18. § 107 GWB - Einleitung, Antrag Einleitung, Antrag (1) Die ...
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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 3. Auflage 2009 – Stand: 17.08.2009<br />
engen zeitlichen Vorgaben unterliegt und unverzüglich erfolgen soll (1. VK Sachsen, B. v.<br />
10.09.2003 - Az.: 1/SVK/<strong>107</strong>-03).<br />
RZ 2858<br />
Nach einer anderen Auffassung sieht das Vergaberecht eine "vorsorgliche Rüge"<br />
künftigen fehlerhaften Handelns des Auftraggebers nicht vor. Der Gesetzeswortlaut<br />
knüpft die Rügepflicht vielmehr an einen vollzogenen und vom Rechtsschutz suchenden<br />
Bieter im Vergabeverfahren erkannten Vergabefehler an. Das entspricht Sinn und Zweck der<br />
Regelung. Daran gemessen geht eine vorsorgliche Rüge, die aufschiebend bedingt eine noch<br />
gar nicht vollzogene Vergabemaßnahme beanstandet, von vornherein ins Leere (VK<br />
Brandenburg, B. v. 21.11.2005 - Az.: 1 VK 67/05; B. v. <strong>18.</strong>06.2004 - Az.: VK 22/04; B. v.<br />
21.04.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-09-02/09; VK Hessen, B. v. 02.12.2004 - Az.: 69 d VK –<br />
72/2004; 1. VK Sachsen, B. v. 08.06.2006 - Az.: 1/SVK/050-06). Der öffentliche<br />
Auftraggeber ist schon aufgrund der bestehenden Vorschriften zur Einhaltung der<br />
Vergaberegeln verpflichtet. Er muss dazu nicht erst durch eine vorsorgliche Rüge<br />
angehalten werden. Es ist ihm aufgrund der Gesetzesbestimmungen ebenfalls bekannt, dass<br />
ein benachteiligter Bieter einen Vergabeverstoß im Wege eines Nachprüfungsverfahrens<br />
beanstanden kann. Auch insoweit bedarf es keiner vorsorglichen Rüge im laufenden<br />
Vergabeverfahren. <strong>Die</strong> kritische, mit dem Risiko eines unnötigen Nachprüfungsverfahrens<br />
belastete Verfahrenssituation, die durch die gesetzliche Rügepflicht unter dem Gesichtspunkt<br />
von Treu und Glauben entlastet werden soll, entsteht erst dann, wenn eine (vermeintlich)<br />
fehlerhafte Maßnahme stattgefunden hat. Nur in diesem Fall besteht für die<br />
Vergabestelle Anlass zur gezielten Selbstkontrolle und ggf. Selbstkorrektur und für den<br />
Bieter die Versuchung, die Auswirkungen des Fehlers zunächst abzuwarten und einen<br />
Nachprüfungsantrag erst dann zu stellen, wenn seine Spekulation auf einen günstigen<br />
Verfahrensausgang nicht aufgeht, die Gelegenheit des Auftraggebers zur zeitsparenden<br />
Selbstkorrektur jedoch verstrichen ist. Eine vorsorgliche Rüge könnte diesen<br />
situationsbezogenen Interessenausgleich zwischen Auftraggeber und Bieter nicht<br />
schaffen und wäre daher mit Sinn und Zweck der Gesetzesregelung unvereinbar (OLG<br />
Koblenz, B. v. <strong>18.</strong>9.2003 - Az.: 1 Verg 4/03; VK Hessen, B. v. 02.12.2004 - Az.: 69 d VK –<br />
72/2004).<br />
RZ 2859<br />
<strong>Die</strong> strengen Anforderungen, die das Vergaberecht an die Rügepflicht stellt, sprechen also<br />
gegen eine Vorverlagerung der <strong>Antrag</strong>sbefugnis auf den Zeitpunkt der Willensbildung. Wenn<br />
sich eine Rechtsverletzung i. S. d. <strong>§</strong> 97 Abs. 2 <strong>GWB</strong> schon aus internen Überlegungen der<br />
Vergabestelle ergeben könnte, deren Realisierung ungewiss ist, so müsste der Bieter schon<br />
diese Überlegungen unverzüglich rügen, wenn er von ihnen Kenntnis erlangt. <strong>Die</strong>s hätte zur<br />
Folge, dass der Bieter selbst bei widerstreitenden internen Überlegungen der Vergabestelle<br />
vorsorglich eine Rüge erheben und gegebenenfalls ein Nachprüfungsverfahren einleiten<br />
müsste, obwohl er nicht wissen kann, ob die vergaberechtswidrigen Überlegungen in eine<br />
entsprechende Entscheidung der Vergabestelle münden oder – im Falle einer demokratischen<br />
Willensbildung – sich die Befürworter einer vergaberechtswidrigen Entscheidung durchsetzen<br />
werden. Auch im Interesse des Bieters muss das Nachprüfungsrecht und die Rügepflicht<br />
daher auf solche Rechtsverletzungen beschränkt bleiben, die bereits vorliegen oder<br />
zumindest formell angekündigt wurden (OLG Naumburg, B. v. 03.11.2005 - Az.: 1 Verg<br />
9/05). Interne Vorüberlegungen, interne alternative Konzepte oder vergleichende<br />
Betrachtungen usw. stellen noch keinen Vergaberechtsverstoß dar (VK Münster, B. v.<br />
05.04.2006 - Az.: VK 5/06).<br />
RZ 2860