000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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akterisiert und werden unten noch weitere Stücke eben dieser Machart kennenlernen<br />
87 – da sie im Gegenteil ganz ungnostisch, ja antignostisch, dafür aber früh-christlich!,<br />
Jesu Selbstentäußerung und Erniedrigung betonen, ist ihre späte Fälschung<br />
unwahrscheinlich, ein frühes Entstehen dagegen gefordert. Denn Formulierungen,<br />
wie das von Thaddäus gebrauchte »εσµίκροσεν α υτου τν θετητα« 88 eignet gleich<br />
dem Wort von der κένωσις des Christushymnus des Philipper-Briefes (ältestes<br />
Traditionsgut!), nicht nur ein bewußt antignostischer Impuls 89 , sie waren vielmehr,<br />
wie nicht zuletzt der Christushymnus des Philipper-Briefes erkennen läßt, ältestes<br />
christliches Ausdrucksmittel dafür, daß Christus sich in die Vorstellungen vom<br />
gnostischen Erlösermythos nicht einfügt. Dessen ›Heiland‹ durfte nicht leiden: Er<br />
mußte ein weltlich Großer sein 90 .<br />
Denn als weiteres, hier nur kurz zu behandelndes Element, das auf ein außerordentlich<br />
hohes Alter des von Eusebius überlieferten Berichtes hinweist, hat die<br />
Bekenntnisformel zu Ende des Kapitels insgesamt zu gelten – abgesehen von ihren<br />
gerade besprochenen Aussagen zur Selbstentäußerung Christi. Der Text ist dem<br />
Christushymnus des Philipperbriefes nicht nur ebenbürtig in seiner frühchristlichen<br />
Begeisterung, mit der er für die menschliche Demut Christi einsteht. Mit seinen gedrängten,<br />
ungewöhnlich detailreichen Aussagen zur Höllenfahrt Christi – uns heute<br />
fast nur noch aus dem kurzen »… abgestiegen zu der Hölle …« des Apostolikums<br />
bekannt – ergänzt er den Hymnus um Aspekte, die gerade der urkirchlichen Predigt<br />
am Herzen lagen, nämlich die erlösende Wirkung des Leidens Christi für die Gerechten,<br />
die vor Christus die Erde bevölkerten. Dieser Punkt nahm mit dem Anwachsen<br />
der Kirche in seiner Bedeutung rasch ab, wurde später kaum noch beachtet 91 : Alles<br />
Hinweise sowohl auf die Authentizität als auch das extrem frühe Entstehen des von<br />
Eusebius über Thaddäi edessener Glaubensverkündigung Mitgeteilten 92 .<br />
87) s. unten auf S. 135–139 die Kapitel »Das sog. Thomas-Evangelium« bzw. »Das Kindheitsevangelium<br />
des Thomas«.<br />
88) s. HE I,13.<br />
89) s. H. Waldmann, Heilsgeschichtlich verfaßte Theologie und Männerbünde, <strong>Tübingen</strong> 1994, 97<br />
bzw. 153f.<br />
90) s. Waldmann 1994 a.O. – Da mit Sicherheit festzustellen ist, daß der sich an Thaddäi Predigt anschließende<br />
Briefwechsel Abgar/Tiberius, den die doctrina Addaei überliefert, auf das Jahr 35/36 n. Chr. zu<br />
datieren ist (s. unten die Anm 832), dürfte der Besuch des Herrenjüngers Thaddäus näherhin in der von<br />
Eusebius angegebenen Zeit kurz nach Jesu Himmelfahrt, d.h.: in den Jahren 33/34 erfolgt sein.<br />
91) Nur Paulus bemüht sich an versteckter Stelle noch um die in den Zeiten der Urkirche zur Erlangung<br />
des Heils für die bereits Verstorbenen offensichtlich weit verbreitete Übung, sich anstelle der Toten<br />
taufen zu lassen. Allerdings gebraucht auch er den Hinweis darauf nur noch als Argument für die Wirklichkeit<br />
der Auferstehung, s. 1Kor 15,29. – Es handelt sich dabei wohl um das, was die Utah-Mormonen heute<br />
in großem Stil betreiben.<br />
92) Eine sehr ansprechende und dichte Charakterisierung des großen Interesses, das die Urkirche der<br />
Hadesfahrt Jesu entgegenbrachte, aber auch dessen Rückganges, bietet zusammen mit den relevanten<br />
Textverweisen M. Dibelius, Jungfrauensohn und Krippenkind. Untersuchungen zur Geburtsgeschichte<br />
Jesu im Lukas-Evangelium, Sitzb. Heid. Akd. d. Wiss., phil.-hist. Klasse, Abh. 4, 1932 = G. Bornkamm<br />
(Hrsg.), Botschaft und Geschichte, Bd I, <strong>Tübingen</strong> 1953, 37–39.<br />
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