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000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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des Märtyrers seien schon zu Lebzeiten des Königs, unter dem Thomas starb, in den<br />

Westen gebracht worden 118 .<br />

So kann man – zunächst einmal – annehmen, die Reliquien des Apostels seien<br />

schon früh, vielleicht bereits im ersten Jahrhundert, nach Edessa gebracht worden.<br />

Denn wenn die Akten sagen, daß sie in den »Westen« verbracht wurden, kann damit<br />

– das wußte jeder der ursprünglich edessenischen Leser der Thomas-Akten – nur ihre<br />

Heimatstadt gemeint gewesen sein, wie denn schon die griechische Version unseres<br />

Textes an dieser Stelle einfach »Mesopotamien« liest 119 .<br />

Ein Kreis schließt sich. Hoben die Akten, historisch gesehen, nach kurzer, Bekanntes<br />

aufgreifender Einleitung, in ihrem Mittelteil auch ab, um den Leser in das luftige<br />

Reich einer phantasievollen, Christi Leben parallel gesetzten 120 und nicht zuletzt<br />

gnostisch-enkratistischen Erzählung zu entführen, so entlassen sie ihn – psychologisch<br />

geschickt – am Ende der verwirrenden Reise wieder auf den Boden bekannter<br />

Tatsachen: An den Schluß eines Märchens gehört einfach etwas, das wieder in die<br />

Wirklichkeit zurückführt, und wäre es nur ein: »Und wenn sie nicht gestorben sind,<br />

so leben sie heute noch« 121 .<br />

Doch müssen wir auf die Frage des exakten Zeitpunkts der Überführung der Reliquien<br />

des Apostels Thomas nach Indien nocheinmal eingehen. Ein terminus post<br />

quem ist für diese m.W. nicht bekannt. Wenn Gregor von Tours (538 – 593) aufgrund<br />

des Berichtes, den ein Theodoros 122 ihm gab, der selber am Ort des Martyriums des<br />

118) »And he (i.e. der König, unter dem Thomas starb) did not find the bones, for one of the brethren<br />

had taken them away secretly and conveyed them to the West«, s. hier unten a.O. Medlycott diskutiert alle<br />

Möglichkeiten von König Mazdai bis hin in die Mitte des dritten Jahrhunderts (Lipsius). Doch kann er sich<br />

für keinen bestimmten Zeitpunkt, an dem die translatio stattgefunden haben möchte, entscheiden,<br />

s. Medlycott 1905, 294–297, obwohl er in seinen Texten doch schon alle Belege für die Frühdatierung beisammen<br />

hatte: s.u. S. 31f. Farquhar setzt sich mit viel Phantasie aber ohne Beweise für die Zeit um 165 ein,<br />

s. Farquhar 1972, 60–65 (II, 36–41), schreckt auch nicht davor zurück, für die Durchführung der translatio<br />

einen regelrechten ›theft‹, einen ›Diebstahl‹, anzunehmen, s. a.O. 64f. (II, 40).<br />

119) s. Farquhar 1972, 58 Anm 4 (II, 35 Anm 2), bzw. Klijn 1962, 304.<br />

120) Eine anschauliche Charakteristik der Parallelität zu Jesu Leben gibt Farquhar 1972, 7–9 (I, 85f.).<br />

121) Näheres zu der Art, in der die Schreiber der syrischen Thomas-Akten ihre historisch echten Vorlagen<br />

benutzten, um ihrer Arbeit zu Ende mit einer Textpassage zu versehen, die dazu angetan war, dem<br />

Leser den Eindruck zu vermitteln, während des ganzen Berichts sich auf historisch zuverlässigem Terrain<br />

befunden zu haben, s. unten auf der Seite 139f. im Teil 5 der Arbeit die Nr. 3: ›Die georgische Version des<br />

›Martyriums‹ Thomas’‹.<br />

122) Bei dem ›Mönch‹ Theodor, wie die moderne Literatur heute den Informanten Gregors zu nennen<br />

pflegt (s. z.B. Mundadan 1984, 56 und öfter; anders M.K. Kuriakose, History of Christianity in India:<br />

Source Materials, Madras 1982, 8, der ihn schlicht ›pilgrim‹ nennt.) möchte es sich tatsächlich um<br />

Theodoros Lektor gehandelt haben. Zu diesem s. LThK Bd 10, 1965, Sp 41 s.v. (H. Rahner). Theodoros<br />

war der Autor der durch die Legenda Aurea des Jacobus de Voragine im Mittelalter zu großer Berühmtheit<br />

gelangten Historia tripertita, so genannt, weil sie einen Auszug aus den Kirchenhistorikern Sokrates,<br />

Sozomenos und Theodoret darstellte, allerdings gefolgt von einer selbständigen Fortsetzung bis zum<br />

Regierungsende Kaiser Justinus’ I. im Jahre 527. Gregor, selbst Geschichtsschreiber, »politisch und religiös<br />

der einflußreichste Mann im Frankenreich« besaß (so das LThK Bd 4, 1960, s.v. Gregor v. Tours,<br />

Sp 1193f.) in der Tat weitreichende Beziehungen, selbst in den syrischen Osten, s. Medlycott 1905, 247.<br />

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