000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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200 ner Person das beobachten, was das römische Gesetz der Ehre eines Senators zugestanden hat, nämlich die letzte Stelle des Briefes zu wählen; sonst könnte ich nur mit Verlegenheit und Schande das darzustellen versuchen, was meinem eigenen Urteil entspricht. Leb wohl, mein hochverehrter Lehrer! Gegeben am 27. Juni unter dem 3. Konsulat des Nero und dem des Messala. Kommentar: In der Übersetzung dieses Briefes folge ich mehr der von Hennecke/Schneemelcher 884 . Das Datum am Ende des Briefes bezeichnet das Jahr 58 n. Chr 885 . Paulus spielt in diesem Brief auf ein sonst unbekanntes 886 Gesetz an, das bei einem Schreiben an ein Senatsmitglied verlangt, den eigenen Namen an das Ende zu setzten: Auch hier wieder eine für eine Fälschung auszuschließende Gedankenführung. Zum einen stützt sie sich zwar auf einen aus Pauli Denken (»Allen alles sein«: 1Kor 9,22; 10,33) sonst wohlbekannten zentralen Grundsatz christlichen Lebens. Auf der anderen Seite wagte sie es aber, sich auf ein sonst unbekanntes römisches Gesetz zu stützen. Dies eine für eine Fälschung nicht zu erwartende Dreistigkeit. Eine Fälschung geht stets mit bestens Bekanntem um, einfach weil sie sich sonst schon von vorne herein als frei erfunden verriete. – Bereits oben waren wir in Brief VII einem ähnlich ›Fehler‹ unseres Textes begegnet, als er nämlich Pauli Korintherbriefe mit der in späteren Zeiten ungebräuchlichen Bezeichnung ›Briefe ... an die Korinther und an die Achäer‹ anzuführen wagte. XI (XIII) Seneca grüßt Paulus Allegorisch und rätselhaft sind viele Sätze von Dir allenthalben aneinandergefügt, und darum muß die Dir verliehene Macht Deines Stoffes und Deiner Aufgabe nicht durch Schmuck der Worte, sondern durch eine gewisse Verfeinerung geziert werden. Und fürchte ja nicht, was ich, soweit ich mich entsinne, öfter schon geäußert habe, daß viele, die solches erstreben, die Gedanken verderben und die Kraft des Stoffes entmannen! Möchtest Du mir wenigstens das Zugeständnis machen, daß Du auf die Latinität achtest und für schöne Worte auch die äußere Form anwendest, so daß Du die Aufgabe eines edlen Dienstes auch würdig durchführen kannst. Leb wohl! Geschrieben am 6. Juli im Konsulatsjahr des Lucro und Sabinus. 884) s. Hennecke/Schneemelcher, Bd II, 5 1989, 48f. 885) s. a.O. 49. 886) s. a.O. 48.

Kommentar: Die Datumsangabe verlegt auch diesen Brief in das Jahr 58 n. Chr. Nun sage keiner, die Mahnworte Senecas an Paulus ergäben den Beleg dafür, daß der vorliegende Briefwechsel auf Lateinisch erfolgte. Sie brauchen nicht mehr zu besagen, als daß Seneca den Paulus auffordert, in seinen hier am Ort, d.h. in Rom, mittlerweile wohl auch auf Lateinisch gehaltenen Ansprachen und Predigten die Leute nicht mit seinen Anakoluthen und mit Ciceronianisch anmutenden Perioden zu quälen. Doch nicht nur das: Zunächt werden sie einfach bedeuten, er solle, wenn er schon Lateinisch rede, sich darum bemühen, auch darin allen alles zu werden, und sich nicht – wie bei Paulus zu erwarten – ohne jeden Unterricht, einfach so mit ungenügenden Sprachkenntnissen in sein Missionsgeschäft stürzen. XII (XIV) Paulus grüßt Seneca Bei gründlicher Erwähnung sind Dir Dinge enthüllt, wie sie die Gottheit nur wenigen zugestanden hat. Unzweifelhaft säe ich auf einem bereits ertragreichen Ackerfeld den kräftigsten Samen, nämlich keinen Stoff, der zu verderben scheint, sondern das unerschütterliche Wort Gottes, den Quell aus ihm, der wächst und bleibt in Ewigkeit. Was Deine Einsicht sich angeeignet hat, wird immer ohne Abschwächung bestehen bleiben, nämlich, daß man der Heiden und Israeliten äußerliche Beobachtungen vermeiden muß. Mache Du Dich zum neuen Herold Jesu Christi, indem Du durch Deine rhetorischen Verkündigungen die unwiderlegliche Weisheit zum Ausdruck bringst. Da Du diese beinahe schon erreicht hast, wirst Du dem zeitlichen König und seinen Dienern und treuen Freunden Zugang zu ihr verschaffen, obwohl ihnen Deine Überzeugung hart und unfaßbar sein wird, da die meisten von ihnen keineswegs umgestimmt werden durch Deine Darlegungen, durch die das eingeträufelte Wort Gottes den Lebenswert schafft, nämlich einen neuen Menschen ohne Verderbnis, eine unvergängliche Seele, die von hier zu Gott eilt. Leb wohl, Du uns so teurer Seneca! Geschrieben am 1. August im Konsulatsjahr des Lucro und Sabinus887 . 887) Dieses Datum bezeichnet wieder das Jahr 58 n. Chr. 201

