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Frühe Strafverteidigung und Untersuchungshaft. Eine ... - Oapen

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68<br />

2. Kapitel: Zur frühen Verteidigung von Untersuchungsgefangenen<br />

ren. 289 Andererseits gibt JABEL zu bedenken, dass die Einflussmöglichkeiten der<br />

Pflichtverteidiger aufgr<strong>und</strong> des späten Eintritts in das Verfahren geringer gewesen<br />

seien. Die Tatsache, dass zum Eintrittszeitpunkt des Pflichtverteidigers bereits<br />

58 % der Untersuchungsgefangenen aus der <strong>Untersuchungshaft</strong> entlassen<br />

worden waren, lasse darauf schließen, dass die vom Gesetz intendierte Selbstkontrolle<br />

der Justiz funktioniere. 290 Die Auswirkungen der Einbeziehung des<br />

Verteidigers sprechen nach Ansicht von JABEL allein nicht zwingend für die<br />

Forderung, die notwendige Verteidigung generell auf Haftsachen auszudehnen.<br />

291 Fraglich ist, inwieweit diese Argumentation stichhaltig ist, da JABEL nicht<br />

in Rechnung stellt, wie viele von den 58 % der Beschuldigten, die innerhalb der<br />

ersten drei Monate entlassen wurden, wahl- bzw. wahlpflichtverteidigt waren.<br />

Möglicherweise würde eine frühe Verteidigerbestellung zu ähnlich hohen Aussetzungsquoten<br />

wie bei der Wahlverteidigung führen.<br />

In seiner Untersuchung hatte VOGTHERR die Anwälte um eine Selbsteinschätzung<br />

zur Effizienz der Verteidigung im Ermittlungsverfahren gebeten.<br />

43 % der Verteidiger sahen den Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten im Ermittlungsverfahren,<br />

27 % machten dazu keine Angaben. 292 Als Vorteile des frühen Tätigwerdens<br />

wurden u. a. genannt: die Steuerung des Verfahrens, die Möglichkeit<br />

Anregungen zur Einstellung bzw. Beschränkung des Verfahrens zu geben <strong>und</strong><br />

Gespräche mit der Staatsanwaltschaft zu führen. Die Effektivität der Tätigkeiten<br />

wird überwiegend hoch eingeschätzt. Auch wenn es sich um eine reine Selbsteinschätzung<br />

handelt <strong>und</strong> insofern Abstriche an der Aussagekraft gemacht werden<br />

müssen, sieht VOGTHERR in der Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung<br />

der Verteidiger <strong>und</strong> der Tatsache, dass bisherige Untersuchungen nur geringe<br />

Aktivitäten im Ermittlungsverfahren aufzeigen, ein Indiz dafür, dass informellen<br />

Kontakten zwischen Staatsanwaltschaft <strong>und</strong> Verteidigung, die regelmäßig<br />

keinen Eingang in die Akten finden, große Bedeutung zuzumessen sei. 293<br />

In der Aktenauswertung wurden Verfahren mit <strong>Untersuchungshaft</strong> gesondert<br />

betrachtet. 294 Dabei kommt VOGTHERR zu folgenden Schlussfolgerungen:<br />

Auf den Erlass des Haftbefehls haben i.d.R. weder der Beschuldigte noch die<br />

Verteidiger Einfluss, es wurden nur drei Beschuldigten- bzw. zwei Verteidigeräußerungen<br />

zum Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls registriert.<br />

295 An den insgesamt 131 Vorführungen haben 11 Wahlverteidiger, ein<br />

Pflichtverteidiger <strong>und</strong> acht Wahlpflichtverteidiger teilgenommen. Die Vorführung<br />

erweise sich damit von der Verteidigung als nicht genutztes bzw. nicht<br />

289<br />

Jabel, 1988, S. 177ff.<br />

290<br />

Jabel, 1988, S. 179.<br />

291<br />

Jabel, 1988, S. 183.<br />

292<br />

Vogtherr, 1991, S. 158.<br />

293<br />

Vogtherr, 1991, S. 159.<br />

294<br />

Insgesamt konnte Vogtherr 147 Verfahren mit <strong>Untersuchungshaft</strong> ausmachen, davon sieben<br />

mit Haftbefehl nach § 230 StPO. Vogtherr, 1991, S. 306ff.<br />

295<br />

Vogtherr, 1991, S. 309.

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