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Universität Bremen<br />

Fachbereich 11, Studiengang Psychologie<br />

Modularisiertes A&O-Projekt: „Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“<br />

DozentIn: Dr. Sylke Meyerhuber, Michael Tute<br />

SS 2003<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt<br />

wissenschaftliche Ausarbeitung<br />

im Rahmen des modularisierten A&O-Projekts<br />

„Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“<br />

Nancy Halfter, Viktoria Dreher, Kerst<strong>in</strong> Götsch


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. E<strong>in</strong>leitung 4<br />

2. Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> 4<br />

2.1 <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> – Was ist das? 5<br />

2.2 Das Thema-Horizont-Schema 6<br />

2.2.1 Die Rout<strong>in</strong>esituation 7<br />

2.2.2 Alltagspraktische Regeln 7<br />

2.2.3 Strukturverän<strong>der</strong>ungen durch thematische Orientierung 8<br />

2.3 <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>in</strong> Gruppen 9<br />

2.3.1 Typische gruppenspezifische Abwehrformen 9<br />

2.3.2 Autismus alltäglicher Situationen 10<br />

2.4 Ausblick 11<br />

3. Das <strong>Milieu</strong> 11<br />

3.1 Der <strong>Milieu</strong>begriff 11<br />

3.2 Soziale <strong>Milieu</strong>s 12<br />

3.2.1 Betriebliches <strong>Milieu</strong> 13<br />

3.2.2 Die Entwicklung des <strong>Milieu</strong>modells nach Hradil 13<br />

3.2.3 Die S<strong>in</strong>usstudien 14<br />

3.3 Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Wandel 16<br />

4. Konfliktmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 17<br />

4.1 Konfliktarten 17<br />

4.2 Instrumente des Konfliktmanagements 19<br />

4.3 Zusammenfassung 22<br />

5. Reflexion des Projektthemas „Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“ auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Themas: „<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />

Lebenswelt“ 22<br />

5.1 Exkurs: Systeme 23<br />

5.2 Vertrauen nach Luhmann 24


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 3<br />

5.2.1 Vertrautheit <strong>und</strong> Vertrauen 24<br />

5.2.2 Vertrauen als Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität 25<br />

5.2.3 Persönliches Vertrauen <strong>und</strong> Systemvertrauen 26<br />

5.2.4 Vertrauen <strong>und</strong> Misstrauen 27<br />

5.3 Mechanismen zur Reduktion sozialer Komplexität: <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong><br />

Vertrauen 28<br />

5.4 <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> Vertrauen 30<br />

5.5 Konfliktmanagement <strong>und</strong> Vertrauen 31<br />

5.6 Weiterführende Gedanken: Selbstvertrauen <strong>in</strong> Unternehmen 32<br />

6. Fazit 33<br />

7. Literatur 36


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 4<br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

<strong>Konflikte</strong> <strong>und</strong> Misstrauen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Organisation schränken die Handlungsmöglichkeiten <strong>der</strong><br />

beteiligten Mitarbeiter e<strong>in</strong> <strong>und</strong> im schlimmsten Fall wird das Unternehmen so davon<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt, dass es handlungsunfähig wird, nicht mehr auf den Markt reagieren kann <strong>und</strong><br />

damit dessen weitere Existenz <strong>in</strong> Gefahr gerät. Deshalb ist es entscheidend zu wissen, wie<br />

Menschen im Alltag denken <strong>und</strong> handeln, wie e<strong>in</strong> kollektives Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Organisation durch Interaktion entsteht <strong>und</strong> wie sich Verhaltens- <strong>und</strong> Denkmuster <strong>in</strong><br />

Konfliktsituationen verän<strong>der</strong>n. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die verstärkende<br />

Wirkung des <strong>Milieu</strong>s zu kennen <strong>und</strong> im Rahmen des Konfliktmanagements <strong>Konflikte</strong><br />

e<strong>in</strong>zuschätzen, um geeignete Interventionen auswählen zu können. Damit eröffnet sich e<strong>in</strong><br />

sehr <strong>in</strong>teressanter, aber auch schwieriger <strong>und</strong> viel diskutierter Themenkomplex.<br />

Im Rahmen dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung wird <strong>in</strong>nerhalb dieses umfangreichen<br />

Themenrahmens das Thema „<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong><br />

Lebenswelt“ entwickelt <strong>und</strong> diskutiert. Dazu wird <strong>in</strong> den Kapiteln 2 bis 4 gr<strong>und</strong>legendes zum<br />

Ansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, zum <strong>Milieu</strong>begriff <strong>und</strong> zum Konfliktmanagement<br />

herausgearbeitet, um e<strong>in</strong>e Basis zu erhalten, von <strong>der</strong> aus das Projektthema „Vertrauen <strong>in</strong><br />

Organisationen“ erkenntnisleitend reflektiert werden soll. Dies ist Thema des zweiten Teils<br />

dieser Ausarbeitung. Dazu wird <strong>der</strong> Vertrauensansatz nach Luhmann vorgestellt, um daran<br />

anschließend Verb<strong>in</strong>dungen zwischen den oben genannten Themen: <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>,<br />

<strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> herzustellen <strong>und</strong> anschließend zu reflektieren.<br />

Unser Ziel ist, auf <strong>der</strong> theoretischen Gr<strong>und</strong>lage des Themas „<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt“ <strong>und</strong> „Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“, durch<br />

unserer Reflexion <strong>und</strong> unseren eigenen Gedanken <strong>und</strong> Schlussfolgerungen, Interesse an dem<br />

Thema zu wecken <strong>und</strong> auf die spezifischen Schwierigkeiten <strong>und</strong> die Komplexität dieses<br />

Themenkomplexes h<strong>in</strong>zuweisen <strong>und</strong> dazu eigene Gedanken anzuregen.<br />

2. Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong><br />

Im folgenden wird <strong>der</strong> Ansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> näher vorgestellt, so wie ausgewählte<br />

Aspekte dieses Ansatzes, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> späteren Diskussion für das Vertrauensthema relevant<br />

s<strong>in</strong>d. Herausgearbeitet werden soll dabei, wie Menschen <strong>in</strong> ihrem Alltag wahrnehmen, denken


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 5<br />

<strong>und</strong> handeln, um die Wirkung <strong>und</strong> Tragweite von Interventionen z.B. bei <strong>Konflikte</strong>n,<br />

Misstrauensklima o<strong>der</strong> Strukturverän<strong>der</strong>ungen besser abschätzen zu können. Dies versuchen<br />

Leithäuser & Volmerg <strong>in</strong> ihrem Buch über das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> zu beschreiben.<br />

Der Forschungsansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s wurde aus den Perspektiven <strong>der</strong><br />

Soziologie, <strong>der</strong> Psychoanalyse, <strong>der</strong> Psychologie <strong>und</strong> <strong>der</strong> Medienwissenschaft entwickelt.<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieses Ansatzes war die theoretische Untersuchung Formen des<br />

Alltagsbewußtse<strong>in</strong>s von T. Leithäuser, aus dem zwei empirische Forschungsprojekte<br />

hervorgegangen s<strong>in</strong>d. Das e<strong>in</strong>e Projekt, Sicherheitsbedürfnis <strong>und</strong> Konfliktverarbeitung, wurde<br />

von B. Volmerg <strong>und</strong> U. Volmerg durchgeführt <strong>und</strong> das an<strong>der</strong>e Projekt beschäftigte sich mit<br />

Subjektiven Folgen von Erfahrungs- <strong>und</strong> Kommunikationse<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> restriktiven<br />

sozialen Situationen – am Beispiel <strong>der</strong> Fernsehsituation. Für dieses Projekt waren G. Salje<br />

<strong>und</strong> B. Wutka verantwortlich. Beide Forschungsgruppen arbeiteten <strong>in</strong> enger Kooperation<br />

zusammen. Durch die geme<strong>in</strong>samen Diskussionen konkretisierte sich <strong>der</strong> Ansatz des<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e systematische Weiterentwicklung <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> beiden<br />

Forschungsprojekte darstellt (Leithäuser, T., Volmerg, B., Salje, G., Volmerg, U. & Wutka,<br />

B.; 1977, S. 7).<br />

2.1 <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> – Was ist das?<br />

„<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> bezeichnet die gegenwärtige Form des vergesellschafteten Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

<strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Beson<strong>der</strong>heit“ (1977, S.14), def<strong>in</strong>ieren Leithäuser<br />

<strong>und</strong> Volmerg. Damit wollen sie ausdrücken, dass das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> sowohl Resultat von<br />

Vergesellschaftungsprozessen als auch von Sozialisationsprozessen ist, d.h. es ist nicht nur<br />

<strong>in</strong>dividuell, son<strong>der</strong>n auch kollektiv gebildet (ebd., S. 116).<br />

Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> konstituiert sich im Medium zweier Sozialisationsagenturen, die<br />

sich wechselseitig bee<strong>in</strong>flussen <strong>und</strong> bestimmen. Die traditionelle bzw. alltagspraktische<br />

Sozialisationsagentur bleibt an die unmittelbare Interaktionspraxis <strong>der</strong> Individuen geb<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> formt die psychische Struktur <strong>der</strong> Individuen (ebd., S. 115). E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s<br />

determ<strong>in</strong>ierende Funktion kommt dabei <strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Dyade zu (ebd., S. 114). Später<br />

folgen Familie, Schule, Fre<strong>und</strong>e, Beruf, usw. Dieser typische Sozialisationsprozess ist<br />

erfahrungsgeb<strong>und</strong>en. Er erzeugt E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> die eigene Lebensgeschichte <strong>und</strong> strukturiert<br />

Interaktions- <strong>und</strong> Kommunikationsprozesse (ebd., S. 15). „Mit diesen alltagspraktischen<br />

Sozialisationsprozessen konkurrieren zunehmend <strong>in</strong>dustriell produzierte Vorgaben <strong>und</strong><br />

Vorbil<strong>der</strong> (Massenmedien) mit Sozialisationsfunktion“ (ebd., S. 14), d.h. sie halten arbeits-


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 6<br />

<strong>und</strong> lebensfähig durch Verhaltenssteuerung. „So wird Bewusstse<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dustrie, Kultur<strong>in</strong>dustrie<br />

zur vorherrschenden Sozialisationsagentur.“ (ebd., S.17)<br />

Bezugsgröße ist dabei die typische soziale Situation bzw. die Alltagssituation, die sich<br />

tagtäglich unter relativ konstanten, wenig modifizierten Bed<strong>in</strong>gungen wie<strong>der</strong>holt (ebd., S. 21).<br />

In ihr greifen objektive <strong>und</strong> subjektive Strukturmomente unlösbar <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> (ebd., S. 29).<br />

„Sowohl Momente <strong>der</strong> Vergesellschaftung, wie sie als <strong>Milieu</strong>gegebenheiten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Alltagssituation bemerkbar machen, als auch die Momente <strong>der</strong> Sozialisation des Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

(<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>), wie sie durch se<strong>in</strong>e traditionelle (familiale) <strong>und</strong> durch die <strong>in</strong>dustriell<br />

produzierte Sozialisation (Bewusstse<strong>in</strong>s<strong>in</strong>dustrie) vorgeben s<strong>in</strong>d, konstituieren als<br />

Vermittlungselemente unserer Bezugsgröße, die Alltagssituation“ (ebd., S.43), wie Leithäuser<br />

<strong>und</strong> Volmerg erläutern. Und es s<strong>in</strong>d gerade die vielfältigen Wie<strong>der</strong>holungen <strong>der</strong><br />

Alltagssituation, die im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Sozialisation Verhaltens-, Handlungs- <strong>und</strong><br />

Kooperationsweisen von Individuen e<strong>in</strong>üben <strong>und</strong> e<strong>in</strong>schleifen, z.B. werden beim K<strong>in</strong>d die<br />

vielfältigen E<strong>in</strong>igungsprozesse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Dyade zu Interaktionsformen verfestigt<br />

(ebd., S. 25).<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> wird beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> dem Maße relevant, wie die<br />

Traditionszusammenhänge des Alltagslebens zerfallen <strong>und</strong> ihre b<strong>in</strong>dende Kraft zur sozialen<br />

Integration verlieren. Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> übernimmt nun die Funktion <strong>der</strong> sozialen<br />

Integration bzw. die Sicherung des immer weniger existenten Lebenszusammenhangs (ebd.,<br />

S. 46). Wie das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> dies ermöglicht, wird im nächsten Abschnitt näher<br />

erläutert.<br />

2.2 Das Thema-Horizont-Schema<br />

Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> bildet von sich <strong>und</strong> den sozialen Situationen, auf die es sich bezieht,<br />

Vorstellungsbil<strong>der</strong> (ebd., S. 66). Solche Vorstellungsbil<strong>der</strong> besorgen die Orientierung <strong>in</strong> den<br />

sozialen Situationen, glie<strong>der</strong>n die <strong>in</strong> ihnen nötigen Selbst- <strong>und</strong> Fremddef<strong>in</strong>itionen <strong>und</strong> Selbst-<br />

<strong>und</strong> Fremdwahrnehmungen (ebd., S. 66). Sie helfen die Identität zu garantieren <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em ganz allgeme<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>ne verhaltensrelevant für die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e soziale Situation <strong>in</strong>volvierten<br />

Individuen.<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg führen hierzu den Begriff des Thema-Horizont-Schemas e<strong>in</strong>, d.h.<br />

unser Bewusstse<strong>in</strong>sfeld bzw. <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> ist geglie<strong>der</strong>t durch Thema <strong>und</strong> Horizont<br />

(ebd., S. 47). Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> bewegt sich im Rahmen unwesentlicher<br />

Horizontverschiebungen, so dass nicht alles <strong>und</strong> jedes <strong>in</strong>nerhalb des Horizonts des


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 7<br />

Alltagsbewußtse<strong>in</strong>s <strong>und</strong> damit <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Grenzen von sozialen Situationen zum relevanten<br />

Thema werden kann (ebd., S. 47). E<strong>in</strong> Thema kann nur dann zugelassen werden, d.h. se<strong>in</strong>e<br />

bewusste Bearbeitung, Behandlung, Interpretation, Orientierung <strong>und</strong> Abwehr durch das<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> ist nur dann gegeben, wenn das Thema zu e<strong>in</strong>er Variation des Horizonts<br />

wird bzw. e<strong>in</strong>e Beziehung f<strong>in</strong>den kann (ebd., S. 115).<br />

2.2.1 Die Rout<strong>in</strong>esituation<br />

Das Thema-Horizont-Schema ist von bewussten <strong>und</strong> unbewussten Bereichen durchzogen. E<strong>in</strong><br />

Beitrag des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s zum reibungslosen Verkehr <strong>und</strong> Ablauf sozialer Situationen,<br />

d.h. z.B. die Absicherung gegen Bedrohung, Wi<strong>der</strong>sprüche, <strong>Konflikte</strong>, Störungen, usw. <strong>und</strong><br />

zur Reduktion <strong>der</strong> Komplexität dieser, ist das Rout<strong>in</strong>ebewusstse<strong>in</strong>. Denn Rout<strong>in</strong>etätigkeiten<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb des Horizonts des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s ihrer Thematisierung unzugänglich<br />

(ebd., S. 49). Sie sichern die Orientierung <strong>der</strong> Individuen <strong>und</strong> verbürgen wichtige<br />

Entlastungen. Sie werden nicht zu e<strong>in</strong>em bewussten Thema, damit sich das alltägliche Tun<br />

