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000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Abordnungen in die syrischen und mesopotamischen Metropolitansitze gesandt wurden,<br />

um von dort Männer zu erhalten, die die apostolische Tradition weiterführten.<br />

Für gewöhnlich waren es Klöster, die entsprechende Kandidaten zur Verfügung stellen<br />

konnten und die, nachdem sie bereits vor ihrer Überfahrt geweiht waren, ihren<br />

neuen Tätigkeitsbereich aufsuchten oder sich die Weihe erst im Lande ihrer Bestimmung<br />

von ihren zukünftigen indischen Kollegen erteilen ließen.<br />

Als Folge dieser Eigenheit bei der Ergänzung der Inhaber des bischöflichen Amtes<br />

kam es bei den Thomaschristen zu einer für die späteren mit der Kolonisation ins<br />

Land strömenden christlichen Missionare erstaunlichen und über lange Zeit unverstandenen<br />

Aufteilung des Bischofsamtes in einen sakralen, oder besser: sakramentalen<br />

Bereich, und einen Verwaltungsbereich. Die aus dem Ausland zum Zweck der<br />

Aufrechterhaltung möglichst enger Verbindungen mit den westlichen Zentren der<br />

Christenheit herbeigeholten, dazu noch meist dem klösterlichen Milieu entstammenden,<br />

zudem kaum der Landessprache mächtigen Bischöfe wurden in ihrer Tätigkeit<br />

nahezu ausschließlich auf die Ausübung ihres Weiheamtes beschränkt, während die<br />

Verwaltung der Diözesen offenbar ebenso ausschließlich in den Händen einheimischer<br />

Generalvikare lag. Auf der Folie dieses Gesamtbildes war es nach dem Auftreten<br />

der Kolonialmächte ohne größere Schwierigkeiten möglich, die geistige Einheit<br />

der indischen Christengemeinden mit der europäischen Christenheit festzustellen,<br />

sodaß sich nicht nur die Missionare bald in der Runde der indischen Christen beheimatet<br />

fühlten, vielmehr die Thomaschristen anfangs auch eine große Bereitschaft<br />

empfanden, sich den nun in großer Zahl auftretenden Vertretern des westlichen<br />

Christentums und ihren Vorstellungen anzupassen: Dies bedeutete für sie keinen<br />

Bruch mit ihren früheren Üblichkeiten und Traditionen. Erst als die Aufnahme europäischer<br />

und aus dem Weltpriesterstand hervorgegangener Bischöfe zur Entmachtung<br />

der bis dahin die Verwaltung beherrschenden einheimischen Generalvikare<br />

führte, kam es zu den bekannten ungeheueren Spannungen. Die Thomaschristen<br />

suchten sie durch größere Distanzierung zu den Vertretern der Kolonialmächte und<br />

eine neuerliche Hinwendung zu den mesopotamischen Kirchen aus der Welt zu<br />

schaffen.<br />

Die Reaktion der kolonialen Missionare darauf sind bekannt, nicht weniger die<br />

unseligen Spaltungen, die aus diesem Dilemma erwuchsen. Im Grunde fand dieses<br />

erst durch das vor wenigen Jahrzehnten von Rom erlassene Eigenkirchenrecht für<br />

die östlichen Kirchen sein Ende. Inzwischen war aber von dem alten, durch das baldige<br />

Auftreten der protestantischen Missionare noch weiter belasteten Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

bereits so viel verloren gegangen, daß die traditionsreichen christliche<br />

Kirchen Südindiens heute ein Bild von Trennung und Zerspaltung geben, das,<br />

blickt man auf die hoffnungsvollen Anfänge der neuerlichen westlichen Missionierung,<br />

mit Traurigkeit erfüllt. Sind die Voraussetzungen für ein Verheilen der oft in<br />

unbedachtem Übereifer geschlagenen Wunden mittlerweile auch gegeben, so wird es<br />

doch noch vieler Mühen bedürfen, bis diese tatsächlich geheilt und das tiefverwurzelte<br />

Mißtrauen abgebaut sein werden.<br />

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