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Naturrecht, Geschichte und Vernunft (I) - Tuomi

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ethik als auch des kritisch-rationalen individualistischen Dezisionismus wie auch als<br />

Widerlegung postmoderner Kritik an Metaphysik <strong>und</strong> <strong>Naturrecht</strong> gesehen werden.<br />

Schefold schreibt 58 : „Wenn der Mensch durch jene Teilhabe am Ewigen Gesetz<br />

immer schon im Prinzip selbständig ist, dann braucht er nicht mehr erst von der<br />

Integration in eine politische Gemeinschaft <strong>und</strong> von der Partizipation an ihrer Sittlichkeit<br />

seine Selbständigkeit zu erhoffen. Er verdankt diese dann letztlich einer der<br />

Gemeinschaft absolut übergeordneten, denkbar unabhängigen Instanz. Also kann<br />

auch er sogar der Gemeinschaft gegenüber radikal unabhängig sein, statt total auf sie<br />

angewiesen zu bleiben. Ist ihm allein schon mit dem ‚natürlichen’ Sitten- <strong>und</strong><br />

Rechtsgesetz seines Gewissens 59 die prinzipielle Möglichkeit selbständigen Urteilens<br />

gegeben, so hat er die Freiheit, einerseits die Gemeinschaft <strong>und</strong> deren Gesetze auch<br />

mit kritischen Augen zu sehen – <strong>und</strong> andererseits sich ihr aus seiner Gewissens-<br />

Autonomie heraus um so intensiver zuzuwenden. Frei ist er aber dann vor allem auch<br />

schon im Sinne jenes Gesetzes selbst. Von seiner ‚natürlich’-vernünftigen Freiheit<br />

her kann die „Souveränität“ eines dezisionistisch gedachten oder gearteten Willens<br />

nur noch als widersinnig erscheinen. Ist es der ‚Sinn’ solcher Freiheit, das Gute <strong>und</strong><br />

Gerechte wirklich zu tun, so brauchen die menschlichen Gesetze nicht (wie bei Hobbes<br />

<strong>und</strong> seinen Nachfolgern) als Einschränkung der natürlichen Freiheit des Menschen<br />

zu gelten.“ Ein Freiheitsgesetz, das als ‚natürliche’ Partizipation an einem ganz<br />

unbedingten ‚Gesetz’ menschlicher Beliebigkeit entzogen sei, zeige erst dem das<br />

Gesicht der Macht, der sich in Widerspruch zu ihm begebe. Es (das Freiheitsgesetz)<br />

erlaube die Konzeption menschlicher Gesetze, die Freiheitsregeln für freie Bürger<br />

geben <strong>und</strong> nur gegenüber Unvollkommenen <strong>und</strong> Schlechten unter gewissen Bedingungen<br />

auch als Erziehungs- oder Zwangsgesetze wirken. Ein Gedanke, wie ihn<br />

ähnlich auch J. Schwartländer als Herausgeber einer beeindruckenden, interkulturell<br />

<strong>und</strong> interreligiös konzipierten Reihe menschenrechtlicher Publikationen vertritt. 60<br />

5. Die metaphysisch-religiöse Gewissensdimension als geschichtliche Wirkkraft<br />

gegen Diktatur <strong>und</strong> Tyrannis<br />

Freiheitliches, verantwortungsbewußtes gesellschaftliches Denken <strong>und</strong> Handeln<br />

haben seit jeher aus der metaphysisch-religiösen Dimension ihre vielleicht stärkste<br />

Motivation erhalten – der Widerstand gegen Hitler auf der einen, der moralische<br />

Impetus beim Wiederaufbau 61 des nicht zuletzt auch moralisch zerstörten Staatswesens<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland könnten als jüngere Beispiele der<br />

<strong>Geschichte</strong> genannt werden –, wie umgekehrt gerade die jüngste <strong>Geschichte</strong> totalitärer<br />

Staatssysteme des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts darauf hindeutet, wie sehr diese Totalitarismen<br />

aus dem Fehlen authentischer, statt dessen zu ideologischen Zwecken aus der<br />

Instrumentalisierung <strong>und</strong> immanentistischen Umdeutung metaphysisch-religiöser<br />

Sinn- <strong>und</strong> Glaubenswelten entstanden sind, jedenfalls, wie Evelyn Völkel dies in ihrer<br />

gründlichen, aufschlußreichen Dissertation dargestellt hat, die Frage aufwerfen, ob<br />

sie nicht als „das Produkt einer säkularen Religion“ zu verstehen seien. 62 Es besteht<br />

somit Anlaß, die Dimensionen der Metaphysik <strong>und</strong> der Religion nicht zu unterschätzen,<br />

ihnen genügend Beachtung zu schenken <strong>und</strong> sie nicht aus vermeintlich realpolitischer<br />

Sicht als zu vernachlässigende Elemente zu betrachten. 63<br />

Anmerkungen<br />

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