000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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möchte, auch hier liegt eine andere Erklärung näher, eine Erklärung, die zudem die größte historische Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der einzige tatsächlich gegebene Anhaltspunkt, den wir in der Hand halten, um die Auswahl begreiflich zu machen, die Habban unter den zahlreichen Gemeinden traf, die gewiß gleichfalls gerne die Reliquien eines Apostels besessen hätten, ist das offensichtlich ursprünglich vorhandene Interesse des Heiligen selbst an dieser Stadt, das ihn nicht nur dazu bewogen hatte, die Zusage des Herren zu erfüllen und Thaddäus nach Edessa zu senden, vielmehr, wie es scheint, in späteren Jahren auch dazu, die Stadt brieflich143 von seinem Wirken zu unterrichten. Dieser Umstand dürfte es dann auch gewesen sein, der Habban schließlich zu der Überlegung führte, daß eine translatio gerade nach Edessa dafür bürgen würde, daß die Reliquien des Apostels Thomas in eben der Stadt, der er das Heil vermittelte, besonders freudig und dankbar aufgenommen würden. Zu diesem Argument aber, und das möchte hier entscheidend gewesen sein, gesellte sich für den praktisch denkenden Kaufmann Habban jedoch als weiterer, gewiß nicht weniger gewichtiger Faktor die Erwartung, daß das inzwischen zum Christentum bekehrte Königshaus Edessas – und deren hatte die Welt damals nur wenige, wenn überhaupt noch eines, vorzuweisen – eine Garantie dafür darstellte, daß die Verehrung des Märtyrers auch einen würdigen öffentlichen Rahmen erhielt. Ephräms schon mehrfach zitierter Thomas-Hymnus, dessen erste Strophe mit der bewundernden Aussage schließt: »A merchant thy bones conveys; A Pontiff assigns thee a feast, A King a shrine erects«, zeigt, daß Habban sich in dieser seiner Erwartung nicht getäuscht sah. h. Habban der Kaufmann und Handelsbevollmächtigte des Königs Gondophares von Parthien Auch zu dem Lebensabschnitt des Heiligen Thomas, dem wir uns nun zuwenden wollen, nämlich dem Zeitpunkt des Aufbruchs des Apostels Thomas in das Reich des Gondophares, stabilisieren sich mit den gerade vorgestellten Erkenntnissen zu Habban das, was Farquhar in ihm sieht, und die Rolle, die er ihm zuschreibt. Dieser Mann erscheint bei weitem reichlicher belegt, als man dies angesichts seiner bislang mit Bezug auf Thomas als Einzelfall angesehenen Erwähnung in den Akten 144 annehmen zu müssen glaubte 145 . Doch wollen wir angesichts der hervorragenden Rolle, die 143) s. oben S. 25–27. 144) s. Klijn, 1962, 160 mit Berufung auf F.C. Burkitt, The Name Habban, in: JTS 2, 1901, 429. 145) Auch die Spekulationen, die Burkitt wenig später anstellt: »It is surely significant that in the only ancient Roman deed of sale of a slave from Mesopotamia which has found its way into a modern library the name of the slave is ›Abbanes‹, …«, erwiesen sich damit als gegenstandslos, s. F.C. Burkitt, Early Eastern Christianity. St. Margaret’s Lectures 33

Habban offensichtlich im Leben des Apostels Thomas wie auch noch nach dessen Tode gespielt hat, doch jetzt einmal gezielt Ausschau danach halten, ob wir über die Identität dieses Mannes und seine Lebensstellung nicht noch Näheres erfahren können, bevor wir uns der nächsten Frage, der nach dem Zeitpunkt des Aufbruchs des Heiligen Thomas nach Indien zuwenden wollen. Als Farquhar zur Beantwortung des Problems, wie die Nachrichten von der Indien- Reise des Apostels Thomas gerade nach Edessa gelangten, eine – wie sich herausstellte: unnötige 146 – Verbindung mit des Thaddäus edessener Gastgeber Tobias, Sohn des Tobias, herzustellen versuchte, wies er in diesem Zusammenhang doch auch darauf hin, daß der ›parthische Kaufmann‹ Habban ein Jude gewesen sein dürfte, stellt ›Habban‹ doch im Unterschied zu den (indo-europäischen) Namen seiner Auftraggeber, den Akten 2 genannten Königen Gondophares und Gad, eine semitische Namensform dar 147 . Mag er nun – wie Farquhar weiterhin annimmt 148 – ein parthischer Jude gewesen sein, der zu den »Parthern, Medern, Elamitern und Bewohnern von Mesopotamien« gehörte, die 33 n. Chr. beim Pfingstereignis in Jerusalem zugegen waren und sich bei dieser Gelegenheit taufen ließen 149 , oder auch nicht: Ein Christ war er – wir werden noch ausführlich darauf einzugehen haben 150 – und, was hier an dieser Stelle von Wichtigkeit ist: Es ist keineswegs erstaunlich, Habban als den Handelsbevollmächtigten eines vorderasiatischen Königshauses anzutreffen. Als solchen bezeichnen ihn jedenfalls die Akten zu wiederholten Malen, wie z.B. dort, wo sie ihn in das Geschehen einführen als: »Habban … sent by king Gudnaphar, that he might bring to him a skilful carpenter 151 «, oder ein wenig weiter, wo sie ihn schlichtweg: »Habban, the merchant of king Gudnaphar« nennen 152 . Denn Farquhar kann zum einen nachweisen, daß der Titel, den die Akten Habban zuweisen, nämlich ›Kaufmann des Königs‹, schon im Maurya-Reich, das der parthischen Herrschaft in dieser Region Indi- 1904 on the Syriac-speaking Church, London 1904, 205f. Burkitt scheint hier dem Leser insinuieren zu wollen, daß ›man‹ bei der ›Erdichtung‹ der Thomas-Legende spät in der Kaiserzeit gerade deshalb auf den Namen Habban und den Gedanken kam, Thomas zu dessen Sklaven zu machen, weil in Mesopotamien und speziell zu dieser Zeit der Name ›Habban‹ in Verbindung mit ›Sklaventum‹ geläufig gewesen wäre. Doch dürfte diese Gedankenverbindung etwas zu weit hergeholt sein. 146) s. oben die Seiten 25–27. 147) s. Farquhar 1972, 9 (I, 86). 148) s. Farquhar 1972 a.O. 149) s. Apg 2,9 bzw. 38–41. 150) s. unten S. 47f. 151) s. Akten 2, hier wiedergegeben als Quellentext Nr. 1. – Die übrigen Zeugnisse dafür, daß der Apostel von Habban angeworben wurde, um als Baumeister (Zimmermann) einen Palastbau durchzuführen, sind in den Akten wie auch in den anderen antiken Bezeugungen in Hymnen, liturgischen Gebeten oder sonstigen Berichten so zahlreich, daß hier darauf verzichtet werden kann, sie ähnlich wie bei der Frage nach dem ›Sklaventum‹ des Thomas, seinem Tode durch einen ›Speer‹ etc. einzeln aufzuführen. 152) s. Akten a.O. 34