<strong>und</strong> Treiben ungestört vollziehen kann (ebd., S. 49f). Es wird vielmehr praktisch, reibungslos<br />

<strong>und</strong> ohne Unterbrechungen behandelt (ebd., S. 50). Es ist so plausibel, dass es nicht zur<br />

Sprache gebracht werden muss <strong>und</strong> wird sozusagen vorausgesetzt <strong>und</strong> von jedem akzeptiert<br />

(ebd., S. 51). Würde es <strong>in</strong> die Kommunikationsprozesse <strong>der</strong> Individuen e<strong>in</strong>bezogen, so würde<br />

es zum<strong>in</strong>dest potentiell thematisch <strong>und</strong> damit se<strong>in</strong> Rout<strong>in</strong>emäßiges gerade aufgelöst (ebd., S.<br />

50).<br />

Situative Verän<strong>der</strong>ungen, neue Situationen <strong>und</strong> fremde Situationen erfor<strong>der</strong>n die<br />

E<strong>in</strong>übung e<strong>in</strong>es neuen Umgangs (ebd., S. 52). Gerade dagegen wehrt sich das<br />

Rout<strong>in</strong>ebewusstse<strong>in</strong>, um die Wirklichkeit se<strong>in</strong>er Konstellation zu sichern; nur kle<strong>in</strong>e<br />

Positionsän<strong>der</strong>ungen haben ihren Platz (ebd., S. 52). Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> ist also <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Charakter konservativ. Es möchte Verän<strong>der</strong>ungen nicht gelten lassen <strong>und</strong> bei dem ihm<br />

Vertrauten <strong>und</strong> Bekannten bleiben (ebd., S. 55).<br />

2.2.2 Alltagspraktische Regeln<br />

Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> entlastet sich von Krisenfällen durch Strategien, die die Alltagswelt<br />

bzw. die Wie<strong>der</strong>herstellung ihrer Wirklichkeit regeln. Nach diesen Regeln werden die<br />

sozialen Situationen <strong>und</strong> die Beziehungen zwischen Individuen, Gruppen, etc. organisiert <strong>und</strong><br />

auf neue, unbekannte Situationen, Gefahren- <strong>und</strong> Konfliktsituationen bis zu e<strong>in</strong>em gewissen


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 8<br />

Grad übertragen, gleichgültig, ob sie für die soziale Situation angemessen o<strong>der</strong> unangemessen<br />

s<strong>in</strong>d, d.h. das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> behauptet sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> bloßen Anwendung dieser Regeln<br />

(ebd., S. 63). „Sie treten meist als Abwehrstrategien auf, die ihre Funktion – Schutz <strong>der</strong><br />

Integrität <strong>der</strong> mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong>teragierenden Individuen – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herstellung von Gefühlen des<br />

Vertrauens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sicherheit erfühlen.“ (ebd., S. 67) Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg unterscheiden<br />

zwischen folgenden Regeln: den Thematisierungsregeln, den Abwehrregeln <strong>und</strong> den<br />

Reduktionsregeln.<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle spielen dabei die Thematisierungsregeln. Sie stehen e<strong>in</strong>erseits im<br />

Dienste <strong>der</strong> Abwehr <strong>und</strong> <strong>der</strong> Stützung des Thema-Horizont-Schemas <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits wurden<br />

sie auch gr<strong>und</strong>sätzlich „als Gegenpr<strong>in</strong>zip zur Abwehr bestimmt, als Sich-E<strong>in</strong>lassen auf neue<br />

Situationen, Verschiebung des Thema-Horizont-Schemas, kumulative Anreicherung von<br />

Erfahrung <strong>und</strong> damit als Aufhebung <strong>der</strong> Struktur des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s“ (ebd., S. 63).<br />

„Die Abwehrregeln bestehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abdichtung des Horizonts, <strong>der</strong> Harmonisierung,<br />

Nivellierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Exterritorialisierung <strong>der</strong> bedrohlichen <strong>und</strong> verunsichernden Themen“<br />

(ebd., S. 63); ausführlicheres dazu ist bei Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg (1977, S. 54, 112 ff.) zu<br />

f<strong>in</strong>den.<br />

Die Reduktionsregeln sorgen für die Reduktion des Unbekannten (<strong>und</strong> Komplexen) auf<br />

das Bekannte (<strong>und</strong> E<strong>in</strong>fache) bzw. das verme<strong>in</strong>tlich Bekannte, dessen Bekanntheit lediglich<br />

unterstellt wird (ebd., S. 63f). Dies bewirkt Sicherheitsgefühle <strong>und</strong> Beruhigung.<br />

Diese Regeln entscheiden somit „darüber, was für die Erfahrung des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s<br />

zugelassen <strong>und</strong> was nicht zugelassen werden kann, was gut <strong>und</strong> was schlecht ist, welche<br />

Unterscheidungen an D<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Menschen vorgenommen werden dürfen <strong>und</strong> welche nicht“<br />

(Leithäuser, 1979, S. 13).<br />

2.2.3 Strukturverän<strong>der</strong>ungen durch thematische Orientierung<br />

Bisher wurde ausführlich das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> mit se<strong>in</strong>en Verengungs- <strong>und</strong><br />

Abdichtungstendenzen se<strong>in</strong>es Thema-Horizont-Schemas beschrieben. Im Gegensatz dazu<br />

steht die Perspektive <strong>der</strong> thematischen Orientierung, welche e<strong>in</strong> Thema-Horizont-Schema mit<br />

Erweiterungstendenzen, d.h. offen für Erfahrungsanreicherungen bildet (Leithäuser &<br />

Volmerg, 1977, S. 121). Auch sie ist Resultat von Sozialisationsprozessen <strong>und</strong> steht im<br />

Wechselverhältnis zwischen den beiden Sozialisationsagenturen (ebd., S. 121).<br />

„Thematische Orientierung ist gegen die bl<strong>in</strong>de Unterstellung <strong>und</strong> Anwendung von<br />

Regeln gerichtet.“ (ebd., S. 121) Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg wollen damit sagen, dass die Regeln


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 9<br />

nur dann angewendet werden, wenn ihre Anwendung e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n macht <strong>und</strong> diese Frage nach<br />

dem S<strong>in</strong>n stellt sich <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Situation neu, d.h. hier führt die thematische Orientierung zur<br />

Reflexion <strong>der</strong> alltagspraktischen Regeln, wenn diese nicht mehr zu geeigneten<br />

Problemlösungen führen (ebd., S. 121). Die thematische Orientierung des Thema-Horizont-<br />

Schemas steht zwar im Gegensatz zur entlastenden <strong>und</strong> Komplexität reduzierenden Funktion<br />

des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, ist aber entscheidend für die Anpassung des Individuums an sich<br />

verän<strong>der</strong>nde, neue Situationen, wo es mit se<strong>in</strong>en alltagspraktisch gebildeten Regeln <strong>und</strong><br />

Schemata nicht weiterkommen würde. Somit kommt ihr gleichermaßen e<strong>in</strong>e<br />

lebensnotwendige Funktion zu.<br />

2.3 <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>in</strong> Gruppen<br />

Die Alltagssituation ist aber immer auch e<strong>in</strong>e Gruppensituation (ebd., S. 84), d.h. „<strong>in</strong> ihr<br />

br<strong>in</strong>gen die Beteiligten wechselseitig die sozialen Kontrollen <strong>und</strong> Normen <strong>in</strong>s Spiel, die das<br />

Verhalten <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> zur sozialen Realität <strong>der</strong> Gruppe machen“ (ebd., S. 84). Die Denk-<br />

<strong>und</strong> Gefühlsstrukturen <strong>der</strong> Gruppe spiegeln e<strong>in</strong>erseits die gesellschaftlich wirksamen Zwangs-<br />

<strong>und</strong> Ordnungsmechanismen wi<strong>der</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die gesellschaftlich möglichen<br />

Erfahrungsdimensionen <strong>und</strong> –fähigkeiten (ebd., S. 84).<br />

Aus <strong>der</strong> Vielfalt alltäglicher <strong>in</strong>teraktioneller Erfahrungen werden unbewusst <strong>und</strong><br />

automatisch die Erfahrungen ausgewählt, verstärkt <strong>und</strong> als feste Muster stabilisiert, die<br />

angstm<strong>in</strong><strong>der</strong>nd wirken <strong>und</strong> kompromißhafte Lösungen erlauben. Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg<br />

(ebd., S. 98) führen weiter aus, dass durch die Funktionsweise des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s<br />

alternative Dispositionen zur Interpretation <strong>der</strong> sozialen Wirklichkeit <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

zugelassenen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>geschliffenen Erfahrungsstrukturen allerd<strong>in</strong>gs elim<strong>in</strong>iert werden. Die<br />

Übertragungsreaktionen <strong>in</strong> Gruppensituationen s<strong>in</strong>d somit nicht <strong>in</strong>dividuelle, son<strong>der</strong>n<br />

kollektive Verhaltensformen <strong>und</strong> erfüllen kollektive Abwehrfunktionen (ebd., S. 82).<br />

2.3.1 Typische gruppenspezifische Abwehrformen<br />

In alltäglichen Situationen, <strong>in</strong> formellen <strong>und</strong> <strong>in</strong>formellen Gruppen, <strong>in</strong> familialen Beziehungen<br />

usw. herrscht e<strong>in</strong> Typus <strong>der</strong> Übertragungsbeziehung vor, an dem alle Gruppenmitglie<strong>der</strong><br />

beteiligt s<strong>in</strong>d (ebd., S. 85). Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg führen hier Mentzos an, <strong>der</strong> von<br />

<strong>in</strong>terpersoneller o<strong>der</strong> auch psychosozialer Abwehr spricht, d.h. es bilden sich <strong>in</strong>teraktionell<br />

organisierte Abwehrkonstellationen (ebd., S. 85). „Die Gruppenmitglie<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d hier als reale


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 10<br />

Personen mit realem Verhalten <strong>in</strong> die Abwehr e<strong>in</strong>gebaut; über Rollenzuweisung, Delegation<br />

o<strong>der</strong> unbewusste Verführungen veranlassen sie sich wechselseitig, die entsprechenden<br />

Funktionen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Abwehrkonstellation zu übernehmen <strong>und</strong> so zur Stabilisierung des<br />

<strong>Milieu</strong>s beizutragen.“ (ebd., S. 85) Die kollektiven Abwehrstrukturen werden also aus<br />

lebenspraktisch <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuell gebildeten Interaktionsformen ausgewählt <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Interaktion mit den Gruppenmitglie<strong>der</strong>n bzw. im Sozialisationsprozess zu typischen<br />

Interaktionsformen <strong>der</strong> sozialen Gruppe.<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg (ebd., S. 90) unterscheiden drei typische gruppenspezifische<br />

Abwehrformationen: die symmetrische, die komplementäre <strong>und</strong> die externalisierende<br />

Konfliktabwehr. Ihnen entsprechen die Gr<strong>und</strong>annahmen von Bion.<br />

Die symmetrische Konfliktabwehr ist auf die Gleichheit <strong>der</strong> Identität <strong>der</strong><br />

Gruppenmitglie<strong>der</strong> ausgerichtet. Fremde Erfahrungen werden dabei auf das Bekannte<br />

reduziert, um Angst <strong>und</strong> Unsicherheit zu vermeiden (ausführlicher siehe ebd., S. 90, 97). Bei<br />

<strong>der</strong> komplementären Abwehrstruktur geht alle Macht <strong>und</strong> Sicherheit von e<strong>in</strong>em „magischen<br />

Helfer“ aus, mit dem die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung stehen (ebd., S. 98). Und <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> dritten Abwehrform, also im Externalisieren werden <strong>in</strong>nere Vorgänge so erlebt, als ob sie<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Außenwelt abspielten, d.h. die ganze Situation wird externalisiert.<br />

Externalisierende Gruppenabwehr ist somit als e<strong>in</strong> Versuch zu verstehen, die Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>in</strong><br />

den eigenen praktischen Lebensformen auf an<strong>der</strong>e Gruppen <strong>und</strong> Situationen zu verschieben<br />

(ebd., S. 92). Das entlastet zwar das affektive <strong>Milieu</strong> <strong>der</strong> Gruppe, verstärkt aber die<br />

Bedrohlichkeit <strong>der</strong> Umwelt (ebd., S. 92).<br />

2.3.2 Autismus alltäglicher Situationen<br />

Kollektive Abwehrreaktionen haben aber ihren Ursprung nicht nur alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe. Sie<br />

werden auch „aus <strong>der</strong> Sozialisation selegiert durch die Restriktivität alltäglicher Situationen,<br />

wie sie am Arbeitsplatz, aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie“ (ebd., S. 102), usw. produziert wird. Durch<br />

den gesellschaftlichen Regressionsdruck erzeugt, reagieren die Individuen auf die Bedrohung<br />

ihrer Identität mit geme<strong>in</strong>samen regressiven Erhaltungsmechanismen (ebd., S. 103).<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg führen unterstützend den Begriff des Gruppenautismus e<strong>in</strong>. Dazu<br />

f<strong>in</strong>den sie Bestätigung bei Sherif, dessen Untersuchungen ergaben, „dass fe<strong>in</strong>dselige<br />

E<strong>in</strong>stellungen beson<strong>der</strong>s dann entstehen, wenn zwischen konfligierenden Gruppen nur<br />

e<strong>in</strong>geschränkte Kontakt- <strong>und</strong> Kommunikationsmöglichkeiten bestehen <strong>und</strong> wenn die<br />

maßgeblichen „Op<strong>in</strong>ionlea<strong>der</strong>“ die entfernte Gruppe als bedrohlich darstellen“ (ebd., S. 103).


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 11<br />

Weiter untermauern sie mit <strong>der</strong> gestaltpsychologischen Begründung des Autismusphänomens<br />

ihre Auffassung e<strong>in</strong>es objektiv, durch Kommunikationsbarrieren <strong>und</strong> emotionale Verarmung<br />

strukturierten Autismus alltäglicher Situationen (ebd., S. 103). Der Aspekt des Autismus<br />

alltäglicher Situationen sollte hier nur kurz erwähnt werden. Er wird später noch ausführlicher<br />

diskutiert bzgl. des Vertrauensthemas.<br />

2.4 Ausblick<br />

Der Ansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s be<strong>in</strong>haltet wichtige Anknüpfungspunkte <strong>und</strong> Erklärungen<br />

sowohl für das Konfliktverhalten von Individuen <strong>und</strong> Gruppen, sowie für unsere Diskussion<br />

des Vertrauensthemas bzw. des Verhaltens von Personen <strong>in</strong> Vertrauens- <strong>und</strong><br />

mißtrauensklimas <strong>in</strong> Gruppen <strong>und</strong> Organisationen. Im folgenden wird zunächst noch näher<br />

auf die Themen <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> Konfliktmanagement e<strong>in</strong>gegangen, um e<strong>in</strong>e breitere<br />

Diskussionsbasis zu bekommen.<br />

3. Das <strong>Milieu</strong><br />

Alltag <strong>und</strong> <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> verän<strong>der</strong>n sich kont<strong>in</strong>uierlich, ebenso vollziehen sich <strong>in</strong> den<br />

<strong>Milieu</strong>s Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

Im Folgenden wird das <strong>Milieu</strong> genauer beschrieben. Verschiedene Ansätze werden<br />

ausgehend vom sozialen <strong>Milieu</strong> vorgestellt, auf das von Hradil gehen wir näher e<strong>in</strong>. Die<br />

S<strong>in</strong>usstudien geben e<strong>in</strong>en Überblick über die Verteilung <strong>der</strong> <strong>Milieu</strong>arten <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Letztendlich wird auch e<strong>in</strong>e zeitgemäße Begriffsreflexion vorgenommen.<br />

3.1 Der <strong>Milieu</strong>begriff<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg differenzieren für das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> zwischen <strong>der</strong> dem<br />

e<strong>in</strong>zelnen diffus bleibenden“ Aufgeteiltheit sozialer <strong>Milieu</strong>s“ <strong>und</strong> dem Begriff <strong>der</strong> „Situation“<br />

für Konkretisierungen: „<strong>Milieu</strong>s verwandeln sich <strong>in</strong> Situationen, wenn Individuen ihre<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen dort thematisieren.“ (Meyerhuber, 2001, S. 181)<br />

<strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> Situation s<strong>in</strong>d als raum-zeitliche Ausgangspunkte zu verstehen, <strong>der</strong>en<br />

<strong>in</strong>teraktive, atmosphärische Qualität im Klima ihren Nie<strong>der</strong>schlag f<strong>in</strong>det (ebd., S. 181).


