen Kommunikationsverantwortlichen in die<br />
einzelnen Spezialistenteams eingebunden, um nahe an neuen Interventionsstrategien zu bleiben<br />
und Beratung zur optimalen Nutzung des Kommunikationsnetzwerks zu geben.
5.5 IHST-Toolkits<br />
Parallel zu den <strong>EHEST</strong>-Tätigkeiten hat IHST eine Reihe von Toolkits erarbeitet, die auf der<br />
IHST-Website frei zugänglich sind. Vier vom US-JHSIT erstellte Toolkits sind jetzt verfügbar für:<br />
SMS, Ausbildung, Risikoabschätzung und Hubschrauber-Flugdatenanalyse. Ein fünftes Toolkit für<br />
Wartung wird derzeit von EHSIT erarbeitet.
6. Zusammenfassung und weitere Vorgehensweise<br />
Die EHSAT-Analyse konsolidiert Analysen von europaweiten Hubschrauber-Unfalldaten. Mit<br />
diesem Bericht werden die bisherigen Ergebnisse dieser Analyse vorgestellt. Die Unfalldaten<br />
umfassen 311 Hubschrauberunfälle, die von regionalen EHSAT-Teams bis 31. März 2010 analysiert<br />
wurden.<br />
Die drei am häufigsten identifizierten Bereiche für Standard-Problemaussagen sind<br />
• Urteile und Maßnahmen des Piloten<br />
• Sicherheitskultur/-management<br />
• Aufgaben am Boden<br />
Die Anwendung der HFACS-Taxonomie durch EHSAT lieferte eine ergänzende Sichtweise auf<br />
menschliche Faktoren. Bei 78 % der Unfälle wurde mindestens ein HFACS-Faktor festgestellt. Bei<br />
den meisten Unfällen wurden unsichere Handlungen oder Voraussetzungen für unsichere<br />
Handlungen festgestellt. Bei einer geringeren Anzahl von Unfallberichten waren Probleme im<br />
Zusammenhang mit der Aufsicht oder organisatorische Einflüsse im Spiel. Inwieweit solche<br />
Faktoren identifiziert werden können, hängt sehr stark von der Gründlichkeit der<br />
Unfalluntersuchung und den verfügbaren Unfalldaten ab.<br />
In den Standard-Problemaussagen und der HFACS-Taxonomie wurden für den gewerblichen<br />
Luftverkehr, die Arbeitsluftfahrt und die allgemeine Luftfahrt jeweils unterschiedliche Muster<br />
beobachtet. Abschnitt 4.4 enthält einen Überblick über die Faktoren für die verschiedenen Arten von<br />
Flugbetrieb, die auf der untersten Ebene der Taxonomie identifiziert wurden.<br />
Die meisten Interventionsempfehlungen (Intervention Recommendations, IR) wurden in den<br />
Bereichen Flugbetrieb und Flugsicherheitsmanagement/-kultur, Ausbildung/Unterricht und<br />
Aufsichtsbehörden/Standards/Richtlinien festgestellt.<br />
Das Umsetzungsteam von <strong>EHEST</strong> (European Helicopter Safety Implementation Team, EHSIT) nahm<br />
im Februar 2009 die Arbeit auf. Dieses Team entwickelt anhand der Unfallanalyse und der<br />
Interventionsempfehlungen von EHSAT Strategien und Aktionspläne zur Verbesserung der<br />
Sicherheit. 2009 hat EHSIT einen Prozess für die Aggregierung, Konsolidierung und Priorisierung<br />
der von EHSAT erstellten Interventionsempfehlungen sowie Sicherheitsstrategien und<br />
-aktionspläne definiert.<br />
Zur Bearbeitung der wichtigsten von EHSAT identifizierten Interventionsempfehlungen hat EHSIT<br />
drei Spezialistenteams für Flugbetrieb und SMS, Ausbildung und Regelgebung eingerichtet. Diese<br />
EHSIT-Spezialistenteams sind derzeit dabei, detaillierte Aktionspläne zu erarbeiten und Material<br />
und Werkzeuge für die Industrie, insbesondere für kleine Betreiber und die Allgemeine Luftfahrt<br />
bereitzustellen, die der Sicherheit zugutekommen können. Die EHSIT-Ergebnisse werden der<br />
Hubschrauber-Gemeinschaft durch die Untergruppe Kommunikation zugänglich gemacht.<br />
EHSAT wird darüber hinaus Unfälle analysieren, um mögliche Veränderungen bei den<br />
Unfallszenarien feststellen zu können. Dieses Team wird zudem an der Messung von Ergebnissen<br />
und der Wirksamkeit von Sicherheitsverbesserungen beteiligt sein.
