000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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ihm aus dem palästinensischen Syrien überbrachten Tatsachen, durch welche<br />
daselbst die Wahrheit in Betreff dieser in Frage stehenden Gottheit<br />
geoffenbart worden war, an den Senat und gab als erster seine Stimme zu Gunsten<br />
derselben ab. Der Senat verwarf sie, weil er sie selbst nicht geprüft hatte;<br />
der Kaiser blieb aber bei seiner Meinung und drohte den Anklägern der Christen<br />
mit Nachteilen.<br />
Soweit der Text.<br />
Im Gegensatz zu den Kritikern der Historizität des vorliegenden Auszuges, die die<br />
Ansicht vertreten, Tiberius regiere unabhängig von Zustimmung oder Ablehnung<br />
des Senats 849 , formuliert die moderne Geschichtsschreibung zur Charakterisierung<br />
von Tiberius Regierungsweise: »Er stützte sich ganz auf den Senat« 850 . Das von<br />
Tertullian wie Eusebius berichtete Vorgehen des Kaisers Tiberius ist also als typisch<br />
für Tiberius’ Senatspolitik anzusehen.<br />
In seiner Beschreibung von Tiberius’ Antrag an den Senat stimmt Tertullian auffallend<br />
genau mit den in der Zeit des Prinzipats entwickelten Sonderrechten des Kaisers<br />
überein: Er »konnte seine Vorschläge direkt persönlich oder indirekt durch<br />
Schreiben vorlegen« 851 .<br />
Ein weiteres seltsames Detail, das gleichfalls sehr für die historische Echtheit von<br />
Tertullians Bericht spricht: In der Zeit des Prinzipats hatte sich auch die Gewohnheit<br />
herausgebildet, daß der Kaiser – obwohl er Beamter war – nicht nur gleich einem<br />
Senator an den Sitzungen des Senats teilnehmen und mit abstimmen konnte (Sueton<br />
Tib 31), vielmehr war ihm auch das Vorrecht zuerkannt, je nach seinem Willen als<br />
erster oder als letzter abzustimmen (Dio 43,14; 57,7,24; Tacitus ann 1,74; 2,50), so<br />
O’Brien Moore weiter in seinem umfänglichen RE-Artikel über den römischen Senat<br />
852 . Warum nur führt Moore weder zu diesem noch zu dem im vorangehenden<br />
Abschnitt besprochenen Vorgang als bestätigendes antikes Zitat nicht auch die Beschreibung<br />
an, die der Rechtsgelehrte Tertullian von einem Erscheinen des Kaisers<br />
im Senat gibt 853 ?<br />
849) s. M. Stigloher, Ausgewählte Schriften des Eusebius Pamphili, Bd I, Kempten 1880, 79 Anm 1:<br />
»...; auch war der Senat damals nicht mehr gewöhnt, dem Kaiser zu widersprechen, ...«<br />
850) s. Der Kleine Pauly, Bd 5, 1975 s.v. Tiberius Sp 816 (R. Hanslik). Hanslik beruft sich dabei auf<br />
Sueton 30,31,1; Cassius Dio 57,7,2ff.; Tacitus ann. 3,60,1 bzw. 4,5,2.<br />
851) s. RE Supp VI, 1935 s.v. Senatus Sp 771f. (O’Brien Moore).<br />
852) s. O’Brien Moore 1935, 771f.<br />
853) Bezüglich des völlig entgegengesetzten, diesmal als einzigartig geschätzten Zeugniswertes, den<br />
die moderne Geschichtswissenschaft Tertullian in einem anderen Zusammenhang zuzuweisen in der Lage<br />
ist, s. oben die Anm 679.<br />
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