000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Hl. Thomas war, auch schreibt: der Leib sei erst »post multum tempus« nach Edessa übertragen worden 123 , so steht die durchaus lebensvolle Erzählung Akten 170 dem Ereignis doch weit näher. Zudem möchten die indischen Informanten des Theodoros – Inder haben ohnehin kein so ausgeprägtes Verhältnis zu historischer Exaktheit 124 – auch wenn sie es im sechsten Jahrhundert noch besser gewußt haben sollten, den Reisenden nicht unbedingt darüber aufzuklären gewünscht haben, daß ihnen der heilige Leib schon kurz nach dem Martyrium abhanden kam. Die Akten dagegen dürften sich vor ihrer edessenischen Leserschaft nicht allzuweit von der am Ort gewiß nur zu bekannten Wahrheit über den tatsächlichen Zeitpunkt der Überführung entfernt haben 125 . Wenn Burkitt schließlich aufgrund der historischen Ungereimtheiten der doctrina Addaei darauf schließen zu müssen glaubt, Edessa habe das Christentum überhaupt erst im zweiten Jahrhundert angenommen 126 , dann ist dem entgegenzuhalten, was Burkitt selbst wenige Seiten vorher z.B. über das außerordentliche Ansehen berichtet, dessen sich die Kopien der Briefe von König Abgar und Jesu im Nahen Osten erfreuten 127 . Vielleicht ist auch hier nochmal der Ort, auf die zahlreichen, auch in den Akten enthaltenen Hinweise aufmerksam zu machen, die auf einen frühen und massiven Einbruch der christlichen Predigt in die Hauptstadt der Osrhoene schließen lassen, nämlich auf die Anzeichen frühester Entstehung in der edessener Predigt des Herrenjüngers Thaddäus 128 , nicht zuletzt aber auf die erstaunliche Tatsache, daß in der umfangreichen, um Thomas entstandenen edessener Literatur ausschließlich die Namensform ›Judas-Thomas‹ für unseren Indienmissionar verwendet wurde, eine Tatsache, deren grundlegende Bedeutung für den Nachweis der extrem frühen Chri- Wie Medlycott weiterhin nachweist, verfügte Gregor sogar persönlich über Syrischkenntnisse, s. a.O. 246. So wäre es nicht erstaunlich, wenn der Geschichtsschreiber Theodoros diesen im Frankenreich aufgesucht hätte. Darauf, daß es sich nicht um irgendeinen Theodoros gehandelt haben dürfte, der Gregor von seiner Reise unterrichtete, weist insbesondere der Umstand, daß letzterer den Namen seines Informanten ohne nähere Erläuterung setzt, die Kenntnis dieses Reisenden und religiösen Geschichtsforschers also als gegeben voraussetzt. Ein solcher allgemein bekannter Geschichtsforscher namens Theodoros, von dem man zugleich annehmen kann, daß er auch Indien besucht hatte, war zu dieser Zeit aber nur Theodoros Lektor, den Gregor – und das dürfte schließlich als das Wahrscheinlichste anzusehen sein – als junger Mann in Konstantinopel aufgesucht haben möchte. Floruit Theodoros um 530. 123) Gregor von Tours mirac.liber 1,32. 124) s. oben S. 4f. 125) Farquhar führt 1972, 64 (II, 39f.) für seine Spätdatierung auch die Verse Ephräms an, nach denen »ein Bischof die Festfeier festgesetzt habe, ein König aber den Schrein (die Kirche) errichtet« (den Text s. unten S. 191f.), und fährt fort, daß Edessa im ersten Jahrhundert jedoch keinen Bischof besessen habe. Wenige Seiten vorher stellt er aber fest, (ähnlich Burkitt a.O. 17f. und Harnack a.O. 680f., jeweils auf Grundlage der doctrina Addaei), daß auf den Herrenjünger Thaddäus (Addai) dessen Schüler Aggai folgte, sodaß auch um 99 n. Chr., als Aggai Edessa zur Mission weiterer Länder verließ und in den Osten aufbrach, die Stadt einen Bischof besessen hat, s. Farquhar 1972, 60f. (I, 37). 126) s. Burkitt a.O. 19. 127) s. oben S. 24. 128) s. oben S. 22–24. 29

