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OBERLANDESGERICHT ROSTOCK 17 W 12/00 verkündet am ...

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<strong>17</strong> W <strong>12</strong>/<strong>00</strong><br />

<strong>verkündet</strong> <strong>am</strong>: 18.10.2<strong>00</strong>0<br />

In dem Vergabebeschwerdeverfahren<br />

pp.<br />

<strong>OBERLANDESGERICHT</strong> <strong>ROSTOCK</strong><br />

1<br />

Beschluss


hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche<br />

Verhandlung vom 04.10.2<strong>00</strong>0 durch<br />

den Präsidenten des Oberlandesgerichts …<br />

den Richter <strong>am</strong> Oberlandesgericht …<br />

den Richter <strong>am</strong> Oberlandesgericht …<br />

beschlossen:<br />

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2.<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer bei dem Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern<br />

vom 26.07.2<strong>00</strong>0 - 2 VK 14/2<strong>00</strong>0 - wird zurückgewiesen.<br />

Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 2.<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer geändert und neu gefasst:<br />

Der Antrag der Antragstellerin, ein Vergabeverfahren einzuleiten und das<br />

Verfahren auftuheben, wird zurückgewiesen.<br />

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabek<strong>am</strong>mer<br />

einschließlich der der Antragsgegnerin zur zweckentsprechenden<br />

Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.<br />

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der Anschlussbeschwerde<br />

einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der<br />

Beigeladenen werden der Antragstellerin auferlegt.<br />

2


Gründe:<br />

Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung eines Vergabeverfahrens.<br />

A.<br />

Die Antragsgegnerin betreibt eine Universitätsklinik. Der Verwaltungsdirektor<br />

des Klinikums wurde pensioniert. Die Antragsgegnerin entschloss sich, einen<br />

Geschäftsbesorgungsvertrag zur Wahrnehmung der Funktion des<br />

Verwaltungsdirektors des Klinikums auszuschreiben. Sie schrieb <strong>am</strong><br />

20.03.2<strong>00</strong>0 den Auftrag im nicht offenen Verfahren aus und forderte dazu auf,<br />

bei ihr die Teilnahmeanträge zu stellen. Mit Schreiben vom <strong>17</strong>.04.2<strong>00</strong>0,<br />

gerichtet an die Antragsgegnerin, bekundete die Antragstellerin ihr Interesse <strong>am</strong><br />

Verfahren. Am 26.04.2<strong>00</strong>0 ließ die Antragsgegnerin die Antragstellerin sowie<br />

die Beigeladene und die Firmen P…, K… und Rh… für das Vergabeverfahren<br />

zu.<br />

Mit Schreiben vom 28.04.2<strong>00</strong>0 übersandte die Antragsgegnerin der<br />

Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen und forderte sie auf, das Angebot<br />

bis zum 25.05.2<strong>00</strong>0 abzugeben. Den Ausschreibungsunterlagen lag die<br />

Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin bei. Auf diese wird Bezug<br />

genommen. Die Antragstellerin gab ein Angebot innerhalb der ihr gesetzten<br />

Frist ab.<br />

In einer Besprechung des Kanzlers der Antragsgegnerin mit seinen Mitarbeitern<br />

<strong>am</strong> 10.05.2<strong>00</strong>0 wurde entschieden, dass die Firma A... zum<br />

Ausschreibungsverfahren zugelassen werde, obwohl sie die<br />

Ausschreibungsunterlagen nicht innerhalb der gesetzten Frist bei der<br />

Antragsgegnerin abgefordert hatte.<br />

3


Die Firma Rh… übersandte der Antragsgegnerin kein Angebot. Die<br />

Antragsgegnerin erhielt von der Firma A…, der Firma K…, von der<br />

Beigeladenen, der Firma P… und der Antragstellerin Angebote.<br />

Vor der Angebotseröffnung fand <strong>am</strong> 16.05.2<strong>00</strong>0 bei der Antragsgegnerin eine<br />

Beratung ihrer Mitarbeiter statt. Man einigte sich darauf, dass die einzelnen<br />

Komplexe von 0 bis 5 zu gewichten seien. Bezogen auf die Person des<br />

Verwaltungsdirektors und die Gesellschaft des Bieters wurden<br />

Gewichtungskriterien festgelegt. Zudem einigten sich die Mitarbeiter der<br />

Antragsgegnerin darauf, dass der Preis und die Bewertung der Sachkriterien<br />

gleichgewichtet würden.<br />

Am 30.05.2<strong>00</strong>0 öffnete die Antragsgegnerin die Angebote der Antragstellerin,<br />

der Beigeladenen, der Firmen P…, A… und K… Die Antragsgegnerin entschied<br />

nach Prüfung der Angebotsunterlagen, dass die Firma K... nicht zur Wertung<br />

zugelassen werde. Von den übrigen Bewerbern sollten noch Bankerklärungen,<br />

Selbstdarstellungen etc. eingeholt werden. Ferner entschied die<br />

Antragsgegnerin, dass die abschließende Auswahl eines Bewerbers (Wertung)<br />

von einer sog. Wertungsgruppe der Antragsgegnerin vorgenommen werden<br />

solle. Auf den Vermerk vom 30.05.2<strong>00</strong>0 wird Bezug genommen.<br />

Die Antragsgegnerin bewertete die Angebote nach deren Eröffnung auf einer<br />

Tagung <strong>am</strong> 15. und 16. 06. 2<strong>00</strong>0. Sie ging nach folgenden Kriterien<br />

entsprechend den Angaben in der Leistungsbeschreibung vor:<br />

- Zielstellung des Geschäftsbesorgungsvertrages (30 %),<br />

- Qualifizierungskonzept für das nichtwissenschaftliche Personal (5 %)<br />

- Qualitätssicherungskonzept (5 %),<br />

4


- Anforderung an die Stelle des Verwaltungsdirektors (30 %)<br />

- Anforderung an die Gesellschaft des Bieters (30 %).<br />

Die Angebote der Bewerber wurden danach bewertet. Daraus ergab für jeden<br />

eine bestimmte Ges<strong>am</strong>tpunktzahl.<br />

Sodann wurden die Preise der Bewerber berechnet. Die Beigeladene verlangte<br />

neben einer Grundvergütung einen bestimmten Anteil <strong>am</strong> Gewinn des<br />