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 12<br />

Der Mensch <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Verhalten werden <strong>in</strong> den verschiedenen Institutionen lokalisiert,<br />

dabei wird das Individuum niemals von se<strong>in</strong>em sozialen <strong>Milieu</strong> isoliert.<br />

Gerth <strong>und</strong> Mills verstehen unter <strong>Milieu</strong> „die soziale Umwelt e<strong>in</strong>er Person, die ihr durch<br />

persönliche Erfahrungen zugänglich ist. Es ist die Oberfläche ihres täglichen Lebens.“ (Gerth<br />

& Mills, 1970, S. 253) In diesem handelt sie <strong>in</strong> verschiedenen <strong>Milieu</strong>s; dem Heim, dem<br />

Arbeitsplatz, <strong>der</strong> Freizeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Straße.<br />

Um diese Verän<strong>der</strong>ungen zu erklären, verwenden Gerth <strong>und</strong> Mills den Begriff <strong>der</strong><br />

Strukturen: Unter e<strong>in</strong>er Struktur verstehen sie „die Integrationsarten, durch die <strong>Milieu</strong>s<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, um e<strong>in</strong>en größeren Kontext <strong>und</strong> die Dynamik des sozialen<br />

Lebens zu bilden“ (ebd., S. 253). Diese Strukturen lassen <strong>Milieu</strong>s erst erkennen, da diese dem<br />

strukturellen Wandel <strong>in</strong>stitutioneller Ordnungen unterliegen.<br />

„<strong>Milieu</strong> (franz.) ‚Lebensumstände‘, ‚Umwelt‘; die für e<strong>in</strong>en Menschen, e<strong>in</strong>e Klasse,<br />

Schicht o<strong>der</strong> Bevölkerungsgruppe spezifische Gesamtheit <strong>der</strong> soziokulturellen,<br />

wirtschaftlichen Lebensverhältnisse, die die praktischen Erfahrungen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>drücke <strong>und</strong><br />

damit die Art <strong>und</strong> Weise des Denken, Wertens, Entscheidens <strong>und</strong> Verhaltens selektiv<br />

bee<strong>in</strong>flussen. Das <strong>Milieu</strong> privilegiert bzw. diskrim<strong>in</strong>iert <strong>in</strong> Bezug auf die für den sozialen<br />

Aufstieg <strong>und</strong> für das Leistungsverhalten notwendigerweise zu erbr<strong>in</strong>genden personellen<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> Voraussetzungen.“ (Hillmann, 1994, S. 554)<br />

Zur Beschreibung sozialer Ungleichheiten entwickelt Hradil den Begriff sozialer <strong>Milieu</strong>s.<br />

‚Soziale <strong>Milieu</strong>s‘ s<strong>in</strong>d verankert auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden Werthaltungen <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>stellungen: „Unter ‚<strong>Milieu</strong>‘ versteht er e<strong>in</strong>e Gruppe von Menschen, die solche äußeren<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Haltungen aufweisen, aus denen sich geme<strong>in</strong>same<br />

Lebensstile herausbilden.“ (Hradil, 1987, S. 165)<br />

3.2 Soziale <strong>Milieu</strong>s<br />

Soziale <strong>Milieu</strong>s haben e<strong>in</strong>e “Doppelfunktion: Sie reproduzieren, präzisieren <strong>und</strong> modifizieren<br />

[...] Lebensbed<strong>in</strong>gungen” <strong>und</strong> “produzieren aber auch gleichzeitig Lebensbed<strong>in</strong>gungen für<br />

Mitmenschen” (ebd., S. 167).<br />

Neben den objektiven Lebensbed<strong>in</strong>gungen bee<strong>in</strong>flussen <strong>in</strong>tervenierende Faktoren, welche<br />

Handlungen von Menschen als subjektiv s<strong>in</strong>nvoll angesehen werden. Hradil unterscheidet<br />

„objektive” <strong>in</strong>tervenierende Faktoren: “horizontale” Lebensbed<strong>in</strong>gungen wie Geschlecht,<br />

Wohnort, Zugehörigkeit zu bestimmten Alterskohorten <strong>und</strong> “subjektive” <strong>in</strong>tervenierende


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 13<br />

Faktoren: Interpretationen, Situationsdef<strong>in</strong>itionen, E<strong>in</strong>stellungen, Absichten <strong>und</strong><br />

wertgeb<strong>und</strong>ene Bedürfnisprioritäten.<br />

Zusammengenommen erzeugen sie ähnlich wie die Dimensionen ungleicher<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>dividuellen Handlungskontext. Durch Abstraktion empirischer<br />

Beobachtungen kann man typische Verhaltensmuster sozialer Gruppierungen erstellen. Diese<br />

Lebensstile unterscheiden die sozialen <strong>Milieu</strong>s, sie “stehen [...] zwischen den strukturellen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen menschlichen Handelns <strong>und</strong> dem praktischen Handeln selbst” (ebd., S. 164).<br />

3.2.1 Betriebliches <strong>Milieu</strong><br />

Die betriebliche Lebenswelt entwickelt ihr spezifisches soziales <strong>Milieu</strong>, welches sich über das<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> ausdrückt <strong>und</strong> an se<strong>in</strong>er Oberflächendimension als organisationales Klima<br />

atmosphärisch wahrgenommen <strong>und</strong> teilhaft auch thematisiert werden kann (Meyerhuber,<br />

2001, S. 182). Sie etabliert <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> soziales <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> bildet ihre spezifische Kultur<br />

heraus, was sich auch im Klima nie<strong>der</strong>schlägt. Gleichzeitig ist von e<strong>in</strong>er<br />

B<strong>in</strong>nendifferenzierung auszugehen: Das „organisationale Klima“ setzt sich auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong><br />

verschiedenen sozialen Atmosphären von Subgruppen <strong>und</strong> -kulturen zusammen. So wie die<br />

betriebliche Lebenswelt e<strong>in</strong>er Organisation aus Subgruppen besteht, entwickelt sich das<br />

Gesamtmilieu aus verschiedenen sozialen <strong>Milieu</strong>s.<br />

Meyerhuber versteht die betriebliche Lebenswelt, ihr <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> ihre Kultur sowie <strong>der</strong>en<br />

Ausdruck <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sozialen Atmosphäre als untrennbar verb<strong>und</strong>en (ebd., S. 195).<br />

3.2.2 Die Entwicklung des <strong>Milieu</strong>modells nach Hradil<br />

Klassen <strong>und</strong> Schichtmodelle werden neuerd<strong>in</strong>gs häufig als Modelle historisch zurück-<br />

liegen<strong>der</strong> Entwicklungsstufen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Gesellschaft verstanden. Dieser Logik folgend,<br />

könnte man den <strong>Milieu</strong>ansatz Hradils (1987), <strong>der</strong> ja ausdrücklich auf aktuelle Entwicklungen<br />

<strong>der</strong> Sozialstruktur Bezug nimmt, als <strong>der</strong> gegenwärtigen Gesellschaft sehr gut angepasstes<br />

Sozialstrukturmodell <strong>in</strong>terpretieren. Luhmann, aus dessen systemtheoretischer<br />

»Beobachterperspektive« sich die ganze hier thematisierte Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung über<br />

Sozialstrukturmodelle als Differenz von Selbstbeschreibungen darstellt, bemerkt aber ganz<br />

treffend: „Jedenfalls: »<strong>Milieu</strong>s« hat es wohl immer schon gegeben.“ (Luhmann, 1997, S.<br />

1059)


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 14<br />

In Anlehnung an das S<strong>in</strong>us-Modell <strong>der</strong> kommerziellen Lebensweltforschung entwickelte<br />

Hradil die Lagen- <strong>und</strong> <strong>Milieu</strong>strukturanalyse. Hradils <strong>Milieu</strong>modell ist lebensnah: Wenn<br />

Wertorientierungen nicht (mehr) zur Schicht passen (Arbeiterbewusstse<strong>in</strong>), macht es<br />

möglicherweise S<strong>in</strong>n, sie als neue Dimension zur Strukturierung zu verwenden (Hradil, 1987,<br />

S. 170). Die Subjektivität <strong>der</strong> Individuen hat Hradil mite<strong>in</strong>bezogen. Mit dem <strong>Milieu</strong>modell<br />

lassen sich zudem Erwartungen an die Zukunft <strong>in</strong>tegrieren. Es erhebt ke<strong>in</strong>en Anspruch auf<br />

universale Geltung, son<strong>der</strong>n will e<strong>in</strong> Maximum an Analyse <strong>der</strong> heutigen Strukturen erreichen.<br />

Hradil unterscheidet zwischen Makro- <strong>und</strong> Mikromilieus: Makromilieus umfassen alle<br />

Menschen mit ähnlichem Lebensstil, diese können zu völlig unterschiedlichen Kontaktkreisen<br />

gehören, z.B.: politische, berufliche <strong>Milieu</strong>s o<strong>der</strong> Konsummilieus. Mikromilieus me<strong>in</strong>en<br />

Lebensstilgruppen <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> unmittelbarem Kontakt stehen, z.B.: Familien o<strong>der</strong><br />

Dorfgeme<strong>in</strong>schaften.<br />

Die Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>em <strong>Milieu</strong> ist nicht lebenslang, aber auch nicht frei wählbar<br />

(Hradil, 2001, S. 432).<br />

3.2.3 Die S<strong>in</strong>usstudien<br />

Bereits seit 1979 nimmt sich das Heidelberger Forschungs- <strong>und</strong> Beratungs<strong>in</strong>stitut S<strong>in</strong>us<br />

Sociovision <strong>der</strong> Analyse psychographischer Merkmale an. Auf <strong>der</strong> Basis kont<strong>in</strong>uierlicher<br />

Trendforschung wurden die B<strong>und</strong>esbürger <strong>in</strong> acht <strong>Milieu</strong>-Gruppen e<strong>in</strong>geteilt. Da gibt es zum<br />

Beispiel die „Etablierten“, die dem selbstbewussten Establishment angehören, klare<br />

Karrierestrategien verfolgen, Luxus genießen – <strong>und</strong> ihn sich auch leisten können. Die<br />

„Experimentalisten“ h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d ungezwungen, spontan, kommunikativ <strong>und</strong> distanzieren<br />

sich gern vom Ma<strong>in</strong>stream. Und dann wären da noch die „DDR-Nostalgischen“, die sich als<br />

Verlierer <strong>der</strong> Wende fühlen <strong>und</strong> Prestige-Konsum ablehnen, o<strong>der</strong> aber die „Mo<strong>der</strong>nen<br />

Performer“, die technikbegeisterte, häufig <strong>in</strong> <strong>der</strong> New Economy angesiedelte,<br />

unkonventionelle <strong>und</strong> kosmopolitische Leistungselite. Das größte <strong>Milieu</strong> <strong>in</strong>des ist aber die<br />

„Bürgerliche Mitte“: <strong>der</strong> statusorientierte mo<strong>der</strong>ne Mittelstand, <strong>der</strong> nach beruflicher<br />

Etablierung <strong>und</strong> gesicherten harmonischen Lebensverhältnissen strebt.<br />

Die methodische Ermittlung dieser <strong>Milieu</strong>typologie erfolgte im Rahmen e<strong>in</strong>er sehr<br />

aufwendig angelegten <strong>und</strong> fortlaufend aktualisierten qualitativen Studie <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong><br />

„subjektive Lebenswelten“ angestrebt werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird das SINUS-<br />

<strong>Milieu</strong>modell auch als „Lebensweltansatz“ bezeichnet. Der Begriff »Lebenswelt« me<strong>in</strong>t „das<br />

Insgesamt subjektiver Wirklichkeit e<strong>in</strong>es Individuums, also alle bedeutsamen


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 15<br />

Erlebnisbereiche des Alltags (Arbeit, Familie, Freizeit, Konsum usw.), die bestimmend s<strong>in</strong>d<br />

für die Entwicklung <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ung von E<strong>in</strong>stellungen, Werthaltungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensmustern; aber auch Wünsche, Ängste, Sehnsüchte, Träume usw. zählen dazu.“<br />

(Flaig, Meyer & Ueltzhöffer, 1994, S. 51) Als Def<strong>in</strong>itionskriterien dienen<br />

sozialdemographische Merkmale, vor allem Statusmerkmale, gr<strong>und</strong>legende, die jeweiligen<br />

Lebensstile u. -strategien bestimmende Wertorientierungen sowie alltagsprägende<br />

E<strong>in</strong>stellungen. Im e<strong>in</strong>zelnen kamen folgende Def<strong>in</strong>itionskriterien zur Anwendung:<br />

Wertorientierungen (Lebensziele, Materielle Werte, Postmaterielle Werte,<br />

Vorstellungen vom Glück), <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> (Arbeits- <strong>und</strong> Freizeitmotive, E<strong>in</strong>stellungen<br />

zur Familie <strong>und</strong> Partnerschaft, Zukunftsvorstellungen, Lebensstile) <strong>und</strong> sozialer Status<br />

(Schulbildung, E<strong>in</strong>kommen, Beruf).<br />

- Konservatives gehobenes <strong>Milieu</strong><br />

- Kle<strong>in</strong>bürgerliches <strong>Milieu</strong><br />

- Traditionelles Arbeitermilieu<br />

- Traditionsloses Arbeitermilieu<br />

- Aufstiegsorientiertes <strong>Milieu</strong><br />

- Technokratisch-liberales <strong>Milieu</strong><br />

- Hedonistisches <strong>Milieu</strong><br />

- Alternativ/L<strong>in</strong>kes <strong>Milieu</strong><br />

Quelle: H. Nowak & U. Becker, 1985, S. 14<br />

Manche dieser <strong>Milieu</strong>s s<strong>in</strong>d im Vergleich zu an<strong>der</strong>en ‚übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>‘ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialstruktur<br />

anzusiedeln, weil die typischerweise e<strong>in</strong>genommenen Berufspositionen, Bildungs- <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>kommensgrade ungleich s<strong>in</strong>d. „Das Verhältnis zwischen e<strong>in</strong>igen <strong>Milieu</strong>s ist jedoch durch<br />

bloße Unterscheidung <strong>der</strong> Mentalitäten <strong>und</strong> Alltagsethiken gekennzeichnet. Diese <strong>Milieu</strong>s<br />

s<strong>in</strong>d ‚nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>‘ zu lokalisieren. Die Angehörigen sozialer <strong>Milieu</strong>s behandeln <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>terpretieren ihre Lebens-, Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> ähnlicher Weise, verkehren<br />

beson<strong>der</strong>s häufig untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong> werden <strong>in</strong> ihrem Alltagsverhalten durch ihre<br />