Anhang 1: Referenzdokumente<br />
Ref.1 Masson, M., Van Hijum M., Evans A. (2009). Human factors in helicopter accidents: results<br />
from the analysis performed by the European Helicopter Safety Analysis Team within IHST . AHS<br />
65th Annual Forum and Technology Display, Grapevine (Texas), United States, May 27-19.<br />
Ref.2 Masson, M., Trapp D. (2010). A Year For Flight Safety . 4Rotors, the European Rotor Journal,<br />
No. 2, p10-14.<br />
Ref.3 Masson M., Van Hijum M., Bernandersson M., Evans A (2009). The European Helicopter Safety<br />
Team (<strong>EHEST</strong> ): 2008/2009 achievements. European Rotorcraft Forum, Hamburg, Germany,<br />
September 22025.<br />
Ref.4 The European Helicopter Safety Team. <strong>EHEST</strong> Conference 2008, Hotel Miragem, Cascais,<br />
Portugal, 13 Oct. http://easa.europa.eu/essi/<strong>EHEST</strong> conference.html<br />
Ref.5 Masson M., Van Hijum M., Evans A., Steel J., Carl<strong>of</strong>f, G. (2009). Safety Partnership:<br />
2008/2009 Achievement by the European Helicopter Safety Team (<strong>EHEST</strong> ). 3rd EASA Rotorcraft<br />
Symposium, Cologne, Germany, Dec 2-3.<br />
http://www.easa.europa.eu/ws_prod/g/g_events.php<br />
Ref.6 European Helicopter Safety Analysis Team (EHSAT) Report Preliminary results <strong>of</strong> helicopter<br />
accident analysis (2009). Luxembourg: Publications Office <strong>of</strong> the European Union, ISBN<br />
978-92-9210-025-4. European Communities.<br />
Ref.7 EASA Annual Safety Review 2009, European Aviation Safety Agency.<br />
http://easa.europa.eu/communications/general-publications.php<br />
Ref.8 US Joint Helicopter Safety Analysis Team (2007). Accident Analysis Process for a Joint<br />
Helicopter Safety Team (JHSAT). http://www.IHST .org/portals/54/JHSAT_Process_Guide.doc<br />
Ref.9 Reason J. (1997). Managing the Risks <strong>of</strong> Organizational Accidents. Ashgate, Aldershot, UK.<br />
Ref.10 Shappell, S.A. and D.A. Wiegmann (<strong>2000</strong>). The Human Factors Analysis and Classification<br />
System <strong>–</strong> HFACS. DOT/FAA/AM-00/7, U.S. Department <strong>of</strong> Transportation/ Federal Aviation<br />
Administration.<br />
Ref.11 US Joint Helicopter Safety Analysis Team (2007). Year <strong>2000</strong> Report to the International<br />
Helicopter Safety Team, Sept. 2007. http://www.IHST .org/portals/54/JHSAT_Report.doc<br />
Ref.12 Shappell, S. et al. (2007). Human Error and Commercial Aviation Accidents: An Analysis<br />
Using the Human Factors Analysis and Classification System. Human Factors, Vol.49, No.2, April<br />
2007, pp.227-242.<br />
Ref.13 Wiegmann, D.A. et al. (<strong>2005</strong>). Human Error and General Aviation Accidents: A<br />
Comprehensive, Fine-Grained Analysis Using HFACS. Final Technical Report<br />
AHFD-05-08/FAA-05-03, Aviation Human Factors Division, Institute <strong>of</strong> Aviation, University <strong>of</strong><br />
Illinois.<br />
Ref.14 Australian Transport Safety Bureau (2007). Human factor analysis <strong>of</strong> Australian aviation<br />
accidents and comparison with the United States. Aviation Research and Analysis Report<br />
B2004/0321.<br />
Websites<br />
<strong>EHEST</strong> http://www.easa.europa.eu/essi/<strong>EHEST</strong> EN.html
AIB Accident Investigation Board<br />
EASA European Aviation Safety Agency<br />
ECAST European Commercial Aviation Safety Team<br />
ECCAIRS European Coordination Centre for Accident and Incident Reporting System<br />
