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Hypothese, dass Knie ebenso auf *genu- (vgl. Kluge, 1995, S. 442) zurückgeht, hätte<br />

die Ausgangsbedeutung >Krümmung< aufgrund der gekrümmten Form beider<br />

Körperteile so inhaltsverschiedene Begriffe wie Kinn und Knie ergeben, ohne dass<br />

sich dieser Verlauf auf irgendwelche Weise hätte prognostizieren lassen. Die<br />

Willkürlichkeit semantischer Prozesse ist auch bei Nase festzustellen, wo trotz der<br />

ebenso gekrümmten Form des Körperteils weder die Wurzel *genu- noch eine andere<br />

mit ähnlicher Bedeutung herangezogen wurde. Gegen die Erwartung, dass bei<br />

Ellbogen aufgrund der analogen Achsenfunktion mit dem Knie die Wurzel *genu~<br />

vorkommen sollte, wird das Sem >Krümmung< durch ein anderes Basislexcm,<br />

*bheug(h)- (>krümmenkrümmen, biegenbiegenden Körper, sich<br />

in den Gelenken biegenWölbung, HöhlungEllenbogengebogener<br />

Körperteil<<br />

Diese und ähnliche Beispiele zeugen von den Schwierigkeiten der<br />

diachronischen semantischen Forschung, die sich größtenteils aus der Verkennung<br />

der konkreten Bedeutung von Wörtern in älteren Sprachstufen sowie aus dem<br />

Arbeitsverfahren mit ungenügend erprobten Sprachhypothesen ergeben.<br />

Wie bereits bemerkt, stellt die Bedeutungsvariabilität eine dem Sprachzeichen<br />

wesentliche Eigenschaft dar. Dazu trägt die Tatsache bei, dass die Zahl und<br />

Beschaffenheit der in der Rede zu aktualisierenden Wortseme Situationen von den<br />

kommunikativen Bedürfnissen in jedem Sprechakt abhängt. Als subjektiver Sprecher<br />

tendiert man zur Hervorhebung von bestimmten semantischen Wortmerkmalen und<br />

zugleich zur Zurückdrängung von anderen, so dass »sprachliches Handeln stets<br />

Neuverwenden [ist] und zu Andersverwenden der Wörter führen« kann (Schippan,<br />

1992, S. 252).<br />

In diesem Zusammenhang muss als Grundprinzip der sprachlichen Darstellung<br />

die Verbildlichung betont werden. Auf der Suche nach besonderen kommunikativen<br />

Effekten werden bestimmte Lexeme durch andere ersetzt, die mit jenen in irgendeiner<br />

assoziativen Beziehung stehen. Der Anschauungsgehalt, den viele Wörter bei ihrer<br />

Entstehung aufweisen, geht aber bald verloren, ebenso wie die etymologischen<br />

Zusammenhänge sich verdunkeln. Dieses Verblassen des ursprünglichen figurativen<br />

Gehaltes, der Bildlichkeit der Wörter, ist ein Wesenszug der Sprache, der bei den<br />

Körperteilbezeichnungen in besonderer Weise abzulesen ist. Bei den<br />

Sekundärbildungen wird ein Körperteil in der Regel durch eine metaphorische<br />

Umschreibung oder durch eine Metonymie dargestellt. So zeigt Nase aus germ. *nasö<br />

>Nasenloch< (idg. *nas >NasenlochNasenlochHalsKehleSchlundNacken

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