Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen ...
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<strong>Vergabekammer</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />
<strong>beim</strong> <strong>Niedersächsischen</strong> Ministerium<br />
für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr<br />
- Regierungsvertretung Lüneburg -<br />
Auf der Hude 2<br />
21339 Lüneburg<br />
Az.: VgK-43/2009<br />
In dem Nachprüfungsverfahren<br />
der xxxxxx,<br />
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,<br />
den Landkreis xxxxxx,<br />
B e s c h l u s s<br />
gegen<br />
Lüneburg, den 21.08.2009<br />
wegen VOL-Vergabeverfahren „Beförderung von Schülerinnen und Schülern zu/ab<br />
folgenden Schulen: xxxxxx und xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx (xxxxxx)“<br />
- Antragstellerin -<br />
- Auftraggeber -<br />
hat die <strong>Vergabekammer</strong> durch die Vorsitzende RD’ in Dr. Raab, den hauptamtlichen<br />
Beisitzer BAR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.- Ökonom Brinkmann ohne<br />
mündliche Verhandlung beschlossen:<br />
1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Stellung des<br />
Nachprüfungsantrags in ihren Rechten verletzt gewesen ist.<br />
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Auftraggeber zu tragen. Der Auftraggeber ist jedoch<br />
von der Entrichtung der Gebühren befreit.<br />
3. Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.<br />
4. Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung<br />
notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die
Antragstellerin notwendig.<br />
I.<br />
Der Auftraggeber hat mit Veröffentlichung in der xxxxxx Zeitung vom xxxxxx.2009 die<br />
Beförderung von Schülern zur xxxxxx, xxxxxx (beide bei xxxxxx), zur xxxxxx und zum xxxxxx<br />
und der xxxxxx öffentlich ausgeschrieben (Vergabe-Nr. des Auftraggebers: xxxxxx). Mit einer<br />
weiteren Bekanntmachung vom gleichen Tag wurde zusätzlich die Beförderung von Schülern<br />
zur xxxxxx und zur xxxxxx, beide in der Stadt xxxxxx, öffentlich ausgeschrieben (Vergabe-Nr.<br />
des Auftraggebers: xxxxxx). Gemäß der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes sollten<br />
die Angebote bis zum xxxxxx.2009, 10:00 Uhr (Vergabe xxxxx), bzw. bis um 11:00 Uhr<br />
(Vergabe xxxxx) eingereicht werden. In beiden Verfahren sollte die Zuschlagsfrist am<br />
23.07.2009 enden. Mit den Beförderungen sollte jeweils am 06.08.2009 begonnen werden,<br />
die vorgesehene Vertragslaufzeit betrug in beiden Verfahren drei Jahre. Der vom<br />
Auftraggeber geschätzte Auftragswert für die hier streitbefangene Ausschreibung xxxxxx<br />
betrug für die vorgesehene Vertragslaufzeit von drei Jahren gem. Vergabevermerk vom<br />
10.07.2009 insgesamt 122.000 € brutto, entspr. 102.521 € netto. Für die Ausschreibung<br />
xxxxxx betrug der geschätzte Auftragswert über drei Jahre insgesamt 140.000 € brutto,<br />
entsprechend 117.647 € netto.<br />
Nachdem der Antragstellerin mit Datum vom 24.06.2009 die Verdingungsunterlagen<br />
übersandt wurden, rügte diese mit anwaltlichem Schriftsatz vom 01.07.2009 in Bezug auf<br />
beide Vergabeverfahren. Zum einen betrage die Angebotsfrist vom Zeitpunkt der<br />
Veröffentlichung bis zur Abgabe eines Angebotes gerade einmal 11 Tage, die tatsächlich<br />
den Bietern nach Erhalt der Vergabeunterlagen zur Verfügung stehende Bearbeitungsfrist<br />
nicht einmal eine Woche. In diesem knappen Zeitraum sei eine seriöse Kalkulation eines<br />
Angebotes nicht möglich. Im Weiteren sei auch der Zeitraum zwischen vorgesehener<br />
Zuschlagserteilung am 23.07.2009 und Vertragsbeginn am 06.08.2009 zu knapp bemessen,<br />
um ggf. erforderliches Personal vertraglich zu binden und etwaige Fahrzeugbeschaffungen<br />
vorzunehmen. Die Antragstellerin forderte den Auftraggeber auf, sowohl die Angebotsfrist als<br />
auch die Frist zwischen Auftragserteilung und Auftragsbeginn um mindestens zwei Wochen<br />
zu verlängern. Abschließend rügte die Antragstellerin, dass keine europaweite<br />