Universitätsklinikums. Aus diesem Grund wurde unter Berücksichtigung eines<br />

Gewinns von 0 bis 6 Mio. DM ein durchschnittlicher Jahresgewinn des<br />

Universitätsklinikums errechnet. Unter Zugrundelegung dieses Gewinns wurde<br />

u. a. auch die Vergütung der Beigeladenen ermittelt. Sodann wurde eine<br />

Durchschnittsvergütung der Bewerber errechnet. Die Durchschnittsvergütung<br />

wurde durch die erzielten Leistungspunkte geteilt. Daraus ergaben sich die<br />

Kosten pro Leistungspunkt. Danach war die Beigeladene die günstigste<br />

Bewerberin. Auf das Protokoll vom 16.06.2<strong>00</strong>0 wird Bezug genommen. Die<br />

Antragstellerin war die teuerste Anbieterin.<br />

Mit Schreiben vom <strong>17</strong>.06.2<strong>00</strong>0 übersandte die Antragstellerin der<br />

Antragsgegnerin einen zuvor verlangten Nachweis einer<br />

Versicherungsdeckung.<br />

Mit Schreiben vom 21.06.2<strong>00</strong>0 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin<br />

mit, sie könne ihr nicht den Zuschlag erteilen, weil sie nicht das wirtschaftlichste<br />

Angebot abgegeben habe. Am selben Tag teilte die Antragsgegnerin der<br />

Beigeladenen mit, die Erteilung des Zuschlags werde <strong>am</strong> 30.06.2<strong>00</strong>0 erfolgen.<br />

Wörtlich heißt es in diesem Schreiben:<br />

„... Die Universität R... ist allerdings zu der Auffassung gelangt, dass der ihrem<br />

Angebot beigefügte Vertragsentwurf in einigen Punkten noch der Präzisierung<br />

bedarf, weil er insoweit noch nicht völlig mit der Ihrem Angebot zu<br />

entnehmenden<br />

5


Leistungsbeschreibung übereinstimmt. Der Zuschlag erfolgt jedoch auf das<br />

ges<strong>am</strong>te Angebot unter besonderer Berücksichtigung der ausgeschriebenen<br />

Mindestanforderungen, denen Sie sich mit ihrem Angebot unterworfen haben,<br />

nicht (nur) auf den vorgelegten Vertragsentwurf. Einer Präzisierung und<br />

Konkretisierung bedürfen daher insbesondere die folgenden Punkte:<br />

- Beschreibung des Vertragsgegenstandes im Hinblick auf die<br />

ausgeschriebene Leistung.<br />

- Die Teilregelung zum Einsatz eines zweiten Mitarbeiters in der<br />

Verwaltungsleitung, insbesondere in der Frage der Vergütung dieses<br />

Mitarbeiters.<br />

- Spezifizierung der Umsatzrückvergütung bei Einkauf über den S…-<br />

Zentraleinkauf.<br />

Bei Nichteinigung über die angesprochenen Punkte steht auch die<br />

Zuschlagserteilung wieder zur Disposition, da dann von Ihrer Seite<br />

möglicherweise nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben worden wäre.<br />

Es ist daher in unserem beiderseitigen Interesse, die erforderlichen<br />

Vertragsanpassungen unverzüglich vorzunehmen.<br />

… .“<br />

Mit Schreiben vom 29.06.2<strong>00</strong>0 rügte die Antragstellerin gegenüber der<br />

Antragsgegnerin mehrere angebliche Vergaberechtsverstöße.<br />

Die Antragstellerin hat bei zuständigen Vergabek<strong>am</strong>mer einen Antrag auf<br />

Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gestellt.<br />

6


Die Antragstellerin hat vorgetragen, das Zuschlagskriterium "Nebenangebote zu<br />

Optimierung der Wirtschaftsführung des Klinikums“ verstosse gegen die §§ 9a,<br />

25 Nr. 3 VOL/A. Die Antragsgegnerin habe selbst,- unstreitig - keine<br />

Nebenangebote zugelassen.<br />

Die Antragsgegnerin halte den von der Beigeladenen in Aussicht genommenen<br />

Verwaltungsdirektor für besser als den von ihr vorgeschlagenen Direktor. Das<br />

sei eine unzulässige Wertung. Die Antragsgegnerin habe sie aufgefordert, ein<br />

Angebot abzugeben. Daraus ergebe sich, dass sie fachlich geeignet sei. Die<br />

Antragsgegnerin könne sie in einer späteren Phase des Verfahrens dann nicht<br />

mehr als weniger geeignet bezeichnen.<br />

Sie sei zu spät darüber informiert worden, dass die Antragsgegnerin den<br />

Zuschlag <strong>am</strong> 30.06.2<strong>00</strong>0 erteilen wolle.<br />

Die Antragsgegnerin habe der Beigeladenen Insiderwissen verschafft. Sie habe<br />

mit ihr schon Anfang 2<strong>00</strong>0 einen Vertrag abschließen wollen.<br />

Die Vergabebekanntmachung lasse nicht erkennen, welche Stelle für die<br />

Nachprüfung zuständig sei.<br />

Sie habe - unstreitig - erst nach der Ablehnung des Zuschlages erfahren, dass<br />

der Preis ein wesentliches Kriterium für die Wertung sei. In der<br />

Leistungsbeschreibung sei er nicht genannt. Dort seien die Zuschlagskriterien<br />

abschließend festgelegt worden. Die Nichtnennung des Preises als<br />

wesentliches Kriterium verstoße gegen das Transparenzgebot gem. den §§ 9a,<br />

25 Nr. 3 VOL/A.<br />

Sie bezweifle, dass ihr Angebot einen höheren Preis ausmache als der der<br />

Beigeladenen.<br />

Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Antragsgegnerin den Durchschnittsgewinn<br />

berechnet habe. Der angenommene niedrige Gewinn von 0,1 Mio. DM bis 2,0<br />

Mio. DM sei unrealistisch. Krankenhäuser würden viel höhere Gewinne<br />

erwirtschaften. Dann wäre die Vergütung der Beigeladenen höher als ihre (die<br />

der Antragstellerin). Die Antragsgegnerin beabsichtige mit der<br />

7


Beigeladenen Verhandlungen nach der Zuschlagserteilung zu führen. Daraus<br />

ergebe sich, dass die Antragsgegnerin zuvor keine erschöpfende<br />

Leistungsbeschreibung gem. § 8 VOL/A vorgelegt habe. Zudem umgehe die<br />

Antragsgegnerin d<strong>am</strong>it das Verbot gem. § 24 VOL/A. Wenn nachträgliche<br />

