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000 Titelei - TOBIAS-lib - Universität Tübingen

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Wenn schließlich Gegner der Historizität von Tiberius’ Tun darauf hinweisen, die<br />

Christen hätten sich später nie darauf berufen 684 , so kann man darauf nur antworten,<br />

daß es im Verlaufe eines Religions-Prozesses gewiß nie von Nutzen gewesen sein<br />

dürfte, sich auf einen Vorgang zu berufen, in dessen Verlauf der Senat als oberste<br />

Behörde in religiösen Fragen einen negativen Bescheid erlassen hat.<br />

In der Tat ist Tiberius’ mißglücktes Vorgehen für die Sache der öffentlichen Anerkennung<br />

des Christentums eher als ein Bärendienst anzusehen. Wie die Geschichte<br />

zeigt, verharrte der römische Senat nach diesem ersten Aktivwerden in den Fragen<br />

des Christentums bei seiner einmal erklärten negativen Einstellung. Bezeichnend<br />

dafür ist, wie die heidnische Mehrheit des Senats noch Ende des vierten Jahrhunderts<br />

unter der Führung des Qintus Aurelius Symmachus den Willen und die Kraft hat, als<br />

Symbol seines Widerstandes gegen die pro-christliche kaiserliche Religionspolitik<br />

für den Verbleib des Victoria-Altars im Sitzungssaal des Senats zu kämpfen 685 .<br />

Entsprechend dann auch das Verhalten Julians gegenüber dem Senat, diesmal in<br />

Konstantinopel. Wie Lieu darlegt, wurde der am 11. Dezember 361 gefeierte<br />

adventus des neuen Kaisers besonders vom Senat lebhaft begrüßt 686 . Möchte dies<br />

schlichtweg als opportune Anpassung an neue Verhältnisse deutbar sein, so berichtet<br />

Lieu doch zwei Seiten weiter mit Berufung auf Ammianus 22,7,2, daß Julian (ich<br />

übersetze) die neuen Konsuln »zu Fuß zum Senatsgebäude begleitete, anstatt die<br />

Senatoren zum Palast zu berufen. Diese Geste Julians bewirkte unterschiedliche Reaktionen<br />

bei den Zuschauern. Einige lobten ihn für den Respekt, den er dem Senat<br />

erwiesen habe – einer Körperschaft, die von den meisten der letzten Kaiser bewußt<br />

ignoriert oder gemieden worden war. – ... a body which had been studiously ignored<br />

or avoided by most recent emperors« 687 . Auch da noch, beim letzten großangelegten<br />

Versuch einer restaurativen Reichspolitik, war sich ihr Vorkämpfer sicher, wo er für<br />

die praktische Durchführung seines Gesinnungswechsels verständnisvolle Unterstützung<br />

finden würde 688 .<br />

Das LThK nun weiß in seinem 5-zeiligen (sic!) Artikel über Kaiser Tiberius nichts<br />

von alledem 689 . Für dieses ist auch der ganze ›Thamus‹ und ›Pan‹ betreffende Fragen-<br />

684) »..., und ebenso wurde später bei den Christenverfolgungen nie von einer solchen Handlung des<br />

Tiberius Erwähnung gemacht«, s. M. Stigloher, Ausgewählte Schriften des Eusebius Pamphili, Bd I,<br />

Kempten 1880, 79 Anm 1.<br />

685) s. F.X. Seppelt, Der Aufstieg des Papsttums, Leipzig 1931, 134–136; Angaben zur christlichen<br />

Auseinandersetzung mit diesem Vorgang (Ambrosius, Prudentius) macht 3 RGG Bd 6, 1962 s.v.<br />

›Symmachus 2‹, Sp 555f., kurz erwähnt auch in LThK Bd 5, 1960 s.v. Imperium Romanum, Sp 637 (K.<br />

Christ).<br />

686) s. Lieu 2 1989, 3.<br />

687) s. a.O. 5.<br />

688) Der Senat bleibt sich übrigens seiner religiösen Rechte bis zu seiner Auflösung – in Konstantinopel<br />

bestand er bis zur Eroberung der Stadt durch die Mohammedaner – bewußt: Im Jahre 530/2 unternimmt<br />

er es in Rom noch, in die Regelung der Papstwahl einzugreifen, und verbietet, zu Lebzeiten des<br />

Papstes einen Nachfolger zu ernennen. Zudem wendet er sich gegen simonistische Praktiken im Zusammenhang<br />

des Wahlverfahrens, s. RE Supp VI, 1935 s.v. Senatus Sp 799f. (O’Brien Moore).<br />

689) s. LThK Bd 10, 1965 s.v. Tiberius Sp 179 (J. Blinzler).<br />

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