Ausschreibung vorgenommen wurde, da vorliegend die EU-Schwellenwerte überschritten<br />
werden würden.<br />
Per E-Mail vom 01.07 bzw. Schreiben an die Bieter vom 02.07.2009 teilte der Auftraggeber<br />
mit, dass die Angebotsfrist in beiden Vergabeverfahren bis zum 09.07.2009, 10:00 Uhr bzw.<br />
11:00 Uhr verlängert wird.<br />
Die Antragstellerin beantragte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.07.2009 die Einleitung<br />
eines Nachprüfungsverfahrens. Sie vertiefte ihren Vortrag in Bezug auf die bereits mit der<br />
Rüge erhobenen Vergaberechtsverstöße.<br />
Die Antragstellerin beantragte seinerzeit,<br />
1. gegen den Auftraggeber das Nachprüfungsverfahren gem. §§ 107 ff. GWB einzuleiten,<br />
2. der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren,<br />
3. durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Vergabe von Leistungen<br />
der Schülerbeförderung zur xxxxxx und zur xxxxxx in xxxxxx sowie zu der xxxxxx, der<br />
xxxxxx, der xxxxxx, der xxxxxx und zum xxxxxx für die Schuljahre 2009/10 bis 2011/12<br />
unter Beachtung der Rechtsauffassung der <strong>Vergabekammer</strong> im Wege eines<br />
2
transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens vergeben werden,<br />
hilfsweise<br />
festzustellen, dass die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt ist,<br />
4. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin zur<br />
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.<br />
Der Auftraggeber beantragte seinerzeit,<br />
die Anträge abzulehnen.<br />
Mit Schriftsatz vom 23.07.2009 teilte der Auftraggeber mit, dass er sich bewusst für zwei<br />
voneinander getrennte Vergabeverfahren entschieden habe. Das Verfahren xxxxxx beinhalte<br />
die Beförderung von behinderten Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, mit<br />
einem individuellen Beförderungsanspruch von und bis zur Grundstücksgrenze und<br />
zugemuteten Beförderungszeiten von 60 bzw. 75 bis 90 Minuten. Das Verfahren xxxxxx<br />
beinhalte die Beförderung von Schülern ohne sonderpädagogischen Förderungsbedarf, die<br />
von öffentlichen Haltestellen oder Sammelpunkten abgeholt werden würden, mit<br />
zugemuteten Beförderungszeiten von nicht mehr als 45 bis 60 Minuten Schulweg. Zudem<br />
benötige ein Bieter bei der Ausschreibung xxxxx mindestens ein für die Rollstuhlbeförderung<br />
nach DIN 75078 geeignetes Fahrzeug. Bei der Ausschreibung xxxxxx sei dies nicht der Fall,<br />
so dass sich diese auch allgemein an Taxen-Kleinunternehmer wende, die keine<br />
diesbezüglichen Fahrzeuge vorhielten. Insoweit würden sich die Aufträge in ihrem<br />
Wesensgehalt unterscheiden, was die Trennung der Verfahren rechtfertige. Wenn es<br />
beabsichtigt gewesen wäre, eine europaweite Ausschreibung zu vermeiden, wäre vorliegend<br />
eine Vertragslaufzeit von nur zwei Jahren gewählt worden und der Schwellenwert für ein<br />
Offenes Verfahren damit nicht überschritten worden. Die Durchführung von zwei öffentlichen<br />
Ausschreibungen sei vorliegend sachlich gerechtfertigt, ausreichend transparent und<br />
diskriminierungsfrei.<br />
Da es sich vorliegend um öffentliche Ausschreibungen handele, greife auch der von der<br />
Antragstellerin behaupte Vergaberechtsverstoß der Nichteinhaltung der Angebotsfrist gem. §<br />
18 a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nicht. Vorliegend gelte der § 18 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A. Dieser schreibe<br />
für die Bearbeitung und Abgabe von Angeboten die Einräumung ausreichender Fristen vor.<br />
Der Aufwand für die Angebotsbearbeitung sei vorliegend gering, die den Bietern<br />
eingeräumte Frist von 11 Tagen damit ausreichend. Zudem sei diese Frist aufgrund des<br />
Rügeschreibens der Antragstellerin vom 01.07.2009 um weitere 6 Tage verlängert worden,<br />
mithin hätten 17 Tage und damit ausreichend Zeit für die Angebotsbearbeitung zur<br />
Verfügung gestanden. Dies werde auch dadurch deutlich, dass andere Bieter sich innerhalb<br />