<strong>Milieu</strong>zugehörigkeit wesentlich bee<strong>in</strong>flusst.“ (Hradil, 1996, S. 16)<br />

Die Abgrenzungen zwischen den sozialen <strong>Milieu</strong>s markieren ke<strong>in</strong>e scharfen „realen“<br />

Grenzen. <strong>Milieu</strong>s s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e klar gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgrenzbaren Gruppen, son<strong>der</strong>n es gibt<br />

fließende Übergänge, Zwischenformen <strong>und</strong> Überschneidungen.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 16<br />

3.3 Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Wandel<br />

Die <strong>in</strong> den siebziger Jahren entwickelten Überlegungen zum <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> gehen von<br />

e<strong>in</strong>em relativ dauerhaften sozialen <strong>Milieu</strong> aus.<br />

„Es s<strong>in</strong>d unter an<strong>der</strong>em die Bildungsexpansion, die generelle Verbesserung <strong>der</strong><br />

materiellen Lebensbed<strong>in</strong>gungen - beson<strong>der</strong>s deutlich sichtbar beim verfügbaren E<strong>in</strong>kommen<br />

<strong>und</strong> den Wohnverhältnissen -, das wachsende Ausmaß sozialer Sicherheit (was alles dazu<br />

geführt habe, dass dem e<strong>in</strong>zelnen heute wesentlich mehr Handlungsressourcen zur Verfügung<br />

stünden), e<strong>in</strong> anhaltend hohes Niveau vertikaler <strong>und</strong> vor allem horizontaler Mobilität, sowie<br />

<strong>der</strong> rasche technische, berufliche <strong>und</strong> sonstige soziale Wandel (beides mache erklärlich, dass<br />

heute das jahrzehntelange Verharren <strong>in</strong> den gleichen Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e<br />

dementsprechende <strong>in</strong>tensive Prägung durch äußere Verhältnisse die Ausnahme darstellen)<br />

[...].“ (Hradil, 1987, S. 53)<br />

In <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Konzerne dagegen wandeln sich die Arbeitsstrukturen <strong>und</strong> Berufsprofile.<br />

Es entstehen neue Hierarchien, white-collar pyramids (Mills, 1955, S. 123), <strong>in</strong> denen Autorität<br />

gefiltert <strong>und</strong> als funktionale Macht im Top-Management verankert wird. Die traditionellen<br />

freien Berufe, etwa Rechtsanwälte, verhed<strong>der</strong>n sich im Geflecht <strong>der</strong> Großorganisationen. Der<br />

Bedarf an Experten für Organisation <strong>und</strong> Informationsverarbeitung sowie für Market<strong>in</strong>g <strong>und</strong><br />

Verkauf wächst enorm. Die neuen Machtpyramiden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>der</strong> Angestellten<br />

bestimmen <strong>der</strong>en Lebensstile <strong>und</strong> Lebensmilieus. In den Büros f<strong>in</strong>den sich raketengleiche<br />

"Aufsteiger" neben den "fröhlichen Robotern" <strong>der</strong> unteren Etagen. In den Städten entstehen<br />

neue Strukturen metropolitanen <strong>und</strong> suburbanen Lebens. "Statuspanik" diktiert das Verhalten.<br />

Aber auch die Kontexte von Macht <strong>und</strong> Herrschaft verän<strong>der</strong>n sich, anonyme<br />

Organisationsmacht, die Manipulation <strong>der</strong> öffentlichen Me<strong>in</strong>ung, die Formulierung neuer <strong>und</strong><br />

die Umformulierung alter Ideologien im <strong>Milieu</strong> <strong>der</strong> Massenmedien för<strong>der</strong>n die<br />

Orientierungslosigkeit <strong>und</strong> den Abbau <strong>der</strong> civil society (ebd., S. 124).<br />

Auch wenn die <strong>Milieu</strong>-E<strong>in</strong>teilung mit gewissen Unschärfen leben muss, so bietet sie<br />

dennoch Aufschluss über den gesellschaftlichen Wandel.<br />

Wie die jahrzehntelange Trendforschung zeigt, hat sich hier zu Lande e<strong>in</strong>iges getan.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die 90er Jahre haben mit ihrer Ent-Ideologisierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Trennung von<br />

traditionellen Denkschemata viel bewegt. In dieser Zeit s<strong>in</strong>d die Mo<strong>der</strong>nen Performer<br />

entstanden, <strong>und</strong> es hat sich e<strong>in</strong> Wandel zur Genussorientierung vollzogen. Man ist heute<br />

lebenslustig <strong>und</strong> leistungsorientiert. Das war früher <strong>in</strong> dieser Komb<strong>in</strong>ation nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>der</strong><br />

Fall.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 17<br />

An<strong>der</strong>e <strong>Milieu</strong>s h<strong>in</strong>gegen verschieben sich o<strong>der</strong> sterben aus. Das „alternative <strong>Milieu</strong>“ z.B.,<br />

politisch denkend <strong>und</strong> dem Konsum stark abgeneigt, beispielsweise sei schon wie<strong>der</strong><br />

verschw<strong>und</strong>en. Auch die Traditionsverwurzelten, tendenziell <strong>in</strong> <strong>der</strong> älteren Generation zu<br />

f<strong>in</strong>den, werden immer weniger.<br />

<strong>Milieu</strong>s produzieren Ehrerbietung <strong>und</strong> Verachtung, Ausschluss <strong>und</strong> Integration,<br />

Privilegien <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungen sowie Vorurteile <strong>und</strong> auch Vertrauen.<br />

4. Konfliktmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt<br />

Je<strong>der</strong> möchte <strong>in</strong> Ruhe leben <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Geschäften nachgehen können, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand des<br />

Gleichgewichtes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Balance se<strong>in</strong>. <strong>Konflikte</strong> aber stören diesen Zustand <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gen uns<br />

aus dem Gleichgewicht. Nur durch das Konfliktmanagement kann das Gleichgewicht wie<strong>der</strong><br />

hergestellt werden.<br />

Das Konfliktmanagement <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt umfasst mehrere Funktionen.<br />

Wir beschränken uns <strong>in</strong> dieser Arbeit auf die Konfliktarten, die man unterscheiden muss, um<br />

e<strong>in</strong>en Konflikt erfolgreich zu bewältigen <strong>und</strong> die Instrumente des Konfliktmanagements, die<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Korrelation zu den Konfliktarten stehen.<br />

4.1 Konfliktarten<br />

<strong>Konflikte</strong> können allgeme<strong>in</strong> als Spannungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong> zwischen Personen <strong>und</strong> dem<br />

Unternehmen <strong>in</strong> ihrer Umwelt verstanden werden. Im vorliegenden Zusammenhang handelt<br />

es sich bei <strong>Konflikte</strong>n <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um Spannungen zwischen Personen <strong>und</strong> Gruppen,<br />

welche sowohl verschiedenen als auch e<strong>in</strong>em Unternehmen angehören.<br />

Die im folgenden darzustellenden <strong>Konflikte</strong> s<strong>in</strong>d nicht unabhängig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. So ist zu<br />

erkennen, dass z.B. Beurteilungskonflikte zu Durchsetzungskonflikten führen,<br />

Verteilungskonflikte Zielkonflikte hervorrufen o<strong>der</strong> verstärken <strong>und</strong> umgekehrt. Die<br />

Konfliktarten stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interdependenzverhältnis zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Ferner spricht e<strong>in</strong>iges für<br />

die Überlegung, dass die Intensität, mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Konflikt auftritt, mit dem Grad <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen positiv korreliert (vgl. Rühle vom Lilienstern,<br />

1983, S. 627).<br />

Die Intensität e<strong>in</strong>zelner Konfliktarten ist nicht als statisch anzusehen. Mit <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Zusammenarbeit werden sich unterschiedliche Konfliktniveaus ergeben.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 18<br />

Glasl (1999) benennt sie Eskalationsstufen. Er unterscheidet neun Stufen <strong>der</strong><br />

<strong>Konflikte</strong>skalation: Verhärtung, Polarisation Debatte, Taten, Image Koalition,<br />

Gesichtsverlust, Drohstrategien, Begrenzte Vernichtungsschläge, Zersplitterung, Geme<strong>in</strong>sam<br />

<strong>in</strong> den Abgr<strong>und</strong> (Dreher, Götsch & Halfter, 2003, S. 13f).<br />

Krüger (1983) geht auf fünf se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach wichtigsten Konfliktarten e<strong>in</strong>. Das s<strong>in</strong>d<br />

Ziel-, Verteilungs-, Kompetenz-, Beurteilungs- <strong>und</strong> Durchsetzungskonflikte.<br />

Zielkonflikte: E<strong>in</strong> Ziel kann als e<strong>in</strong> zukünftiger, angestrebter Zustand def<strong>in</strong>iert werden.<br />

Besteht zwischen den beteiligten Unternehmen ke<strong>in</strong> Konsens über die mit <strong>der</strong> Kooperation zu<br />

erreichenden Zustände, so führt dies zu Spannungen, wobei davon auszugehen ist, dass die<br />

Kooperationspartner über die spezifischen konkurrierenden Zielentwürfe verfügen (vgl.<br />

Krüger, 1983, S. 445). Erschwerend kommt bei dieser Konfliktart h<strong>in</strong>zu, dass die<br />

Zielvorstellungen nicht zwangsläufig explizit gemacht werden, son<strong>der</strong>n jede Partei <strong>in</strong>sgeheim<br />

eventuell ihre Ziele auch während <strong>der</strong> Kooperation beibehält, mit <strong>der</strong> Intention, e<strong>in</strong>en höheren<br />

Nutzen zu Lasten des an<strong>der</strong>en Teilnehmers zu erzielen, wobei sich die Folgen dieser<br />

Handlungsweise negativ auf die Kooperation auswirken können.<br />

Verteilungskonflikte: In erster L<strong>in</strong>ie entstehen Verteilungskonflikte bei <strong>der</strong> Aufteilung von<br />

Gew<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Verlust. Nicht ausreichende Regelungen gefährden die Kooperationen.<br />

Verteilungskonflikte entstehen auch bei <strong>der</strong> Aufteilung von Ressourcen auf e<strong>in</strong>zelne Person,<br />

Abteilungen, Teams o<strong>der</strong> Projekte (ebd., S. 445). Weiteres Konfliktpotential kann durch<br />

unterschiedliche Auffassungen über den Ausgleich von Währungs-, Z<strong>in</strong>s- <strong>und</strong><br />

Inflationsdifferenzen entstehen. <strong>Konflikte</strong> über die Regelung des Zuganges zu Know-how<br />

o<strong>der</strong> die Nutzung dessen bilden e<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>form <strong>der</strong> Verteilungsproblematik.<br />

Kompetenzkonflikte: Kompetenz me<strong>in</strong>t Zuständigkeit für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gegrenzten<br />

Wirkungskreis. Kompetenzkonflikte entstehen, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konkreten Fall verschiedene<br />

Gruppen die gleiche Kompetenz beanspruchen o<strong>der</strong> im negativen Fall niemand zuständig se<strong>in</strong><br />

will. Fehlen entsprechende Regelungen für die Zuweisung von Kompetenzen o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d diese<br />

unklar, erhöht sich das Konfliktpotenzial (vgl. Rühle von Lilienstern, H., S. 627). Verschärft<br />

wird diese Art von <strong>Konflikte</strong>n dadurch, dass es sich bei den Kooperationsbeziehungen auch<br />

<strong>und</strong> gerade um Fragen <strong>der</strong> Machtverteilung, um größere E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten handeln kann.<br />

Beurteilungskonflikte: Beurteilungskonflikte treten dann auf, wenn die Partner<br />

unterschiedliche Erwartungen bezüglich des E<strong>in</strong>tritts von zukünftigen Umweltzuständen o<strong>der</strong><br />

Ereignissen haben (vgl. Krüger, 1983, S. 445). Außerdem können bereits e<strong>in</strong>getretene Erfolge<br />

jeweils unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert werden. Zudem können zu erbr<strong>in</strong>gende Arbeitsanteile


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 19<br />

e<strong>in</strong>seitig relativ hoch beurteilt werden, mit dem Motiv, sich e<strong>in</strong>e günstige Position für die<br />

Erfolgsverteilung zu verschaffen.<br />

Durchsetzungskonflikte: Krüger geht davon aus, dass es sich bei Durchsetzungskonflikten<br />

um Spannungen zwischen Entscheidungsträgern <strong>und</strong> Realisationsträgern handelt (ebd., S.<br />

445). E<strong>in</strong>zelne Partner können Dom<strong>in</strong>anzstreben zeigen. Im Rahmen dieser Bestrebungen<br />

können sie versuchen, eigene Bedürfnisse auch gegen den Wi<strong>der</strong>stand <strong>und</strong> notfalls auf Kosten<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en durchzusetzen.<br />

Glasl (1999) unterscheidet zwei Konflikttypen: Heiße <strong>und</strong> kalte <strong>Konflikte</strong>.<br />

Heißer Konflikt: Die Parteien e<strong>in</strong>es heißen <strong>Konflikte</strong>s zeichnen sich durch e<strong>in</strong>e heftige<br />

Begeisterungsstimmung aus. Sie s<strong>in</strong>d von Idealen beseelt <strong>und</strong> me<strong>in</strong>en, dass ihre eigene Sache<br />

um vieles besser sei als die <strong>der</strong> Gegenseite. Sie versuchen die eigenen Ideale auf an<strong>der</strong>e<br />

auszutragen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e damit zu überwältigen. Es geht bei den Zusammenstössen zumeist<br />

darum, die Gegenseite zu e<strong>in</strong>em gläubigen Anhänger <strong>der</strong> eigenen Ideale zu machen. Die Ziele<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie „Erreichungsziele“, d.h. die Konfliktparteien wollen e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

Vorhaben mit den gegebenen Mitteln verwirklichen. Der Zusammenstoß mit <strong>der</strong> Gegenpartei<br />

ist dabei e<strong>in</strong>e ungewollte Nebenwirkung des eigenen Erreichungsziels: Man möchte nicht die<br />

Gegenseite h<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> frustrieren; wenn sie e<strong>in</strong>em jedoch bei <strong>der</strong> Verwirklichung <strong>der</strong> Ideale<br />

im Wege steht, dann ist die Konfrontation unumgänglich (vgl. Glasl, 1999, S. 70).<br />

Kalter Konflikt: Die kalten <strong>Konflikte</strong> stellen e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Form dar, die weniger<br />

augensche<strong>in</strong>lich auftritt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirkung aber noch destruktiver als heiße <strong>Konflikte</strong> ist.<br />

Anstelle des Feuers <strong>der</strong> Begeisterung begegnet man bei den Konfliktparteien tiefe<br />

Enttäuschungen, e<strong>in</strong>e weitgehende Frustration. Es gibt nichts, wofür sie sich erwärmen o<strong>der</strong><br />

begeistern können. Kalte <strong>Konflikte</strong> s<strong>in</strong>d nicht „latente <strong>Konflikte</strong>“. Es kommt viel mehr zu<br />

e<strong>in</strong>em regen Austausch fe<strong>in</strong>seligen, destruktiven Verhaltens wie <strong>in</strong> heißen<br />