Verhandlungen durchgeführt werden sollten, so sei die vergaberechtlich<br />

geforderte Wertbarkeit und Vergleichbarkeit des Angebots nicht gewährleistet.<br />

Auch verstosse dieses gegen das Diskriminierungsverbot (§ 2 Nr. 2 Abs. 2<br />

VOL/A).<br />

Das <strong>am</strong> 16.06.2<strong>00</strong>0 angewandte Bewertungsschema stimme mit dem<br />

angekündigten nicht überein.<br />

Die Antragstellerin hat beantragt,<br />

8<br />

ein Vergabeverfahren einzuleiten und das Verfahren<br />

aufzuheben.<br />

Die Antragsgegnerin hat beantragt,<br />

den Antrag zurückzuweisen.<br />

Sie verteidigt ihre Vergabeentscheidung und führt aus, die Antragstellerin habe<br />

nicht dargelegt, dass ihr durch die behauptete Verletzung der<br />

Vergabevorschriften ein Schaden entstehen werde. Die Antragstellerin hätte die<br />

gerügten Fehler nach der Aufforderung zur Abgabe des Angebots und nach<br />

Übersendung der Leistungsbeschreibung mit den dazugehörenden Unterlagen<br />

sogleich rügen müssen. Das habe die Antragstellerin nicht getan.<br />

Ihre Zuschlagsentscheidung bewege sich im Rahmen des<br />

Beurteilungsspielraumes. Die Nebenangebote seien nicht wertungsrelevant.<br />

Kein Bieter habe ein Nebenangebot unterbreitet.


Sie habe in der zweiten Wertungsphase nur geprüft, ob die Bieter formal i.S.v. §<br />

104 Abs. 2 Landeshochschulgesetz (LHG) geeignet seien. In der 4. Phase habe<br />

sie eine Bewertung der für die Stellung des Verwaltungsdirektors vorgesehenen<br />

Person anhand der Leistungsbeschreibung vorgenommen. Sie habe keine<br />

Doppelwertung vorgenommen.<br />

Sie habe den Preis nicht mit 50 % gewichtet. Ausgangspunkt ihrer<br />

Überlegungen sei das wirtschaftlichste Angebot: das mit dem besten<br />

Preis/Leistungsverhältnis. Sie wolle mit der Beigeladenen keine<br />

Nachverhandlungen führen. Die Vertragsbedingungen gem. § 9 Nr. 2 VOL/A<br />

seien versehentlich nicht genannt worden.<br />

Sie habe die Firma A… Kliniken GmbH zugelassen, weil auch keiner der<br />

übrigen Bewerber rechtzeitig alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt habe.<br />

Mit Beschluss vom 26.07.2<strong>00</strong>0 hat die Vergabek<strong>am</strong>mer festgestellt, dass die<br />

Antragstellerin in ihren Rechten aus den §§ 97 Abs. 7 GWB, 9a, 25 Nr: 3, 27a,<br />

30 Nr. 1, 32a VOL/A verletzt sei. Die Antragsgegnerin wurde angewiesen, das<br />

Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer fortzusetzen. Auf den Beschluss wird Bezug genommen.<br />

Mit Schreiben vom 04.08.2<strong>00</strong>0 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin<br />

mit, sie habe entsprechend dem Beschluss der Vergabek<strong>am</strong>mer eine Korrektur<br />

der Wertung vorgenommen. Sie habe die von der Vergabek<strong>am</strong>mer als<br />

Eignungskriterien bezeichnenden Gesichtspunkte nunmehr in der vierten<br />

Wertungsphase nicht berücksichtigt. Das Ergebnis sei, dass die bisherige<br />

Relation der Bewerber unverändert geblieben sei. Zudem habe sie den<br />

Gesichtspunkt "Personalentwicklung" bei der Bewertung des Kriteriums<br />

„Zielstellung des Geschäftsbesorgungsvertrages“ unberücksichtigt gelassen. Da<br />

der größte Teil der Angebotsbewertung unbeanstandet geblieben sei, habe die<br />

9


Korrektur der Wertung nur zu einer marginalen Veränderung geführt. Die<br />

Rangfolge der Bieter sei nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis unverändert<br />

geblieben.<br />

Gegen den Beschluss der Vergabek<strong>am</strong>mer wenden sich die Antragstellerin mit<br />

ihrer zulässigen sofortigen Beschwerde und die Antragsgegnerin mit ihrer<br />

unselbständigen Anschlussbeschwerde.<br />

Die Antragstellerin trägt vor, sie wende sich nicht dagegen, soweit die<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer einzelne Rügen für begründet erachtet habe. Sie halte es aber<br />

für fehlerhaft, dass die K<strong>am</strong>mer meine, die Antragsgegnerin könne den Preis<br />

bei der Wertung berücksichtigen, ohne ihn vorher genannt zu haben. Wenn die<br />

Antragsgegnerin den Preis berücksichtigen wolle, müsse sie das vorher<br />

bekannt geben. Hätte sie gewußt, dass der Preis ein Wertungskriterium sei, so<br />

hätte sie ihr Angebot anders kalkuliert. Es sei auch falsch, dass die Absicht der<br />

Antragsgegnerin, mit der Beigeladenen zu verhandeln, kein<br />

Vergaberechtsverstoss sei. Die Antragsgegnerin teile der Beigeladenen im<br />

Schreiben vom 21.06.2<strong>00</strong>0 mit, dass eine Nachverhandlung erforderlich sei.<br />

Hätte die Antragsgegnerin die Leistung erschöpfend beschrieben, so wäre<br />

keine nachträgliche Verhandlung notwendig. Das sei ein Verstoss gegen § 8 Nr.<br />

1 VOL/A. Daher seien die Verdingungsunterlagen unvollständig. Es seien<br />

Angebote gewertet worden, die objektiv nicht vergleichbar seien.<br />

Die Antragsgegnerin hätte die Firma A... nicht zulassen dürfen. Dadurch hätte<br />

sich ihre Chance auf die Zuschlagserteilung verringert.<br />

Die Antragstellerin beantragt,<br />

10<br />

den angefochtenen Beschluss zu ändern und das<br />

Vergabeverfahren aufzuheben.