EGAST European General Aviation Safety Team<br />
<strong>EHEST</strong> European Helicopter Safety Team<br />
EHSAT European Helicopter Safety Analysis Team<br />
EHSIT European Helicopter Safety Implementation Team<br />
ESSI European Strategic Safety Initiative<br />
HFACS Human Factors Analysis and Classification System<br />
ICAO International Civil Aviation Organisation<br />
IHST International Helicopter Safety Team<br />
IR Intervention Recommendation<br />
NAA National Aviation Authority<br />
SMS Safety Management System<br />
SPS Standard Problem Statement<br />
ST EHSIT Specialist Team<br />
US JHSAT United States Joint Helicopter Safety Analysis Team<br />
US CAST United States Commercial Aviation Safety Team<br />
IHST http://www.IHST.org<br />
Anhang 2: Akronyme
Anhang 3: Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen<br />
A3-1: Verzeichnis der Abbildungen<br />
Abbildung 1 Datengesteuerter Prozess (in geänderter Form übernommen von US-CAST). ...... 7<br />
Abbildung 2 Tödliche Unfälle im gewerblichen Luftverkehr weltweit <strong>–</strong> von EASA-MS und<br />
Drittstaaten betriebene Hubschrauber mit einer höchstzulässigen Startmasse<br />
von 2 250 kg ............................................................................................. 8<br />
Abbildung 3: Beispiel für eine Standard-Problemaussage .................................................. 11<br />
Abbildung 4 HFACS-Modellstruktur .............................................................................. 12<br />
Abbildung 5: BEISPIEL FÜR DIE ANWENDUNG VON HFACS-CODE ...................................... 13<br />
Abbildung 6: BEISPIEL FÜR INTERVENTIONSEMPFEHLUNGEN ........................................... 14<br />
Abbildung 7 Verteilung der Art des Luftverkehrs innerhalb der Unfalldaten ......................... 16<br />
Abbildung 8 Verteilung der Unfallgruppe innerhalb der Unfalldaten ................................... 16<br />
Abbildung 9 Verteilung der tödlichen Unfälle über die Flugphasen ..................................... 18<br />
Abbildung 10 Anteil der Flüge in den Daten, bei denen die SPS-Kategorie (Ebene 1, höchste<br />
Ebene) mindestens einmal festgestellt wurde ............................................... 18<br />
Abbildung 11 Anteil der Unfälle in den Daten, bei denen die SPS-Kategorie (Ebene 2)<br />
mindestens einmal identifiziert wurde (10 häufigste, ohne Faktoren im<br />
Zusammenhang mit Datenproblemen) ........................................................ 19<br />
Abbildung 12 Anteil der Unfälle, bei denen die HFACS-Ebene mindestens einmal identifiziert<br />
wurde .................................................................................................... 21<br />
Abbildung 13 Verteilung der Kategorien von Interventionsempfehlungen für alle<br />
analysierten Unfälle .................................................................................. 28<br />
Abbildung 14 Flottengröße west- und osteuropäische Betreiber (Quelle: neue EHA) .............. 33<br />
A3-2: Verzeichnis der Tabellen<br />
Tabelle 1 Hubschrauberunfälle und Todesopfer, EASA-Mitgliedstaaten, höchstzulässige<br />
Startmasse über 2 250 kg<br />
Tabelle 2 Hubschrauberunfälle und Todesopfer, EASA-Mitgliedstaaten, höchstzulässige<br />
Startmasse unter 2 250 kg<br />
Tabelle 3 Die häufigsten Probleme im gewerblichen Luftverkehr mit Hubschraubern (ohne<br />