der ursprünglich vorgesehenen Bearbeitungszeit nicht darin gehindert gesehen hätten, ein<br />
Angebot abzugeben.<br />
Vorliegend sei auch die von der Antragstellerin geforderte Verlängerung der Zuschlagsfrist<br />
zur Beschaffung von Fahrzeugen oder der Anstellung von Personal nicht notwendig<br />
gewesen. Möglicherweise sei es richtig, dass die Beschaffung von Neufahrzeugen innerhalb<br />
des eingeräumten Zeitraums zwischen Zuschlag und Auftragsbeginn nicht möglich gewesen<br />
sei, allerdings hätten die ausgeschriebenen Beförderungsleistungen ebenso mit auf andere<br />
Weise kurzfristig beschafften Fahrzeugen z. B. durch Leasing, Miete oder den Einsatz von<br />
Gebrauchtfahrzeugen sichergestellt werden können. Die eingeräumte Zeit sei auch<br />
ausreichend für die Einstellung von Personal gewesen, da eine besondere fachliche<br />
3
Qualifikation nicht erforderlich sei und am Arbeitsmarkt kein Mangel an Kraftfahrer/innen<br />
herrsche.<br />
Die Kammer wies auf ihren Beschluss vom 12. Januar 2007 (Az. VgK 33/2006) in einer<br />
vergleichbaren Angelegenheit hin und empfahl dem Auftraggeber, dem Nachprüfungsantrag<br />
selbst abzuhelfen.<br />
Mit Schriftsatz an die <strong>Vergabekammer</strong> vom 04.08.2009 teilte der Auftraggeber mit, dass er<br />
die Ausschreibung mit Schreiben an die Bieter vom 04.08.2009 aufgehoben habe.<br />
Die Antragstellerin beantragt jetzt,<br />
festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Antragstellerin vorgelegen hat,<br />
festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin<br />
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.<br />
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die<br />
Vergabeakte Bezug genommen.<br />
II.<br />
Der Antrag der Antragstellerin ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag gem. § 114 Abs. 2 S. 2<br />
GWB zulässig und begründet. Da der Auftraggeber den Rügen selbst abgeholfen hat, indem<br />
er das Vergabeverfahren am 04.08.2009 aufgehoben hat, hat sich das<br />
Nachprüfungsverfahren in sonstiger Weise erledigt. Auf Antrag der Antragstellerin vom<br />
10.08.2009 war vorliegend jedoch festzustellen, dass die ursprüngliche Entscheidung des<br />
Auftraggebers die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat. Der Auftraggeber hat gegen<br />
die Pflicht gem. § 97 Abs. 1 GWB i. V. m. §§ 100 Abs. 1, 127 S. 1 Nr. 1 GWB i. V. m. § 1a<br />
VOL/A i. V. m. §§ 2 S. 1 Nr. 3, 3 VgV verstoßen, die streitbefangene Leistung<br />
(Ausschreibung xxxxxx - xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx) gemeinsam mit der<br />
Schülerbeförderung lt. Ausschreibung xxxxxx - Schülerbeförderung zur xxxxxx und zur<br />
xxxxxx - ggf. geteilt in zwei Lose - europaweit im offenen Verfahren auszuschreiben. Gemäß<br />
§ 3 Abs. 1 VgV war bei der Schätzung des Auftragswertes von der geschätzten<br />
Gesamtvergütung für die Schülerbeförderung zur xxxxxx und zur xxxxxx sowie zur xxxxxx,<br />
xxxxxx, xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx auszugehen.<br />
1. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig.<br />
Bei dem Auftraggeber handelt es sich um den Landkreis xxxxxx und damit um einen<br />
öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.<br />
Der Wert der hier ausgeschriebenen Leistungen übersteigt entgegen der Auffassung des<br />
Auftraggebers auch den für die Zuständigkeit der <strong>Vergabekammer</strong> maßgeblichen<br />
Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche<br />
Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch<br />
Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen<br />
Leistungen handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 99 Abs. 4 GWB und<br />
§ 1 VOL/A. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung galt für Lieferaufträge gem. § 2 Nr. 3 der<br />
Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.02.2003 (BGBl. I<br />
S. 169), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20.04.2009 (BGBl. I S. 790), und<br />
