ERHARD LUCAS-BUSEMANN Die Ermordung Rosa Luxemburgs ...

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16 ERHARD LUCAS-BUSEMANN _________________________________________________ Abb. 2 Besetzung des Zeitungsviertels in Berlin. Bewaffnete Arbeiter und Soldaten auf dem Weg in die Lindenstraße zur Besetzung des Vorwärts-Gebäudes. 5. Januar 1919. Abends versammeln sich im Polizeipräsidium Vertreter der Berliner USPD, der Revolutionären Obleute, Liebknecht und Wilhelm Pieck von der KPD-Zentrale. Alle stehen unter dem Eindruck der gewaltigen Demonstration. Es werden optimistische Berichte von der Aufstandsbereitschaft verschiedener Truppenteile gegeben. Als die Mitteilung von der Besetzung der Zeitungen und Druckereien eingeht, sehen die meisten darin den Beweis, daß die Massen zu Aktionen drängen. Kritische Stimmen geraten immer mehr in den Hintergrund. Zu den besonders Radikalen gehören Liebknecht und Pieck; sie greifen aufs schärfste jeden an, der Bedenken vorträgt. Die Stimmung wird fast euphorisch. Schließlich wird gegen eine kleine Minderheit beschlossen, den Kampf gegen die Regierung aufzunehmen und bis zu ihrem Sturz durchzuführen. Ein Revolutionsausschuß aus 53 Personen

DOPPELMORD 17 _________________________________________________ wird gebildet mit drei gleichberechtigten Vorsitzenden, nämlich Liebknecht sowie je einem Vertreter der Berliner USPD und der Revolutionären Obleute. 6. Januar: Ein neues Flugblatt der drei linken Organisationen ruft die Arbeiterschaft auf, die Betriebe zu verlassen und sich um 11 Uhr in der Siegesallee zu versammeln. "Es gilt die Revolution zu festigen und durchzuführen! ... Nieder mit der Regierung Ebert-Scheidemann!" Im Marstall tagt der Revolutionsausschuß. Schon bald muß er feststellen, daß die Berliner Truppen alle Aufstandspläne ablehnen; immer wieder bekommen seine Abgesandten zu hören, man lehne jedes Blutvergießen ab. So kann der Ausschuß nur verhältnismäßig wenig Waffen an seine Anhänger ausgeben. Man verliert sich in endlosen Beratungen. Die unübersehbare Menge, die sich in der Siegesallee und den angrenzenden Straßen versammelt, bleibt ohne jede Direktive. Am Nachmittag nötigt die Matrosentruppe, die im Marstall liegt, den Ausschuß zum Verlassen des Gebäudes; man siedelt ins Polizeipräsidium über. Etwa gleichzeitig beschließt der Vollzugsrat die Absetzung Eichhorns als Polizeipräsident. Es handelt sich um eine Zufallsmehrheit der SPD-Vertreter, aber Abstimmung ist Abstimmung, und so hat Eichhorn die Legitimationsgrundlage, auf die er sich mehrmals berufen hat, verloren. Aber auch die Regierung ist in übler Lage. Nicht nur ist der Vorstoß zur Übernahme des Polizeipräsidiums gescheitert, sondern dies ist jetzt bereits der zweite Tag, wo sie von den demonstrierenden Arbeitermassen in den Regierungsgebäuden eingeschlossen ist. Auch verfügt sie nicht mehr über das Medium der Presse. Die SPD verbreitet ein Flugblatt, auf dem sie ihre Anhänger auffordert, sofort vor der Reichskanzlei in der Wilhelmstraße zu erscheinen. Das Ergebnis ist eine ansehnliche, aber gemessen an der Demonstration der Gegenseite bescheidene Kundgebung. Aber auch hier werden Waffen ausgegeben.

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wird gebildet mit drei gleichberechtigten Vorsitzenden,<br />

nämlich Liebknecht sowie je einem Vertreter der Berliner<br />

USPD und der Revolutionären Obleute.<br />

6. Januar: Ein neues Flugblatt der drei linken Organisationen<br />

ruft die Arbeiterschaft auf, die Betriebe zu verlassen und sich<br />

um 11 Uhr in der Siegesallee zu versammeln. "Es gilt die<br />

Revolution zu festigen und durchzuführen! ... Nieder mit der<br />

Regierung Ebert-Scheidemann!" Im Marstall tagt der<br />

Revolutionsausschuß. Schon bald muß er feststellen, daß die<br />

Berliner Truppen alle Aufstandspläne ablehnen; immer wieder<br />

bekommen seine Abgesandten zu hören, man lehne jedes<br />

Blutvergießen ab. So kann der Ausschuß nur verhältnismäßig<br />

wenig Waffen an seine Anhänger ausgeben. Man verliert sich<br />

in endlosen Beratungen. <strong>Die</strong> unübersehbare Menge, die sich<br />

in der Siegesallee und den angrenzenden Straßen versammelt,<br />

bleibt ohne jede Direktive. Am Nachmittag nötigt die<br />

Matrosentruppe, die im Marstall liegt, den Ausschuß zum<br />

Verlassen des Gebäudes; man siedelt ins Polizeipräsidium<br />

über. Etwa gleichzeitig beschließt der Vollzugsrat die<br />

Absetzung Eichhorns als Polizeipräsident. Es handelt sich um<br />

eine Zufallsmehrheit der SPD-Vertreter, aber Abstimmung ist<br />

Abstimmung, und so hat Eichhorn die Legitimationsgrundlage,<br />

auf die er sich mehrmals berufen hat, verloren.<br />

Aber auch die Regierung ist in übler Lage. Nicht nur ist der<br />

Vorstoß zur Übernahme des Polizeipräsidiums gescheitert,<br />

sondern dies ist jetzt bereits der zweite Tag, wo sie von den<br />

demonstrierenden Arbeitermassen in den Regierungsgebäuden<br />

eingeschlossen ist. Auch verfügt sie nicht mehr über das<br />

Medium der Presse. <strong>Die</strong> SPD verbreitet ein Flugblatt, auf dem<br />

sie ihre Anhänger auffordert, sofort vor der Reichskanzlei in<br />

der Wilhelmstraße zu erscheinen. Das Ergebnis ist eine<br />

ansehnliche, aber gemessen an der Demonstration der<br />

Gegenseite bescheidene Kundgebung. Aber auch hier werden<br />

Waffen ausgegeben.

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