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Alltagsbewusstsein, Milieu und Konflikte in der betrieblichen Lebenswelt 4 1. Einleitung Konflikte und Misstrauen in einer Organisation schränken die Handlungsmöglichkeiten der beteiligten Mitarbeiter ein und im schlimmsten Fall wird das Unternehmen so davon beeinträchtigt, dass es handlungsunfähig wird, nicht mehr auf den Markt reagieren kann und damit dessen weitere Existenz in Gefahr gerät. Deshalb ist es entscheidend zu wissen, wie Menschen im Alltag denken und handeln, wie ein kollektives Bewusstsein in einer Organisation durch Interaktion entsteht und wie sich Verhaltens- und Denkmuster in Konfliktsituationen verändern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die verstärkende Wirkung des Milieus zu kennen und im Rahmen des Konfliktmanagements Konflikte einzuschätzen, um geeignete Interventionen auswählen zu können. Damit eröffnet sich ein sehr interessanter, aber auch schwieriger und viel diskutierter Themenkomplex. Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung wird innerhalb dieses umfangreichen Themenrahmens das Thema „Alltagsbewusstsein, Milieu und Konflikte in der betrieblichen Lebenswelt“ entwickelt und diskutiert. Dazu wird in den Kapiteln 2 bis 4 grundlegendes zum Ansatz des Alltagsbewusstseins, zum Milieubegriff und zum Konfliktmanagement herausgearbeitet, um eine Basis zu erhalten, von der aus das Projektthema „Vertrauen in Organisationen“ erkenntnisleitend reflektiert werden soll. Dies ist Thema des zweiten Teils dieser Ausarbeitung. Dazu wird der Vertrauensansatz nach Luhmann vorgestellt, um daran anschließend Verbindungen zwischen den oben genannten Themen: Alltagsbewusstsein, Milieu und Konflikte herzustellen und anschließend zu reflektieren. Unser Ziel ist, auf der theoretischen Grundlage des Themas „Alltagsbewusstsein, Milieu und Konflikte in der betrieblichen Lebenswelt“ und „Vertrauen in Organisationen“, durch unserer Reflexion und unseren eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen, Interesse an dem Thema zu wecken und auf die spezifischen Schwierigkeiten und die Komplexität dieses Themenkomplexes hinzuweisen und dazu eigene Gedanken anzuregen. 2. Das Alltagsbewusstsein Im folgenden wird der Ansatz des Alltagsbewusstsein näher vorgestellt, so wie ausgewählte Aspekte dieses Ansatzes, die in der späteren Diskussion für das Vertrauensthema relevant sind. Herausgearbeitet werden soll dabei, wie Menschen in ihrem Alltag wahrnehmen, denken

Alltagsbewusstsein, Milieu und Konflikte in der betrieblichen Lebenswelt 5 und handeln, um die Wirkung und Tragweite von Interventionen z.B. bei Konflikten, Misstrauensklima oder Strukturveränderungen besser abschätzen zu können. Dies versuchen Leithäuser & Volmerg in ihrem Buch über das Alltagsbewusstsein zu beschreiben. Der Forschungsansatz des Alltagsbewusstseins wurde aus den Perspektiven der Soziologie, der Psychoanalyse, der Psychologie und der Medienwissenschaft entwickelt. Grundlage dieses Ansatzes war die theoretische Untersuchung Formen des Alltagsbewußtseins von T. Leithäuser, aus dem zwei empirische Forschungsprojekte hervorgegangen sind. Das eine Projekt, Sicherheitsbedürfnis und Konfliktverarbeitung, wurde von B. Volmerg und U. Volmerg durchgeführt und das andere Projekt beschäftigte sich mit Subjektiven Folgen von Erfahrungs- und Kommunikationseinschränkungen in restriktiven sozialen Situationen – am Beispiel der Fernsehsituation. Für dieses Projekt waren G. Salje und B. Wutka verantwortlich. Beide Forschungsgruppen arbeiteten in enger Kooperation zusammen. Durch die gemeinsamen Diskussionen konkretisierte sich der Ansatz des Alltagsbewusstseins, der eine systematische Weiterentwicklung der Konzeption der beiden Forschungsprojekte darstellt (Leithäuser, T., Volmerg, B., Salje, G., Volmerg, U. & Wutka, B.; 1977, S. 7). 2.1 Alltagsbewusstsein – Was ist das? „Alltagsbewusstsein bezeichnet die gegenwärtige Form des vergesellschafteten Bewusstseins und die Art und Weise seiner individuellen Besonderheit“ (1977, S.14), definieren Leithäuser und Volmerg. Damit wollen sie ausdrücken, dass das Alltagsbewusstsein sowohl Resultat von Vergesellschaftungsprozessen als auch von Sozialisationsprozessen ist, d.h. es ist nicht nur individuell, sondern auch kollektiv gebildet (ebd., S. 116). Das Alltagsbewusstsein konstituiert sich im Medium zweier Sozialisationsagenturen, die sich wechselseitig beeinflussen und bestimmen. Die traditionelle bzw. alltagspraktische Sozialisationsagentur bleibt an die unmittelbare Interaktionspraxis der Individuen gebunden und formt die psychische Struktur der Individuen (ebd., S. 115). Eine besonders determinierende Funktion kommt dabei der Mutter-Kind-Dyade zu (ebd., S. 114). Später folgen Familie, Schule, Freunde, Beruf, usw. Dieser typische Sozialisationsprozess ist erfahrungsgebunden. Er erzeugt Einsichten in die eigene Lebensgeschichte und strukturiert Interaktions- und Kommunikationsprozesse (ebd., S. 15). „Mit diesen alltagspraktischen Sozialisationsprozessen konkurrieren zunehmend industriell produzierte Vorgaben und Vorbilder (Massenmedien) mit Sozialisationsfunktion“ (ebd., S. 14), d.h. sie halten arbeits-