4
geändert durch Festsetzung der EU-Kommission mit Wirkung vom 01.01.2008 ein<br />
Schwellenwert von 206.000 € (s. ABl. EU Nr. L317 vom 05.12.2007 S. 34).<br />
Die Überschreitung des Schwellenwertes folgt ausweislich der in der Vergabeakte<br />
dokumentierten Angebotspreise entgegen der Auffassung des Auftraggebers bereits<br />
daraus, dass sowohl die Schülerbeförderungsleistungen in Ausschreibung xxxxxx als<br />
auch die parallel ausgeschriebenen Schülerbeförderungsleistungen in Ausschreibung<br />
xxxxxx bei der Schätzung der Auftragswerte gem. § 3 Abs. 1 VgV hinsichtlich ihrer<br />
geschätzten Gesamtvergütung berücksichtigt werden mussten. Gemäß § 3 Abs. 2 VgV<br />
darf der Wert eines beabsichtigten Auftrags nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt<br />
werden, ihn der Anwendung dieser Bestimmungen zu entziehen. Der Auftraggeber ist<br />
verpflichtet, vor Einleitung des Vergabeverfahrens gem. § 3 Abs. 1 VgV den Nettowert<br />
der in Aussicht genommenen Auftragsvergabe zu schätzen. Maßgeblicher Zeitpunkt<br />
dieser Schätzung ist dabei grundsätzlich der Tag der Absendung der<br />
Vergabebekanntmachung (§ 3 Abs. 10 VgV). Zu ermitteln ist derjenige Wert, den ein<br />
umsichtiger und sachkundiger Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten<br />
Marktsegments und auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung<br />
veranschlagen würde (vgl. Kühnen in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 3 VgV,<br />
Rdnr. 1499, m. w. N.).<br />
Zwar ist der Auftraggeber ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks<br />
vom 14.07.2009 davon ausgegangen, dass die Auftragswerte für beide parallelen<br />
öffentlichen Ausschreibungen - isoliert betrachtet - über die gesamte dreijährige<br />
Vertragslaufzeit nicht den Schwellenwert von 206.000 € überschreiten würden.<br />
Hinsichtlich der Ausschreibung xxxxxx schätzte der Auftraggeber lt. Vergabevermerk<br />
vom 10.07.2009 einen Gesamtauftragswert von 102.521 € netto und hinsichtlich der<br />
Ausschreibung xxxxxx ging er von einem Gesamtnettopreis von 117.647 € aus.<br />
Er ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die Schülerbeförderung für die<br />
verschiedenen Schul- bzw. Klassentypen wegen der unterschiedlichen „Schülerklientel“<br />
getrennt behandeln und daher lediglich national auf der Grundlage der Basisparagraphen<br />
der VOL/A ausschreiben musste. Zur Begründung dieser Entscheidung hat der<br />
Auftraggeber in seinem Vermerk vom 14.07.2009 darauf hingewiesen, dass die<br />
Aufteilung der in der Schülerbeförderung üblichen unterschiedlichen Behandlung von<br />
Schülerinnen und Schülern mit schulbehördlich festgestelltem sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf und solchen ohne entspreche.<br />
Er führte ferner aus:<br />
"Die Ausschreibung xxxxxx umfasst die Schülerbeförderung zur xxxxxx und zur<br />
xxxxxx. Dort werden Integrationsklassen angeboten, die von Schülerinnen und<br />
Schülern mit geistiger Behinderung besucht werden, für welche die Beförderung<br />
ausgeschrieben wird. Diese Schülerinnen und Schüler haben in der Regel einen<br />
Anspruch auf Beförderung von der Grundstücksgrenze bis zum Schulhof. Dafür<br />
werden Schülerbeförderungszeiten von bis zu 60 Minuten (Primarbereich) bzw. bis<br />
zu 75- 90 Minuten (Sekundarbereich) zugemutet. Hingegen befasst sich die<br />
Ausschreibung xxxxxx mit der Schülerbeförderung zu bzw. von Regelschulen ohne<br />
Förderschulklasse oder Förderschulzweig. … Hierbei gelten grundsätzlich die<br />
Regelungen für allgemein bildende Schulen … . So werden Primarschülern nicht<br />
mehr als 45 Minuten Schulweg und Sekundarschülern nicht mehr als 60 Minuten<br />
Schulweg zugemutet, dafür erfolgen Ein- und Ausstieg grundsätzlich nur an ÖPNV-<br />
Haltestellen oder anderen Sammelpunkten … .“<br />
Diese sachlichen Überlegungen und Erwägungen des Auftraggebers sind<br />
nachvollziehbar. Der Auftraggeber hat aber nicht berücksichtigt, dass er sämtlichen<br />
