000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Kommentar:<br />
Wie 2Kor 1,1. erkennen läßt sind mit den »Briefen an die Korinther und an die<br />
Achäer« die beiden Korinther-Briefe gemeint 870 . So einen ›Fehler‹, nämlich die beiden<br />
Korinther-Briefe als »Briefe ... an die Korinther und an die Achäer« zu bezeichnen,<br />
unterläuft keinem ›Fälscher‹ aus dem 4. Jahrhundert 871 , eine solche Ausdrucksweise<br />
belegt vielmehr die Echtheit des überlieferten Textes.<br />
Zu: »Darum wünschte ich, wenn Du so hohe Gedanken vorbringst, möchte der Erhabenheit<br />
der Gedanken nicht die schöne Form der Rede fehlen«: Mir ist unverständlich,<br />
wie dieses nur allzu wahre Wort – die grauenhaften Anakoluthen Pauli sind nahezu<br />
sprichwörtlich – einem ›Fälscher‹ in die Feder geflossen sein könnten, der, nach<br />
Weidingers Worten, »eine Aufwertung (des Neuen Testaments) durch einen römischen<br />
Philosophen« zu bewirken suchte 872 .<br />
Zu: »... und als Beispiel nannte ich ihm den Vatienus, einen ganz ungebildeten Menschen,<br />
dem zwei Männer im Gebiet von Reate erschienen, die man später Castor und<br />
Pollux genannt hat, und damit scheint der Kaiser im Bilde zu sein«. Eine schon vor<br />
dieser Zeit Literatur gewordene Begebenheit. Hennecke/Schneemelcher verweist<br />
dazu auf Cicero, de nat.deor. II 2,6 und auf des Valerius Maximus facta et dicta<br />
memorabilia I 8,1 873 . Letzterer hatte seine Exempla, wie sie auch genannt wurden,<br />
Kaiser Tiberius gewidmet 874 . Nach Hennecke/Schneemelcher zog später auch<br />
Lanktanz, der theologische Vertraute Kaiser Konstantins, diese Begebenheit heran<br />
875 . Sie war also durchaus ›hoffähig‹, und es erstaunt nicht, sie in einem Gespräch<br />
zwischen Seneca und Nero angeführt zu sehen.<br />
Doch auch hier finden wir alles andere als einen Fälscher am Werk. Spätestens im<br />
vierten Jahrhundert war jedem bekannt, daß Paulus einer der gelehrtesten Männer<br />
seiner Zeit war. Spätestens da hatte jeder den Ausruf des Landpflegers Festus aus<br />
Apg 26,24 im Ohr: »Paulus! Das viele Studieren bringt Dich um den Verstand!« Und<br />
diejenigen, die wußten, was dies bedeutet, achteten den Apostel darüberhinaus für<br />
seine Selbst-Auskunft, »zu den Füßen Gamaliels« gesessen zu haben und »streng<br />
nach dem väterlichen Gesetz unterrichtet« worden zu sein 876 .<br />
Wenn der ›Fälscher‹ hier den Kaiser sagen läßt, »er könne sich nur wundern, wie ein<br />
Mensch, der nicht die herkömmliche Bildung besitze, solcher Gedanken fähig sei«,<br />
dann tappt er wieder – wir werden noch mehrere Fälle dieser Art kennen lernen – in<br />
die für einen Fälscher tödliche Falle, eine jedermann leicht erkennbare ›Unmöglichkeit‹<br />
produziert zu haben, die ihn glatt als Fälscher entlarven würde. Aber das Gegenteil<br />
ist der Fall: Wir haben hier eine von Komik gesättigte Situation vor uns:<br />
196<br />
870) s. Hennecke/Schneemelcher, Bd II, <strong>Tübingen</strong> 5 1989, 47.<br />
871) So zuletzt Hennecke/Schneemelcher, Bd II, 5 1989, 45.<br />
872) s. Weidinger 1985, 555.<br />
873) s. Hennecke/Schneemelcher, Bd II, 5 1989, 47.<br />
874) s. Der Kleine Pauly, Bd 5, 1979, 1117 (P.L. Schmidt).<br />
875) s. Hennecke/Schneemelcher, Bd II, 5 1989, 47.<br />
876) s. Apg 22,3.