Konfliktsituationen. Die Methoden s<strong>in</strong>d nur an<strong>der</strong>s: sie s<strong>in</strong>d weniger offen sichtbar, viel mehr<br />

<strong>in</strong>direkt, versteckt <strong>und</strong> ungreifbar (ebd., S. 73, 76).<br />

4.2 Instrumente des Konfliktmanagements<br />

Unter Konfliktmanagement kann allgeme<strong>in</strong> die Gestaltung <strong>und</strong> Steuerung von <strong>Konflikte</strong>n<br />

verstanden werden. E<strong>in</strong>e wichtige Rolle für die Konfliktbehandlung spielen auch die E<strong>in</strong>griffe<br />

bzw. Interventionen.<br />

Die Literatur über Konfliktbehandlungs<strong>in</strong>terventionen ist heute schwer zu überblicken.<br />

Oft plädieren die Autoren für bestimmte Interventionsmethoden mit dem Glauben, dass sie


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 20<br />

überall gleich s<strong>in</strong>nvoll <strong>und</strong> wirksam seien. Die Praxis zeigt, dass das nicht so ist (ebd., S.<br />

289).<br />

Glasl (1999) hat versucht situative Indikatoren für Interventionen anzugeben. Er<br />

unterscheidet zwischen präventiven <strong>und</strong> kurativen Interventionen <strong>und</strong> zwischen de-<br />

eskalierenden <strong>und</strong> eskalierenden Interventionen.<br />

Präventive Interventionen: Mit präventiven Interventionen wird beabsichtigt, dass es gar<br />

nicht erst zum Ausbruch e<strong>in</strong>es <strong>Konflikte</strong>s kommt. Dies ist möglich:<br />

- wenn Organisationen <strong>und</strong> Führung regelmäßig nach vorhandenem Konfliktpotential<br />

untersucht werden;<br />

- die Präventivmassnahmen sich auf e<strong>in</strong>en möglichen Konfliktprozess beziehen können<br />

( z.B. Schulung <strong>in</strong> Kommunikation, im Umgehen mit Druck <strong>und</strong> Stress usw.);<br />

- durch Haftungsbestimmungen im Handelnsrecht o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e vertragliche Regelung<br />

(ebd., S. 289).<br />

Kurative Intervention: Mit kurativen Maßnahmen soll e<strong>in</strong> bereits vorhandener Konflikt<br />

gelöst o<strong>der</strong> begrenzt, kontrolliert o<strong>der</strong> geregelt werden (ebd., S. 290). Die meisten<br />

Interventionen Glasls s<strong>in</strong>d für kurative Aktionen gedacht <strong>und</strong> dar<strong>in</strong> erprobt.<br />

De-eskalierende Intervention: De-eskalierende Intervention ist das Reduzieren e<strong>in</strong>er<br />

Eskalation. Dies ist möglich:<br />

- wenn gerade beobachtbaren Eskalationsmechanismen den Parteien zu Bewusstse<strong>in</strong><br />

gebracht werden;<br />

- o<strong>der</strong> wenn mit ihnen die nicht gewünschten Wirkungen ihres Handelns untersucht<br />

werden;<br />

- o<strong>der</strong> auch verzerrte Wahrnehmungen des gegenseitigen Verhaltens überprüft <strong>und</strong><br />

korrigiert werden (ebd., S. 290).<br />

Eskalierende Intervention: Bei den dauerhaften sogenannten kalten <strong>Konflikte</strong>n ist es<br />

sogar nützlich, den Konflikt „anzuheizen“, d.h. durch eskalierende Maßnahmen noch zu<br />

steigern. Mit verschiedenen Mitteln kann eskaliert werden:<br />

- es können die gegenseitigen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Störungen verstärkt werden,<br />

- o<strong>der</strong> es könnte e<strong>in</strong>e Prognose <strong>der</strong> möglichen Folgen des <strong>Konflikte</strong>s erstellt werden <strong>und</strong><br />

kann geklärt werden, wer dafür verantwortlich ist (ebd., S. 291).<br />

Mit Hilfe dieser situativen Indikatoren kann man e<strong>in</strong>igermaßen abschätzen, welche<br />

Interventionen welche Wirkungen haben könnten. Zu welchem Vorgehen <strong>der</strong><br />

Konfliktbehandlung sich entschlossen wird, hängt von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung e<strong>in</strong>er Situation <strong>und</strong><br />

ethischen E<strong>in</strong>stellungen ab.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 21<br />

E<strong>in</strong>e Intervention ist nur wirksam, wenn sie nicht isoliert erfolgt, son<strong>der</strong>n mit an<strong>der</strong>en<br />

vorbereitet, durch an<strong>der</strong>e Interventionen vertieft, ergänzt <strong>und</strong> weiter konsolidiert wird. Das<br />

Übergreifende <strong>der</strong> Intervention ist deshalb sehr wichtig (ebd., S. 350).<br />

Die unterschiedlichen Interventionsmethoden erfor<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Drittpartei verschiedene<br />

Vorkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen. Für Interventionen <strong>in</strong> Konfliktsituationen ist e<strong>in</strong> kreatives<br />

Vorgehen geboten, wobei man nicht dasselbe Problem mit verschiedenen Interventionen<br />

behandelt, son<strong>der</strong>n vielmehr nach Möglichkeiten sucht, um mit e<strong>in</strong>er Methode gleichzeitig an<br />

mehreren Komponenten des <strong>Konflikte</strong>s anzusetzen.<br />

Krüger (1983) unterscheidet zwei wichtige Instrumente des Konfliktmanagements: Wahl<br />

<strong>der</strong> Partner <strong>und</strong> rechtliche Ausgestaltung <strong>der</strong> Zusammenarbeit.<br />

Wahl <strong>der</strong> Partner: Die Partnerwahl stellt den ersten Schritt im Rahmen des<br />

Konfliktmanagements dar. Zunächst ist darauf zu achten, dass zwischen Unternehmen e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Gleichheit besteht, da davon auszugehen ist, dass die Anzahl <strong>der</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>und</strong> ihre<br />

Intensität bei ungleichen Partnern tendenziell ansteigen. Dieses Gleichheitspotential umfasst<br />

verschiedenste Aspekte: ähnliche Größe, technische <strong>und</strong> organisatorische Gegebenheiten, da<br />

ansonsten die nötigen Anpassungsprozesse zusätzliche Ressourcen erfor<strong>der</strong>n.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wesentlicher Aspekt bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> potentiellen Partner nach dem<br />

Kriterium <strong>der</strong> Gleichheit ist die anzustrebende weitgehende Identität <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Unternehmenskulturen. Unter e<strong>in</strong>er Unternehmenskultur kann die Summe <strong>der</strong><br />

Wertvorstellungen, Normen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen verstanden werden, welche das Handeln<br />

bee<strong>in</strong>flussen (vgl. Krüger, 1983, S. 444). Geme<strong>in</strong>t ist das vorherrschende Wert- <strong>und</strong><br />

Organisationssystem <strong>der</strong> Organisationsmitglie<strong>der</strong>, welches sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit gebildet<br />

hat. Der Konsens auf dieser Ebene kann Unsicherheiten <strong>und</strong> Misstrauen auf <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ner<strong>betrieblichen</strong> Ebene reduzieren (vgl. Krüger, 1972, S. 177).<br />

Das Austragen von <strong>Konflikte</strong>n kann bessere Lösungen erbr<strong>in</strong>gen, wenn die<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung bei den gr<strong>und</strong>sätzlichen Werten hoch ist (ebd., S. 168). Die Beachtung <strong>der</strong><br />

Komplementarität <strong>der</strong> verschiedenen Kulturen vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Kooperation verdient deshalb<br />

beson<strong>der</strong>e Beachtung, da e<strong>in</strong>e Anpassung von Kulturen nur mit großer Mühe zu realisieren<br />

ist. Abschließend kann noch die Frage nach <strong>der</strong> Vergangenheit des zukünftigen Partners<br />

gestellt werden, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ob dieser Kooperationserfahrungen besitzt <strong>und</strong> weitere<br />

Verpflichtungen e<strong>in</strong>gehalten wurden.<br />

Rechtliche Ausgestaltung <strong>der</strong> Zusammenarbeit: Dieses Instrument des<br />

Konfliktmanagement beg<strong>in</strong>nt mit Verhandlungen über die zu regelnden Sachverhalte, <strong>der</strong>en<br />

Ergebnisse sich <strong>in</strong> konkreten verb<strong>in</strong>dlichen Regelungen nie<strong>der</strong>schlagen. Das Ausmaß <strong>und</strong> die


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 22<br />

Inhalte dieser rechtlichen Ausgestaltung hängt vom jeweiligen E<strong>in</strong>zelfall, vom Grad <strong>der</strong><br />

Zusammenarbeit, aber auch vom Informationsstand ab. Zu ausführliche Verträge wirken<br />

kontraproduktiv, da sie <strong>der</strong> Kooperation e<strong>in</strong>en zu starren, unflexiblen Rahmen geben. Zudem<br />

setzen zu stark strukturierte Verträge Misstrauen gegenüber dem zukünftigen Partner voraus,<br />

welches dem Kooperationsklima schaden kann.<br />

4.3 Zusammenfassung<br />

Die <strong>Konflikte</strong> können nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen Lösung überw<strong>und</strong>en werden, manche<br />

<strong>Konflikte</strong> s<strong>in</strong>d unvermeidlich <strong>und</strong> e<strong>in</strong> gewisses Ausmaß an <strong>Konflikte</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> hierdurch<br />

verursachte Aufwand als gegeben anzusehen. Spannungen s<strong>in</strong>d nicht nur negativ zu<br />

beurteilen: Das Austragen kann re<strong>in</strong>igende Wirkung haben, das Unterdrücken von <strong>Konflikte</strong>n<br />

h<strong>in</strong>gegen zu latenten Belastungen führen. Die Aufgabe des Konfliktmanagements ist aus den<br />

angeführten Gründen deshalb nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> endgültigen Lösung o<strong>der</strong> Vermeidung von<br />

Spannungen zu sehen, son<strong>der</strong>n es gilt, die zwangsläufig auftretenden <strong>Konflikte</strong> handhabbar zu<br />

gestalten.<br />

5. Reflexion des Projektthemas „Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“ auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des<br />

Themas: „<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt“<br />

Bisher wurden ausführlich <strong>der</strong> Ansatz des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s vorgestellt, <strong>der</strong> <strong>Milieu</strong>begriff<br />

diskutiert <strong>und</strong> auf Konfliktmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt e<strong>in</strong>gegangen. Diese<br />

drei Bereiche, also das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, das <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> Konfliktmanagement, sollen nun<br />

die Basis darstellen, von <strong>der</strong> aus wir das Projektthema „Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen“<br />

diskutieren <strong>und</strong> reflektieren wollen. Dies soll auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Vertrauensansatzes nach<br />

Luhmann geschehen, <strong>der</strong> zu Beg<strong>in</strong>n dieses Kapitels vorgestellt werden soll. Daran schließt<br />

sich dann <strong>der</strong> Diskussions- <strong>und</strong> Reflexionsteil.<br />

Die Auswahl dieses theoretischen Ansatzes ist dar<strong>in</strong> begründet, dass Luhmanns Konzept<br />

e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> elaboriertesten soziologischen Vertrauensansätze darstellt <strong>und</strong> als zentraler<br />

Ausgangspunkt für an<strong>der</strong>e Ansätze dient. Darüberh<strong>in</strong>aus lässt sich durch die Verb<strong>in</strong>dung<br />

zwischen unserem sozialpsychologischen Themenschwerpunkt, hier steht „das Individuum<br />

mit se<strong>in</strong>en zwischenmenschlich relevanten psychischen Ersche<strong>in</strong>ungen“ (Häcker & Stapf,<br />

1998, S. 811) <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em sozialen Kontext im Mittelpunkt <strong>und</strong> dem soziologischen


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 23<br />

Vertrauensansatz, wo <strong>der</strong> Ausgangspunkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> menschlichen Interaktion bzw. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe<br />

zu f<strong>in</strong>den ist, zeigen, dass sich beide Perspektiven <strong>in</strong> <strong>der</strong> Themen-Reflexion w<strong>und</strong>erbar<br />

ergänzen werden <strong>und</strong> uns so die thematische Erarbeitung <strong>und</strong> Reflexion erst möglich wird.<br />

Zunächst soll aber kurz erläutert werden, was unter Systemen zu verstehen ist, da<br />

Luhmann nicht nur Soziologe ist, son<strong>der</strong>n auch Systemiker <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vertrauensansatz<br />

öfter von Systemen spricht.<br />

5.1 Exkurs: Systeme<br />

Die Systemtheoretiker darunter Luhmann unterteilen die Welt <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>ere Welten, die sich<br />

anhand von allgeme<strong>in</strong>gültigen Strukturen <strong>und</strong> Grenzen als funktionale Untere<strong>in</strong>heiten <strong>der</strong><br />

gesamten Welt darstellen lassen. Luhmann (1997) nimmt pr<strong>in</strong>zipiell gesellschaftliche<br />

Teilsysteme wie Wissenschaft, Wirtschaft, Politik etc. <strong>in</strong> den Fokus. Diese Teilwelten s<strong>in</strong>d<br />

Systeme. Sie können <strong>in</strong> beliebiger Tiefe <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschachtelt se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> System kann<br />

demnach e<strong>in</strong> Mensch, aber auch e<strong>in</strong> Betrieb se<strong>in</strong>. Je nach Wahl <strong>der</strong> Perspektive bef<strong>in</strong>det sich<br />

e<strong>in</strong> System <strong>in</strong> verschiedenen Verschachtelungen o<strong>der</strong> Subsystemen. E<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> Teil-<br />

o<strong>der</strong> Subsystem mit sozial orientierter Perspektive ist: Das System Mensch im System<br />

Familie im System Stadt im System Staat etc.<br />

Das ganze Konstrukt dient vor allem e<strong>in</strong>em Ziel: dem Handhabbarmachen von<br />

Komplexität. Die Reduktion von Komplexität durch Schaffung von Systemgrenzen, um<br />

handlungsfähig zu bleiben o<strong>der</strong> zu werden, ist Thema <strong>der</strong> Systemtheorie. So hat Luhmann<br />

unter diesen Prämissen auch über Vertrauen reflektiert. „Es ergäben sich mehr Chancen für<br />

komplexere Rationalität, wenn ich auf e<strong>in</strong> bestimmtes künftiges [...] Handeln an<strong>der</strong>er<br />

vertrauen möchte. Wenn ich das Vertrauen haben kann, am Gew<strong>in</strong>n beteiligt zu werden, kann<br />

ich mich auf Formen <strong>der</strong> Kooperation e<strong>in</strong>lassen, die sich nicht sofort <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

unmittelbarem Zugriffsbereich bezahlt machen. Wenn ich mich darauf verlasse, dass an<strong>der</strong>e<br />

mit mir abgestimmt handeln o<strong>der</strong> unterlassen, kann ich me<strong>in</strong> eigenes Interesse selbst<br />

rationaler verfolgen, zum Beispiel im Straßenverkehr zügiger fahren“ (Luhmann, 1997, S. 28)<br />

Darauf läuft im Pr<strong>in</strong>zip bei Luhmann alles h<strong>in</strong>aus: Vertrauen, um Handlungsmöglichkeiten zu<br />

gew<strong>in</strong>nen durch Reduktion <strong>der</strong> sozialen Komplexität.<br />