5
Erwägungen - sowohl hinsichtlich der unterschiedlichen Beförderungsdauer, hinsichtlich<br />
unterschiedlicher Anforderungen an die Fahrer (z. B. besondere Schulungen für die<br />
Betreuung behinderter Schüler) und an die Fahrzeuge als auch hinsichtlich des<br />
Interesses der Bieter, sich möglicherweise nur für Teile der ausgeschriebenen<br />
Beförderungsleistungen am Vergabeverfahren zu beteiligen - dadurch Rechnung tragen<br />
konnte und kann, dass die Leistungen im Rahmen einer Gesamtausschreibung, getrennt<br />
nach Losen gem. § 5 Nr. 1 VOL/A, ausgeschrieben werden. Eine getrennte<br />
Ausschreibung ist im vorliegenden Fall unter keinem Gesichtspunkt geboten und im<br />
Hinblick auf § 3 Abs. 2 VgV unzulässig. Auch spricht die Tatsache, dass der<br />
Auftraggeber beide Aufträge am gleichen Tag in einer Bekanntmachung für die<br />
identische Laufzeit ausgeschrieben hat, dafür, die ausgeschriebenen<br />
Schülerbeförderungsleistungen als Gesamtauftrag zu werten. Unter Berücksichtigung<br />
dessen überschreitet der Wert des Gesamtauftrags bereits auf der Grundlage der o. g.<br />
ex-ante-Schätzungen des Auftraggebers den maßgeblichen Schwellenwert von 206.000<br />
€, weil beide Beförderungsleistungen aus den o. g. Gründen i. S. d. § 3 Abs. 1 und 2 VgV<br />
lediglich als Teilleistungen eines Gesamtauftrags zu werten sind.<br />
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gem. § 107 Abs. 2 GWB, da sie als potenzielle<br />
Bieterin ein Interesse am Auftrag hat. Sie hat zwar bislang kein eigenes Angebot<br />
abgegeben, macht jedoch eine Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von<br />
Vergabevorschriften geltend, indem sie vorträgt, der Auftraggeber habe den hier<br />
streitbefangenen Auftrag (Ausschreibung xxxxxx) zusammen mit dem Auftrag in<br />
Ausschreibung xxxxxx europaweit im offenen Verfahren ausschreiben müssen.<br />
Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag<br />
stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder<br />
drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände<br />
aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die<br />
diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt<br />
werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Aufl., § 107 GWB, Rdnr. 954).<br />
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin durch die Wahl der falschen<br />
Verfahrensart Nachteile erleidet. Zudem kann und ggf. muss die <strong>Vergabekammer</strong><br />
schwerwiegende, offensichtliche Verstöße gegen das europäische und das deutsche<br />
Vergaberecht wie eben das Absehen von einer objektiv gebotenen europaweiten<br />
Ausschreibung gem. §§ 110 Abs. 1, 114 Abs. 1 GWB aufgrund des<br />
Untersuchungsgrundsatzes im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens schon von Amts<br />
wegen berücksichtigen. Gemäß § 110 Abs. 1 GWB erforscht die <strong>Vergabekammer</strong> den<br />
Sachverhalt von Amts wegen. Die Befugnis der Kammer, in ihrer Entscheidung auf die<br />
Rechtmäßigkeit des Verfahrens einzuwirken, bietet ihr einen gewissen Spielraum, da die<br />
Entscheidung zwar vorrangig, aber nicht allein dem Interesse des Bieters an der<br />
Rechtmäßigkeit des Verfahrens dient, sondern auch dem öffentlichen Interesse an einer<br />
zwar zügigen, aber eben auch rechtmäßigen Auftragsvergabe (vgl. Maier in:<br />
Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 1. Auflage 2006, S. 110, Rdnr. 5, m.w.N.).<br />
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen,<br />
vor Anrufung der <strong>Vergabekammer</strong> die behaupteten Verstöße gegen die<br />
Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin<br />
unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine<br />
Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll<br />
Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB<br />
entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen<br />
Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen.<br />
