Drei Pfeile in der Kulmer Gasse. AvS - SPD Hamburg

Foto: Klassenfoto Bamberg 1944
Ich wartete immer sehnlichst auf den Freitag, da gab es Fastenspeise.
Wir mussten nun also Hopfen ernten, und zwar im Akkord. Das tägliche Soll
waren drei „Metzen“, d.h. meterhohe Körbe voll. Das schaffte ich nie und hätte
bis in die Nacht auf dem Feld bleiben müssen, wenn mir die anderen nicht beigestanden
hätten. Sie waren viel flinker als ich und hatten abends sogar noch mehr
als das nötige Soll. Das gaben sie mir und füllten meine Metze auf. So war ich
sehr schnell integriert, darüber wundere ich mich heute noch. Ich passte so gar
nicht dazu, denn ich war Flüchtling, und Flüchtlinge waren höchst unwillkommen.
Außerdem kam ich aus dem hohen Norden und sprach so komisch. Auch
war ich ‚Heide’ in einer rabenschwarzen, erzkatholischen Gegend. In der Schule
war mein Wissenstand unter dem allgemeinen Niveau (im ersten Zeugnis
bekam ich zwei Sechsen und eine Fünf), auch war ich kein Nazi und hatte bis
Kriegsende keine BDM-Uniform. Bestimmt hätte ich eine Uniform bekommen,
wenn ich sie beantragt hätte, aber das tat ich eben nicht. Das war jedoch nicht
alles, denn ich hatte rote Haare und trug statt der dort üblichen Dauerwelle
einen Bubikopf und den besagten Reifen, interessierte mich nicht für Mode und
trug im Winter Kniestrümpfe und Trainingshose, während die meisten anderen
Mädchen in meinem Alter schon Seidenstrümpfe trugen.
Ich hatte Heimweh nach Hamburg. Zwar war und ist Bamberg eine wunderschöne
Barockstadt, doch das Heimweh blieb, wir wussten ja nicht, ob wir jemals
wieder nach Hause kommen könnten.
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