Die Antragsgegnerin beantragt,<br />

den Antrag abzuweisen.<br />

11<br />

Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt sie,<br />

den Beschluss der Vergabek<strong>am</strong>mer zu ändern und den Antrag<br />

der Antragstellerin abzuweisen.<br />

Sie trägt vor, die Vergabek<strong>am</strong>mer hätte jede einzelne Rüge daraufhin prüfen<br />

müssen, ob sie gem. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB zulässig sei. Das habe sie nicht<br />

getan. Die Antragstellerin habe hinsichtlich ihrer Rügen keinen Schaden<br />

dargelegt. Die im Beschluss erwähnten Verstöße gem. II, B, 1, 2, 3, 7 könne die<br />

Antragstellerin nicht rügen, weil sie insoweit präkludiert sei.<br />

Die VOL/A setze zwingend voraus, dass das wirtschaftlichste Angebot durch<br />

Ermittlung des Preis-Leistungs-Verhältnisses bestimmt werde.<br />

Sie wolle mit der Beigeladenen nicht über den Vertragsgegenstand verhandeln.<br />

Der von ihr übersandte Vertragsentwurf erfasse nicht alle Punkte des<br />

Angebotsinhalts. Sie wolle mit der Beigeladenen zu dem Zweck "verhandeln",<br />

um Unklarheiten bei der Anpassung des Vertragstextes an den Inhalt des<br />

Angebots aufzuklären. Keiner der von den Bietern vorgelegten<br />

Vertragsentwürfe entspreche den Rahmenbedingungen des LHG. Keiner der<br />

Vertragsentwürfe sei daher abschlussfähig gewesen. Keiner der Bieter habe in<br />

dem Vertragsentwurf das niedergelegt, was in der Angebotsbeschreibung<br />

gefordert gewesen sei.<br />

Mit Beschluss vom 20.09.2<strong>00</strong>0 hat der Senat die Firma S… Kliniken GmbH<br />

beigeladen.


Die Beigeladene hält den Aufhebungsantrag der Antragstellerin für unzulässig,<br />

weil das Beschwerdegericht eine solche Rechtsfolge nicht anordnen dürfe.<br />

Zudem sei die Antragstellerin gem. § 107 Abs. 2, S. 2 GWB nicht antragsbefugt,<br />

weil sie nicht dargelegt habe, dass ihr aufgrund der Vergabeentscheidung ein<br />

Schaden entstehe oder zu entstehen drohe. Auch sei nicht die VOL/A sondern<br />

die VOF anwendbar. Es handle sich um eine freiberufliche Leistung, nämlich<br />

die eines beratenden Betriebswirts. Das habe zur Folge, dass gem. § 2 Abs. 4<br />

VOF keine Aufteilung oder Gewichtung erfolgen müsse. Weitere Folge sei, dass<br />

lediglich technische Anforderungen unter Bezugnahme auf europäische<br />

Spezifikationen festzulegen seien (§ 8 Abs. 2 VOF). Sonstige<br />

Verfahrensbestimmungen würden nicht gelten. Die Vergabestelle sei völlig frei<br />

in der Ausgestaltung des Verfahrens. Sie müsse nur gem. § <strong>17</strong> VOF dem nicht<br />

berücksichtigten Bewerber mitteilen, dass und aus welchem Grund seine<br />

Bewerbung abgelehnt werde.<br />

Die Beigeladene beantragt,<br />

<strong>12</strong><br />

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin als unzulässig,<br />

hilfsweise als unbegründet kostenpflichtig zurückzuweisen.<br />

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig.<br />

B.<br />

Die Antragstellerin rügt im Beschwerdeverfahren drei Vergaberechtsverstöße,<br />

nämlich die Nichtankündigung des Preises als Auswahlkriterium, die Erstellung<br />

unvollständiger Ausschreibungsunterlagen, was dazu führe, dass die


Antragsgegnerin Nachverhandlungen durchführen müsse und die Zulassung<br />

der Firma A… zum Vergabeverfahren. Die Antragstellerin ist durch die<br />

Entscheidung der Vergabek<strong>am</strong>mer beschwert. Entgegen dem Tatbestand des<br />

Beschlusses hat die Antragstellerin beantragt, das Vergabeverfahren insges<strong>am</strong>t<br />

aufzuheben. Diesen Antrag hat die Vergabek<strong>am</strong>mer konkludent<br />

zurückgewiesen.<br />

1a) Entgegen der Auffassung der Vergabek<strong>am</strong>mer muss die Antragstellerin<br />

hinsichtlich jeder einzeinen Rüge darlegen, dass ihr durch die behauptete<br />

Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu<br />

entstehen droht (§ 107 Abs. 2 S. 2 GWB) . Durch die genannte Norm soll<br />

verhindert werden, dass ein Bieter, der keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung<br />

seines Angebots und d<strong>am</strong>it auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein<br />

investitionshemmendes Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Kann der Bieter<br />

daher nicht darlegen, dass ihm kausal durch die beanstandete Verletzung der<br />

Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, so ist<br />

der Antrag unzulässig. Die Darlegungslast im Hinblick auf den Schaden oder<br />

den drohenden Schaden hängt von den Umständen des Einzelfalles ab<br />

(Niebuhr/Kulartz/Kuska/Portz, Komm. z. Vergaberecht, § 107 Rdn. 21 ff). Aus<br />

dem Vortrag des Antragstellers muss sich jedenfalls ergeben, dass sich seine<br />

Chance, den Zuschlag zu erhalten, durch den gerügten Verstoss verringert hat.<br />