5.2 Vertrauen nach Luhmann


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 24<br />

Luhmann hat sich aus systemischer <strong>und</strong> soziologischer Perspektive gr<strong>und</strong>legend mit dem<br />

Thema Vertrauen befasst. Dabei stellt er die These auf, dass Vertrauen dazu dient, soziale<br />

Komplexität zu reduzieren, um die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erhöhen <strong>und</strong> somit<br />

konstruktiv mit <strong>der</strong> Vielfalt von Informationen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong><br />

zwischenmenschlichen Beziehungen umgehen zu können.<br />

Luhmann (2000) beschreibt e<strong>in</strong>führend: Im Zuge se<strong>in</strong>er Sozialisation lernt <strong>der</strong> Mensch,<br />

dass nicht se<strong>in</strong>e gesamte Umwelt zwar komplex, aber unbelebt ist, son<strong>der</strong>n dass an<strong>der</strong>e<br />

Menschen ebenso über Entscheidungsfreiheit verfügen wie man selbst. Man verfügt über sie<br />

nicht wie über Gegenstände. Durch den an<strong>der</strong>en Menschen entsteht Planungsunsicherheit;<br />

e<strong>in</strong>e Komplexität, die auch theoretisch unkontrollierbar bleibt: Wir werden auch mit<br />

unendlich potenten Erfassungsmethoden diese Komplexität niemals beherrschen, weil <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e sich je<strong>der</strong>zeit an<strong>der</strong>s verhalten kann, als er es uns zugesagt o<strong>der</strong> selber geplant hatte.<br />

Weil wir se<strong>in</strong> künftiges Verhalten nicht kennen. Vertrauen ist also nicht nur <strong>in</strong>tersubjektiv<br />

(zwischen zwei Egos) konstituiert, son<strong>der</strong>n zudem auch noch zukunftsbezogen. Wer<br />

Vertrauen schenkt, tritt demnach <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e riskante Vorleistung. Deshalb wiegen auch e<strong>in</strong>zelne<br />

Lügen <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Darstellungsfehler so schwer: Sie verdeutlichen dem Vertrauen<br />

Schenkenden se<strong>in</strong>e Gefährdung.<br />

Im Folgenden sollen nun e<strong>in</strong>ige wesentliche Aspekte se<strong>in</strong>er Vertrauenstheorie näher<br />

vorgestellt werden.<br />

5.2.1 Vertrautheit <strong>und</strong> Vertrauen<br />

Vertrauen im weitesten S<strong>in</strong>ne lässt sich nach Luhmann <strong>in</strong> drei analytische Kategorien<br />

aufteilen,<br />

- <strong>der</strong> Vertrautheit mit <strong>der</strong> umgebenden Welt,<br />

- des entscheidungsbasierten Vertrauens <strong>in</strong> (vorrangig) Personen<br />

- sowie des Zutrauens bzw. Systemvertrauens <strong>in</strong> abstrakte Systeme.<br />

Es handelt sich dabei um Idealtypen, die sich <strong>in</strong> den Punkten <strong>der</strong> Reflexivität <strong>und</strong> <strong>der</strong> sozialen<br />

Zurechnung unterscheiden.<br />

Vertrauen basiert auf Vertrautheit, <strong>der</strong> relativen Konstanz <strong>der</strong> Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Vergangenheit, ist aber <strong>in</strong> die Zukunft gerichtet. Der Begriff Vertrautheit bezeichnet die<br />

Strukturen <strong>der</strong> bekannten <strong>und</strong> vertrauten Welt, die „sich <strong>in</strong> die Zukunft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> fortsetzen wird"<br />

(Luhmann, 1997, S. 20). Durch diese Orientierung am Vergangenen wird die Komplexität <strong>der</strong><br />

Welt 'vorreduziert' (ebd., S. 20). Vertrautheit ist somit präsent <strong>und</strong> stellt e<strong>in</strong>e anthropologische


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 25<br />

Gr<strong>und</strong>annahme dar: "Die Abhängigkeit von vertrauten Weltstrukturen <strong>und</strong> S<strong>in</strong>ntypen ist<br />

unabwerfbar." (ebd., S. 80)<br />

Vertrautheit kann gegenüber konkreten Personen, Organisationen o<strong>der</strong> Situationen<br />

bestehen, d.h. die Personen, Organisationen o<strong>der</strong> Situationen s<strong>in</strong>d zwar <strong>in</strong> ihrer speziellen<br />

Identität unvertraut, können aber e<strong>in</strong>em vertrauten Typus zugeordnet werden.<br />

Die Erfahrungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit bestimmen den E<strong>in</strong>satz <strong>und</strong> Erfolg von Vertrauen.<br />

5.2.2 Vertrauen als Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität<br />

Die Zukunft ist nicht etwas komplexer als die Gegenwart, son<strong>der</strong>n wesentlich komplexer.<br />

Denn die Zukunft ergibt sich nicht als e<strong>in</strong>e Verlängerung <strong>der</strong> Vergangenheit über die<br />

Gegenwart h<strong>in</strong>aus plusm<strong>in</strong>us gewisser Abweichungsmöglichkeiten. Viel mehr rollt die<br />

Zukunft mit e<strong>in</strong>er Komplexität auf uns zu, die unser Vergegenwärtigungspotenzial<br />

überfor<strong>der</strong>t: „Und doch muss <strong>der</strong> Mensch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart mit e<strong>in</strong>er solchen, stets<br />

überkomplexen Zukunft leben. Er muss also se<strong>in</strong>e Zukunft laufend auf das Maß se<strong>in</strong>er<br />

Gegenwart zurückschneiden. [...] Wir können dies Problem schärfer erfassen, wenn wir<br />

zwischen gegenwärtiger Zukunft <strong>und</strong> zukünftigen Gegenwarten unterscheiden.“ (ebd., S. 14)<br />

Man muss aber hier <strong>und</strong> jetzt e<strong>in</strong>e Entscheidung treffen. Und nun kommt uns Vertrauen<br />

zugute. Vertrauen reduziert somit nicht nur Komplexität, son<strong>der</strong>n erschließt dadurch<br />

Handlungsmöglichkeiten, die sonst nicht zur Verfügung stünden.<br />

„Man schließt durch Vertrauen gewisse Entscheidungsmöglichkeiten aus. Man<br />

neutralisiert gewisse Gefahren, die nicht ausgeräumt werden können, die aber das Handeln<br />

nicht irritieren sollen.“ (ebd., S. 30)<br />

Für Luhmann ist Vertrauen e<strong>in</strong> Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität. E<strong>in</strong>e<br />

Komplexität, die durch an<strong>der</strong>e Menschen, durch soziale Prozesse <strong>und</strong> die Welt <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong>s<br />

Spiel kommt. Sie bleibt theoretisch unkontrollierbar <strong>und</strong> unbeherrschbar, obwohl wir<br />

unendlich viele Erfassungsmethoden zu Verfügung haben. Der an<strong>der</strong>e kann sich je<strong>der</strong>zeit<br />

an<strong>der</strong>s verhalten, als er es uns zugesagt o<strong>der</strong> selber geplant hatte. „Man kann sich über<br />

künftiges Verhalten an<strong>der</strong>er nicht vollständig <strong>und</strong> nicht zuverlässig <strong>in</strong>formieren.“ (ebd., S. 47)<br />

Also das Informationsproblem, das dem Bedarf für Vertrauen zugr<strong>und</strong>e liegt, kann <strong>in</strong><br />

direktem Zugriff nicht gelöst werden (ebd., S. 47).<br />

„Man unterrichtet sich stattdessen über gewisse strukturelle Eigenarten des sozialen<br />

Systems, <strong>in</strong> dem man mit an<strong>der</strong>en zusammenlebt, <strong>und</strong> gew<strong>in</strong>nt dadurch die notwendige


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 26<br />

Anhaltspunkte für e<strong>in</strong>e Vertrauensbildung, mit <strong>der</strong> man den Informationsmangel überbrückt.“<br />

(ebd., S. 47)<br />

5.2.3 Persönliches Vertrauen <strong>und</strong> Systemvertrauen<br />

Luhmann unterscheidet zunächst zwischen persönlichem Vertrauen <strong>und</strong> Systemvertrauen:<br />

„Auf dem Boden <strong>der</strong> alltäglichen Weltvertrautheit ist Vertrauen zunächst personales <strong>und</strong><br />

damit begrenztes Vertrauen. Es dient <strong>der</strong> Überbrückung e<strong>in</strong>es Unsicherheitsmomentes im<br />

Verhalten an<strong>der</strong>er Menschen, das wie die Unvorhersehbarkeit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>es<br />

Gegenstandes erlebt wird. In dem Maße, als <strong>der</strong> Bedarf für Komplexität wächst <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Mensch als alter ego, als Mitverursacher <strong>der</strong> Komplexität <strong>in</strong>s Spiel kommt, muss das<br />

Vertrauen erweitert werden <strong>und</strong> jene ursprünglich-fraglose Weltvertrautheit zurückdrängen,<br />

ohne sie doch je ganz ersetzen zu können. Es handelt sich dabei um e<strong>in</strong> Systemvertrauen<br />

neuer Art, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en bewusst riskierten Verzicht auf mögliche weitere Informationen, sowie<br />

bewährte Indifferenzen <strong>und</strong> laufende Erfolgskontrolle impliziert“ (ebd., S. 27).<br />

Das Vertrauen wird e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Menschen zu erst geschenkt. Luhmann nennt das „e<strong>in</strong>e<br />

riskante Vorleistung“, weil es zukunftsgerichtet ist. Der Initiator schenkt selbst das Vertrauen,<br />

mit <strong>der</strong> Hoffnung e<strong>in</strong>e Wechselwirkung des Vertrauensaufbauprozesses <strong>in</strong> Gang setzen zu<br />

können.<br />

Der Horizont unseres Vertrauens wird über das re<strong>in</strong> Zwischenmenschliche h<strong>in</strong>aus<br />

erweitert. In e<strong>in</strong>er hochkomplexen Welt kann Vertrauen nicht nur durchgängig persönliches<br />

Vertrauen se<strong>in</strong> (Luhmann, 2000, S. 67). Dabei wird die aus <strong>der</strong> Selektion resultierende Last<br />

von Erleben <strong>und</strong> Handeln <strong>in</strong> sozialen Systemen geregelt <strong>und</strong> verteilt (ebd., S. 60). Luhmann<br />

beschreibt genauer das Systemvertrauen nicht mehr als Vertrauen <strong>in</strong> bekannte Personen,<br />

son<strong>der</strong>n als Vertrauen <strong>in</strong> das Funktionieren des Systems (ebd., S. 64). Dies br<strong>in</strong>gt für den<br />

E<strong>in</strong>zelnen e<strong>in</strong>e enorme Entlastung von den komplexen, dynamischen Zusammenhängen mit<br />

sich. Er kann sich so auf die Informationsverarbeitung an<strong>der</strong>er stützen <strong>und</strong> verlassen. Das<br />

Vertrauen <strong>in</strong> das Funktionieren des Systems schließt aber auch das Vertrauen <strong>in</strong> die<br />

Funktionsfähigkeit ihrer immanenten Kontrollen e<strong>in</strong> (ebd., S. 77). Systemvertrauen hat dabei<br />

den Vorteil, dass es wegen <strong>der</strong> zum Systemvertrauen h<strong>in</strong> vollzogenen Generalisierung nicht<br />

für jede Situation neu gebildet werden muss. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist Systemvertrauen<br />

weniger spontan <strong>und</strong> reduziert unter gewissen Umständen auch schlechter Komplexität.<br />

Luhmann führt weiter aus, dass das Systemvertrauen e<strong>in</strong>en diffusen Charakter hat <strong>und</strong><br />

dadurch wi<strong>der</strong>standsfähiger ist, geradezu immun gegen e<strong>in</strong>zelne Enttäuschungen (ebd., S. 75).


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 27<br />

Auch das Vertrauen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Menschen kann Systemvertrauen se<strong>in</strong>. Dies ist zum Beispiel<br />

<strong>der</strong> Fall, wenn wir mit den Ergebnissen e<strong>in</strong>es neuen Kollegen ohne Argwohn weiterarbeiten,<br />

ihm aber persönlich nicht ohne weiteres Geld leihen würden.<br />

Wichtiges Unterscheidungskriterium zwischen personalem <strong>und</strong> Systemvertrauen ist<br />

Reflexivität. Sie ist immer e<strong>in</strong> Indiz für Systemvertrauen. Jene typische Reflexivität spielt <strong>in</strong><br />

zwischenmenschlichen Beziehungen e<strong>in</strong>e Rolle, etwa wenn Vertrauen <strong>in</strong> Vertrauen zum<br />

strategischen Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dung wird. O<strong>der</strong> wenn Vertrauen als Element <strong>der</strong><br />

Selbstdarstellung dienen soll.<br />

5.2.4 Vertrauen <strong>und</strong> Misstrauen<br />

Vertrauen kann entzogen werden, wenn die dah<strong>in</strong>ter stehende Erwartung enttäuscht wird. Das<br />

dabei entstandene Misstrauen dient nach Luhmann ebenfalls zur Reduktion von Komplexität.<br />

Es ist "nicht nur das Gegenteil von Vertrauen, son<strong>der</strong>n als solches zugleich e<strong>in</strong> funktionales<br />

Äquivalent für Vertrauen. Nur deshalb kann (<strong>und</strong> muss) man nämlich zwischen Vertrauen <strong>und</strong><br />

Misstrauen wählen" (Luhmann, 1997, S. 78).<br />

Dummerweise hat Misstrauen a priori bessere Karten als Vertrauen. Wir er<strong>in</strong>nern uns an<br />

die Feststellung, Vertrauen sei e<strong>in</strong>e riskante Vorleistung, die jede kle<strong>in</strong>e Verfehlung zu e<strong>in</strong>em<br />

Symbol dafür werden lässt, jetzt käme <strong>der</strong> wahre Charakter zum Vorsche<strong>in</strong>. Gerade bei<br />

defensiv e<strong>in</strong>gestellten Menschen kann e<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>barer Fehltritt mehr wiegen als richtiges<br />

Verhalten. Zumal man ja noch lange nicht Vertrauen fasst, wenn e<strong>in</strong>er sich nur konform<br />

verhält. Kaum etwas ist schwieriger als e<strong>in</strong> Misstrauen wie<strong>der</strong> auszuräumen, <strong>in</strong> das das<br />

Vertrauen bei ger<strong>in</strong>gster Enttäuschung umzukippen bereit ist.<br />

Deutlich wird, dass Stabilität, Sicherheit, aber auch die Chance von Misstrauen, Kontrolle<br />

<strong>und</strong> Abgrenzung die Bereitschaft zum Vertrauen erhöht. Organisationen, die diese<br />

Möglichkeiten formalisieren, s<strong>in</strong>d daher per se ke<strong>in</strong>e Misstrauensorganisationen.<br />

Luhmann führt weiter aus, dass für Vertrauen <strong>und</strong> Misstrauen Schwellen bedeutsam s<strong>in</strong>d.<br />

Diese reduzieren ebenfalls die Komplexität auf relativ e<strong>in</strong>fache Probleme (Luhmann, 2000, S.<br />

96). So dass nicht jede Unstimmigkeit bzw. Enttäuschung gleich das Vertrauen zerstört. Wird<br />

die Schwelle allerd<strong>in</strong>gs überschritten, ist die Neuorientierung um so krasser.<br />