möchte, auch hier liegt eine andere Erklärung näher, eine Erklärung, die zudem die<br />

größte historische Wahrscheinlichkeit für sich hat. Der einzige tatsächlich gegebene<br />

Anhaltspunkt, den wir in der Hand halten, um die Auswahl begreiflich zu machen,<br />

die Habban unter den zahlreichen Gemeinden traf, die gewiß gleichfalls gerne die<br />

Reliquien eines Apostels besessen hätten, ist das offensichtlich ursprünglich vorhandene<br />

Interesse des Heiligen selbst an dieser Stadt, das ihn nicht nur dazu bewogen<br />

hatte, die Zusage des Herren zu erfüllen und Thaddäus nach Edessa zu senden, vielmehr,<br />

wie es scheint, in späteren Jahren auch dazu, die Stadt brieflich143 von seinem<br />

Wirken zu unterrichten.<br />

Dieser Umstand dürfte es dann auch gewesen sein, der Habban schließlich zu der<br />

Überlegung führte, daß eine translatio gerade nach Edessa dafür bürgen würde, daß<br />

die Reliquien des Apostels Thomas in eben der Stadt, der er das Heil vermittelte,<br />

besonders freudig und dankbar aufgenommen würden.<br />

Zu diesem Argument aber, und das möchte hier entscheidend gewesen sein, gesellte<br />

sich für den praktisch denkenden Kaufmann Habban jedoch als weiterer, gewiß<br />

nicht weniger gewichtiger Faktor die Erwartung, daß das inzwischen zum Christentum<br />

bekehrte Königshaus Edessas – und deren hatte die Welt damals nur wenige,<br />

wenn überhaupt noch eines, vorzuweisen – eine Garantie dafür darstellte, daß die<br />

Verehrung des Märtyrers auch einen würdigen öffentlichen Rahmen erhielt.<br />

Ephräms schon mehrfach zitierter Thomas-Hymnus, dessen erste Strophe mit der<br />

bewundernden Aussage schließt:<br />

»A merchant thy bones conveys;<br />

A Pontiff assigns thee a feast,<br />

A King a shrine erects«,<br />

zeigt, daß Habban sich in dieser seiner Erwartung nicht getäuscht sah.<br />

h. Habban der Kaufmann und Handelsbevollmächtigte<br />

des Königs Gondophares von Parthien<br />

Auch zu dem Lebensabschnitt des Heiligen Thomas, dem wir uns nun zuwenden wollen,<br />

nämlich dem Zeitpunkt des Aufbruchs des Apostels Thomas in das Reich des<br />

Gondophares, stabilisieren sich mit den gerade vorgestellten Erkenntnissen zu<br />

Habban das, was Farquhar in ihm sieht, und die Rolle, die er ihm zuschreibt. Dieser<br />

Mann erscheint bei weitem reichlicher belegt, als man dies angesichts seiner bislang<br />

mit Bezug auf Thomas als Einzelfall angesehenen Erwähnung in den Akten 144 annehmen<br />

zu müssen glaubte 145 . Doch wollen wir angesichts der hervorragenden Rolle, die<br />

143) s. oben S. 25–27.<br />

144) s. Klijn, 1962, 160 mit Berufung auf F.C. Burkitt, The Name Habban, in: JTS 2, 1901, 429.<br />

145) Auch die Spekulationen, die Burkitt wenig später anstellt:<br />

»It is surely significant that in the only ancient Roman deed of sale of a slave from Mesopotamia which has<br />

found its way into a modern <strong>lib</strong>rary the name of the slave is ›Abbanes‹, …«,<br />

erwiesen sich damit als gegenstandslos, s. F.C. Burkitt, Early Eastern Christianity. St. Margaret’s Lectures<br />

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