Die Antragstellerin hat auf die Bekanntmachung in der xxxxxx Zeitung vom xxxxxx.2009<br />
6
hin die Ausschreibungsunterlagen <strong>beim</strong> Auftraggeber angefordert, die der Auftraggeber<br />
sodann mit Schreiben vom 24.06.2009 - eingegangen bei der Antragstellerin am<br />
29.06.2009 - per Post zugesandt hat. Die Antragstellerin legte die<br />
Ausschreibungsunterlagen ihren Verfahrensbevollmächtigten zur Prüfung vor. Nachdem<br />
diese zu der Einschätzung gelangt waren, dass die streitgegenständliche<br />
Leistungsbeschreibung vergaberechtswidrig ist, haben sie die vermeintlichen Verstöße<br />
gegen die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung mit Schreiben vom 01.07.2009<br />
gegenüber dem Auftraggeber gerügt. Der Auftraggeber reagierte darauf mit<br />
Antwortschreiben vom 01.07.2009. Die Rüge erfolgte innerhalb von 2 Tagen und damit<br />
jedenfalls unverzüglich i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, so dass der ursprüngliche<br />
Nachprüfungsantrag zulässig war.<br />
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags gem. § 114<br />
Abs. 2 Satz 2 GWB ist weiterhin, dass sich das Nachprüfungsverfahren vor Entscheidung<br />
der <strong>Vergabekammer</strong> erledigt hat. Dies ist vorliegend der Fall. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB<br />
spricht von einer Erledigung durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch<br />
Einstellung des Vergabeverfahrens oder von einer Erledigung in sonstiger Weise. Eine<br />
Erledigung in sonstiger Weise liegt - ebenso wie bei den gesetzlich ausdrücklich<br />
genannten Fällen - dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird.<br />
Dies kommt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern durch die Vergabestelle durch<br />
Nachholung oder Neuvornahme und damit Heilung vor Abschluss des<br />
Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die dem Antragsteller seine Beschwer<br />
genommen wird (vgl. Maier in: Kulartz/Kus/Portz Kommentar zum GWB-Vergaberecht, §<br />
114 GWB, Rdnr. 49, m.w.N. und Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, § 114<br />
GWB, Rdnr. 50, m.w.N.). Der Auftraggeber hat den Rügen selbst abgeholfen, indem er<br />
das Vergabeverfahren am 04.08.2009 aufgehoben hat. Eine Durchführung des<br />
Nachprüfungsverfahrens erübrigt sich damit. Daraufhin hat auch die Antragstellerin mit<br />
Schriftsatz vom 10.08.2009 erklärt, dass sich das Nachprüfungsverfahren im Falle einer<br />
Aufhebung im Sinne von § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB erledigt habe. Gleichzeitig hat sie<br />
nunmehr beantragt, festzustellen, dass sie insoweit im Zeitpunkt der Stellung des<br />
Nachprüfungsantrages in ihren Rechten verletzt war, als der Auftraggeber das<br />
beanstandete Vergabeverfahren nicht aufheben wollte. Im Übrigen hat sie den<br />
Kostenantrag sowie den Antrag auf Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des<br />
anwaltlichen Bevollmächtigten aufrechterhalten. Mit diesem Antrag hat sie das<br />
ursprüngliche Nachprüfungsverfahren auf ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren<br />
umgestellt.<br />
Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt nach<br />
überwiegender Auffassung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein<br />
Feststellungsinteresse voraus (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 14.02.2001, Az.:<br />
Verg 14/00, und vom 22.05.2002, Az.: Verg 6/02 = VergabeR 2002, S. 668; OLG<br />
Frankfurt am Main, Beschluss v. 06.02.2003, Az.: 11 Verg 3/02 = NZBau 2004, S. 174;<br />
Byok in: Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 114, Rdnr. 1078; Reidt in:<br />
Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Aufl., § 114 GWB, Rdnr. 50; Boesen,<br />
Vergaberecht, § 114, Rdnr. 73). Dieses Interesse ergibt sich für einen Antragsteller<br />
häufig aus der Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches, da die Entscheidung der<br />
<strong>Vergabekammer</strong> für einen solchen Sekundäranspruch gem. § 124 GWB ausdrücklich<br />