5.3 Mechanismen zur Reduktion sozialer Komplexität: <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> Vertrauen


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 28<br />

In diesem Abschnitt soll erarbeitet werden, wie eng Vertrauen <strong>und</strong> <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong><br />

zusammenhängen, sich sogar gegenseitig bed<strong>in</strong>gen.<br />

Luhmann formuliert: „In vertrauten Welten dom<strong>in</strong>iert die Vergangenheit [...] Die<br />

Orientierung am Gewesenen kann daher die Welt vere<strong>in</strong>fachen <strong>und</strong> verharmlosen. Man<br />

unterstellt, dass das Vertraute bleiben, das Bewährte sich wie<strong>der</strong>holen, die bekannte Welt sich<br />

<strong>in</strong> die Zukunft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> fortsetzen wird.“ (2000, S. 23) Hier lassen sich bereits viele<br />

Anknüpfungspunkte zum <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> f<strong>in</strong>den, die nun herausgearbeitet werden sollen.<br />

Luhmann stellt als wesentlichen Faktor die Vertrautheit <strong>der</strong> Welt heraus; ohne sie ist<br />

Vertrauen nicht möglich. Bei Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg lässt sich ebenfalls das Vertraute <strong>und</strong><br />

Bekannte wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den, als vom Thema-Horizont-Schema angestrebtes. Das<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> möchte „Verän<strong>der</strong>ungen nicht gelten lassen; es versucht daher, den Status<br />

quo zu bewahren, bei dem ihm Vertrauten <strong>und</strong> Bekannten zu bleiben“ (ebd., S. 55).<br />

Luhmann erwähnt weiter, dass <strong>der</strong> Mensch sich am Gewesenen orientiert <strong>und</strong> das <strong>in</strong><br />

vertrauten Welten die Vergangenheit dom<strong>in</strong>iert. „Es bedarf <strong>der</strong> Geschichte als<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>sicherung. Man kann nicht ohne jeden Anhaltspunkt <strong>und</strong> ohne alle<br />

Vorerfahrungen Vertrauen schenken.“ (Luhmann, 2000, S. 23) Dies geht <strong>in</strong> die Richtung <strong>der</strong><br />

Entwicklung des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> traditionellen bzw. alltagspraktischen<br />

Sozialisationsagentur, wie sie bei Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg beschrieben wird (siehe Kap. 2.1).<br />

Das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> konstituiert sich dabei zuerst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Dyade <strong>und</strong> später<br />

weiter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie, usw. Luhmann schreibt, dass Vertrauen gelernt werden muss <strong>und</strong> dass<br />

beg<strong>in</strong>nt ebenfalls sehr früh. „Die gr<strong>und</strong>legenden Voraussetzungen dieses Lernvorgangs<br />

werden im Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d geschaffen.“ (Luhmann, 2000, S. 34) Und sie werden weiter <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Familie, durch Bekanntschaften, Liebesbeziehungen, usw. entwickelt.<br />

E<strong>in</strong>en direkten Anknüpfungspunkt zum <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> lässt sich bei <strong>der</strong><br />

Formulierung von Luhmann f<strong>in</strong>den, dass sich das Bewährte wie<strong>der</strong>holen wird. Denn mit<br />

dieser Voraussetzung arbeitet das Thema-Horizont-Schema des Alltagsbewußtse<strong>in</strong>s. Gerade<br />

durch die vielfältigen Wie<strong>der</strong>holungen <strong>der</strong> Alltagssituation bewähren sich Verhaltens-,<br />

Handlungs- <strong>und</strong> Kooperationsweisen, wie <strong>in</strong> Kapitel 2.1 ausführlich erläutert wurde.<br />

Parallelen f<strong>in</strong>den sich beson<strong>der</strong>s auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Struktur des Thema-Horizont-Schemas <strong>und</strong> des<br />

Vertrauens. Das Thema-Horizont-Schema nimmt nur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en engen Grenzen Themen<br />

bewusst wahr <strong>und</strong> <strong>in</strong> Krisenfällen o<strong>der</strong> Bedrohungen entlastet sich das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong><br />

durch Regeln, um die Alltagswelt wie<strong>der</strong>herzustellen. Von diesen Regeln s<strong>in</strong>d im<br />

Zusammenhang mit Vertrauen beson<strong>der</strong>s die Reduktionsregeln <strong>in</strong>teressant, welche<br />

Komplexes auf das E<strong>in</strong>fache <strong>und</strong> Unbekanntes auf das Bekannte bzw. verme<strong>in</strong>tliche Bekannte


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 29<br />

reduzieren zur Beruhigung <strong>und</strong> Herstellung von Sicherheit (siehe Kap. 2.2.2). Dies ist<br />

natürlich nicht unbegrenzt möglich. In ähnlicher Weise wird von Luhmann die<br />

Vorgehensweise von Vertrauen beschrieben: „Vertrauensurteile verallgeme<strong>in</strong>ern Erfahrungen,<br />

dehnen sich auf an<strong>der</strong>e, jedoch „ähnliche“ Fälle aus <strong>und</strong> stabilisieren <strong>in</strong> dem Maße, als sie<br />

sich bewähren, e<strong>in</strong>e Indifferenz gegen Unterschiede.“ (ebd., S. 31) Mit an<strong>der</strong>en Worten:<br />

„Vertrauen reduziert soziale Komplexität dadurch, dass es vorhandene Informationen<br />

überzieht <strong>und</strong> Verhaltenserwartungen generalisiert, <strong>in</strong> dem es fehlende Informationen durch<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tern garantierte Sicherheit ersetzt.“ (ebd., S. 126) Und es werden gewisse<br />

Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschlossen, um das Handeln nicht zu irritieren, so wie beim<br />

Thema-Horizont-Schema nur bestimmte Themen bearbeitet werden. Dadurch ist gesichert,<br />

dass nicht jede Information, jede Enttäuschung o<strong>der</strong> jedes Verhalten gleich das Vertrauen<br />

zerstört bzw. dass sich das <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> durch kle<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen nicht immer neu<br />

orientieren muss. Beide Mechanismen, dies macht das bisher beschriebene deutlich, können<br />

die Komplexität nur bis zu bestimmten Grenzen beim <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> Schwellen<br />

beim Vertrauen reduzieren. Luhmann führt dazu aus: „Eben deshalb muss es aber e<strong>in</strong>e Grenze<br />

geben, wo diese Absorptionskraft endet, wo Vertrautheit o<strong>der</strong> Vertrauen abrupt <strong>in</strong> Misstrauen<br />

umschlagen.“ (ebd., S. 97) Diese Grenzen haben Schwellencharakter <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Überschreiten<br />

löst e<strong>in</strong>e um so krassere Neuorientierung aus (ebd., S. 97). Zu e<strong>in</strong>er Neuorientierung durch<br />

Thematische Orientierung kommt es auch beim <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, um sich an verän<strong>der</strong>nde,<br />

neue Situationen anpassen zu können.<br />

E<strong>in</strong> wichtiges Charakteristikum vom <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> Vertrauen ist die Latenz.<br />

Luhmann sagt, dass es für die Struktur <strong>der</strong> Vertrauensbeziehung entscheidend ist, dass sie<br />

latent bleibt. Denn durch die Thematisierung von Vertrauen entsteht eher Misstrauen <strong>und</strong> die<br />

Komplexität nimmt zu, weil vermutet wird, dass es für das Ansprechen e<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong> geben<br />

muss <strong>und</strong> das Bisherige wird h<strong>in</strong>terfragt. Auch das Rout<strong>in</strong>ebewusstse<strong>in</strong> ist darauf angewiesen,<br />

dass es nicht thematisiert wird, sonst wird gerade das Rout<strong>in</strong>emäßige aufgelöst (Leithäuser &<br />

Volmerg, 1977, S. 50).<br />

Interessant f<strong>in</strong>den wir die Unterscheidung zwischen <strong>in</strong>ternen <strong>und</strong> externen Prozessen, die<br />

Luhmann trifft. Beson<strong>der</strong>s auf die <strong>in</strong>ternen Prozesse geht er näher e<strong>in</strong>. „Komplexität wird<br />

nicht nur durch externe, son<strong>der</strong>n auch durch <strong>in</strong>terne Strukturen <strong>und</strong> Prozesse reduziert“<br />

(Luhmann, 2000, S. 103) <strong>und</strong> „Vertrauenserweise werden dadurch ermöglicht <strong>und</strong> erleichtert,<br />

dass das vertrauende System über strukturell nicht geb<strong>und</strong>ene Ressourcen verfügt, die im<br />

Falle e<strong>in</strong>er Enttäuschung des Vertrauens e<strong>in</strong>gesetzt <strong>und</strong> die Last <strong>der</strong> Komplexitätsreduktion<br />

<strong>und</strong> Problemlösung übernehmen können“ (ebd., S. 105). Aber er fügt h<strong>in</strong>zu, dass diese


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 30<br />

<strong>in</strong>ternen Prozesse noch nicht ausreichend erforscht s<strong>in</strong>d. Er beschreibt sie folgen<strong>der</strong>maßen:<br />

Interne Prozesse arbeiten „mit verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Komplexität <strong>und</strong> weisen dadurch weniger<br />

Möglichkeiten, also mehr Ordnung auf als ihre Umwelt. Sie arbeiten selektiv, <strong>in</strong>dem sie für<br />

das System relevante Verhältnisse zwischen Umweltdaten als Information aufnehmen <strong>und</strong><br />

verarbeiten.“ (ebd., S. 32) Dies weist e<strong>in</strong>e verblüffende Ähnlichkeit auf zu dem von<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg entwickelten Modus des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, se<strong>in</strong>e Mechanismen<br />

zur Reduktion sozialer Komplexität <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e spezifische Umgangsweise mit alltäglichen<br />

Situationen. Z.B. beschreiben Luhmann wie auch Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg, dass das<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> Vertrauen Komplexität reduziert durch Generalisierung <strong>und</strong><br />

Selektivität. Dies führt uns zu <strong>der</strong> These, dass <strong>der</strong> später entwickelte Ansatz des<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s, welcher die <strong>in</strong>ternen Prozesse versucht zu erfassen, Gr<strong>und</strong>lage für den<br />

Vertrauensmodus nach Luhmann ist. Meyerhuber führt treffend dazu aus: „Der<br />

Vertrauensmodus ...[ ] richtet sich am <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> des Individuums aus.“<br />

(Meyerhuber, 2001, 185)<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> Vertrauen s<strong>in</strong>d also gr<strong>und</strong>legende Mechanismen zur Reduktion<br />

sozialer Komplexität, damit <strong>der</strong> Mensch handlungsfähig bleibt. Wie sich mit diesen beiden<br />

Ansätzen das Verhalten des Menschen <strong>in</strong> <strong>Milieu</strong>s, <strong>in</strong> Organisationen <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Konflikte</strong>n<br />

verstehen lässt, soll u.a. <strong>in</strong> den nächsten beiden Kapiteln näher herausgearbeitet werden.<br />

5.4 <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> Vertrauen<br />

Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg führen hier das „autistische <strong>Milieu</strong>“ aus ihrer Untersuchung von<br />

Produktionsbetrieben an, welches die Kommunikationse<strong>in</strong>schränkungen <strong>der</strong> Individuen<br />

verstärkt, so dass „nichts Fremdes <strong>und</strong> Neues <strong>und</strong> An<strong>der</strong>es... mehr e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong><br />

aufgenommen werden“ (Meyerhuber, 2001, S. 188). Durch die Kommunikationsbarrieren <strong>und</strong><br />

die emotionale Verarmung entstehen leicht fe<strong>in</strong>dselige E<strong>in</strong>stellungen (siehe Kap. 2.3.2). Es<br />

entwickelt sich daraus e<strong>in</strong> Misstrauensklima, was sich durch Missverständnisse wie<strong>der</strong>um bis<br />

zu eskalierenden <strong>Konflikte</strong>n aufschaukeln kann. Das Vertrauen ist hier geschwächt. Im<br />

Gegensatz dazu s<strong>in</strong>d kommunikationsför<strong>der</strong>nde Bed<strong>in</strong>gungen, Transparenz, e<strong>in</strong><br />

demokratischer Führungsstil <strong>und</strong> z.B. „reife“ Formen <strong>der</strong> Angstbewältigung durch Reflexion<br />

vertrauensför<strong>der</strong>nd.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel ist die Projektarbeit: Sie ist e<strong>in</strong>e wichtige Möglichkeit, Vertrauen im<br />

Unternehmen zu erzeugen <strong>und</strong> dadurch neue Handlungsmöglichkeiten zu gew<strong>in</strong>nen, ohne die<br />

bisherige sichtbare Ordnung des Unternehmens anzurühren.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 31<br />

Vertrauen kann überhaupt nur dann alltäglicher Bestandteil <strong>betrieblichen</strong> Handelns se<strong>in</strong>,<br />

wenn die Partizipation des Mitarbeiters nicht unentwegt durch Stellenkürzungen,<br />

Personalabbau o<strong>der</strong> den E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> sozial- <strong>und</strong> wohlfahrtsstaatliche Absicherungen bedroht<br />

ist.<br />

5.5 Konfliktmanagement <strong>und</strong> Vertrauen<br />

Unter dem Gesichtspunkt Vertrauen <strong>in</strong> Organisationen führt Krüger den Begriff des<br />

Makroklimas als e<strong>in</strong> wichtiges Instrument des Konfliktmanagements e<strong>in</strong>. Unter Makroklima<br />

sollen hier diejenigen Tatbestände subsumiert werden, welche durch die Beziehungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb von Kooperationen geprägt werden. Im Pr<strong>in</strong>zip geht es hier um die bewusste<br />

Gestaltung e<strong>in</strong>er Atmosphäre gegenseitiger Harmonie <strong>und</strong> wechselseitigen Vertrauens,<br />

verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> Vorstellung, hierdurch das Konfliktpotential senken zu können. Als<br />

E<strong>in</strong>zeleffekte e<strong>in</strong>es <strong>der</strong>artigen Klimas können beispielsweise die größere Offenheit gegenüber<br />

neuen Ideen, größere Klarheit von Zielen, größere Motivation <strong>und</strong> größere<br />

Gruppenzusammenarbeit genannt werden (vgl. Krüger, 1972, S. 12). Als weitere Auswirkung<br />

e<strong>in</strong>es <strong>der</strong>art konzipierten Makroklimas ist e<strong>in</strong> Freiwerden von nicht durch Konfliktlösungen<br />

geb<strong>und</strong>enen Kräften zu sehen. Dadurch, dass Partner sich wechselseitig vertrauen, ist für sie<br />

die Unsicherheit reduziert, Informations- <strong>und</strong> Kontrollkosten verr<strong>in</strong>gern sich. Hierdurch<br />

werden tendenziell Kapazitäten für an<strong>der</strong>e Aufgaben frei (vgl. Rössl, 1994, S. 187). Durch<br />

das entstehende größere Vertrauenspotential wird es möglich, sich ohne stark strukturierte<br />

gegenseitige Absicherungen, z.B. vertraglicher Art, neuen Umweltzuständen anzupassen.<br />

Um diese vertrauensvolle Zusammenarbeit <strong>und</strong> die erwünschten harmonischen<br />

Beziehungen erreichen zu können, ersche<strong>in</strong>t es s<strong>in</strong>nvoll, bereits bei <strong>der</strong> Absicht zur<br />

Kooperation den Anspruch an das eigene Verhalten zu stellen, sich vertrauensvoll zu<br />

verhalten. Hierdurch kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wechselwirkung e<strong>in</strong> Prozess zum Aufbau e<strong>in</strong>er soliden<br />

