Drei Pfeile in der Kulmer Gasse. AvS - SPD Hamburg
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Nun konnten wir Edda und den kle<strong>in</strong>en Niels Sahne und Haferflocken br<strong>in</strong>gen.<br />
Sie ihrerseits hatte die Gelegenheit gehabt, aus e<strong>in</strong>em stehen gebliebenen<br />
Güterzug Käse und Dosen mit Leberwurst zu organisieren. Wir tauschten die<br />
Güter untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Dann hörten wir von e<strong>in</strong>em Lagerhaus <strong>der</strong> Baywa (Bayerische<br />
Warenvermittlung). Dort konnte man auch etwas plün<strong>der</strong>n. Also h<strong>in</strong>! Da<br />
herrschte schon e<strong>in</strong> richtiges Tohuwabohu. Alle Waren, die dort lagen, waren<br />
durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> geworfen. Wir banden die Ärmel unserer Jacken zu, um sie als<br />
Sack zu benutzen, und schaufelten da h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, was wir kriegen konnten. Nachher<br />
saßen wir im Hause am Tisch und sortierten: die Guten <strong>in</strong>s Töpfchen, die<br />
Schlechten <strong>in</strong>s Kröpfchen. Es waren Erbsen, Bohnen, Haferflocken und Pfefferkörner<br />
durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Wir hatten ja Zeit, wir durften nicht raus. So hatten wir<br />
e<strong>in</strong>e nahrhafte Beschäftigung.<br />
Uns gegenüber war e<strong>in</strong> Fotoatelier. In e<strong>in</strong>er Schauvitr<strong>in</strong>e waren Fotos von Militärs<br />
und Nazis ausgestellt. E<strong>in</strong>mal hörten wir Glas klirren, sahen aus dem Fenster,<br />
und da versorgten sich Amis mit den Fotos als Souvenirs. Wir mussten lachen.<br />
Da drehte sich e<strong>in</strong>er um und hob die Hand zum Hitlergruß. Me<strong>in</strong>e Mutter<br />
schüttelte den Kopf, wir waren ja wirklich ke<strong>in</strong>e Nazis, aber woher sollten sie<br />
das wissen. Da sagte <strong>der</strong> Ami: „Nun ke<strong>in</strong>er Nazi, ke<strong>in</strong>er!“ Wir zogen uns von<br />
Fenster zurück und me<strong>in</strong>e Mutter sagte: „Das ist ja wahr, plötzlich will es ke<strong>in</strong>er<br />
gewesen se<strong>in</strong>.“<br />
Es gab e<strong>in</strong> sogenanntes „Fraternisierungsverbot“. Daran hielten sich die Amis<br />
aber nur begrenzt. Wir waren überhaupt erstaunt über alles. Wir waren ja nur<br />
den Gleichschritt <strong>der</strong> Soldaten mit auf das Pflaster knallenden Knobelbechern<br />
gewohnt und so e<strong>in</strong>tönige Viertakttrommeln, rummms, rumms / rumms –<br />
rumms – rumms. Nun marschierten täglich die Amis durch unsere Strasse zu<br />
irgende<strong>in</strong>em Appell. Und was für e<strong>in</strong>en Rhythmus schlugen die auf ihren Trommeln!<br />
Den kann ich heute noch. Und den Marschschritt hörte man gar nicht.<br />
Sie hatten Kreppsohlen an den Füßen. Als wir allmählich wie<strong>der</strong> raus durften,<br />
erlebten wir, wie auf den Wiesen an <strong>der</strong> Regnitz Soldaten lagen, und wenn e<strong>in</strong><br />
Offizier vorbeikam, wie sie lässig, sogar im Liegen, die Hand zum Gruß an die<br />
Mütze legten, anstatt aufzuspr<strong>in</strong>gen, die Hacken zusammen zu knallen, und<br />
zackig zu grüßen, wie es bei uns üblich gewesen war.<br />
Als wir beide e<strong>in</strong>mal durch die Straßen g<strong>in</strong>gen, kamen von h<strong>in</strong>ten drei amerikanische<br />
Soldaten und nahmen uns <strong>in</strong> die Mitte, e<strong>in</strong>er rechts, e<strong>in</strong>er zwischen uns,<br />
und e<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ks, und legten uns die Arme um die Schultern. Und ohne, dass wir<br />
beide uns verabredet hätten, langten me<strong>in</strong>e Mutter und ich aus und knallten<br />
ihnen e<strong>in</strong>e. Daraufh<strong>in</strong> lachten sie und ließen uns <strong>in</strong> Ruhe.<br />
Die amerikanischen Besatzer hatten e<strong>in</strong>e Verordnung erlassen, dass alle Rundfunkgeräte,<br />
Waffen, Fotoapparate und Ferngläser abgegeben werden mussten.<br />
Me<strong>in</strong>e Mutter besaß ja noch ihre 6x6 Welta-Kamera 35 .<br />
35 Das Weeka-Kamera-Werk, 1914 gegründet, produzierte unter e<strong>in</strong>fachsten Bed<strong>in</strong>gungen mit zwei Mechanikern Amateurkame-<br />
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