000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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VIERTER EXKURS<br />
Verwunderlicher Quellenschwund<br />
Nicht nur fast alle von Eusebius angeführten griechischen<br />
Quellen gingen verloren<br />
a. Der Fall Eusebius<br />
Wir können uns beim ersten Kapitel dieses Exkurses sehr kurz fassen, da die historischen<br />
Fakten, die hier in Erwägung zu ziehen wären, eine in einer Monographie<br />
kaum zu umfangende Masse darstellen.<br />
Nur auf die in dieser Arbeit sattsam behandelten und, womöglich, rückgängig gemachten<br />
antiken Verderbnisse frühchristlicher Textzeugen durch den Einschub<br />
gnostischer und gnostisierender Passagen, sei hingewiesen. Zeigen sie doch klar, wie<br />
brennend gewisse Leute an einer Verderbnis frühchristlicher Texte interessiert waren,<br />
dann aber auch, wes Geistes Kind ihr Interesse war 737 .<br />
Neben dem in (kircheneigenen/klösterlichen?) Schreibstuben eifrigst betriebenen<br />
Verderben durch Einschub wurde offenbar jedoch ebenso eifrig durch direktes und<br />
systematisches Verschwindenlassen einschlägiger Texte gearbeitet.<br />
Zur Interpretation dieser hier lediglich durch eine Auflistung der am Eusebius<br />
möglichen Beobachtung vom Verlust der in seiner historia ecclesiastica angeführten<br />
christlichen Autoren möge aber dienen, was die Abschnitte b bis d dieses Exkurses<br />
zur Kenntnis bringen.<br />
Kurz sei also gesagt, daß Eusebius in seiner HE etwa 60 christliche Autoren zitiert.<br />
Von denen nun ist außer dem im Westen tradierten Irenäus 738 und den – das scheint<br />
wesentlich – natürlich gleichfalls im Westen tradierten 739 lateinischen Autoren (wie<br />
z.B. Tertull) keiner mehr erhalten 740 . (Fußnote s. S. 161)<br />
737) Nur kurz sei nochmals Waldmann, Heilsgeschichte, 146–150 in Erinnerung gebracht, wo gezeigt<br />
wird, wie sogar in den kanonischen Texten solche Einschübe identifiziert werden konnten, und wo zu<br />
dieser Erscheinung und dem Material, an dem sie auch sonst ablesbar ist, zusammenfassend Stellung genommen<br />
wird, s. auch nochmals hier oben S. 109f.<br />
738) Daß auch der griechische Irenäus im Westen untergegangen ist, liegt an dem Verlust des Interesses<br />
an in dieser Sprache abgefaßten Arbeiten, nachdem die Kenntnis des Griechischen im Westen stark<br />
zurückgegangen war, eine Problematik, die auch bei der Frage der Überlieferungsgeschichte des Briefwechsels<br />
Seneca – Paulus (s. unten Quellentexte 12) zu berücksichtigen sein dürfte.<br />
739) Dies kann natürlich nicht bedeuten, daß im Westen nicht auch an der Zerstörung frühchristlicher<br />
Textzeugen gearbeitet wurde. Wir haben ja bereits davon gehört, und werden noch weitere Belege dafür<br />
kennenlernen. Doch macht es den Eindruck – gerade angesichts der Situation im Anmerkungsteil der HE<br />
–, daß im Osten die Sache konsequenter vorangetrieben wurde, nicht zuletzt bezüglich des Origenes, gegen<br />
dessen herrliche Produktion erst ganze Heerscharen von detractores und dann von Buchzerstörern in<br />
Bewegung gesetzt worden zu sein scheinen. Der Westen kann es sich als Verdienst anrechnen, Origenes –<br />
wenn auch vorübergehend (kann soetwas überhaupt ›vorübergehen‹?) – in der Liste der Seligen geführt,<br />
den gewiß nicht weniger mit Irrlehren behafteten Augustinus als Heiligen, Kirchenlehrer und so fort bis