Danach ist die Rüge, die Antragsgegnerin sei nach Auswahlkriterien<br />

vorgegangen, die sie nicht angekündigt habe, zulässig.<br />

Die Antragstellerin hat dargelegt, sie hätte anders kalkuliert, wenn die<br />

Antragsgegnerin mitgeteilt hätte, dass der Preis ein Auswahlkriterium sei und<br />

wie er gewichtet werde. Dieser Vortrag reicht aus, um die Zulässigkeit der Rüge<br />

anzunehmen. Es erscheint möglich, dass die Antragstellerin anders kalkuliert<br />

hätte, wenn sie gewusst hätte, dass der<br />

13


Preis ein wesentliches Auswahlkriterium ist. Im Übrigen wäre es eine<br />

Überspannung der Anforderungen an den Vortrag der Antragstellerin, wenn<br />

man von ihr verlangte, nunmehr eine neue Kalkulation vorzulegen.<br />

b) Die Antragsgegnerin hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin im<br />

Vergabeverfahren nicht gegen die §§ 97 Abs. 5 GWB, 9a, 25 Nr. 3 VOL/A<br />

verstoßen.<br />

aa) Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist die VOL/A und nicht die<br />

VOF anwendbar.<br />

Sowohl die VOL/A als auch die VOF erfassen unter anderem Dienstleistungen.<br />

Der Anwendungsbereich beider Verdingungsordnungen wird dadurch<br />

abgegrenzt, dass unter die VOF Leistungen oberhalb des Wertes nach § 1 a Nr.<br />

1 Abs. 1 VOL/A fallen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht<br />

oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigkeiten angeboten werden und<br />

deren Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung nicht vorab eindeutig und<br />

erschöpfend beschrieben werden kann (§ 1 VOL/A, 3. Spiegelstrich).<br />

Ob der Auftraggeber freiberufliche Leistungen oder sonstige Dienstleistungen<br />

vergeben will, muss im Einzelfall festgestellt werden.<br />

Zutreffend weist die Beigeladene daraufhin, dass u. a. auch der beratende<br />

Betriebswirt zu den freien Berufen zu rechnen ist (Müller/Wrede, Komm. zur<br />

VOF, § 1 Rdn. 10).<br />

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin einen<br />

Geschäftsbesorgungsvertrag ausgeschrieben. Ziel des Vertrages ist, dass der<br />

Bieter bestimmte Konzepte entwickeln soll, um die Probleme des<br />

Universitätsklinikums R… zu lösen. Zudem soll er ein Qualifizierungs- und<br />

Qualitätssicherungskonzept entwickeln. Außerdem ist es die Aufgabe des<br />

Bieters, den Verwaltungsdirektor zu stellen. Es handelt sich nach der<br />

Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin nicht nur um eine<br />

14


loße beratende wirtschaftswissenschaftliche Tätigkeit. Der Bieter wird daher<br />

nicht wie ein selbständiger Betriebswirt tätig. Entscheidend ist hier vielmehr die<br />

Kombination von Aufgaben, bestehend aus einer wirtschaftwissenschaftlichen<br />

Tätigkeit, die beratenden Charakter hat und der Pflicht zur Stellung eines<br />

qualifizierten Verwaltungsdirektors. Ob es sich bei einer gemischten Tätigkeit<br />

um eine solche handelt, die nach der VOF oder nach der VOL/A zu behandeln<br />

ist, richtet sich nach dem Schwerpunkt des Auftrages (vgl. Müller/Wrede a.a.O.,<br />

§ 1 Rdn. 6). Der hier ausgeschriebene Auftrag erhält dadurch sein Gepräge,<br />

dass der Bieter neben der Entwicklung von Lösungskonzepten auch die Person<br />

des Verwaltungsdirektors des Klinikums stellen soll. Daraus folgt, dass es die<br />

Aufgabe des Verwaltungsdirektors ist, die Lösungskonzepte umzusetzen. Eine<br />

solche Aufgabe entspricht nicht der eines beratenden Betriebswirts. Dieser teilt<br />

dem Auftraggeber sein Fachwissen mit. Demgegenüber soll der Bieter die<br />

Person des Verwaltungsdirektors stellen, wobei dieser sein<br />

betriebswirtschaftliches Fachwissen und das der Bieterin einbringt.<br />

Diese Aufgabe ist mit einer bloß beratenden Tätigkeit eines freiberuflichen<br />

Betriebswirtes nicht vergleichbar.<br />

Weil die VOF nicht anwendbar ist, muss das Vergabeverfahren auch nicht<br />

aufgehoben werden. Eine Abweichung von dem in § 5 Abs. 1 S. 1 VOF<br />

verbindlich vorgegebenen Verhandlungsverfahren wäre ein Vergabeverstoss,<br />

der zur Rechtswidrigkeit des ges<strong>am</strong>ten Vergabeverfahrens und d<strong>am</strong>it zu<br />

dessen Aufhebung führen kann (Müller-Wrede a.a.O. § 5 Rdn. 7).<br />

bb) Gem. § 9a VOL/A hat der Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder<br />

in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er<br />

vorsieht, anzugeben.<br />

Mit der Festlegung und Bekanntgabe der Zuschlagskriterien soll den Bietern<br />

eine Orientierungshilfe bei ihren Überlegungen zur Abgabe und Erstellung der<br />

Angebote gewährt werden. Zudem<br />

15


ermöglicht die Festlegung, die Angebote zu vergleichen. Dadurch wird eine<br />

Überprüfung der Zuschlagsentscheidung erleichtert (Daub/Eberstein/Zdzieblo,<br />

Komm. zur VOL/A, § 9 a Rdn. 3).<br />

Die Antragsgegnerin hat sich bei der Zuschlagsentscheidung im Wesentlichen<br />

an den in der Leistungsbeschreibung genannten Kriterien orientiert. Soweit sie<br />

davon abgewichen ist, hat sie, nachdem die Vergabek<strong>am</strong>mer den<br />

angefochtenen Beschluss erlassen hat, eine Nachbewertung vorgenommen,<br />

die nicht zu beanstanden ist.<br />

Aus dem Protokoll vom 16.06.2<strong>00</strong>0 folgt, dass die Antragsgegnerin sich an den<br />

von ihr aufgestellten Zuschlagskriterien orientiert hat. Sie hat die Zielstellung<br />

des Geschäftsbesorgungsvertrages, das Qualifizierungskonzept, das<br />

Qualitätssicherungskonzept, die Anforderung an die<br />

Verwaltungsdirektorenstelle und an die Gesellschaft des Bieters jeweils mit dem<br />