Vertrauensbasis <strong>in</strong> Gang gesetzt werden. Das signalisieren <strong>der</strong> Bereitschaft, sich<br />

vertrauensvoll zu verhalten, kann bei dem Kooperationspartner dieses Verhalten ebenfalls<br />

auslösen. Im Idealfall ergibt sich e<strong>in</strong>e Vertrauen-Vertrauen-Spirale (ebd., S. 200).<br />

Um den Charakter e<strong>in</strong>es <strong>Konflikte</strong>s zu verstehen <strong>und</strong> dementsprechend passende<br />

Interventionen auszuwählen geht Glasl auf die Wahrnehmungen <strong>und</strong> Vorstellungen <strong>der</strong><br />

Parteien e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Konflikte</strong> bee<strong>in</strong>trächtigen die Wahrnehmungsfähigkeit <strong>und</strong> das Denk- <strong>und</strong><br />

Vorstellungsleben so, dass die äußeren <strong>und</strong> <strong>in</strong>neren Prozesse nicht mehr objektiv gesehen


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 32<br />

werden (Glasl, 1999, S. 34). Der Blick verengt sich, die Wirklichkeit wird zu e<strong>in</strong>er<br />

e<strong>in</strong>facheren reduziert <strong>und</strong> <strong>der</strong> Konfliktstoff <strong>und</strong> die Konfliktgeschehnisse werden e<strong>in</strong>seitig<br />

<strong>und</strong> verzerrt wahrgenommen (ebd., S. 36f). Luhmann beschreibt ähnliches im Misstrauensfall:<br />

„Misstrauen leistet somit Vere<strong>in</strong>fachung, oft drastische Vere<strong>in</strong>fachung. Wer misstraut,<br />

braucht mehr Informationen <strong>und</strong> verengt zugleich die Informationen, auf die zu stützen er sich<br />

getraut. Er wird von weniger Informationen stärker abhängig.“ (Luhmann, 2000, S. 93)<br />

Beson<strong>der</strong>s e<strong>in</strong> Informationsmangel auf <strong>der</strong> Betriebsebene führt, seien es nicht explizit<br />

formulierte Zielvorstellungen o<strong>der</strong> Verschweigen von Know-how o<strong>der</strong> auch mangelnde<br />

betriebs<strong>in</strong>terne Transparenz, zu <strong>Konflikte</strong>n <strong>und</strong> es bedarf vor allem Vertrauen <strong>und</strong><br />

Transparenz, um <strong>Konflikte</strong> zu vermeiden.<br />

E<strong>in</strong>e Erklärung für das verän<strong>der</strong>te Verhalten liefert das von Leithäuser <strong>und</strong> Volmerg<br />

entwickelte Thema-Horizont-Schemas des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> (siehe Kap. 2.2). „Das Thema-<br />

Horizont-Schema des <strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s filtert vielmehr <strong>in</strong> bornierter Weise die soziale<br />

Situation <strong>und</strong> gleicht Wahrnehmungen <strong>und</strong> soziale Übere<strong>in</strong>künfte ab. Übertragen auf die<br />

soziale Wirklichkeit <strong>in</strong> Organisationen besteht so beispielsweise im Falle e<strong>in</strong>es<br />

Misstrauensklimas e<strong>in</strong>e hohe Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass Informationen o<strong>der</strong> Handlungen, die<br />

nicht zu ihrer misstrauischen Interpretation passen, auf taube o<strong>der</strong> rout<strong>in</strong>iert misstrauische<br />

Ohren stoßen; also nicht wahrgenommen o<strong>der</strong> entsprechend (um-) konnotiert werden, selbst<br />

wenn an sozialen Ereignisstellen beteiligte Akteure kommunikativ Transparenz herzustellen<br />

bemüht s<strong>in</strong>d.“ (Meyerhuber, 2001, S. 185)<br />

Das Thema-Horizont-Schema führt dazu, dass die Person e<strong>in</strong>erseits durch die Selektion<br />

<strong>der</strong> Themen von <strong>der</strong> Komplexität entlastet werden, an<strong>der</strong>erseits aber im Rahmen des<br />

Gewöhnlichen <strong>und</strong> Vertrauten handeln <strong>und</strong> fremde Wahrnehmungen <strong>und</strong> Vorstellungen<br />

ungern re<strong>in</strong>lassen, was beim E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen solcher zu <strong>Konflikte</strong>n führt.<br />

5.6 Weiterführende Gedanken: Selbstvertrauen <strong>in</strong> Unternehmen<br />

Lei<strong>der</strong> sagt Luhmann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Monografie über Vertrauen praktisch nichts zu<br />

Selbstvertrauen. Er erwähnt lediglich, dass gewisse Systeme E<strong>in</strong>zelpersonen Raum für starke<br />

Selbstdarstellungen geben, was das Umfeld dann schon mal mit Selbstvertrauen verwechseln<br />

kann. Selbstsicherheit h<strong>in</strong>gegen sieht er als Basis je<strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Vertrauensbildung. Damit sagt<br />

Luhmann aber immer noch nicht, ob er Selbstsicherheit synonym für Selbstvertrauen benutzt.<br />

Und wenn ja: ob Selbstvertrauen e<strong>in</strong>e Urform von personalem Vertrauen ist - also hierzu


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 33<br />

gezählt werden muss - o<strong>der</strong> ob Selbstvertrauen als Vorbed<strong>in</strong>gung davon abgegrenzt werden<br />

muss.<br />

Wir haben den E<strong>in</strong>druck, dass mangelndes Selbstvertrauen e<strong>in</strong>e Nebenwirkung von zu<br />

gut, zu automatisch funktionierendem Systemvertrauen ist. Dies würde zu Luhmanns H<strong>in</strong>weis<br />

passen, dass Systemvertrauen e<strong>in</strong>facher zu lernen ist als personales Vertrauen, weil es nicht <strong>in</strong><br />

je<strong>der</strong> Bedarfssituation neu gebildet werden muss. Personales Vertrauen <strong>und</strong> auch<br />

Selbstvertrauen braucht also mehr Übung als Systemvertrauen. - Für die es zuwenig Anlass<br />

gibt, wenn das Systemvertrauen zuviel des Vertrauensbedarfs abdeckt. Die Konsequenzen -<br />

hier aus soziologischer Sicht - dürften mit den aus psychologischer übere<strong>in</strong> stimmen: Der<br />

E<strong>in</strong>zelne hätte zuwenig Erfolgserlebnisse, was allmählich das Selbstvertrauen schwächt.<br />

Wir haben aber gerade <strong>in</strong> Zeiten sprunghaft steigen<strong>der</strong> Komplexität e<strong>in</strong>en gesteigerten Bedarf<br />

an personalem Vertrauen - <strong>und</strong> an Selbstvertrauen. Ist dies nicht beizeiten gestärkt, wird die<br />

neue komplexe Situation zur Bedrohung. Da wir uns nur ungern e<strong>in</strong>e eklatante Schwäche<br />

e<strong>in</strong>gestehen, dreht unsere Psyche den Spieß um: Nicht wir s<strong>in</strong>d schwach, son<strong>der</strong>n das System<br />

macht e<strong>in</strong>en Fehler. Gründe für dies Behauptung f<strong>in</strong>den sich immer. Aus mangelndem<br />

Selbstvertrauen wird "berechtigtes" Systemmisstrauen. Wird das Misstrauen <strong>in</strong> das System<br />

durch Kontroll<strong>in</strong>stanzen nicht begrenzt, kann es leicht zur Ausuferung <strong>in</strong> <strong>Konflikte</strong> kommen.<br />

S<strong>in</strong>nvoll ist es, wenn Misstrauen so <strong>in</strong>stitutionalisiert wird, dass es nicht persönlich<br />

zugerechnet <strong>und</strong> zurückgegeben wird.<br />

6. Fazit<br />

Durch die Beschäftigung mit den verschiedenen Themen <strong>in</strong> dieser Ausarbeitung haben wir<br />

festgestellt, dass das Vertrauensthema sehr komplex ist <strong>und</strong> dass sich Vertrauen nicht so<br />

e<strong>in</strong>fach wie<strong>der</strong> herstellen lässt, wenn es e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Misstrauen umgeschwenkt ist. Die beim<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong> kennen gelernten Verhaltens- <strong>und</strong> Denkmuster müssen berücksichtigt<br />

werden, d.h. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Misstrauensklima kommen bestimmte Interventionen bei den<br />

Beteiligten an<strong>der</strong>s o<strong>der</strong> gar nicht an. Interventionen können also leicht gar nichts bewirken.<br />

Die Personen müssen also erst ihren Horizont erweitern, auf bestimmte Probleme <strong>und</strong><br />

Konsequenzen h<strong>in</strong>gewiesen o<strong>der</strong> mit ihnen erarbeitet werden, so dass sie neue Erfahrungen<br />

zulassen <strong>und</strong> auch die Probleme o<strong>der</strong> <strong>Konflikte</strong> angehen können. Das wie<strong>der</strong>um führt zu <strong>der</strong><br />

Schlussfolgerung, dass Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Organisationen nur langsam von statten gehen <strong>und</strong><br />

schwierig zu bewirken s<strong>in</strong>d.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 34<br />

Folglich ist es auch nicht möglich bestehende <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen gleich lösen<br />

zu können. Das Ziel sollte se<strong>in</strong>, die <strong>Konflikte</strong> handhabbar zu machen <strong>und</strong> die Parteien zu<br />

sachlich offenen Gesprächen zu bewegen. Wobei dies nicht e<strong>in</strong>fach se<strong>in</strong> wird, da die Parteien<br />

<strong>in</strong> <strong>Konflikte</strong>n e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Verhalten zeigen, d.h. sie haben e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geschränkte Sicht auf<br />

die Geschehnisse <strong>und</strong> Situationen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation, nehmen Enttäuschungen leichter<br />

persönlich <strong>und</strong> misstrauen schneller dem Verhalten <strong>der</strong> Gegenpartei. Diese Denk- <strong>und</strong><br />

Handlungsstrukturen s<strong>in</strong>d nicht leicht zu unterb<strong>in</strong>den <strong>und</strong> es ist somit nicht leicht, e<strong>in</strong>en<br />

vertrauensvollen Rahmen für Gespräche zu schaffen.<br />

Aus unserer Ausarbeitung geht auch hervor, dass das <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> Organisationen e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle dabei spielen, ob e<strong>in</strong> Vertrauensklima entstehen<br />

kann o<strong>der</strong> es zu e<strong>in</strong>em ausgeprägten Misstrauensklima kommt. Das <strong>Milieu</strong> e<strong>in</strong>er Organisation<br />

<strong>und</strong> die Organisation als System mit ihren vielen Subsystemen bieten viele Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

Reduktion sozialer Komplexität, um das effektive Handeln <strong>der</strong> Personen zu gewährleisten.<br />

An<strong>der</strong>erseits wird dabei aber auch die Wahrnehmung strukturiert <strong>und</strong> e<strong>in</strong> gewisser<br />

Horizont vorgegeben, bzw. wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Interaktion mit den Personen e<strong>in</strong>er Abteilung <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>en Abteilungen e<strong>in</strong>es Unternehmens entwickelt. D.h. die Organisation kann auch als<br />

e<strong>in</strong>e Sozialisationsagentur verstanden werden, die die psychische Struktur <strong>der</strong> Individuen,<br />

also das Thema-Horizont-Schema so formt, dass e<strong>in</strong> spezielles kollektives Bewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Organisation entsteht. Deshalb macht es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, nur an e<strong>in</strong>er Stelle <strong>der</strong> Organisation mit<br />

Interventionen etwas bewirken zu wollen. Die gewohnten Denk- <strong>und</strong> Handlungsmuster<br />

werden schnell wie<strong>der</strong> durch die Interaktion mit an<strong>der</strong>en Personen <strong>und</strong> Abteilungen <strong>der</strong><br />

Organisation übernommen. Auf Gr<strong>und</strong> dessen müssen so viele Abteilungen <strong>und</strong> Personen<br />

e<strong>in</strong>er Organisation bei den Interventionen e<strong>in</strong>bezogen <strong>und</strong> es müssen mehrere Interventionen<br />

so ausgewählt werden, dass sie sich gegenseitig ergänzen <strong>und</strong> vertiefen. Für die Wahl <strong>der</strong><br />

Interventionen ist es wie<strong>der</strong>um wichtig zu wissen, auf welcher Stufe <strong>und</strong> Ebene sich <strong>der</strong><br />

Konflikt bef<strong>in</strong>det <strong>und</strong> um welche Konfliktart es sich handelt. Als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Instrument<br />

bzw. Konzept befanden wir das Makroklima von Krüger.<br />

Des weiteren haben wir herausgearbeitet, dass e<strong>in</strong> Vertrauensklima nicht bei kle<strong>in</strong>ster<br />

Enttäuschung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Misstrauensklima umkippt, son<strong>der</strong>n das es bis zu e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Grenzsituation aufrechterhalten wird. Dafür s<strong>in</strong>d die alltagspraktisch gebildeten Regeln des<br />

<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>s verantwortlich. Sie werden solange es geht auf neue, unbekannte<br />

Situationen, Gefahren- <strong>und</strong> Konfliktsituationen übertragen. Dies entlastet zwar stark von <strong>der</strong><br />

Komplexität sozialer Situationen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Komplexität e<strong>in</strong>er Organisation selbst, aber dadurch<br />

ist es auch schwierig, mit konfligerierenden Parteien e<strong>in</strong>en neuen Umgang e<strong>in</strong>zuüben, wenn


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 35<br />

diese davon überzeugt s<strong>in</strong>d, dass die bisherigen Strategien gut waren <strong>und</strong> somit auch jetzt ihre<br />

Anwendung f<strong>in</strong>den sollen. Deshalb ist es wichtig, aufzuzeigen <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sam zu erarbeiten,<br />

dass die bisherigen alltagspraktischen Regeln bzw. Strategien im Umgang mit<br />

Unstimmigkeiten <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong>n nicht mehr ausreichende Problemlösungen für die<br />

bestehenden <strong>Konflikte</strong> darstellen. Durch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Reflexion muss <strong>der</strong> Horizont so<br />

weit erweitert werden, dass neue <strong>und</strong> angemessene Problem- <strong>und</strong> Konfliktlösestrategien<br />

entwickelt werden können. Dies ist auch entscheidend für die Anpassung an sich verän<strong>der</strong>nde<br />

neue Situationen, denn die Wirtschaft wie auch das Unternehmen bzw. die Organisation s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>em ständigem Wandel ausgesetzt. Gerade heute stehen Unternehmen vor<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen, die Vertrauen - <strong>und</strong> auch Dialog statt Diskussion - notwendig machen.<br />

Wir wollen damit nicht sagen, dass es unmöglich ist, <strong>Konflikte</strong> beizulegen <strong>und</strong> die<br />

Bed<strong>in</strong>gungen zu schaffen, damit sich e<strong>in</strong> Vertrauensklima entwickeln kann. Aber es s<strong>in</strong>d viele<br />

D<strong>in</strong>ge dabei zu berücksichtigen <strong>und</strong> es gibt ke<strong>in</strong> Patentrezept, damit dies erfolgreich gel<strong>in</strong>gen<br />

kann.


<strong>Alltagsbewusstse<strong>in</strong></strong>, <strong>Milieu</strong> <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>betrieblichen</strong> Lebenswelt 36<br />

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Verlag Mo<strong>der</strong>ne Industrie.

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