000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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In der Tat ist die erste größere Stadt von Alexandria nilaufwärts die Nomenhauptstadt<br />
Andronpolis, am West-Rand des Deltas gelegen. In römischer Zeit lautet<br />
ihr Name Aelia Andropolis. Sie muß von bedeutender Größe gewesen sein, da sie als<br />
Besatzung eine Legion trug259 . Farquhar weist darauf hin, daß der griechische Text<br />
der Akten nach der Nennung des Städtenamens hinzusetzt: »eine königliche<br />
Stadt« 260 . Damit versucht er, sich der Möglichkeit einer Erklärung dafür zu nähern,<br />
daß hier die Hochzeit einer königlichen Tochter gefeiert wird, und weist darauf hin,<br />
daß die Steuereinnahmen der Stadt Andronpolis in ptolemäischer Zeit dem ›Nadelgeld‹<br />
der Königin zugewiesen waren261 .<br />
Wie in den anderen von Rom eingezogenen oder noch einzuziehenden (Klein-)<br />
Königreichen des Nahen Ostens, dürfte auch in Ägypten die königliche Familie weiterhin<br />
mit besonderen Vorrechten ausgestattet geblieben sein262 .<br />
So ist das Szenario, in das uns die Akten einführen, nicht so unwahrscheinlich, wie<br />
Farquhar annehmen zu müssen glaubt263 . Auch eine jüdische Flötenspielerin dort anzutreffen,<br />
befremdet nicht264 . Ebensowenig ist die Ordnung, nach der der König seine<br />
Gäste einläd, zu verwundern. Dort heißt es zwar:<br />
»And the heralds have been permitted by the king to proclaim, that every one<br />
should come to the feast, both poor and rich, and slaves and freemen, and<br />
strangers and citizens. And every one who does not come to the feast, is in<br />
danger of the anger of the king265 ».<br />
So sehr aber dieser Einladungsmodus dem vom königlichen Hochzeitsmahl des NT<br />
widerspricht – dort sind die Armen, die Krüppel und Blinden erst nach dem Ausbleiben<br />
der vornehmen Gäste willkommen266 – so sehr entspricht er dem des Königs<br />
Antiochos I. von Kommagene, in der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. verkündet und<br />
259) s. RE, Bd AI2, Stuttgart 1894, s.v. Andronpolis Sp 2168 (Pietschmann).<br />
260) s. Akten Nr. 4 bzw. Farquhar 1972, 22 (I, 96f.).<br />
261) s. Farquhar 1972 a.O.<br />
262) Bezüglich der lebhaften, dazu finanziell äußerst aufwendigen Aktivitäten nahezu aller königlichen<br />
Familien des Nahen Ostens auch nach ihrer Entmachtung durch die römische Zentralgewalt s. zuletzt<br />
ausführlich H. Waldmann, Die kommagenischen Gottkönige und ihre θεο επήκοοι, in: Proceedings<br />
of the 2 nd European Conference of Iranian Studies held in Bamberg, 30 th Sept. to 4 th Oct. 1991, Rom 1995,<br />
719–743 und Taf. LI-LII, passim (= Aufsätze XV).<br />
263) s. Farquhar 1972, 22 (I, 96f.).<br />
264) Die Verlegung unseres ›Andronpolis‹ in das Gebiet der süd-indischen ›Andhra‹, wie von<br />
A. v.Gutschmid mit Berufung auf Plinius nat.hist. VI 19 22 67 vorgeschlagen (s. Klijn 1962, 164), stößt sich<br />
ein wenig an dieser unserer ›jüdischen Flötenspielerin‹ – so dicht dürfte die dortige jüdische Diaspora (s.<br />
oben das Kap. 1 e) doch nicht besetzt gewesen sein. Die Verlegung von ›Andronpolis‹ nach ›Andhra‹ stößt<br />
sich allerdings noch mehr daran, daß die Akten in dem Teil des Textes, in dem wir uns im Augenblick<br />
bewegen, noch keineswegs das Reich des Gondophares betreten, geschweige denn verlassen hätten. Letzteres<br />
geschieht erst ab der Nr. 68.<br />
265) s. Akten Nr. 4.<br />
266) s. Mat 9f. bzw. Luk 14,21. – Es ist diese Szene also offensichtlich nicht nach irgendeinem biblischen<br />
Topos geformt. Das spricht zunächst einmal für ihre Echtheit.<br />
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