Faktoren im Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Tabelle 4 Die häufigsten Probleme in der Arbeitsluftfahrt mit Hubschraubern (ohne Faktoren im<br />
Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Tabelle 5 Die häufigsten Probleme in der Allgemeinen Luftfahrt mit Hubschraubern (ohne<br />
Faktoren im Zusammenhang mit Datenproblemen)<br />
Tabelle 6 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie Flugbetrieb und<br />
Flugsicherheitsmanagement/-kultur<br />
Tabelle 7 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie<br />
Ausbildung/Unterricht<br />
Tabelle 8 Häufigste konsolidierte Interventionsempfehlungen für die Kategorie<br />
Aufsichtsbehörden
Impressum<br />
Ausschlussklausel:<br />
Die von <strong>EHEST</strong> erstellten Verbesserungsanalysen und -empfehlungen basieren auf dem Urteil von<br />
Fachleuten und stellen eine Ergänzung zu den <strong>of</strong>fiziellen Berichten der Unfalluntersuchungsstellen<br />
(Accident Investigation Boards, AIB) dar. Diese Empfehlungen und sich heraus ergebende<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit sind ausschließlich zur Verbesserung der<br />
Hubschraubersicherheit gedacht. Sie sind nicht bindend und dürfen keinesfalls so ausgelegt<br />
werden, als hätten sie Vorrang vor den <strong>of</strong>fiziellen AIB-Berichten. Die Annahme solcher<br />
Empfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit ist eine freiwillige Entscheidung und liegt vollständig<br />
in der Verantwortlichkeit derjenigen, die diese Maßnahmen gutheißen. <strong>EHEST</strong> übernimmt keine<br />
Verantwortung oder Haftung für den Inhalt oder für Maßnahmen, die aufgrund der Verwendung von<br />
Informationen aus diesen Empfehlungen ergriffen werden.<br />
Bildnachweis<br />
Titelseite: INAER/Einbandinnenseite: Eurocopter/Seite 11: Air Glaciers SA/Seite 15:<br />
Eurocopter/Seite 17: Eurocopter/Seite 23: Air Glaciers SA/Seite 28: iStockphoto/Seite 33:<br />
Air Glaciers SA/Seite 37: AgustaWestland/Hintere Einbandinnenseite: Eurocopter<br />
<strong>EHEST</strong> Analyse von Hubschrauberunfällen in Europa <strong>2000</strong> <strong>–</strong> <strong>2005</strong>, V1.2 (22.07.2010)<br />
Erstellt von<br />
Marieke van Hijum, EASA; Michel Masson, EASA, stellv. Vors. EHSAT, und Clément Audard, EASA<br />
Geprüft von<br />
Andy Evans, AviateQ Intl., stellv. Vors. EHSAT, Duncan Trapp, CHC Helicopter; Clément Audard,<br />
EASA; Giorgio Vismara, AgustaWestland; Dave Howson, UK CAA; Jaume Bosch, Apythel; Gilles<br />
Bruniaux, Eurocopter<br />
Genehmigt von<br />
John Vincent, EASA, Jean-Pierre Dedieu, stellv. Vors. <strong>EHEST</strong>, Vertreter von Eurocopter, John Black,<br />
EHOC, stellv. Vors. <strong>EHEST</strong><br />
Kontaktdaten für Rückfragen<br />
European Helicopter Safety<br />
Team E-Mail: <strong>EHEST</strong>@easa.europa.eu<br />
www.easa.europa.eu/essi<br />
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet:<br />
European Helicopter Safety Team (Abschlussbericht <strong>EHEST</strong>-Analyse Hubschrauberunfälle in Europa<br />
<strong>2000</strong><strong>–</strong><strong>2005</strong>)<br />
ISBN 92-9210-095-7.<br />
<strong>EHEST</strong> ist eine Initiative von ESSI und Teil der internationalen Initiative IHST.
OCT 2010<br />
EuropEan HElicoptEr SafEty tEam (EHESt)<br />
Component <strong>of</strong> ESSI<br />
European Aviation Safety Agency (EASA)<br />
Safety Analysis and Research Department<br />
Ottoplatz 1, 50679 Köln, Germany<br />
mail ehest@easa.europa.eu<br />
Web www.easa.europa.eu/essi/ehestEN.html