Faktor wie er sich aus der Leistungsbeschreibung ergibt, angegeben. Anhand<br />

der ihr von den Bietern vorgelegten Unterlagen hat sie die Bewertung<br />

vorgenommen. Dagegen bestehen keine Bedenken. Sie musste die<br />

Zuschlagskriterien im Protokoll vom 16.06.2<strong>00</strong>0 nicht in derselben Reihenfolge<br />

aufführen wie dieses in der Leistungsbeschreibung erfolgt ist. Ausreichend ist,<br />

wenn die Zuschlagskriterien übereinstimmen.<br />

Es ist allerdings zutreffend, wie die Vergabek<strong>am</strong>mer in ihrem Beschluss unter B<br />

4, rügt, dass der Gesichtspunkt "Personalentwicklung" nicht in der<br />

Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin erwähnt ist.<br />

Allerdings ist es nach Ansicht des Senates zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin<br />

insoweit ein nicht angekündigtes Zuschlagskriterium i. S. v. § 9a VOL/A ihrer<br />

Entscheidung zugrundegelegt hat. Denn der Begriff "Personalentwicklung" kann<br />

hier auch als "Überschrift" für die Kriterien "Personalausstattung" und<br />

"Personalmittelausstattung"<br />

16


angesehen werden. Die beiden letztgenannten Kriterien sind in der<br />

Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin aufgeführt. Aber die<br />

Antragsgegnerin hat entsprechend dem Beschluss der Vergabek<strong>am</strong>mer eine<br />

Nachbewertung vorgenommen. Das ergibt sich aus dem Schreiben der<br />

Antragsgegnerin vom 04.08.2<strong>00</strong>0 (Bl. 61, 62 d. A.). Danach führte die Korrektur<br />

der Wertung zu keiner Änderung der Zuschlagsentscheidung.<br />

Im Ergebnis ebenfalls ohne Auswirkung bleibt es, wenn man wie die<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer von einem Verstoß gegen die §§ 9a, 25 Nr. 3 VOL/A ausgeht,<br />

weil die Antragsgegnerin auf der 4. Wertungsstufe das Kriterium<br />

"Anforderungen an die Gesellschaft des Bieters" berücksichtigt hat. Auch<br />

insoweit hat die Antragsgegnerin, wie sie mit Schreiben vom 04.08.2<strong>00</strong>0<br />

mitgeteilt hat, eine Neubewertung vorgenommen. Sie hat dieses Kriterium jetzt<br />

nicht mehr berücksichtigt. Zutreffend ist sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die<br />

Rangfolge der Bieter sich nicht geändert hat.<br />

In diesem Zus<strong>am</strong>menhang kommt es lediglich darauf an, ob die Antragstellerin<br />

eine günstigere Position als die Beigeladene erlangt. Dass ist nicht der Fall.<br />

Unter Zugrundelegung der Tabelle 2) gem. dem Protokoll vom 16.06.2<strong>00</strong>0 gilt<br />

folgende Leistungsbewertung der Angebote:<br />

Kriterien Beigeladene Antragstellerin<br />

Zielstellung<br />

Geschäftsbesorgungsvertrag<br />

<strong>17</strong><br />

13 : 4 = 3,25<br />

3,25 x 30 = 97,5<br />

Punkte<br />

1 : 4 = 0,25<br />

0,25 x 30 = 7,5<br />

Punkte<br />

Qualifizierungskonzept 10 Punkte 10 Punkte<br />

Qualitätssicherungskonzept 18,5 Punkte 9 Punkte<br />

Anforderungen an VD-Stelle 90 Punkte 30 Punkte<br />

Ges<strong>am</strong>tpunkte: 216 Punkte 56,5 Punkte


Entgegen der Auffassung der Antragstellerin durfte die Antragsgegnerin bei der<br />

Zuschlagentscheidung auch den Preis .der Bieter mit berücksichtigen, obwohl<br />

sie darauf weder in der Leistungsbeschreibung noch in der<br />

Vergabebekanntmachung hingewiesen hat.<br />

cc) Gem. den §§ 97 Abs. 5 GWB, 25 Nr. 3 VOL/A ist der Zuschlag auf das<br />

wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Nach der EG-Richtlinie über die<br />

Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge -<br />

nachfolgend nur Richtlinie genannt - (Art. 36 Abs. 1 Richtlinie) hat der<br />

Auftraggeber, wenn der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot<br />

erfolgen soll, verschiedene auf den Auftrag bezogene Kriterien zu<br />

berücksichtigen. Dazu nennt Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie Beispiele, nämlich u.a.<br />

die Qualität, die Zweckmäßigkeit der Leistung, den Kundendienst und den<br />

Preis. Im Übrigen sieht Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie ausdrücklich vor, dass sonst<br />

ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises gelten soll. Da das<br />

innerstaatliche Recht gemeinschaftskonform auszulegen ist (Maunz-Zippelius,<br />

Deutsches Staatsrecht, 30. Aufl. § 48 VIII, 2), muss § 97 Abs. 5 GWB<br />

entsprechend Art. 36 der Richtlinie ausgelegt werden. Notwendigerweise muss,<br />

um das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln, die Leistung und der<br />

Preis in ein Verhältnis gesetzt werden.<br />

Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, darauf in der Leistungsbeschreibung<br />

hinzuweisen. Eine entsprechende Pflicht ergibt sich nicht aus § 9a VOL/A.<br />

Wenn es lediglich darum geht, dass der Preis in ein Verhältnis zu übrigen<br />

Zuschlagskriterien gesetzt wird, so muss dieses nicht in den<br />

Verdingungsunterlagen vorher angekündigt werden. Etwas anderes mag gelten,<br />

wenn der Preis bei der Zuschlagssentscheidung nicht nur in ein Verhältnis zu<br />

den übrigen Zuschlagskriterien<br />

18


gesetzt wird, sondern ein besonderes - hohes oder niedriges Gewicht erhalten<br />

soll.<br />

Die bloße Angabe von Kriterien wie Qualität, technischer Wert etc. lassen, ohne<br />

dass sie zum Preis in eine Beziehung gesetzt werden, keinen Schluss auf das<br />

günstigste Angebot zu. Die Vergabestelle könnte dann lediglich feststellen,<br />

welche Qualität oder welchen technischen Wert die Leistung hat. Daher muss<br />

sie notwendigerweise in diesen Fällen immer die Leistung in ein Verhältnis zum<br />

