Drei Pfeile in der Kulmer Gasse. AvS - SPD Hamburg
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zu weit weg war. Ständig waren wir <strong>in</strong> Sorge um sie und fuhren mit den Rä<strong>der</strong>n<br />
sofort los zu ihr, wenn es Vorentwarnung gab.<br />
Wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal fuhren wir los und zwar noch während des Vollalarms. Bei Edda<br />
war alles <strong>in</strong> Ordnung und wir fuhren zurück. Es gab Entwarnung, aber seltsamerweise<br />
hörten die Sirenen überhaupt nicht auf und dazu kam e<strong>in</strong> seltsames<br />
Brummen.. Da merkten wir, dass das von Flugzeugen kam, wir dachten natürlich,<br />
das seien deutsche. Als ich nachsah, konnte ich das Hoheitsabzeichen an<br />
den Fugzeugen sehen und stellte mit Schrecken fest, dass es Amerikaner waren.<br />
Um genauer sehen zu können, waren wir von den Rä<strong>der</strong>n gestiegen und nun<br />
hatten wir <strong>in</strong> Panik nicht mal mehr Zeit, wie<strong>der</strong> aufzusteigen und hetzten zu<br />
Fuß, das Rad schiebend, <strong>in</strong> verschiedene Richtungen, wussten wir doch, dass<br />
auf alles geschossen wurde, was sich bewegte. Ich kam bis zur Promenade, wo<br />
unser Haus stand, da explodierte die Luft rundherum, Bomben fielen, e<strong>in</strong> Pater<br />
packte mich, warf mich h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er Anschlagsäule zu Boden und deckte mich<br />
mit se<strong>in</strong>em Körper. Nun wurde aus Bordkanonen geschossen. Als das endlich<br />
vorbei war eilte ich <strong>in</strong>s Haus und sah aus dem Fenster <strong>in</strong> die Richtung, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
ich me<strong>in</strong>e Mutter verloren hatte. Ich rief dauernd „Mutti, Mutti!“ – da kam sie<br />
endlich und sie schob das Rad. Sie hatte sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Hause<strong>in</strong>gang geflüchtet,<br />
<strong>in</strong> dem auch e<strong>in</strong> Fronturlauber stand. Der hatte die ganze Sache verflucht und<br />
gesagt, dass die Leute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Luftschutzleitung wohl verrückt geworden seien,<br />
Entwarnung zu geben, wenn noch Flugzeuge über <strong>der</strong> Stadt s<strong>in</strong>d.<br />
Langsam kam das Kriegsgeschehen näher an Bamberg heran. Es liegt auf sieben<br />
Bergen, <strong>in</strong> denen die Brauereien jeweils Bierkeller besitzen. Die Trennwände<br />
waren durchbrochen worden, so dass man unter ganz Bamberg h<strong>in</strong>durch laufen<br />
konnte. In <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Wohnung me<strong>in</strong>er Großmutter wurde e<strong>in</strong> Luftschutzsteg<br />
über die Regnitz gebaut, so dass wir <strong>in</strong> den Keller konnten, denn unten an<br />
<strong>der</strong> Regnitz war e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>gang. Die Felsenkeller waren auch tagsüber geöffnet. So<br />
g<strong>in</strong>gen wir e<strong>in</strong>mal h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und trafen dort unvermutet auf e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe,<br />
bestehend aus e<strong>in</strong>em Aufseher und zwei Häftl<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> gestreifter Kleidung. Der<br />
e<strong>in</strong>e war wohl noch nicht lange <strong>in</strong> Haft und sah noch e<strong>in</strong>igermaßen aus, aber <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e war e<strong>in</strong>e Elendsgestalt, bleich, hohlwangig, mit ausgeschlagenen Zähnen.<br />
Mit ihnen reden konnten wir ja nicht wegen des Aufsehers, so legten wir<br />
später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Nische etwas für sie ab, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, dass sie es fänden und<br />
auch behalten konnten.<br />
E<strong>in</strong>mal wollten wir wie<strong>der</strong> über den Steg und <strong>in</strong> den Keller. Von e<strong>in</strong>er Seite kamen<br />
schon die Flugzeuge im Tiefflug angeflogen. Der Steg schien mir unendlich<br />
lang und ich hatte das Gefühl, nie anzukommen, schaffte es aber doch.<br />
Nun kam die Front bedrohlich näher. Wir blieben jetzt jedes Mal im Felsenkeller<br />
und g<strong>in</strong>gen nur manchmal an den E<strong>in</strong>gang, um Luft zu schöpfen. Dabei trafen<br />
wir e<strong>in</strong>en Soldaten, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Ostfront kam. Wir saßen am E<strong>in</strong>gang, über uns<br />
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