200<br />

ner Person das beobachten, was das römische Gesetz der Ehre eines Senators<br />

zugestanden hat, nämlich die letzte Stelle des Briefes zu wählen; sonst könnte<br />

ich nur mit Verlegenheit und Schande das darzustellen versuchen, was meinem<br />

eigenen Urteil entspricht. Leb wohl, mein hochverehrter Lehrer!<br />

Gegeben am 27. Juni unter dem 3. Konsulat des Nero und dem des Messala.<br />

Kommentar:<br />

In der Übersetzung dieses Briefes folge ich mehr der von Hennecke/Schneemelcher<br />

884 .<br />

Das Datum am Ende des Briefes bezeichnet das Jahr 58 n. Chr 885 .<br />

Paulus spielt in diesem Brief auf ein sonst unbekanntes 886 Gesetz an, das bei einem<br />

Schreiben an ein Senatsmitglied verlangt, den eigenen Namen an das Ende zu setzten:<br />

Auch hier wieder eine für eine Fälschung auszuschließende Gedankenführung.<br />

Zum einen stützt sie sich zwar auf einen aus Pauli Denken (»Allen alles sein«: 1Kor<br />

9,22; 10,33) sonst wohlbekannten zentralen Grundsatz christlichen Lebens. Auf der<br />

anderen Seite wagte sie es aber, sich auf ein sonst unbekanntes römisches Gesetz zu<br />

stützen. Dies eine für eine Fälschung nicht zu erwartende Dreistigkeit. Eine Fälschung<br />

geht stets mit bestens Bekanntem um, einfach weil sie sich sonst schon von<br />

vorne herein als frei erfunden verriete. – Bereits oben waren wir in Brief VII einem<br />

ähnlich ›Fehler‹ unseres Textes begegnet, als er nämlich Pauli Korintherbriefe mit<br />

der in späteren Zeiten ungebräuchlichen Bezeichnung ›Briefe ... an die Korinther und<br />

an die Achäer‹ anzuführen wagte.<br />

XI (XIII)<br />

Seneca grüßt Paulus<br />

Allegorisch und rätselhaft sind viele Sätze von Dir allenthalben aneinandergefügt,<br />

und darum muß die Dir verliehene Macht Deines Stoffes und Deiner<br />

Aufgabe nicht durch Schmuck der Worte, sondern durch eine gewisse Verfeinerung<br />

geziert werden. Und fürchte ja nicht, was ich, soweit ich mich entsinne,<br />

öfter schon geäußert habe, daß viele, die solches erstreben, die Gedanken verderben<br />

und die Kraft des Stoffes entmannen! Möchtest Du mir wenigstens das<br />

Zugeständnis machen, daß Du auf die Latinität achtest und für schöne Worte<br />

auch die äußere Form anwendest, so daß Du die Aufgabe eines edlen Dienstes<br />

auch würdig durchführen kannst. Leb wohl!<br />

Geschrieben am 6. Juli im Konsulatsjahr des Lucro und Sabinus.<br />

884) s. Hennecke/Schneemelcher, Bd II, 5 1989, 48f.<br />

885) s. a.O. 49.<br />

886) s. a.O. 48.

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