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Frühe Strafverteidigung und Untersuchungshaft. Eine ... - Oapen

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1. Kapitel: Zur <strong>Untersuchungshaft</strong><br />

tuation des Projektes zu vermitteln. In einem zweiten Abschnitt wird auf die<br />

Entwicklungen eingegangen, die seitdem zu beobachten sind.<br />

1. Entwicklung der Haftzahlen in der ersten Hälfte der 90er Jahre (Ausgangssituation für<br />

das Praxisprojekt)<br />

Den rasanten Anstieg der <strong>Untersuchungshaft</strong>zahlen auf bis dato nie erreichte<br />

Höhen Anfang der 90er Jahre auf eine rigidere Haftpraxis zurückführen zu wollen,<br />

würde zu kurz greifen. Anders als für den Rückgang der Haftzahlen in der<br />

zweiten Hälfte der 80er Jahre, bei dem weder die sozialen bzw. die demographischen<br />

Rahmenbedingungen noch die Kriminalitätsentwicklung wesentlichen<br />

Veränderungen unterworfen waren, war zu Beginn der 90er Jahre ein Wandel<br />

der tatsächlichen Rahmenbedingungen zu beobachten.<br />

Zunächst stellten der Fortfall der innerdeutschen Grenze <strong>und</strong> die Öffnung<br />

der Staaten des ehemaligen Ostblocks tiefgreifende Veränderungen dar. Nach<br />

ALBRECHT ist die registrierte Kriminalität der 90er Jahre in gewichtigen Teilen<br />

einem Schwarzmarktgeschehen zuzuordnen. Seit Öffnung der Grenzen seien<br />

vermehrt Drogenschwarzmärkte <strong>und</strong> Schwarzmärkte für z. B. Kraftfahrzeuge in<br />

Zentral- <strong>und</strong> Osteuropa entstanden. 103 <strong>Eine</strong> erhebliche Rolle für den Anstieg der<br />

Haftzahlen kommt nach GEBAUER auch Straftätern zu, die gezielt einreisen, um<br />

Straftaten zu begehen, sowie touristischen Gelegenheitstätern. 104 Diese Klientel<br />

ist mit einem hohen Haftrisiko belastet, da anhand ihrer sozialen Umstände<br />

leichter Fluchtgefahr anzunehmen ist. Daneben ist in diesem Zusammenhang<br />

auch an amnestierte Gefangene <strong>und</strong> andere Straftäter aus der ehemaligen DDR<br />

zu denken, die in den Westen übergesiedelt sind <strong>und</strong> nach erneuter Straffälligkeit<br />

in den alten B<strong>und</strong>esländern statistisch zu Buche schlagen.<br />

Ein weiterer Faktor für den Anstieg der <strong>Untersuchungshaft</strong> wird in den Veränderungen<br />

der Ausländerkriminalität verortet. Einige Untersuchungen deuten<br />

darauf hin, dass der Zuwachs der Verhaftungszahlen besonders nicht ansässige,<br />

wenig integrierte Ausländer mit ungesichertem Aufenthaltsstatus betraf. 105 Ende<br />

der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre kam es zu anwachsenden Flüchtlings- <strong>und</strong><br />

Asylbewerberzahlen vor allem aus dem ehemaligen Jugoslawien, aber auch aus<br />

Entwicklungsländern. Bei dieser Personengruppe ist angesichts besonders<br />

nachteiliger Lebens- <strong>und</strong> Aufenthaltsbedingungen die Gefahr eines erhöhten<br />

Kriminalitätsaufkommens anzunehmen. Hinzu kommt, dass bei dieser Klientel<br />

sicherlich eine erhöhte Strafverfolgungsintensität besteht. 106 Dem entsprechend<br />

hatte sich der Ausländeranteil an den Tatverdächtigen von 1987 bis 1993 fast<br />

verdoppelt: 19,5 % im Jahre 1987 über 23,5 % 1989 bis zum Höchststand von<br />

103<br />

Albrecht, 1998, S. 1139.<br />

104<br />

Gebauer, StV 1994, S. 623.<br />

105<br />

Siehe Jehle, 1995, S. 50ff.; Albrecht, 1998, S. 1145ff.; Geiter, 1998, S. 55 m.w.N.<br />

106<br />

Diese Personengruppe unterliegt einer höheren sozialen Kontrolle <strong>und</strong> wird schneller angezeigt.<br />

Gebauer, StV 1994, S. 623.

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