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Frühe Strafverteidigung und Untersuchungshaft. Eine ... - Oapen

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46<br />

1. Kapitel: Zur <strong>Untersuchungshaft</strong><br />

Die häufig uneinheitlichen <strong>und</strong> umstrittenen Vorschläge gehen etwa dahin,<br />

die Haftgründe: „Schwere der Tat“ (§ 112 Abs. 3 StPO) <strong>und</strong> „Wiederholungsgefahr“<br />

(§ 112a StPO) zu streichen oder zumindest enger zu fassen. 176 Weitere<br />

Überlegungen zielen darauf ab, dem Haftbefehl einen zeitlich begrenzten „Festnahmebefehl“<br />

vorzuschalten, 177 ihn zu befristen 178 oder eine obligatorische<br />

Haftprüfung 179 bereits nach wenigen Tagen vorzusehen. Damit soll Zeit gewonnen<br />

werden, um die defizitäre Informationslage der Entscheidungsträger, insbesondere<br />

bezüglich der persönlich-sozialen Umstände des Beschuldigten, zu<br />

verbessern. Ebenfalls wird die Schaffung eines eigenen Instituts der ambulanten<br />

Verfahrenssicherung – angelehnt an die controle judiciaire im französischen Recht<br />

– welches Vorrang vor der <strong>Untersuchungshaft</strong> hat, erwogen. 180<br />

Darüber hinaus werden verschiedene Konkretisierungen des Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satzes<br />

angedacht, die dazu dienen sollen, die Anordnung von <strong>Untersuchungshaft</strong><br />

zu vermindern. Vorgeschlagen wird einerseits die Einführung<br />

verschiedener Haftschwellen. So soll die <strong>Untersuchungshaft</strong> bei Delikten im unteren<br />

<strong>und</strong> mittleren Kriminalitätsbereich, deren gesetzliche Höchststrafe nicht<br />

über einem Jahr liegt, ausgeschlossen sein. Teilweise wird auch auf die konkrete<br />

Straferwartung abgestellt. So wird von einigen der Ausschluss eines Haftbefehls<br />

gefordert, wenn nur eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr<br />

zu erwarten sind; 181 der AK Strafprozeßreform fordert einen Ausschluss, wenn<br />

keine vollstreckbare Freiheitsstrafe zu erwarten ist. 182<br />

Des Weiteren wird erwogen, absolute Höchstgrenzen der <strong>Untersuchungshaft</strong><br />

einzuführen 183 sowie die Fristen für obligatorische Haftprüfungen auf drei Monate<br />

zu verkürzen <strong>und</strong> einen engen Katalog für Verlängerungsmöglichkeiten zu<br />

erstellen, um den Charakter einer absoluten Höchstfrist zu betonen. 184<br />

176<br />

Zur Kritik an den Haftgründen siehe oben (1. Kapitel). <strong>Eine</strong> Zusammenfassung der verschiedenen<br />

Reformvorstellungen findet sich bei Dünkel/Vagg, 1994, S. 619.<br />

177<br />

So etwa der Fachausschuß I, 1983, S. 15 <strong>und</strong> Wolter, ZStW 1981, S. 460ff.<br />

178<br />

Dazu Krümpelmann, ZStW 1970, S. 1116; Müller-Dietz, StV 1984, S. 81f.<br />

179<br />

In Form einer automatischen Haftprüfung nach 5 Tagen: Fachausschuß I, 1983, S. 15; nach<br />

14 Tagen: AK-Strafprozeßreform, 1983, S. 121f.; Schubart, AnwBl 1984, S. 70; nach einem Monat:<br />

Schulz, 1981, S. 417f.<br />

180<br />

Siehe Fachausschuß I, 1983, S. 14; siehe auch Jehle, BewHi 1994, S. 385.<br />

181<br />

Vgl. Fachausschuß I, 1983, S. 14; siehe Gebauer, 1987, S. 35 m.w.N. Dünnebier, 1975, S. 36<br />

hält eine Grenze von 9 Monaten für diskutabel.<br />

182<br />

AK-Strafprozeßreform, 1983, S. 61ff; (§ 5 Nr. 2 des Entwurfes)<br />

183<br />

So z. B. Seebode, ZfStrVo 1988, S. 270f.<br />

184<br />

Siehe Fachausschuß I, 1983, S. 15f. In diesem Zusammenhang ist auf Entwicklungen in Österreich<br />

hinzuweisen, wo durch die Einführung starrer Haftfristen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ener Haftprüfungsverfahren<br />

eine deutliche Verkürzung von <strong>Untersuchungshaft</strong> zu beobachten ist. Vgl.<br />

dazu: Soyer, StV 2001, S. 539ff.

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