stianisierung Edessas wir gerade erst anhand Farquhars Argumentationen herausgearbeitet haben 129 . 30 f. Khabin/Habban, der Kaufmann, der die Gebeine des Apostels Thomas nach Edessa brachte Hier nun ist wieder130 auf einen Text aufmerksam zu machen, der sich, aus der örtlichen Tradition schöpfend und für Edessa geschrieben, ähnlich den Angaben der Thomas-Akten zu den edessener Verhältnissen nicht allzuweit von der Wahrheit entfernen durfte. Klijn zitiert ihn in seinem Kommentar zu der Nachricht von der frühen Überführung der Gebeine St. Thomas’ am Ende der Akten. O Thoma, quaenam est prosapia tua adeo illustris evadas? Mercator attulit ossa tua et pontifex solemnitatem tibi instituit atque rex templum aedificavit131 . Erstaunt lernen wir hier, daß ein Kaufmann die Gebeine des Heiligen nach Edessa verbrachte132 . Fragen wir uns aber, wie die Nachricht vom Tode des Apostels so früh nach Edessa gelangen konnte, so lautet die Lösung jetzt natürlich: Von diesem Kaufmann stammt sie und erreichte die Stadt zusammen mit den Gebeinen. Wenn Farquhar für diese Nachricht noch eigens Briefe annehmen zu müssen glaubt, geschrieben von Habban, dem Kaufmann, der Thomas jedenfalls auf seiner 129) s. oben a.O. Zu ergänzen sind solche Hinweise natürlich durch Beobachtungen wie der von Klijn mitgeteilten, daß zur Zeit der schon erwähnten großen Flut von 201 (s. oben S. 25 zu Assemani) in Edessa bereits ein Kirchenbau bestand, der bei dieser Gelegenheit allerdings dem Wüten des Daisan zum Opfer fiel, s. Klijn, Edessa, 1965, 24, ganz abgesehen von den Belegen frühester christlicher Schriftsteller-Tätigkeit in Edessa, die Klijn aufgrund seiner Beobachtungen an den ›Oden Salomos‹ und dem ›Thomas-Evangelium‹ aufzählt, s. a.O. 42–83. Erstere datiert er an den Anfang des zweiten (!) Jahrhunderts, letzteres in die Mitte dieses zweiten Jahrhunderts, s. a.O. 42; zum Thomas-Evangelium s. Näheres unten S. 135–137. 130) Wir zitierten ihn bereits oben in Anm 125; in englischer Fassung bietet ihn der ›Quellentext 10‹ unten auf S. 191f. 131) Seine lateinische Fassung stammt aus T.J. Lamy, Sancti Ephraem Syri Hymni et Sermones, Bd IV, Mechelen 1902, c. 703–704: s. Klijn 1962, 304. Der Text lautet übersetzt: »Oh Thomas, welch’ einem Geschlecht mußt Du entstammen, so herrlich wie Dein Ausgang ist? Ein Kaufmann brachte Deine Gebeine, ein Bischof setzt’ ein Fest Dir ein, ein König baut’ Dir den heiligen Schrein.« 132) Zumindest an noch zwei weiteren Stellen spricht Ephräm ausdrücklich davon, daß ein ›Kaufmann‹ die Gebeine nach Edessa brachte, s. Kuriakose 1982, 4f. Ausführlich zum ›Kaufmann‹ Habban s. unten die S. 43–47.