Preis setzen. Das kann dadurch geschehen, dass die Qualitätskriterien, wie im<br />

vorliegenden Fall, ermittelt werden und die entsprechende Punktzahl durch den<br />

Preis dividiert wird.<br />

dd) Die von der Antragsgegnerin errechneten Durchschnittspreise sind<br />

zutreffend. Insbesondere hat sie eine nicht zu beanstandende Gewinnprognose<br />

des Universitätsklinikums vorgenommen und darauf aufbauend die<br />

erfolgsabhängige Vergütung der Beigeladenen, der Antragstellerin sowie der<br />

beiden anderen Mitbewerber errechnet. Die Durchschnittspreise sind nach der<br />

neuen Wertung der Antragsgegnerin (siehe Schreiben vom 04.08.2<strong>00</strong>0) zur<br />

Leistung in ein Verhältnis zu setzen. Danach gilt zwischen der Antragstellerin<br />

und der Beigeladenen folgender Vergleich:<br />

N<strong>am</strong>e des<br />

Bewerbers<br />

Durchschnittspreis<br />

TDM<br />

19<br />

Leistung in<br />

Ges<strong>am</strong>tpunkten<br />

Kosten pro<br />

Leistungspunkt<br />

TDM<br />

SANA I 729,93 216 3,38<br />

SANA II 6<strong>17</strong>,64 216 2,86<br />

pragma 8<strong>00</strong> 56,5 14,16<br />

Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Korrektur der Wertung führte<br />

danach nicht dazu, dass die Antragstellerin eine


günstigere Position als die Beigeladene in der Rangfolge der Angebote erlangt<br />

hat.<br />

2) Die Antragsgegnerin hat zwar, wie die Antragstellerin rügt, entgegen § 32 a<br />

VOL/A in der Vergabebekanntmachung gegenüber der Antragstellerin nicht die<br />

Stelle angegeben, an die sich der Bieter wenden kann, um Verstöße gegen<br />

Vergabebestimmungen überprüfen zu können.<br />

Dieses Versäumnis hat sich aber für die Antragstellerin nicht nachteilig<br />

ausgewirkt. Sie hat vielmehr, kurz nachdem ihr die Mitteilung von der<br />

Antragsgegnerin zugegangen ist, dass ihr nicht der Zuschlag erteilt werde, bei<br />

der zuständigen Vergabek<strong>am</strong>mer das Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Weil<br />

der Zuschlag bisher nicht erteilt worden ist, ist die Missachtung .der<br />

Vergabevorschrift für die Antragstellerin folgenlos geblieben. Das rechtfertigt<br />

keine Aufhebung des Vergabeverfahrens.<br />

3) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verstieß die Antragsgegnerin<br />

nicht gegen § 8 Nr. 1 VOL/A, weil die Verdingungsunterlagen unvollständig<br />

seien und die Antragsgegnerin aus diesem Grund nach Zuschlagserteilung mit<br />

der Beigeladenen Verhandlungen durchführen müsse.<br />

Die Antragsgegnerin hat die Leistung ausreichend beschrieben.<br />

Daraus ergibt sich, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen<br />

werden soll. Welche Dienstleistungen der Bieter erbringen soll, ergibt sich aus<br />

Nr. 1 der Leistungsbeschreibung. Zudem muss sich der Bieter verpflichten, die<br />

Verwaltungsdirektorenstelle mit einer qualifizierten Person zu besetzen. Auch<br />

hat die Antragsgegnerin angegeben, dass der Bieter seine<br />

Vergütungsvorstellungen mitzuteilen hat. D<strong>am</strong>it sind die den<br />

Geschäftsbesorgungsvertrag charakterisierenden Leistungspflichten<br />

ausreichend beschrieben.<br />

20


Es ist zwar der Antragstellerin zuzugeben, dass das Schreiben der<br />

Antragsgegnerin an die Beigeladene vom 30.06.2<strong>00</strong>0 den Eindruck erwecken<br />

kann, erst nach Zuschlagserteilung sollten mit der Beigeladenen - entgegen §<br />

24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A - Vertragsverhandlungen durchgeführt werden. Auch<br />

kann dieser Umstand darauf hindeuten, dass die Leistungsbeschreibung gem. §<br />

8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A unvollständig ist.<br />

21<br />

Die Vermutung der Antragstellerin trifft aber nicht zu.<br />

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Leistungsbeschreibung erschöpfend erfolgt.<br />

Aufgrund des Angebotes der Beigeladenen kann ein schriftlicher Vertrag<br />

abgeschlossen werden. Die Antragsgegnerin hat dazu in der mündlichen<br />

Verhandlung vor dem Senat zutreffend darauf hingewiesen, dass sich das von<br />

der Antragstellerin vorgelegte schriftliche Vertragsangebot nicht mit dem -<br />

übrigen - Angebot, wie auch bei allen anderen Bietern, decke. Das ist indes<br />

unschädlich. Die Antragsgegnerin kann der Beigeladenen den Zuschlag erteilen<br />

und sodann entsprechend diesen Zuschlag einen schriftlichen Vertrag mit ihr<br />

abschließen.<br />

4) Die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin hätte die Firma A... nicht<br />

zulassen dürfen, weil sich dadurch ihre Chance auf Erteilung des Zuschlages<br />

verringert habe, führt nicht zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.<br />

Gem. § <strong>12</strong>3 S. 2 GWB entscheidet das Gericht in der Sache selbst. Es tritt<br />

d<strong>am</strong>it an die Stelle der Vergabek<strong>am</strong>mer. Diese trifft gem. § 114 Abs. 1 S. 1<br />

GWB die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und<br />

eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.<br />

Aus diesen Regelungen folgt, dass sich zurzeit der Entscheidung durch das<br />

Gericht die Verletzung von Vergabevorschriften nachteilig auf die<br />

Rechtsposition des Antragstellers auswirken muss.