Bindungswirkung entfaltet. Ferner ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse immer dann<br />
in Betracht zu ziehen, wenn eine (konkrete) Wiederholungsgefahr in Bezug auf einen<br />
nach Auffassung des Antragstellers vor Erledigung begangenen Vergabeverstoß zu<br />
besorgen ist (vgl. Reidt, a.a.O., § 114 GWB, Rdnr. 58, m.w.N.). Für diese beiden<br />
Fallkonstellationen gibt es im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte.<br />
Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist jedoch nicht auf diese beiden<br />
7
Fallkonstellationen beschränkt. Vielmehr genügt darüber hinaus jedes nach Lage des<br />
Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die<br />
beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in<br />
einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte<br />
auszugleichen oder wenigstens zu mildern (vgl. Byok, a.a.O., § 114 GWB, Rdnr. 78).<br />
Vorliegend ergibt sich das in diesem Sinne anzuerkennende wirtschaftliche Interesse der<br />
Antragstellerin aus der Tatsache, dass die Antragstellerin durch die Erledigung des<br />
Nachprüfungsverfahrens aufgrund des Regelungsgehaltes des § 128 GWB und der dazu<br />
ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ihre eigenen<br />
Rechtsanwaltskosten selbst tragen müsste, wenn sie keinen<br />
Fortsetzungsfeststellungsbeschluss der <strong>Vergabekammer</strong> herbeiführt. Der BGH hat in<br />
seinem Beschluss vom 09.12.2003 (Az. X ZB 14/03) grundsätzlich entschieden, dass im<br />
Falle einer Verfahrensbeendigung ohne Entscheidung der <strong>Vergabekammer</strong> zur Sache<br />
der Antragsteller die für die Tätigkeit der <strong>Vergabekammer</strong> entstandenen Kosten zu<br />
tragen hat und eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten nicht<br />
stattfindet. Auf die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags komme es für die<br />
Kostenentscheidung nicht an. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 128 Abs. 3<br />
Satz 1 GWB. Danach hat die Kosten abweichend von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. §<br />
13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG der Beteiligte zu tragen, der im Verfahren unterliegt. Ein solcher<br />
Tatbestand liegt nach Auffassung des BGH im Falle der Erledigung des<br />
Nachprüfungsverfahrens ohne Entscheidung der <strong>Vergabekammer</strong> aber nicht vor.<br />
Ein Antragsteller kann diese für ihn negative Kostenfolge des § 128 GWB daher nur im<br />
Wege eines stattgebenden Fortsetzungsfeststellungsbeschlusses abwenden (vgl. auch<br />
OLG Celle, Beschluss v. 18.08.2005, Az.: 13 Verg 10/05).<br />
Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist damit zulässig.<br />
2. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin war im Sinne<br />
der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 2 S. 2 GWB in ihren Rechten verletzt. Denn der Auftraggeber<br />
hat gegen die Pflicht gem. § 1a VOL/A i. V. m. §§ 2, 3 VgV verstoßen, die<br />
streitbefangenen Leistungen lt. Ausschreibung xxxxxx gemeinsam mit den Leistungen<br />
aus Ausschreibung xxxxxx - ggf. geteilt in zwei Lose - europaweit im offenen Verfahren<br />
auszuschreiben.<br />
Wie oben unter II 1. ausgeführt, musste er bei der Schätzung des Auftragswertes gem.<br />
§ 3 Abs. 1, 2 VgV von der geschätzten Gesamtvergütung für die Schülerbeförderung für<br />
alle in den Ausschreibungen xxxxxx und xxxxxx aufgeführten Schulen ausgehen.<br />
Auf Antrag der Antragstellerin war daher gem. § 114 Abs. 1, 2 GWB festzustellen, dass<br />
der Auftraggeber gegen § 97 Abs. 1 GWB i. V. m. §§ 100 Abs. 1, 127 S. 1 Nr. 1 GWB<br />
i. V. m. § 1a VOL/A i. V. m. §§ 2 S. 1. Nr. 3, 3 VgV verstoßen hat und damit die<br />
Antragstellerin vor der Aufhebung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten im Sinne des<br />
§ 97 Abs. 7 GWB verletzt hat. Das Vergabeverfahren war aufzuheben, weil nur auf diese<br />
