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Frühe Strafverteidigung und Untersuchungshaft. Eine ... - Oapen

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2. Kapitel: Zur frühen Verteidigung von Untersuchungsgefangenen<br />

stichprobe (135,1 Tage) <strong>und</strong> der Gesamtheit aller Projektfälle (75,2 Tage) entspricht.<br />

Da diese Verkürzung jedoch nur für die 40 % der Untersuchungsgefangenen<br />

erwartet werden konnte, die an einem solchen Projekt teilnahmen, folgerte<br />

er für den gesamten <strong>Untersuchungshaft</strong>vollzug nur einen Verkürzungseffekt<br />

von maximal 24 Tagen. 409<br />

Als ein weiteres Ergebnis stellte SCHÖCH fest, dass die Kosten-Nutzen-<br />

Rechnung zugunsten des Projektes ausfalle. Für die Haftkosten seien mindestens<br />

100 DM (51 Euro) Haftkosten pro Tag in Rechnung zu stellen. Bei 24 Tagen<br />

Haftverkürzung mache das eine Haftkostenersparnis von ca. 2.400 DM (1227<br />

Euro) aus, davon seien durchschnittlich 376 DM (192 Euro) Aufwendungen für<br />

den Wahlverteidiger abzuziehen. 410 Somit führe jeder Projektfall zu einer Gesamtkostenersparnis<br />

von ca. 2.000 DM (1023 Euro). 411<br />

C. Resümee<br />

Es sind nur wenige rechtliche Möglichkeiten vorgesehen, dass einem erwachsenen<br />

Untersuchungsgefangenen früh ein Verteidiger bestellt wird. Der Schwerpunkt<br />

der Pflichtverteidigerbestellung liegt im Zeitpunkt nach Anklageerhebung,<br />

erst dann wird von Amts wegen ein Verteidiger bestellt (§ 141 Abs. 1 StPO). Im<br />

Ermittlungsverfahren hat der Untersuchungsgefangene die Möglichkeit, nach<br />

Ablauf von drei Monaten der Inhaftierung die Bestellung eines Verteidigers zu<br />

beantragen (§ 117 Abs. 4 Satz 1 StPO). Vor Ablauf der Frist des § 117<br />

Abs. 4 StPO hat der Beschuldigte, folgt man der herrschenden Meinung, nur die<br />

unsichere Beiordnungsmöglichkeit über den Umweg der Staatsanwaltschaft gemäß<br />

§ 141 Abs. 3 Satz 1, 2 StPO. 412<br />

Die verfügbaren empirischen Daten zeigen, dass die Verteidigungssituation<br />

der Untersuchungsgefangenen in vielerlei Hinsicht ungenügend ist. Etwa ein<br />

Drittel der Untersuchungsgefangenen bleibt während der Inhaftierung gänzlich<br />

unverteidigt. Ungefähr die Hälfte der Beschuldigten beauftragt einen Wahlverteidiger,<br />

der bei 18-28 % der Fälle später dem Beschuldigten beigeordnet wird.<br />

Bei 20-24 % wird ein Pflichtverteidiger bestellt, wobei der häufigste Bestellungsgr<strong>und</strong><br />

der § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO ist. Der durchschnittliche Verteidigungsbeginn<br />

eines Pflichtverteidigers liegt daher auch bei über 90 Tagen Haftdauer.<br />

Wahlverteidiger nehmen dagegen durchschnittlich das Mandat bereits nach<br />

409 Schöch, 1997, S. 73.<br />

410 Schöch, StV 1997, S. 327.<br />

411 Ebenda.<br />

412 Staatsanwaltschaften <strong>und</strong> Gerichte machen Praxisberichten zufolge aus fiskalischen Gründen<br />

in der Regel keinen Gebrauch von der Möglichkeit der Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren.<br />

Hahn, 1975, S. 83 m.w.N.<br />

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