Eine solche Rechtsverletzung kann der Senat nicht feststellen.<br />

Es mag zwar sein, dass die Zulassung der Firma A… die Chance der<br />

Antragstellerin, den Zuschlag zu erhalten, verringert hat. Diese behauptete<br />

Rechtsverletzung rechtfertigt aber nicht die Aufhebung des Vergabeverfahrens.<br />

Es wäre ausreichend, die Firma A… aus dem Vergabeverfahren<br />

auszuschließen. D<strong>am</strong>it wäre die von der Antragstellerin behauptete<br />

Rechtsverletzung behoben. Der Ausschluss der Firma A… hätte allerdings nicht<br />

zur, Folge, dass der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen ist.<br />

II. Die unselbständige Anschlussbeschwerde ist zulässig. Nach Auffassung des<br />

BGH ist die unselbständige Anschließung an ein Rechtsmittel ein allgemeiner<br />

Verfahrensgrundsatz, der der Rechtsordnung innewohnt (BGH NJW-RR 1986,<br />

<strong>12</strong>98, 13<strong>00</strong>). Aus diesem Grund ist auch hier eine unselbständige<br />

Anschlussbeschwerde zulässig (ebenso OLG Dresden, Beschluss vom<br />

10.01.2<strong>00</strong>0 - Az: W Verg 1/99; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.05.2<strong>00</strong>0, Az:<br />

11 Verg 1/99 und OLG Jena, Az: 6 Verg 4 und 5/2<strong>00</strong>0).<br />

22<br />

Die Anschlussbeschwerde ist sachlich begründet.<br />

1.) Die Nennung des Zuschlagskriteriums in Nr. 14 der Vergabeentscheidung,<br />

nämlich die Nebenangebote zur Optimierung der Wirtschaftsführung des<br />

Klinikums, hat keine Rechtsverletzung der Antragstellerin i.S.v. § 114 Abs. 1 S.<br />

1 GWB zur Folge. Zutreffend hat zwar die Vergabek<strong>am</strong>mer festgestellt, dass<br />

dieses Kriterium nicht geeignet ist, eine rationale Vergabeentscheidung<br />

herbeizuführen. Der Vergaberechtsverstoß hat aber nicht zur Folge, dass die<br />

Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist (vgl. § 114 Abs. 1 S. 1 GWB).<br />

Vielmehr hat sich der Verstoß im Vergabeverfahren nicht ausgewirkt, weil die<br />

Antragsgegnerin auf dieses Kriterium ihre Vergabeentscheidung nicht gestützt<br />

hat.


auf dieses Kriterium ihre Vergabeentscheidung nicht gestützt hat.<br />

2.) Den von der Vergabek<strong>am</strong>mer unter B, 2, 3 und 4 des angefochtenen<br />

Beschlusses festgestellten Vergabefehler hat die Antragsgegnerin inzwischen<br />

durch die Neubewertung behoben (S. Schreiben der Antragsgegnerin vom<br />

04.08.2<strong>00</strong>0). Da zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung die<br />

Rechtsverletzung beseitigt worden ist, ist die Entscheidung der<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer insoweit zu ändern und der entsprechende Antrag<br />

zurückzuweisen.<br />

3.) Die Antragsgegnerin hat entgegen der Auffassung der Vergabek<strong>am</strong>mer<br />

nicht gegen § 30 Nr. 1 VOL/A verstossen (s. B, 5 des angefochtenen<br />

Beschlusses der Vergabek<strong>am</strong>mer).<br />

Aus dem Protokoll vom 16.06.2<strong>00</strong>0 sind die einzelnen Stufen des Verfahrens<br />

ersichtlich. Der Wertungsvorgang ist nachvollziehbar. Nach Auffassung des<br />

Senates ist es nicht erforderlich, dass die Antragsgegnerin im Vermerk die<br />

Errechnung des Jahres- und Durchschnittspreises weiter aufschlüsselt. Die<br />

Preise setzen sich aus einer Grundvergütung und bei drei Bewerbern zusätzlich<br />

aus einer erfolgsabhängigen Vergütung zus<strong>am</strong>men. Das ergibt sich aus den<br />

Tabellen 1 und 3 des Protokolls vom 16.06.2<strong>00</strong>0. Ein weitergehendes<br />

Informationsbedürfnis ist von der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden.<br />

4.) Soweit die Vergabek<strong>am</strong>mer unter B, 6 und 7 des angefochtenen<br />

Beschlusses Verstöße gegen die §§ 27a, 32a VOL/A festgestellt hat, handelt es<br />

sich hierbei um keine zurzeit der Entscheidung des Senates noch relevante<br />

Rechtsverletzungen i.S.d. §§ <strong>12</strong>3, 114 Abs. 1, S. 1 GWB.<br />

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Gründe für die<br />

Ablehnung nicht mitgeteilt hat und ihr auch<br />

23


nicht in Anlehnung an eine Rechtsbehelf sbelehrung - erläutert hat, dass sie die<br />

Entscheidung durch die Vergabek<strong>am</strong>mer - deren Anschrift hätte mitgeteilt<br />

werden müssen - überprüfen lassen kann, hat jetzt keinerlei Bedeutung mehr.<br />

Durch die Akteneinsicht hat die Antragstellerin in Erfahrung gebracht, warum<br />

ihre Bewerbung keinen Erfolg hatte und wie der N<strong>am</strong>e des erfolgreichen Bieters<br />

lautet. Zudem ist ihr bekannt gewesen, dass sie sich an die Vergabek<strong>am</strong>mer<br />

wenden konnte und wie deren Anschrift lautet. Die Antragstellerin hat den<br />

Nachprüfungsantrag gestellt.<br />

III. Der Senat hat der Antragstellerin die durch die Anrufung der<br />

Vergabek<strong>am</strong>mer entstandenen Kosten gem. den §§ <strong>12</strong>8 Abs. 3 GWB, 80 Abs.<br />

1 VwVfG M-V auferlegt.<br />

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Senat hat die Antragstellerin in<br />

analoger Anwendung der §§ 91 ff ZPO zu tragen.<br />

24

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