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 5<br />

<strong>und</strong> handeln, um die Wirkung <strong>und</strong> Tragweite von Interventionen z.B. bei <strong>Konflikte</strong>n,<br />

Misstrauensklima o<strong>der</strong> Strukturverän<strong>der</strong>ungen besser abschätzen zu können. Dies versuchen<br />

Leithäuser & Volmerg <strong>in</strong> ihrem Buch über das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> zu beschreiben.<br />

Der Forschungsansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s wurde aus den Perspektiven <strong>der</strong><br />

Soziologie, <strong>der</strong> Psychoanalyse, <strong>der</strong> Psychologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Medienwissenschaft entwickelt.<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieses Ansatzes war die theoretische Untersuchung Formen des<br />

Alltagsbewußtse<strong>in</strong>s von T. Leithäuser, aus dem zwei empirische Forschungsprojekte<br />

hervorgegangen s<strong>in</strong>d. Das e<strong>in</strong>e Projekt, Sicherheitsbedürfnis <strong>und</strong> Konfliktverarbeitung, wurde<br />

von B. Volmerg <strong>und</strong> U. Volmerg durchgeführt <strong>und</strong> das an<strong>der</strong>e Projekt beschäftigte sich mit<br />

Subjektiven Folgen von Erfahrungs- <strong>und</strong> Kommunikationse<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> restriktiven<br />

sozialen Situationen – am Beispiel <strong>der</strong> Fernsehsituation. Für dieses Projekt waren G. Salje<br />

<strong>und</strong> B. Wutka verantwortlich. Beide Forschungsgruppen arbeiteten <strong>in</strong> enger Kooperation<br />

zusammen. Durch die geme<strong>in</strong>samen Diskussionen konkretisierte sich <strong>der</strong> Ansatz des<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e systematische Weiterentwicklung <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> beiden<br />

Forschungsprojekte darstellt (Leithäuser, T., Volmerg, B., Salje, G., Volmerg, U. & Wutka,<br />

B.; 1977, S. 7).<br />

2.1 <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> – Was ist das?<br />

„<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> bezeichnet die gegenwärtige Form des vergesellschafteten Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

<strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Beson<strong>der</strong>heit“ (1977, S.14), def<strong>in</strong>ieren Leithäuser<br />

<strong>und</strong> Volmerg. Damit wollen sie ausdrücken, dass das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> sowohl Resultat von<br />

Vergesellschaftungsprozessen als auch von Sozialisationsprozessen ist, d.h. es ist nicht nur<br />

<strong>in</strong>dividuell, son<strong>der</strong>n auch kollektiv gebildet (ebd., S. 116).<br />

Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> konstituiert sich im Medium zweier Sozialisationsagenturen, die<br />

sich wechselseitig bee<strong>in</strong>flussen <strong>und</strong> bestimmen. Die traditionelle bzw. alltagspraktische<br />

Sozialisationsagentur bleibt an die unmittelbare Interaktionspraxis <strong>der</strong> Individuen geb<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> formt die psychische Struktur <strong>der</strong> Individuen (ebd., S. 115). E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s<br />

determ<strong>in</strong>ierende Funktion kommt dabei <strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Dyade zu (ebd., S. 114). Später<br />

folgen Familie, Schule, Fre<strong>und</strong>e, Beruf, usw. Dieser typische Sozialisationsprozess ist<br />

erfahrungsgeb<strong>und</strong>en. Er erzeugt E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> die eigene Lebensgeschichte <strong>und</strong> strukturiert<br />

Interaktions- <strong>und</strong> Kommunikationsprozesse (ebd., S. 15). „Mit diesen alltagspraktischen<br />

Sozialisationsprozessen konkurrieren zunehmend <strong>in</strong>dustriell produzierte Vorgaben <strong>und</strong><br />

Vorbil<strong>der</strong> (Massenmedien) mit Sozialisationsfunktion“ (ebd., S. 14), d.h. sie halten arbeits-

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