Weise das vergaberechtlich gebotene europaweite offene Verfahren realisiert werden<br />
kann.<br />
III. Kosten<br />
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB. Nach § 128 Abs. 2 GWB beträgt die<br />
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egelmäßige Mindestgebühr für Amtshandlungen der <strong>Vergabekammer</strong> 2.500 €, die<br />
Höchstgebühr 50.000 € bzw. in Ausnahmefällen 100.000 €.<br />
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.<br />
Die vom Auftraggeber anhand der vorliegenden Angebote ermittelte Auftragssumme von<br />
122.000 € brutto für die hier streitbefangene Ausschreibung xxxxxx für eine Laufzeit von 3<br />
Jahren wird der Berechnung als Auftragswert zugrunde gelegt. Dies entspricht dem<br />
Interesse der Antragstellerin, die kein eigenes Angebot abgegeben hat, am Auftrag.<br />
Die Gebührenermittlung erfolgt an Hand einer sinngemäß fortgeschriebenen<br />
Gebührentabelle des Bundeskartellamtes vom 09.02.1999 in der zzt. gültigen Fassung vom<br />
01.01.2003. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine<br />
Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert<br />
von 50.000 € (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe<br />
der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Bei einer Ausschreibungssumme von<br />
122.000 € brutto ergibt sich durch Interpolation eine Basisgebühr von xxxxxx €.<br />
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.<br />
Gutachterkosten und Kosten von Zeugenvernehmungen sind nicht angefallen.<br />
Die im Tenor verfügte Kostentragungspflicht ergibt sich daraus, dass der Auftraggeber im<br />
Nachprüfungsverfahren i. S. d. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB unterlegen ist.<br />
Der Auftraggeber ist jedoch von der Entrichtung seines Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1<br />
GWB i. V. mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG von der Kostentragungspflicht befreit (vgl. OLG<br />
Celle, Beschluss vom 13.07.2005, AZ.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom<br />
25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04).<br />
Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung<br />
notwendigen Kosten gemäß § 128 Abs. 4 S. 1 GWB zu erstatten.<br />
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war<br />
auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung<br />
eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war.<br />
Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das<br />
Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der <strong>Vergabekammer</strong> keine rechtsanwaltliche<br />
Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das<br />
Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität<br />
des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und<br />
Begleitung bedurfte.<br />
IV. Rechtsbehelf<br />
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt<br />
werden. Diese ist <strong>beim</strong> Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, schriftlich<br />
einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen<br />
nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.<br />
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für<br />
Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.<br />
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.<br />
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Die Beschwerdebegründung muss enthalten:<br />
1. die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine<br />
abweichende Entscheidung beantragt wird,<br />
2. die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.<br />
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom<br />
Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu<br />
unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der<br />
Entscheidung der <strong>Vergabekammer</strong>.<br />
Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.<br />
Dr. Raab Peter Brinkmann<br />
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