Hl. Thomas war, auch schreibt: der Leib sei erst »post multum tempus« nach Edessa<br />

übertragen worden 123 , so steht die durchaus lebensvolle Erzählung Akten 170 dem<br />

Ereignis doch weit näher.<br />

Zudem möchten die indischen Informanten des Theodoros – Inder haben ohnehin<br />

kein so ausgeprägtes Verhältnis zu historischer Exaktheit 124 – auch wenn sie es im<br />

sechsten Jahrhundert noch besser gewußt haben sollten, den Reisenden nicht unbedingt<br />

darüber aufzuklären gewünscht haben, daß ihnen der heilige Leib schon kurz<br />

nach dem Martyrium abhanden kam. Die Akten dagegen dürften sich vor ihrer<br />

edessenischen Leserschaft nicht allzuweit von der am Ort gewiß nur zu bekannten<br />

Wahrheit über den tatsächlichen Zeitpunkt der Überführung entfernt haben 125 .<br />

Wenn Burkitt schließlich aufgrund der historischen Ungereimtheiten der doctrina<br />

Addaei darauf schließen zu müssen glaubt, Edessa habe das Christentum überhaupt<br />

erst im zweiten Jahrhundert angenommen 126 , dann ist dem entgegenzuhalten, was<br />

Burkitt selbst wenige Seiten vorher z.B. über das außerordentliche Ansehen berichtet,<br />

dessen sich die Kopien der Briefe von König Abgar und Jesu im Nahen Osten<br />

erfreuten 127 . Vielleicht ist auch hier nochmal der Ort, auf die zahlreichen, auch in den<br />

Akten enthaltenen Hinweise aufmerksam zu machen, die auf einen frühen und massiven<br />

Einbruch der christlichen Predigt in die Hauptstadt der Osrhoene schließen<br />

lassen, nämlich auf die Anzeichen frühester Entstehung in der edessener Predigt des<br />

Herrenjüngers Thaddäus 128 , nicht zuletzt aber auf die erstaunliche Tatsache, daß in<br />

der umfangreichen, um Thomas entstandenen edessener Literatur ausschließlich die<br />

Namensform ›Judas-Thomas‹ für unseren Indienmissionar verwendet wurde, eine<br />

Tatsache, deren grundlegende Bedeutung für den Nachweis der extrem frühen Chri-<br />

Wie Medlycott weiterhin nachweist, verfügte Gregor sogar persönlich über Syrischkenntnisse, s. a.O. 246.<br />

So wäre es nicht erstaunlich, wenn der Geschichtsschreiber Theodoros diesen im Frankenreich aufgesucht<br />

hätte. Darauf, daß es sich nicht um irgendeinen Theodoros gehandelt haben dürfte, der Gregor von seiner<br />

Reise unterrichtete, weist insbesondere der Umstand, daß letzterer den Namen seines Informanten ohne<br />

nähere Erläuterung setzt, die Kenntnis dieses Reisenden und religiösen Geschichtsforschers also als gegeben<br />

voraussetzt. Ein solcher allgemein bekannter Geschichtsforscher namens Theodoros, von dem man<br />

zugleich annehmen kann, daß er auch Indien besucht hatte, war zu dieser Zeit aber nur Theodoros Lektor,<br />

den Gregor – und das dürfte schließlich als das Wahrscheinlichste anzusehen sein – als junger Mann in<br />

Konstantinopel aufgesucht haben möchte. Floruit Theodoros um 530.<br />

123) Gregor von Tours mirac.<strong>lib</strong>er 1,32.<br />

124) s. oben S. 4f.<br />

125) Farquhar führt 1972, 64 (II, 39f.) für seine Spätdatierung auch die Verse Ephräms an, nach denen<br />

»ein Bischof die Festfeier festgesetzt habe, ein König aber den Schrein (die Kirche) errichtet« (den Text s.<br />

unten S. 191f.), und fährt fort, daß Edessa im ersten Jahrhundert jedoch keinen Bischof besessen habe.<br />

Wenige Seiten vorher stellt er aber fest, (ähnlich Burkitt a.O. 17f. und Harnack a.O. 680f., jeweils auf<br />

Grundlage der doctrina Addaei), daß auf den Herrenjünger Thaddäus (Addai) dessen Schüler Aggai folgte,<br />

sodaß auch um 99 n. Chr., als Aggai Edessa zur Mission weiterer Länder verließ und in den Osten<br />

aufbrach, die Stadt einen Bischof besessen hat, s. Farquhar 1972, 60f. (I, 37).<br />

126) s. Burkitt a.O. 19.<br />

127) s. oben S. 24.<br />

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