ERHARD LUCAS-BUSEMANN Die Ermordung Rosa Luxemburgs ...

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38 ERHARD LUCAS-BUSEMANN _________________________________________________ Abb. 6 Beerdigung Rosa Luxemburgs am 13.Juni 1919 Übrigens wird hier ein Jesus-Wort aus dem Evangelium des Matthäus variiert. "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in die Hölle". 25 (Kapitel 10, Vers 28) Zurück zu Freiligraths Gedicht. Weniger geläufig waren die beiden folgenden Zeilen: "Bald richt' ich mich rasselnd in die Höh', bald kehr' ich reisiger wieder!" Das Wort "reisig" war altmodisch, vielleicht schon als das Gedicht geschrieben wurde, und eine Komparativform kennt das Grimmsche 25 Seele, psyche ist Sitz und Trägerin des höheren Lebens; Menschen können sie nicht beschädigen, aber Gott kann sie dem Verderben überantworten. Die zweite Hälfte des Verses dürfte bei Freiligrath und denen, die ihn zitieren, mitgedacht sein: an der Seele bzw. dem Geist keinen Verrat üben!

DOPPELMORD 39 _________________________________________________ Wörterbuch überhaupt nicht. Aber Rosa Luxemburg konnte diese beiden Zeilen offenbar ebenfalls auswendig, und sie störte sich auch nicht an den Assoziationen, die sich hier nahelegen. Wer richtet sich rasselnd in die Höhe - ein Ritter mit Kettenhemd, Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser? Assoziationen, die uns seltsam erscheinen, die aber durchaus im Horizont der Gedankenwelt Freiligraths liegen. 26 Und schließlich noch eine Formulierung in Rosa Luxemburgs Text könnte von diesem Gedicht inspiriert sein, nicht wörtlich, aber sinngemäß: die Rede von den "stumpfen Schergen". In Strophe 2 charakterisiert das Gedicht den Gegner: kein Feind, der in offener Feldschlacht gesiegt hat, sondern einer, der feige aus dem Hinterhalt den tödlichen Pfeil abgeschossen hat, "schmutzige Westkalmücken"! Das zweite Gedicht trägt den Titel "Revolution", geschrieben 1851 unter den Verfolgungen der Reaktion. Die Revolution wird vorgestellt als eine Frau, die zur standrechtlichen Exekution abgeführt, die ins Zuchthaus gesperrt, die ins Exil getrieben worden ist. Doch nein, ruft das Gedicht, sie lebt noch, sie ist frei, sie jammert nicht über ihr Schicksal am Ufer eines Flusses in fernem Lande! Sie lebt, wo die Macht der Unterdrücker ein Ende hat, in jedem trotzig denkenden Haupt, in jedem Menschen mit aufrechtem Gang, in jeder menschlich fühlenden Brust, in jeder Werkstatt des arbeitenden Volkes, in jeder Hütte der Armen. Und sie wird wiederkommen, um ihre Sache siegreich zuende zu führen, sie wird ihren Fuß auf den Nacken der Unterdrücker setzen und ihre Kronen zerschmettern. - Das Gedicht steckt voller Anspielungen auf die Bibel: Israel im Exil, "an den Wassern Babylons saßen wir 26 Vgl. etwa das Gedicht "Im Himmel" von 1844: Der Alte Fritz, auch im Himmel von seinen Generälen umgeben, verspürt große Lust, auf die Erde zurückzukehren und sich an die Spitze der Oppositionsbewegung zu stellen. Oder Friedrich Barbarossa sieht im Kyffhäuser die Hinrichtung Konradins.

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Abb. 6 Beerdigung <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburgs</strong> am 13.Juni 1919<br />

Übrigens wird hier ein Jesus-Wort aus dem Evangelium des<br />

Matthäus variiert. "Fürchtet euch nicht vor denen, die den<br />

Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch<br />

aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in<br />

die Hölle". 25 (Kapitel 10, Vers 28)<br />

Zurück zu Freiligraths Gedicht. Weniger geläufig waren die<br />

beiden folgenden Zeilen: "Bald richt' ich mich rasselnd in die<br />

Höh', bald kehr' ich reisiger wieder!" Das Wort "reisig" war<br />

altmodisch, vielleicht schon als das Gedicht geschrieben<br />

wurde, und eine Komparativform kennt das Grimmsche<br />

25 Seele, psyche ist Sitz und Trägerin des höheren Lebens; Menschen<br />

können sie nicht beschädigen, aber Gott kann sie dem Verderben<br />

überantworten. <strong>Die</strong> zweite Hälfte des Verses dürfte bei Freiligrath und<br />

denen, die ihn zitieren, mitgedacht sein: an der Seele bzw. dem Geist<br />

keinen Verrat üben!

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